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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Innere Medizin: Arbeitsbelastung? Stellenwahl?



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PJler123
18.07.2020, 11:22
Hallo Forum!

Ich habe von angehenden Internisten erfahren, dass Sie teilweise 10-12 Stunden täglich ohne wirkliche Pause arbeiten. Ist die Innere Medizin wirklich so hart?

Und Andere erzählen wiederum, dass Sie jeden Tag maximal 1 Stunde länger bleiben.

Was könnt ihr einem Berufsanfänger empfehlen? Sollte man wirklich eine 12-Stunden Stelle annehmen?


Grüße
PJler123

WackenDoc
18.07.2020, 11:49
Ernsthaft???

davo
18.07.2020, 11:50
An der Uniklinik der Uni, an der ich studiert habe, war es in den großen Fächern (Kardio, Lunge) üblich, dass die Innere-Assis 10-13h am Tag da waren, meistens keine Zeit für eine Mittagspause hatten, die Überstunden nicht bezahlt wurden und sie öfters an ihren freien Tagen, natürlich ebenfalls unbezahlt, reingekommen sind um Arztbriefe zu schreiben.

Das ist für mich Ausbeutung und Illegalität pur - aber es funktioniert, da es genug Idioten gibt, die es sich gefallen lassen, und da es natürlich keinerlei Kontrollen der und keinerlei Konsequenzen für die erhabenen Top-Wissenschaftler gibt, die dort als Chefärzte und leitende Oberärzte arbeiten und die erst durch diese vielen kostenlosen Überstunden resultierende Privatliquidation einsacken. So einen Job hätte ich NIE angenommen. Aber ich kenn genug Leute, die es getan haben. Uni und Karriere und so halt. Die meisten AÄ, die schon längere Zeit dort waren, haben resignativ mit den Schultern gezuckt, ist halt so, ist überall so, kann man nichts dagegen machen, sonst machts halt wer anderer, usw. Typische Opfermentalität halt. Es gab pro Abteilung meist ein, zwei, die den Zug zum Tor hatten, Habil, Professur, usw., und die das dann auch geschafft haben oder bald schaffen werden, aber viele haben eigentlich ohne groß nachzudenken weitergemacht, obwohl das für sie gar keine Option war. Wahrscheinlich hatten die gar nie genug Zeit, mal darüber nachzudenken, was sie eigentlich machen wollen. Und manche haben halt von der Praxis oder vielleicht dem Notausstieg namens hausärztlicher Internist bzw. Allgemeinmedizin gesprochen. Aber auch die, die dann Karriere gemacht haben, waren weiterhin in der Tretmühle - einer, der sehr schnell und sehr jung OA wurde, der sich sehr schnell und sehr jung habilitiert hat, meinte einmal, dieser Satz hat sich mir eingeprägt, dass er mit seiner Frau die Abmachung getroffen hat, dass er einmal die Woche schon (!) um 19 Uhr (!) zuhause ist. Aber das funktioniere nicht immer. Wer so leben will - ok. Ich würds nicht wollen.

Aber ja, es geht auch anders. Manche meiner Kommilitonen haben Innere-Jobs mit "nur" max. einer Überstunde pro Tag gefunden. Ja, in Deutschland.

Ich selbst arbeite in Österreich, hier ist es für Innere-AÄ paradiesisch - die Pflege macht die Blutentnahmen und die Braunülen, und zwar schon eine halbe Stunde vor dem Arbeitsbeginn der Ärzte, d.h. man geht recht früh Visite, hat bei der Visite schon (fast) alle Laborwerte, somit können die Patienten früh zu den Untersuchungen, somit sind die ganzen Untersuchungsbefunde früh verfügbar (meist so gegen 13 Uhr), somit kann man dann am frühen Nachmittag nochmal eine Kurvenvisite machen und die Konsile umsetzen. Die ganze Routinearbeit (Aufnahmen, Anforderungen, Aufklärungen, EKs, Arztbriefe, usw.) machen die Ärzte in Basisausbildung (die mache ich gerade), d.h. die, die in den ersten neun Monaten nach dem Studium sind. Somit kann man sich als AA auf die interessanten Sachen konzentrieren, muss die Arztbriefe nur noch korrekturlesen, hat viel Zeit für die Funktionen, usw. Man geht aufgrund der guten Personalsituation an den meisten Häusern pünktlich nach Hause, ganz egal ob man in der Basisausbildung oder AA ist.

Markian
18.07.2020, 12:09
Hallo Forum!

Ich habe von angehenden Internisten erfahren, dass Sie teilweise 10-12 Stunden täglich ohne wirkliche Pause arbeiten. Ist die Innere Medizin wirklich so hart?

Und Andere erzählen wiederum, dass Sie jeden Tag maximal 1 Stunde länger bleiben.

Was könnt ihr einem Berufsanfänger empfehlen? Sollte man wirklich eine 12-Stunden Stelle annehmen?


Grüße
PJler123

Wie weit bist du denn im PJ? Offensichtlich hast du das Innere Tertial noch nicht hinter dir. Mach das mal zu Ende und bilde dir deine eigene Meinung.

PJler123
18.07.2020, 13:07
Wie weit bist du denn im PJ? Offensichtlich hast du das Innere Tertial noch nicht hinter dir. Mach das mal zu Ende und bilde dir deine eigene Meinung.

Ich habe das Innere Tertial schon hinter mir.


Ernsthaft???

Auf was bezogen? Auf die 12-Stunden Stelle?

Danke.


...

Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ja, diese Frage stelle ich mir natürlich auch. Was bringt es einem, wenn man in der Woche durchschnittlich 10Std. arbeitet und dann am Wochenende einfach nur kaputt ist. Man möchte ja trotzdem etwas mit seinem Leben anfangen und etwas Freizeit haben...

PJler123
18.07.2020, 13:08
Bitte löschen. Doppelter Post

davo
18.07.2020, 13:17
Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ja, diese Frage stelle ich mir natürlich auch. Was bringt es einem, wenn man in der Woche durchschnittlich 10Std. arbeitet und dann am Wochenende einfach nur kaputt ist. Man möchte ja trotzdem etwas mit seinem Leben anfangen und etwas Freizeit haben...

Noch dazu wo man dann oft nur zwei Wochenenden im Monat frei hat. Ich hab zum Glück meist drei Wochenenden pro Monat frei, aber das ist leider nicht selbstverständlich. Gerade dort, wo die Arbeitszeiten tagsüber unerträglich sind, sind auch die freien Wochenenden oft rar. Dann bleibt einem eigentlich gar kein Leben mehr. Für mich definitiv keine Option.

Markian
18.07.2020, 16:11
Dann hast du doch im PJ gesehen, dass in der Inneren ein 10h Tag nicht unüblich ist und die Dienstbelastung hoch. Deshalb verstehe ich die Frage nicht.

Bonnerin
18.07.2020, 16:31
Dann hast du doch im PJ gesehen, dass in der Inneren ein 10h Tag nicht unüblich ist und die Dienstbelastung hoch. Deshalb verstehe ich die Frage nicht.

Kann man nicht sagen. Eventuell hatte der TE Glück in dem Tertial, will aber aus Gründen nicht an das spezielle KH. Aber er hat halt die leider sehr wahren Schauergeschichten gehört und wollte nachfragen, ob dem halt wirklich so ist.

ProximaCentauri
18.07.2020, 16:41
Der Vorteil als Internist ist: man kann sich die Stellen eigentlich aussuchen. Man muss halt nur willens sein zu wechseln wenns einem nicht passt.

Ich arbeite in der Schweiz, 10h sind Sollarbeitszeit (aber inkl. bezahlter Mittagspause und inkl. Weiterbildung). Ich bin noch nie extra reingekommen um Arztbriefe zu schreiben. Manche meiner Kollegen schon. Ich mache das nicht, weil wenn das in der normalen Arbeitszeit nicht zu schaffen ist, dann muss eben etwas reorganisiert werden. Wenn sie dann zu lange auf die Briefe warten müssen sollen sie mir halt mal einen Tag nur fürs Büro planen. Genauso gehe ich auch im Dienst immer Mittagessen. Man ist ohne Pause nicht effizienter, und die Mittagspause steht mir zu. Wenn ich nicht einmal essen kann, kann mit der Organisation etwas nicht stimmen.
Ich finde den Job so sehr angenehm, natürlich gibts mal stressigere Tage, aber dann auch mal welche die weniger stressig sind. Ich mags, ich finde den Job super und möchte nichts anderes machen.

urinbeutel
18.07.2020, 21:07
Wird man in der Schweiz vielleicht weniger verheizt? Hab gehört dass man be und zugange nicht machen muss

hebdo
18.07.2020, 23:35
Also ich habe in einer Uni-Abteilung angefangen, wo pro Tag 1-1,5 Überstunden angefallen sind - in den ersten 6 Monaten auch viel mehr. Habe dann meine Arbeitszeit dokumentiert und die Überstunden eingeklagt.

Nach 2,5 Jahren bin ich gewechselt und mir waren folgende Aspekte wichtig:
1. Weiterbildung/ Rotationen
2. Arbeitszeitdokumentation mit bezahlten Überstunden
3. Bezahlte Fortbildungen nach eigenem Wunsch

Nach weiteren 3 Jahren bin ich gewechselt wegen:
1. Fehlenden Wissenszuwachs
2. Zu hohe Dienstbelastung

Es sind auch in der Inneren gute Weiterbildungsstellen zu finden. Man sollte den Mut zu Veränderungen haben und nicht alles hinnehmen

daCapo
19.07.2020, 09:09
Doppeleintrag/ bitte löschen

daCapo
19.07.2020, 09:13
Kann man nicht sagen. Eventuell hatte der TE Glück in dem Tertial, will aber aus Gründen nicht an das spezielle KH. Aber er hat halt die leider sehr wahren Schauergeschichten gehört und wollte nachfragen, ob dem halt wirklich so ist.

Es gibt doch auch noch Blockpratika und Famulatur in der Inneren mit den "spannenden" Visiten und langen Arbeitstagen auf den Stationen. Dass man immer zwei WE im Monat macht, ist eher bei angespannter Personallage. Essen gehen tun die Internisten in meiner Uniklinik eigentlich immer, aber lange Arbeiten (so. von 8 bis 18-20 Uhr ggfs. auch länger besonders als Anfänger)
Möglicherweise gibt es ein paar Kliniken mit akzeptablen Arbeitsbedingungen, kann man sich mal umsehen. Ein Freundin von mir war im Süden von BW und etwas außerhalb von Hamburg relativ zufrieden an manchen kleineren KH.
Man kann ja auch mal anfangen mind. 6 Monate und schauen, ob es passt vom Fach her. Glücklicherweise kann man es sich auf viele andere Fächer anrechnen lassen.


Wird man in der Schweiz vielleicht weniger verheizt? Hab gehört dass man be und zugange nicht machen muss

Ja das ist so eine Besonderheit/Alleinstellungsmerkmal von DE, dass die Pflege viele ihre Aufgaben abgegeben hat und insgesamt relativ unselbstständig sein kann (Resultat: je nach Personal: dauernde Anrufe und Fragen zwischendurch, die den Arbeitsalltag zusätzlich unterbrechen). Andererseits kann ich jetzt auch Zugänge und BEs bei Patienten machen, wo die Arzthelferinnen in unserer Ambulanz nix finden.


Der Vorteil als Internist ist: man kann sich die Stellen eigentlich aussuchen. Man muss halt nur willens sein zu wechseln wenns einem nicht passt.



Jo das stimmt, gilt jedoch auch für die meisten anderen Fächer. Hauptsache ist, dass man das Fach mag.

PJler123
19.07.2020, 15:32
Kann man auch eigentlich auch vor den 6 Monaten Probezeit ohne Konsequenzen gehen? Wenn ich eine Klinik mit sehr schlechten Arbeitszeiten erwischen sollte, würde ich ungern 6 Monate lang von 8-18/20 Uhr arbeiten.

Oder muss ich die 6 Monate Probezeit am Stück absolvieren, damit ich keine negativen Konsequenzen habe?

davo
19.07.2020, 15:41
Ist doch logisch, dass du auch früher gehen kannst. Du kannst ja auch früher gegangen werden.

PJler123
19.07.2020, 15:45
Ist doch logisch, dass du auch früher gehen kannst. Du kannst ja auch früher gegangen werden.

Ich dachte, dass der nächste Arbeitgeber dann sagen wird... "Du bist doch der, der zu schnell aufgibt. Wir wollen dich nicht...."

Wie finde ich eigentlich heraus, ob die Arbeitszeiten in Ordnung sind oder nicht? Der Chef wird mir dies doch sicherlich nicht direkt mitteilen, oder?

davo
19.07.2020, 15:56
Wenn du einen Uni-Chef nach den Arbeitszeiten fragst, wirst du die Stelle nicht bekommen. So einfach ist das.

Du musst die AÄ fragen. Obwohl natürlich auch die dir nicht immer die Wahrheit sagen werden, da sie ja hoffen, dass du zusagst.

Wenn du vorher kündigst, gibst du die Stelle in deinem Lebenslauf halt gar nicht erst an. Hast du eben nach dem Studium noch etwas an der Doktorarbeit gearbeitet / Urlaub gemacht / whatever.

daCapo
19.07.2020, 16:11
Kann man auch eigentlich auch vor den 6 Monaten Probezeit ohne Konsequenzen gehen? Wenn ich eine Klinik mit sehr schlechten Arbeitszeiten erwischen sollte, würde ich ungern 6 Monate lang von 8-18/20 Uhr arbeiten.

Oder muss ich die 6 Monate Probezeit am Stück absolvieren, damit ich keine negativen Konsequenzen habe?

Weiterbildungszeiten werden erst ab 6 Monaten anerkannt außer in der Allgemeinmedizin.

Insgesamt werden Arbeitgeber in DE hellhörig, wenn jmd. dauernd die Stellen wechselt alle 6 Monate, auch lesen sie die Arbeitszeugnisse zum Teil. Beim Vorstellungsgespräch muss man gut begründen, warum man jetzt da anfangen möchte (z.B. wegen der tollen Angebote in der Klinik). Die alte Klinik sollte man so wenig wie möglich erwähnen (das ist Vergangenheit). Insgesamt ist es auch angenehmer sich aus einer Stelle anstatt aus der Arbeitslosigkeit zu bewerben. Man kann natürlich immer sagen: wegen privaten Gründen/wegen der Liebe musste ich die letzte Stelle aufgeben und habe aktuell nix. Wenn es die allererste Stelle ist, kann man auch noch sagen: Dr. Arbeit/Urlaub

Arbeitszeiten sieht man z.B. wenn man 1-3 Tage hospitiert und mit den Assistenten dort spricht. Gerade als Anfänger braucht man jedoch immer länger, da man die ganzen Abläufe noch nicht kennt und nicht weiß, wie man sie effizient abarbeitet.

Feuerblick
19.07.2020, 16:27
Wenn man ein- oder zweimal die Stelle vor Ende der Probezeit kündigt, dürfte das gerade in der Inneren, wo immer Leute gesucht werden, wohl nicht interessieren. Und ob man diese Stellen angibt, bleibt ja einem selbst überlassen. :-nix