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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : nach 2 Jahren Psychiatrie- wie geht es weiter?



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MissUmbrella
01.07.2020, 16:55
Hallo liebe Forumsmitglieder,

bin zur Zeit in einer Umbruchphase. Nach fast 2 Jahren Psychiatrie in der Großstadt im Problemkiez läuft mein Vertrag Ende September aus. Zu wenig gelernt, choatische Organisation, keine richtige Förderung, wenige aber extrem heftige Dienste ,sodass ich froh bin dort aufzuhören.

Jetzt ist die Frage wie es weitergeht..arbeitslos gemeldet habe ich mich bereits, eine Pause von 2-3 Monaten ist geplant, auch abhängig davon wie die Lage mit Corona und Reisen ist.

Ich wollte eigentlich schon jetzt mit Bewerbungen starten, einfach weil ich gerne etwas " in der Tasche " hätte. Andererseits merke ich , ich bin total blockiert und weiss auch gar nicht so genau wohin es gehen soll. Ich möchte aber erstmal auf keinen Fall in ein Akutkrankenhaus, das weiß ich. Brauche eine Pause von Rettungsstelle und co.

Da ich ja auch mein Neurojahr machen muss, habe ich überlegt das jetzt zu machen. Dann aber in der Neuroreha, weil ich gerne Allgemeinmedizin/Innere auch lernen möchte. Akutneurologie stehen die Chancen wohl schlecht hier in der Großstadt, wenn man im Fremdjahr ist und Schichtdienst ist nichts für mich.

Die Neurorehas sind aber alle leider ein Stückchen entfernt, teilweise 1 h-1,5 h Weg einfach ( 1 h fände ich noch ok..bei 1,5 h einfach wird mir bissl mulmig). Meist ohne Tarifvertrag, das heisst alles aushandeln, was ja auch nicht ohne ist...hatte schon gehört, dass die teilweise sehr schlechte Gehälter zahlen.

Eine Möglichkeit wäre noch 12 Monate Neurologie ambulant-aber da frage ich mich, wer mich als Psychiaterin nimmt und habe jetzt auch nichts gefunden, wo man konkret mal nach WB-Ermächtigten suchen könnte.

Sonst hatte ich überlegt 12 Mo in die Forensik zu gehen, allerdings habe ich Sorge dort eher ein " Boreout" zu bekommen und wenig zu lernen. Weitere Option wäre Reha für Psychosomatik für 12 Monate, da gibt es sogar eine relativ in meiner Nähe. Psychotherapieausbildung habe ich bereits an einem externen Institut begonnen, mache gerade noch die Theorie, ab nächstem Jahr dürfte ich dann auch Patienten ambulant behandeln.

Umzug kommt nicht in Frage, habe kein Auto, sodass alles auch gut mit den Öffis erreichbar sein sollte.


Hat jemand Tipps oder Erfahrungen in einer ähnlichen Situation? Gerne auch Erfahrungen aus den oben genannten Bereichen. Wäre über jeden Denkanstoß dankbar.

veriko
01.07.2020, 17:31
Hallo MissUmbrella,
Neuro-Reha Phase B wäre für deinen internistischen Horizont tatsächlich eine gute Idee: bei uns hier (nähe Berlin) ist das ein extrem gemischtes Patientenklientel mit allen gängigen Komorbiditäten an Herz/Lunge/Gefäße/Diabetes/Niere, bzw. komplexe chirurgische Verläufe, also nicht nur Schlaganfälle/Blutungen.
Tatsächlich sind die Gehälter Verhandlungssache und meist unter Tarif-Niveau, leider. Vielleicht wäre eine Teilzeit-Stelle eine Option bei langem Fahrtweg? Also z.B. 80% mit einem zusätzlichen Tag frei? Mittwochs, z.B., dann hast du fast immer übermorgen frei ;)
Wenn ich nach uns urteile, sind Reha-Kliniken froh über jeden Bewerber, aber erzähle, dass du Allgemeinmedizin machen möchtest, denn bei uns kommen die Fremdjahr-Psychiater eher in die Phase C und D. Da schreiben sie Gutachten und Briefe, aber sehen wenige akute internistische Probleme.
Viel Erfolg!

morgoth
01.07.2020, 17:44
(Ich bin Psychiater).

Von den genannten Optionen würde ich von ambulanter Neurologie definitiv abraten. Da denke ich ist ohne Vorkenntnisse nur Frust vorprogrammiert. Der Durchsatz (im Vergleich zur Psychiatrie) ist sehr hoch, die Medikation teilweise hochspeziell, usw.

Neuroreha ist prinzipiell ok, ich habe aber in der Akutneuro viel Interessantes gesehen, gemacht und gelernt (LP, Karotidensono, Notfallbildgebung, EEG ...) Auch das Management der Fälle (Abklärung „Neuroborreliose“, unklares Kribbeln ...) fand ich gut. Davon kann ich (theoretisch) auch heute noch bei den psychiatrischen Patienten profitieren. Wieviel Innere du über Delix ansetzen hinaus lernst, hängt natürlich von den Kollegen ab...

Psychosomatische Reha kann je nach Haus/Personalsituation auch interessant sein, wenn du bisher Großstadt/Problemklientel behandelt hat, wäre das ja mal ein anderer Aspekt mit mehr „geordneten“ Therapiesitzungen im Einzel- und Gruppensetting usw.

Cave: Beide Rehas werden sehr schnell sehr ätzend, wenn Personal fehlt, die Rehabriefe (DRV-Gliederungspunkte, Sozialmedizin ...) schreiben sich nicht eben mal zwischen zwei Aufnahmen im Dienst. Die Bezahlung ist vermutlich unter dem gewohnten TVÖD-Niveau, aber vielleicht kannst du ja über Fortbildungsbudget noch etwas aushandeln.

Ich habe fünf Jahre Dienste in einer forensischen Klinik mitgemacht, und war immer froh, wenn ich nicht dahin musste oder wieder raus war. Das ist nicht mein Ding und da kann ich nicht mitreden. Vielleicht bei Interesse eher gezielt nach dem FA, dann würde es sich auch im Hinblick auf die ZB lohnen?

MissUmbrella
02.07.2020, 17:59
Danke für eure Antworten.

Dass es in der Reha viel bürokratischer zugeht, weiß ich leider. Aber nichtsdestotrotz werde ich ja nur 1 Jahr die Zeit dort verbringen..alles, was ein Ende hat, ist erträglicher ;)

Mh, dass mit der Allgemeinmedizin hatte ich noch nicht im Blick..danke für den Anstoß, wobei ja im Vertrag stehen sollte ,dass ich in der Neurologie tätig bin, aber vermute in der Allgemeinmedizin ist das evlt. auch gefordert.

Teilzeit hatte ich auch überlegt, Freitag frei z.B. Wobei sich dadurch das Jahr etwas verlängert und ich mich frage, ob ich dann wirklich von dem freien Tag etwas habe, wenn ich z.B. viele Dienste schieben muss - ich frage mich ja auch , wieviele Dienste in einer " Reha" normal sind?

Und wegen dem untertariflichen Gehalt..die suchen dringend Leute und wollen aber nicht ausreichend zahlen?. Da könnte man ja als Assi ganz klare Gehaltsforderungen stellen, wenn diese nicht erfüllt werden, nimmt man die Stelle halt nicht an und müsste das so kommunizieren. Blöd ists natürlich,wenn man die Stelle unbedingt braucht.


morgoth, was meinst du mit Fortbildungsbudget? Ich brauche auf jeden Fall auch einige Fortbildungstage wegen meiner Psychotherapieausbildung, die ich ja selber bezahle..

morgoth
02.07.2020, 18:14
Das kannst du ja dann mit denen ansprechen/aushandeln.
Bei uns (=auch Rehaklinik) sind die relativ großzügig, Fortbildungen zu übernehmen (in meiner Position sogar mit Hotel/Fahrtkostenerstattung); das eigentliche Gehalt ist da deutlich schwieriger zu beeinflussen.
Vielleicht 1 Woche(nende) Selbsterfahrung/Balint/Fallarbeit?

Mit einem freien Tag wäre ich auch vorsichtig, ob die Rechnung tatsächlich dann aufgeht mit verlängerter Weiterbildung/Diensten ...
Bei uns ist die Dienstbelastung schon recht hoch (5+/Monat). Das liegt auch daran, dass in einer Rehaklinik mit höherer Wahrscheinlichkeit auch Leute beschäftigt sind, die keine Dienste machen (Stichwort: Berufserlaubnis, gesundheitliche Einschränkungen, "Altverträge"/Sonderregelungen ...)

davo
03.07.2020, 07:11
Eigentlich gibt es ja nur zwei Varianten:

Entweder du suchst dir eine Klinik mit Psychiatrie-Weiterbildungsbefugnis. Außer Akutkliniken gibt es da meist drei Arten von Möglichkeiten: eine Praxis (meist mit 12-24 Monaten Weiterbildungsbefugnis), eine Fachklinik mit psychotherapeutischem Fokus (meist mit 12-18 Monaten Weiterbildungsbefugnis) oder eine Forensik (meist mit 12 Monaten Weiterbildungsbefugnis).

Oder du suchst dir eine Klinik mit Neurologie-Weiterbildungsbefugnis. Außer Akutkliniken, die deiner Beschreibung nach definitiv NICHT zu deinen aktuellen Wünschen passen, gibt es da meist zwei Arten von Möglichkeiten: eine Praxis (meist mit 12-24 Monaten Weiterbildungsbefugnis) oder eine Rehaklinik, davon sind manche allgemein gehalten, manche stark auf ein Krankheitsbild spezialisiert (meist ebenfalls mit 12-24 Monaten Weiterbildungsbefugnis).

Forensik ist halt sehr speziell - viele fühlen sich dabei nicht wohl. Für eine Neuro-Praxis fehlt dir IMHO die neurologische Vorerfahrung. Ich würde also entweder das Neurojahr in einer Rehaklinik absolvieren, oder noch die restliche Psychiatrie-Zeit absolvieren, entweder in einer Praxis (für die du inzwischen wahrscheinlich bereits genug Erfahrung gesammelt hast) oder in einer Fachklinik mit psychotherapeutischem Fokus.

Nachdem du Umzug und Auto ausschließt, werden dann wahrscheinlich eh nicht so viele konkrete Optionen übrigbleiben. Einfach mal schauen wer wieviel Weiterbildungsbefugnis hat (dafür hat jede Landesärztekammer auf ihrer Internetseite eine Datenbank), und dann eine Vorauswahl treffen.

MissUmbrella
07.07.2020, 15:07
Danke, davo, habe mir natürlich die WBO angeschaut und was ich anrechnen könnte..

Diejenigen, die in der Neuroreha sind oder waren: Kann man denn in den Diensten schlafen? Dass es an der Anzahl mehr sein werden als jetzt dachte ich schon ( oder wieiviele habt ihr?), aber ich könnte mir vorstellen, dass man dann durchschlafen kann. Und habt ihr 24 h Dienste? Und wann hat man seinen ersten Dienst in der Reha? Ich weiß noch nicht, wann ich beginnen will ..wenn ich zum 1.12. beginnen sollte frage ich mich ob ich dann schon für Weihnachten/Neujahr eingeplant werde...aber wie lange ich mir eine Auszeit nehme habe ich noch nicht entschieden :)

LG

Colourful
07.07.2020, 15:32
Ich glaube, dass es immer darauf ankommt wie groß das Haus ist und wie viele kritische B-Phasen du so hast. Ich habe jetzt 9 Monate in der Neuroreha gearbeitet und habe auch 24h Dienste gemacht - konnte aber meistens auch ganz gut schlafen. Besser als in der akutpsychiatrie mit Notaufnahme und Konsilen für ein Haus der Maximalversorgung. Aber ich (?!) würde ohne echten Grund nicht unbedingt in die Reha gehen, sondern schon ein bisschen Akutneurologie machen wollen, da
lernt man einfach noch mal andere Dinge und auch spannendere Sachen. Viel Arbeit haben wir in der Reha auch, verlängerungsanträge, Aufnahmebefunde, Briefe mit 6-7 Seiten, DRV-Briefe. Ich glaube, dass man da bei einer Lyse im Zeitfenster oder auch bei spannender Diagnostik einfach noch mehr lernen kann.

P.S. Ja, ich würde auch noch mal gern Akutneurologie machen; aber meine Kinder sind mir noch zu klein.

veriko
07.07.2020, 21:13
Zum Thema Schlafen im Phase B Reha Dienst:
Bei uns ca. 120 Betten, davon max. 20 beatmete Patienten. 4-6 h Schlaf pro 24 h Dienst waren in 2,5 Jahren regelmäßig möglich.
Je nach Erfahrung Schonfrist für Neulinge ab 2 Monate aufwärts. Die Planung der Weihnachts- und Neujahrsdienste läuft bei uns im September/Oktober.

thiosk
10.07.2020, 19:06
Danke für eure Antworten.

Dass es in der Reha viel bürokratischer zugeht, weiß ich leider. Aber nichtsdestotrotz werde ich ja nur 1 Jahr die Zeit dort verbringen..alles, was ein Ende hat, ist erträglicher ;)

Mh, dass mit der Allgemeinmedizin hatte ich noch nicht im Blick..danke für den Anstoß, wobei ja im Vertrag stehen sollte ,dass ich in der Neurologie tätig bin, aber vermute in der Allgemeinmedizin ist das evlt. auch gefordert.

Teilzeit hatte ich auch überlegt, Freitag frei z.B. Wobei sich dadurch das Jahr etwas verlängert und ich mich frage, ob ich dann wirklich von dem freien Tag etwas habe, wenn ich z.B. viele Dienste schieben muss - ich frage mich ja auch , wieviele Dienste in einer " Reha" normal sind?

Und wegen dem untertariflichen Gehalt..die suchen dringend Leute und wollen aber nicht ausreichend zahlen?. Da könnte man ja als Assi ganz klare Gehaltsforderungen stellen, wenn diese nicht erfüllt werden, nimmt man die Stelle halt nicht an und müsste das so kommunizieren. Blöd ists natürlich,wenn man die Stelle unbedingt braucht.


morgoth, was meinst du mit Fortbildungsbudget? Ich brauche auf jeden Fall auch einige Fortbildungstage wegen meiner Psychotherapieausbildung, die ich ja selber bezahle..

Ich war ebenfalls auf einer Akutstation in einer Klinik mit 750 Betten (inklusive Heimpatienten) und einem Einzugsgebiet von 600.000 Menschen. Die Dienste waren eine reine Katastrophe und schon auf dem Weg zu einem Notfall ging der Piepser 5 Mal für die nächsten Notfälle los. Dann musste man sich entscheiden, ob man zum gestürzten Gerontopatienten mit ggf. Schädelhirntrauma geht, zum akuten Abdomen oder auf die Station, auf der gerade ein Psychotiker alles zerschlägt. Nicht, dass ich es nicht länger geschafft hätte, aber ich konnte mir diese Art von Arbeit nicht für den Rest meines Lebens vorstellen und bin in eine psychosomatische Reha gewechselt. Mache nun meinen Psychosomatik Facharzt und dann fehlen mir noch 9 Monate Psychiatrie für meinen Facharzt in Psychiatrie.

Wenn du ein Krankenhaus/Reha-Klinik findest, die sowohl eine Weiterbildungsermächtigung für Neurologie als auch für Innere Medizin hat, könntest du ja ähnlich verfahren. Mach dein Jahr Neurologie und lasse dir auch 1 Jahr Innere anrechnen. Sieh es als Auszeit.

Allerdings: Die Psychotiker fehlen mir.. Nur Depressive und Angst-/Panik-/Zwangs-/PTBS-Patienten, die alle an der Hand geführt werden müssen, wird auf Dauer auch langweilig. Im Akutbereich wurde es nie langweilig, es gab immer genug Abwechslung, aber die Arbeitssituation war nicht zumutbar.

ehem-user-21-08-2020-1502
10.07.2020, 19:14
Dann musste man sich entscheiden, ob man zum gestürzten Gerontopatienten mit ggf. Schädelhirntrauma geht, zum akuten Abdomen oder auf die Station, auf der gerade ein Psychotiker alles zerschlägt.

Hat man in einer rein psychiatrischen Klinik überhaupt die Möglichkeit, solche somatischen Dinge richtig zu diagnostizieren? Der Patient mit akutem Abdomen war wahrscheinlich schon länger auf der Akutstation, da sich Leute mit somatischen Beschwerden vielleicht nicht unbedingt in einer Psychiatrie vorstellen sollten

thiosk
10.07.2020, 19:39
Hat man in einer rein psychiatrischen Klinik überhaupt die Möglichkeit, solche somatischen Dinge richtig zu diagnostizieren? Der Patient mit akutem Abdomen war wahrscheinlich schon länger auf der Akutstation, da sich Leute mit somatischen Beschwerden vielleicht nicht unbedingt in einer Psychiatrie vorstellen sollten

Die Klinik, in der ich war, hatte auch eine neurologische Station, somit konnten die Patienten intern verlegt werden. Allerdings war das jedes Mal ein großer Aufwand, vor allem im Dienst..

ehem-user-21-08-2020-1502
10.07.2020, 20:14
Allerdings war das jedes Mal ein großer Aufwand, vor allem im Dienst..

Das kann ich mir gut vorstellen. Ich will auch evtl. Psych machen und wenn dann im Dienst noch die ganzen internistischen Probleme sowie evtl. Gewalt dazukommen, kann ich verstehen, dass man das nicht bis zur Rente im Akutbereich machen will

limbictree
11.07.2020, 23:07
Hi, ich mache gerade auch mein Neuro-Jahr und finde, dass man auch in der Akut-Neurologie einiges an Innere/Allgemeinmedizin mitbekommt. Allein schon durch die Zusammenarbeit mit den Internisten und anderen Fachabteilungen im Haus und die gemeinsame ZNA. Meine Psychiatrie war ein Haus für sich, wir hatten keine Internisten oder Chirurgen im Haus und das war eine ganz andere Situation. Boreout ist in der Akutneuro sicherlich nicht zu befürchten, alles fordernd und spannend. Ich bin allerdings in der Pampa und eine Stelle zu finden war sehr leicht.
Ich war davor in der Gerontopsychiatrie und finde da lernt man auch etwas Innere/Allgemeinmedizin/Geriatrie. Jedoch ist wichtig zu prüfen, wie das organisiert ist. Wenn man Pech hat, hat keiner richtig Ahnung von internistischen Dingen inklusive den Oberärzten und man wurstelt sich mit schlechtem Gewissen durch. Die Situation habe ich auch erlebt.

ehem-user-21-08-2020-1502
12.07.2020, 01:11
Ich war davor in der Gerontopsychiatrie und finde da lernt man auch etwas Innere/Allgemeinmedizin/Geriatrie. Jedoch ist wichtig zu prüfen, wie das organisiert ist. Wenn man Pech hat, hat keiner richtig Ahnung von internistischen Dingen inklusive den Oberärzten und man wurstelt sich mit schlechtem Gewissen durch. Die Situation habe ich auch erlebt.

Das kann unter Umständen schnell sehr gefährlich werden, da doch die meisten Patienten in einer Gerontopsychiatrie noch somatische Vorerkrankungen haben. Wenn dann nicht unmittelbar somatische Diagnostik und Bildgebung vor Ort ist...Stürze älterer Menschen kommen doch fast täglich vor. Und man kann doch nicht ständig Patienten verlegen.

anignu
12.07.2020, 12:36
Und man kann doch nicht ständig Patienten verlegen.
Doch. Völlig normal. Diese ständigen Anrufe aus der Psychiatrie: "Können wir einen Patienten für ein cCT nach Sturz schicken?"...

Ich mein ganz ehrlich: welche Psychiatrie-Klinik hat gleichzeitig eine Neurochirurgie und eine Unfallchirurgie mit rund um die Uhr CT-Bereitschaft im Haus um solche Fälle abdecken zu können? Ich kenn noch keine. Also wird verlegt oder die Patienten konsiliarisch vorgestellt. Auch diese regelmäßigen Konsile zur Wundkontrolle oder zum Nähen lassen von Schnittwunden etc. Völlig normal. Viele psychiatrische Kliniken sind halt mal "Solo-Kämpfer".

davo
12.07.2020, 12:50
Naja, eine Neurologie mit 24h CT haben ja schon einige Fachkliniken, nachdem es historisch gewachsen doch einige gibt, die sowohl Psychiatrie als auch Neurologie abdecken, oft inklusive einer regionalen Schlaganfalleinheit. Aber die Unfallchirurgie fehlt halt leider oft, das stimmt natürlich.

Ich hab mir alle drei Welten angeschaut, sowohl klassische psychiatrische Fachkliniken, die bis auf ein EKG gar nichts selbst durchführen können, als auch kombiniert psychiatrisch-neurologische Fachkliniken wie oben beschrieben, als auch psychiatrische Abteilungen an "normalen" Akutkrankenhäusern. Hat alles Vor- und Nachteile. Aufgrund der mangelnden Überwachungsmöglichkeiten (manchmal nur Pulsoxymetrie möglich, sonst gar nichts) war es aber sogar an letzteren öfters der Fall, dass Patienten nach Sturz 24h auf der Aufnahmestation, Überwachungsstation oder sonstwo verbracht haben, bevor sie wieder zurück auf die Psychiatrie gekommen sind.

limbictree
16.07.2020, 00:02
Das kann unter Umständen schnell sehr gefährlich werden, da doch die meisten Patienten in einer Gerontopsychiatrie noch somatische Vorerkrankungen haben. Wenn dann nicht unmittelbar somatische Diagnostik und Bildgebung vor Ort ist...Stürze älterer Menschen kommen doch fast täglich vor. Und man kann doch nicht ständig Patienten verlegen. Natürlich ist das gefährlich. Ich finde es geht gar nicht um die Diagnostik oder Bildgebung, sondern um die Fachkenntnis. Was sehr unangenehm ist, ist wenn nicht nur ich als unerfahrener Assistent ne medizinische Situation noch nicht einschätzen kann und nicht genau weiß, worauf kommt's jetzt an, was muss ich tun, worauf muss ich achten, wie entscheide ich, sondern ich auch keine erfahrenen Kollegen habe, die das können, und mein Oberarzt das auch nicht kann, und mein Hintergrund im Dienst auch nicht. Ich finde das in der Neuro gerade völlig anders. Ich habe nie! eine Situation, wo von mir erwartet wird, mich irgendwie durchzuwursteln oder irgendwas irgendwie "einfach so" zu wissen, kraft meines "Sie sind ja auch Arzt" oder "Haben Sie nicht Medizin studiert" oder was weiß ich. Irgendwie durchwursteln oder nachlesen und dann machen wie man denkt ist nicht. Wenn ich was nicht weiß, habe ich zu fragen, und dann bekomme ich auch klare Anweisung. Und dann lerne ich das mit meiner Erfahrung und beim nächsten mal weiß ich es. Das habe ich in der Psych leider auch anders erlebt. DANN kommen diese Situationen zustande, dass man in der Not extrem dumme Anrufe an die Internisten von der Nachbarklinik macht und all diese Dinge. Oder in der man "irgendwie macht" und nie weiß, war das nun richtig oder falsch. Verlegungen, weil man die technischen Möglichkeiten vor Ort nicht hat sind das eine, Verlegungen, weil man Angst hat und überfordert ist mit ner Einschätzung ist das andere. Und da geht es schon um die Organisation. Und da kann man Pech haben, oder Glück.

ehem-user-21-08-2020-1502
17.07.2020, 00:29
Natürlich ist das gefährlich. Ich finde es geht gar nicht um die Diagnostik oder Bildgebung, sondern um die Fachkenntnis. Was sehr unangenehm ist, ist wenn nicht nur ich als unerfahrener Assistent ne medizinische Situation noch nicht einschätzen kann und nicht genau weiß, worauf kommt's jetzt an, was muss ich tun, worauf muss ich achten, wie entscheide ich, sondern ich auch keine erfahrenen Kollegen habe, die das können, und mein Oberarzt das auch nicht kann, und mein Hintergrund im Dienst auch nicht. Ich finde das in der Neuro gerade völlig anders. Ich habe nie! eine Situation, wo von mir erwartet wird, mich irgendwie durchzuwursteln oder irgendwas irgendwie "einfach so" zu wissen, kraft meines "Sie sind ja auch Arzt" oder "Haben Sie nicht Medizin studiert" oder was weiß ich. Irgendwie durchwursteln oder nachlesen und dann machen wie man denkt ist nicht. Wenn ich was nicht weiß, habe ich zu fragen, und dann bekomme ich auch klare Anweisung. Und dann lerne ich das mit meiner Erfahrung und beim nächsten mal weiß ich es. Das habe ich in der Psych leider auch anders erlebt. DANN kommen diese Situationen zustande, dass man in der Not extrem dumme Anrufe an die Internisten von der Nachbarklinik macht und all diese Dinge. Oder in der man "irgendwie macht" und nie weiß, war das nun richtig oder falsch. Verlegungen, weil man die technischen Möglichkeiten vor Ort nicht hat sind das eine, Verlegungen, weil man Angst hat und überfordert ist mit ner Einschätzung ist das andere. Und da geht es schon um die Organisation. Und da kann man Pech haben, oder Glück.

Von einem Oberarzt kann (und muß) man erwarten, dass er in einer brenzlichen Situation dem AA behilflich ist. Es sterben jeden Tag zu viele Patienten, weil Probleme nicht oder zu spät erkannt wurden. Als AA in der Psychiatrie hat man es ja z.T. mit aggressiven und schwer handelbaren Patienten zu tun. Kann man es verlangen, dass man neben den psychischen Dingen auch noch den Internisten spielt? Einen Patienten mit Thoraxschmerz oder Atemnot würde ich persönlich zur Abklärung verlegen lassen. In einer reinen Psychiatrie kann ich eine orientierende neurol. Untersuchung machen, aber wenn da jemand plötzlich starke somatische Beschwerden hat, kann er dort nicht bleiben. Ich erwarte auch von einem Oberarzt, dass er solche Probleme erkennt.

Gibt es eigentlich fachfremde Dienste bei Psychiatern? Also dass ein Psychiate in die somatische Notaufnahme einer Klinik geschickt wird und dort alleine für alles Somatische zuständig ist? Ich meine wirklich Psychiater und nicht die sich im Neuro-Fremdjahr befinden
Es gibt ja auch Allgemeinchirurgen, die unfallchirurgische Dienste machen müssen.

rafiki
17.07.2020, 05:33
Gibt es eigentlich fachfremde Dienste bei Psychiatern? Also dass ein Psychiate in die somatische Notaufnahme einer Klinik geschickt wird und dort alleine für alles Somatische zuständig ist?

Wozu sollte das gut sein?