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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Berufseinstieg in Teilzeit?



Pawka
29.06.2020, 22:57
Hi,
neulich ist die Approbation ins Haus geflattert und ich muss mich jetzt endgültig mal an die Jobsuche machen. Mich interessiert die Anästhesie und die Akutmedizin, die ich beide im PJ kennen und schätzen gelernt habe. Dabei brennt mir ein Thema schon spätestens seit dem PJ unter den Nägeln: Kann man als Anfänger unmittelbar mit weniger als 100% Arbeitszeit einsteigen? Nicht falsch verstehen, die Medizin macht mir unheimlich viel Spaß, ich hätte nichts andere studieren wollen, aber so ein bisschen Freizeit hätte ich doch ganz gerne und nach >40h Klinik ist man ja oft zu platt, um noch was zu unternehmen. Mit dem Gehalt einer 60-80%-Stelle würde ich auch noch locker klar kommen.
Ist das utopisch? Geht das nur in kleinen Häusern? zerreissen sich die Kollegen das Maul über einen? Muss ich der traurigen Wahrheit ins Auge sehen, dass ich mit diesem Studium meine Freizeit dem Krankenhaus geopfert habe?
Wenn ihr Erfahrungswerte, Ratschläge usw. habt dann gerne her damit.
Grüße,
pawka

JumpRopeQueen
30.06.2020, 04:12
Mich würde es auch interessieren, aus dem Grund, wenn man bspw. im PJ schwanger geworden ist und nach dem 3. Stex erstmal 1 Jahr Elternzeit nimmt und dann in Teilzeit anfängt. Wäre so etwas möglich? Nach 1 Jahr Elternzeit wäre es für mich undenkbar direkt in Vollzeit anzufangen.

Dudelwu
30.06.2020, 09:55
Berufseinstieg in TZ ist auf jeden Fall möglich. Habe es bei einer Freundin erlebt, die gestartet hat mit 80 Prozent, weil das dir einzige Stelle war, die frei war. Sie wurde dnan später aber such auf 100 Prozent hochgestuft,weil eine andere Stelle im Verlauf frei wurde.

Bei uns im Haus (Maximalversorger) gibt es kaum TZ-Stellen und die, die TZ machen sind Fachärzte...

In einem Haus im Umfeld, eher kleiner, gibt es dafür sehr viele TZ Stellen..

Kann man also so pauschal nicht beantworten aber es ist durchaus möglich

Mano
30.06.2020, 17:37
Möglich ist es natürlich - auch wenn es die Auswahl evtl. einschränkt.
Ob es sinnvoll ist bezweifel ich allerdings. Gerade zu Anfang dürfte die Lernkurve dadurch wesentlich flacher ausfallen. Gerade manuelle und quasi-manuelle Tätigkeiten erlernt man ja durch regelmäßiges Wiederholen (sollte jeder wissen, der mal ein Instrument oder eine Fremdsprache gelernt hat) - wenn man dann mal vier Tage am Stück nicht da ist wirft einen das wieder deutlich zurück (wer das bezweifelt denke mal an die ersten Arbeitstage nach dem ersten Urlaub im Berufsleben zurück...). Gleichzeitig ist aber die Erwartung von Kollegen und Vorgesetzten, dass man ähnliche Fortschritte macht wie ein Vollzeit-Berufseinsteiger. Das führt dann schnell dazu, dass viele denken "der ist schon drei Monate da, dass sollte er doch jetzt eigentlich können/ wissen". Auch in der Diensteinteilung würde ich mich nicht darauf verlassen das sich die Schonfrist bei einer 50%-Stelle verdoppelt.
Die Motivation dir etwas beizubringen oder zu zeigen dürfte auch geringer ausfallen, wenn du 2-3 Tage pro Woche fehlst. Da zeige ich doch lieber dem Vollzeit-Assistenten etwas - der Benefit für die Abteilung ist am Ende größer.
Außerdem glaube ich, dass man die zusätzliche freie Zeit sowieso erst zu schätzen weiß, wenn man mal in Vollzeit gearbeitet hat.

Nach einem halben Jahr oder Jahr sieht das ganze schon wieder anders aus. Dann sollte man die Standardprobleme beherrschen, kennt das Team und das Team kennt einen und man hat eine gewisse Basis und Reputation - da spricht dann aus meiner Sicht deutlich weniger gegen Teilzeit.

Finanziell ist Teilzeit als Arzt natürlich möglich. Aber man sollte bedenken, dass sich damit die Zeit bis zum Facharzt wesentlich verlängert (falls es überhaupt anerkannt wird, insb. bei < 50% und evtl. auch bei fehlender Begründung). Und wenn die finanziellen Verpflichtungen irgendwann mal zunehmen, weil auf einmal nicht nur man selber sonder 3 oder 4 Personen von dem Gehalt leben müssen, man auf ein Auto angewiesen ist und vielleicht trotzdem noch in den Urlaub fliegen will, dann ist es nicht verkehrt ein gewisses Polster zu haben und evtl. in der Facharzt-Gehaltstabelle angekommen zu sein.

Anders ist es natürlich, wenn man aus triftigen privaten Gründen Teilzeit arbeiten muss - dann ist es halt einfach so. Das Verständnis dafür sollte dann bei Kollegen und Vorgesetzten dann auch größer sein.

WackenDoc
30.06.2020, 18:01
Und nicht zu vergessen-die Weiterbilungszeit verlängert sich.

Sealwolf
30.06.2020, 20:05
Klar geht das, würde allerdings, falls Du nicht durch äussere Umstände gezwungen wirst (Kinder etc) auch eher mit Vollzeit anfangen. Kommt auch auf den Arbeitgeber an. An so mancher Uniklinik ist man dann vll schon als Dünnbrettbohrer gebrandmarkt. Runterschalten kann man immer. Tipp: Bei Teilzeit am besten ein Modell, wo man gewisse Tage nicht da ist. Habe beim Modell "Kollege geht jeden Tag 2 h früher" häufig gesehen, dass die Leute dann am Ende doch Überstunden machen und quasi mit den regulären Kollegen heim gehen.

davo
30.06.2020, 20:11
An vielen Uniklinik-Kliniken wird man mit Teilzeitwunsch bestimmt gar nicht erst eingestellt.

Sealwolf
30.06.2020, 20:17
:-D Kann mich noch gut erinnern: Elterngeld war frisch eingeführt und "das" Thema unter den Assistenten. Chefin (!) dann in der Frühbesprechung mit rotem Kopf: "Ich sag Euch, wer das in Anspruch nimmt, der kriegt hier keinen Fuss mehr auf den Boden!"

Nessiemoo
01.07.2020, 16:36
Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass auch oder insbesondere die grossen Unikliniken so viele Anästhesisten brauchen um das OP und Intensivbetrieb aufrechtzuerhalten, dass auch Teilzeitkräfte gerne genommen werden und auch gut in den Alltag integriert können ( da z.b viele Sääle nur vormittags OPs haben). Und Probleme haben die Stellen sonst zu besetzen.

Ob das so sinnvoll ist zum Berufseinstieg ist eine andere Frage, da kommt man schon besser in Vollzeit rein.

Pawka
06.07.2020, 14:54
Okay, erst mal danke für eure Antworten, dass man in Vollzeit besser reinkommt und das nötige Handwerkszeug lernt, leuchtet mir als stärkstes Argument für die Vollzeit ein. Kinder & Heirat sind bei mir eh kein Thema, insofern würde ich auch geldmäßig erst mal klarkommen.

Eine Frage noch:


Runterschalten kann man immer.

Wie läuft das genau ab, geht man da zur Personalabteilung, bespricht man das mit dem Chef oder wie organisiert man einen Wechsel in die Teilzeit?

altalena
06.07.2020, 15:11
Eine Frage noch:

Wie läuft das genau ab, geht man da zur Personalabteilung, bespricht man das mit dem Chef oder wie organisiert man einen Wechsel in die Teilzeit?

Ich denke, dass das auch von Klinik zu Klinik unterschiedlich ist. In meiner Klinik arbeitet der Großteil in TZ (es gibt dann freie Tage, kein früher Gehen). Ich habe auch ne TZ-Stelle, mir wurde diese auch so angeboten (kam aus nem Vollzeit-Beschäftigungsverhältnis). Konnte dann nach 6 Monaten unkompliziert aufstocken (immer noch nicht Vollzeit ;-) ), weil eine Kollegin ein paar Prozente abgeben wollte. Das ging super easy. Aus meiner ersten Stelle kenne ich das allerdings von einer Kollegin, dass das mit wesentlich mehr Aufwand verbunden ist. Wie gesagt, kommt sicher auf das Haus an.