PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ich brauche Hilfe, was ich am besten mache



ArsAeterna
19.07.2020, 15:11
Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen!

Seit ein paar Monaten arbeite ich als Assitenzarzt und habe noch nicht genug Erfahrungen, wie ich mich in bestimmten Situationen verhalte. Nun passiert mit mir was nicht angenehmes.

Es geht um ein Diktat von Entlassungsbrief bzw. Unterschreibung des Briefes. Patient wurde am 1.06 zur Bursektomie
stationär aufgenommen. In unserer Abteilung gibt es Verteilungsplan und jeder Assistenzarzt unter Begleitung eines Oberarztes ist für bestimmten Bereich zuständig. Der P. lag, sagen wir, im Zimmer 1. Ab 08.06 bis zum 12.06 war ich für den Patienten zuständig. Er war stabil und sonst unauffällig. Ab 15.06 war allein ein Oberarzt für den zuständig, da wir nicht genug Assistenzärzte haben. Der Patient wurde noch 2 mal operiert. Am 27. ist der Patient nach Intensivstation verlegt und am nächsten Tag gestorben. Ich habe von anderem Kollege erfahren, dass der Patient innere Blutung hatte und letzte Woche Hb 5 war. Oberarzt hat nicht darauf rechtzeichtig reagiert.
Nun bekomme ich Anweisung vom Oberarzt, dass ich den Entlassungbrief diktieren sollte, da ich schon eine Woche den Patienten betreut habe und für Entlassungsbriefe Assistenzärzte zuständig sind. Ich soll ja dann auch den Brief unterschreiben. Aber es wäre ja logisch, wenn ein Richter dann mich fragen würde, wieso ich als Assistenzarzt auf Hb von 5 nichts unternommen habe.

Was würden Sie mir empfehlen, in dieser Situation zu tun?
VG

Feuerblick
19.07.2020, 15:17
Das eine (Brief schreiben) hat mit dem anderen (Ermittlungen bzgl. Behandlungsfehler) nichts zu tun... Eigentlich (so war das bei uns) wurde dann vom Assistenten auf Intensiv der Brief geschrieben und nicht vom Anfänger, der den Patienten irgendwann mal auf Station gesehen hat. Sag deinem OA einfach, dass du die weitere Entwicklung des Patienten bis zu seinem Tod nicht kennst und daher den Brief nicht schreiben kannst. Punkt.

CYP21B
20.07.2020, 08:33
Kenne ich auch das man Brief schreiben muss/ soll und den Patienten nur wenig bis gar nicht kennt. Es gab ein paar Spezialisten die das gerne turfen wollten, die haben das dann selbst zurück bekommen. Wenn es keinen "besser" zuständigen gab habe ich mir die Akte besorgt und Brief rein nach Aktenlage geschrieben. Gerade wenn der Patient auf Its lag gab es da ja einen Brief den man verwenden konnte. Und gerade bei langen Verläufen geht es ja mehr darum dass das wesentliche sinnvoll zusammengefasst wird.

anignu
20.07.2020, 22:31
Und vor allem ein Exitusbrief ist kurz. Was soll man denn groß schreiben? Laborwerte? Medikation?
Es gehört rein statt "in unserer stationären Behandlung befand" ein Nachhalbsatz "und am ... verstarb" oder sowas.
Dann Diagnosen, Therapien, Anamnese und Epikrise. Kurz. Chirurgisch. Kam zur Bursektomie, im Verlauf innere Blutungen und letztlich verstorben. Wenn du dich zurückhalten willst weil du der Meinung bis dass OA blablabla Mist gebaut hat, dann schreib nicht zu viele Details. Und egal welcher Meinung du bist bzgl. deines Oberarztes: das hat im Brief nichts zu suchen, das klärst du intern oder wie auch immer.

@Feuerblick: bei uns war es schon so, dass den "Exitusbrief" die Fachabteilung geschrieben hat die ihn primär operiert hat. Der Hausarzt schickt den Patienten zu uns Gefäßchirurgien (auf mein Fachbereich bezogen), dann schickt ich auch als Gefäßchirurg einen Brief an den Hausarzt dass der Patient tot ist. Und überlässt solche Sachen nicht den Anästhesisten. Die können auch einen Brief schreiben aus ihrer Intensiv raus, das ist mir egal. Aber primär lag der Patient gefäßchirurgisch und dann schreib ich auch als Gefäßchirurg dem Hausarzt dass der Patient verstorben ist.

Und gerade bei langen Verläufen geht es ja mehr darum dass das wesentliche sinnvoll zusammengefasst wird.
Bei einem Exitusbrief noch viel mehr! Zwei Seiten sollte das absolute Maximum sein. Eineinhalb Seiten braucht es meist schon damit Briefkopf, Diagnosen und die ganzen Unterschriften irgendwo unterkommen. Aber recht viel mehr auf keinen Fall. Maximal zwei Seiten. Der Patient ist tot. Es braucht keine Verlaufsbeschreibung bis ins letzte Detail mit sämtlichen Untersuchungen und Empfehlungen der anderen Fachabteilungen. Es gibt nichts mehr zu empfehlen.

Empfehlung: Schreib den Brief! Kurz, knackig, aus das Wesentliche beschränkt und beschäftige dich dann wieder mit der Medizin für Lebende. Das ist einmal eine halbe Stunde hinsetzen mit der Akte dann ist das Thema vorbei.

Aber es wäre ja logisch, wenn ein Richter dann mich fragen würde, wieso ich als Assistenzarzt auf Hb von 5 nichts unternommen habe.
Was hat denn das Schreiben eines Briefes damit zu tun?

Feuerblick
20.07.2020, 22:40
@anignu: Bei uns gab es immer Chirurgen auf Intensiv (so eine Art Pseudo-Rotation). Die mussten so einen Brief dann schreiben.

inglebird
27.07.2020, 20:17
Also ich muss gestehen, dass Sterbebriefe auch bei mir häufig kurz sind (Epikrise so halbe Seite vielleicht, je nach Verlauf weniger).
Aber gefühlt wurde die Wichtigkeit eines Sterbebriefes in den oberen Kommentaren runtergespielt, das passt meines Erachtens nicht.
Wenn ein alter Mensch moribund in die Notaufnahme kommt und unter begrenztem Therapieversuch stirbt, reichten üblicherweise 5 Sätze.
Aber wenn ein Patient nach primär kurativer/korrigierender OP eine schwerwiegende Komplikation erleidet, klassisch die Darm-Anastomoseninsuffizienz, im Anschluss im septischen Schock bei Peritonitis ist, 7 Tage CRRT läuft, 20 Tage beatmet und tracheotomiert ist, zwischenzeitlich Ileus und Re-OP, ventilator-assoziierte Pneumonie etc... Ihr kennt diese Verläufe.
Da muss ich dem initial zuweisenden Arzt auch irgendwie erklären können, warum der Patient 4 Monate später nicht mehr dialysiert wurde, nicht mehr reintubiert wurde, die Katecholamine nicht mehr eskaliert wurde etc...
Nämlich weil der Patient mittlerweile kachektisch, critical-illness neuro- und myopathisch, chronisch dialysepflichtig und tracheostomiert war, langfristig auf parenterale Ernährung angewiesen sein würde und ein möglicherweise mehrmonatiger Rehabilitationsprozess mit ungewissem outcome vom mutmaßlichen Patientenwillen, soweit durch Familie zu eruieren, nicht abgedeckt sein würde.

Jetzt, wo ich das schreibe, habe ich es eigtl aber auch in einem Absatz geschafft... :-oopss

anignu
27.07.2020, 22:58
Aber gefühlt wurde die Wichtigkeit eines Sterbebriefes in den oberen Kommentaren runtergespielt, das passt meines Erachtens nicht.
War sicherlich nicht so gedacht. Auf der anderen Seite darf man Sterbebriefe auch nicht zu einem Heiligtum glorifizieren und hinter jedem Satz gleich den Staatsanwalt vermuten. Das wird den Briefen auch nicht gerecht.

Jetzt, wo ich das schreibe, habe ich es eigtl aber auch in einem Absatz geschafft... :-oopss
:-)

Mano
28.07.2020, 04:59
@Feuerblick: bei uns war es schon so, dass den "Exitusbrief" die Fachabteilung geschrieben hat die ihn primär operiert hat. Der Hausarzt schickt den Patienten zu uns Gefäßchirurgien (auf mein Fachbereich bezogen), dann schickt ich auch als Gefäßchirurg einen Brief an den Hausarzt dass der Patient tot ist. Und überlässt solche Sachen nicht den Anästhesisten. Die können auch einen Brief schreiben aus ihrer Intensiv raus, das ist mir egal. Aber primär lag der Patient gefäßchirurgisch und dann schreib ich auch als Gefäßchirurg dem Hausarzt dass der Patient verstorben ist.


Macht sicherlich auch Sinn - oder gemeinsam. Als Anästhesist kann man die OP-Indikation und operative Probleme ja nur aus zweiter Hand berichten.
Und Zuweisermanagment gehört für die meisten Anästhesisten weder zur Kernkompetenz noch zum Kerninteresse...

alex1
29.07.2020, 23:45
Ich vestehe das nicht...
Du warst vom 08.06. bis 12.06. für den Patienten zuständig. Ok?
Der Patient kam wegen einer Bursektomie wurde aber dann noch 2x im Verlauf operiert und am 27.06. auf die Intensivstation verlegt, wo er den Tag drauf verstarb.

Was genau für einen Brief sollst du schreiben?
Du warst 5 Tage für den Patienten zuständig. Wer war vom 13.06. bis zu seiner Verlegung auf die Intensivstation (27.06.) zuständig? Das waren immerhin 15 Tage. Und an wen geht der Brief? Ist das der Brief an die Intensivstation, als ihr den Patienten hinverlegt habt? Oder ist das der Entlassungsbrief? Ich hätte gedacht die Entlassabteilung schreibt diesen und da der Patient wohl auf der Intensivstation verstarb, macht es die Intensiv. Es interessiert ohnehin niemand mehr, was für eine Bursektomie ihr gemacht habt, da der Patient nun tot ist. Und über den komplizierten Verlauf kann ja der Brief der Intensivstation berichten, wobei das eher im Diagnosetext steht wird ("Z.n. Revisions-OP nach Blutung nach Bursektomie" - oder was auch immer da passierte).


Gefährliche Sache so eine Bursektomie...

Feuerblick
30.07.2020, 08:05
Nee, der TE soll den Entlassungsbrief schreiben, weil er in der aufnehmenden Abteilung arbeitet. Scheint in vielen Häusern so gehandhabt zu werden, weil die Anästhesie das „nicht kann“... ist ja ein chirurgischer Patient... ;-)

alex1
30.07.2020, 22:15
Nee, der TE soll den Entlassungsbrief schreiben, weil er in der aufnehmenden Abteilung arbeitet. Scheint in vielen Häusern so gehandhabt zu werden, weil die Anästhesie das „nicht kann“... ist ja ein chirurgischer Patient... ;-)

Im Ernst?

Das wird bei uns ganz anders gehandhabt.

Tja, das wird dann schon eine Aufgabe für ihn werden bei diesem komplikationsvollen Verlauf.

Feuerblick
30.07.2020, 22:19
Bei uns ja auch... bzw. bei uns (damals) gab es chirurgische Assistenten, die die ITS mitbetreuten. Die traf sowas dann.

anignu
30.07.2020, 23:31
Tja, das wird dann schon eine Aufgabe für ihn werden bei diesem komplikationsvollen Verlauf.
10 Zeilen Verlauf, maximal 15 Zeilen? Mehr braucht es nicht. Soll ich es Vorformulieren?

Patient wurde zur Bursektomie aufgenommen und am ... operiert. Im postoperativen Verlauf kam es zu einer Wundheilungsstörung/Was-auch-immer/Komplikation wodurch eine Revision am ... und ... erforderlich war oder es kam zu einem postoperativen Sonstwas was wir ... therapierten. Außerdem zeigte sich im Rahmen der stationären Behandlung ein zunehmender Hb-Verlust. In der daraufhin durchgeführten ÖDG zeigte sich ... welche ... behandelt wurde. Im Rahmen des Hb-Verlustes war der Patient zunehmend kreislaufinstabil wodurch eine Verlegung auf unsere Intensivstation sowie Gabe von Erythrozytenkonzentraten erforderlich war. Hier zeigte sich eine weitere Verschlechterung vor allem kardial/renal/pulmonal im Rahmen einer ARDS/Sepsis/Multiorganversagens so dass Herr/Frau ... am ... um ... Uhr auf unserer Intensivstation verstarb. Die Angehörigen wurden über den Verlauf informiert.

8 Zeilen incl vieler Platzhalter, das Wichtigste ist gesagt ohne den Patienten zu kennen. Brief nach Aktenlage. Schreiben. Abhaken. Nicht zuviel nachdenken. Es gibt ganz andere Dinge über dich ich mich im Krankenhaus aufreg als einen Brief nach Aktenlage schreiben zu müssen bei einem Patienten den ich eigentlich zu wenig kenn.

Nochmal: was willst du den alles schreiben? Jeden Tag eine Tageszusammenfassung? Der Patient ist tot. Es ist vorbei. Es geht drum einen Verlauf noch ganz kurz zusammenzufassen, damit es sauber abgeschlossen ist und es auch der Hausarzt zu den Akten legen kann. Ansonsten wird der Brief egal mit wievielen Details niemandem mehr helfen. Am Allerwenigsten dem Patienten.

und @Feuerblick: so einen Brief würden sogar Anästhesisten hinbekommen ;-)

Listerien
31.07.2020, 00:13
Typisch OÄ

Mir geht's die Abteilung wo ich gerade bin ganz schön auf den Keks. Ich bin Anfänger und die ticken das irgendwie nicht.

Ich habe kein Geduld und kein Verständnis dafür und würde am liebsten kündigen, bloß geht es nicht, weil ich verdammt wegen der Pädiatrie umgezogen bin und habe meinen wunderbaren Heeimatsdorf verlassen.

Die Chefin sowei der leitende Ober wollen dass ich für eine Weile ( paar Monate) keine Dienste machen sollte.

Hatte ich eine Klinik an der Grenze gewählt wo keine wohl nur die ausländischen Kollegen wären, würde sowas nie passiert.

Man muss nicht mehr studieren gehen reicht die Lehre seinen OÄ völlig aus.


Ich hatte übrigens eine Post mit meiner Problematik veröffentlicht

Feuerblick
31.07.2020, 07:15
Was hat das jetzt mit dem Problem des TE zu tun?

@anignu: Wenn ich recht in Erinnerung habe, müsste man diverse Revisionen noch erwähnen und entsprechende Daten aus der dicken Akte picken. Als Anfänger ist sowas schwierig. Man muss ja erst lernen, was wichtig ist und was nicht. Insofern kann ich gut verstehen (war selbst in der Situation damals... und ich kannte die Patientin sogar...), dass einem das schwierig vorkommt. Klar ist es am Ende kein langer Brief. Aber als Anfänger weiß man das im Vorfeld nicht. Außerdem sollten Anfänger erst einmal „normale“ Briefe schreiben lernen. Da ist allen sehr viel mehr geholfen.

Reflex
31.07.2020, 10:10
Nochmal: was willst du den alles schreiben? Jeden Tag eine Tageszusammenfassung? Der Patient ist tot. Es ist vorbei. Es geht drum einen Verlauf noch ganz kurz zusammenzufassen, damit es sauber abgeschlossen ist und es auch der Hausarzt zu den Akten legen kann. Ansonsten wird der Brief egal mit wievielen Details niemandem mehr helfen. Am Allerwenigsten dem Patienten.

Ich mutmaße, dass die meisten niedergelassenen Ärzte sehr sehr ausführliche Briefe auch nur querlesen. Von daher lohnt sich die Mühe eh nicht und hat ein niedergelassener noch Rückfragen, kann er sich auch melden, wenn ihm es wichtig ist. Das mache ich bei unklaren Briefen, wo mir Informationen fehlen.