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PJler123
03.08.2020, 21:26
Hallo,
ich wollte mal fragen, ob es von den Arbeitsbedingungen her einen großen Unterschied zwischen öffenlichen und privaten Trägern gibt.

Immer wieder hört man, dass die Arbeitsbedingungen in den öffentlichn Krankenhäusern so viel besser seien und dass die Medizin immer Vordergrund stünde. Darüber hinaus würden auch die Arbeitsschutzgesetze eingehalten werden.


Was für Erfahrungen habt ihr gemacht?

Viele Grüße

tiw28
04.08.2020, 19:26
Pauschale Antworten gibts da sicher nicht. Meine persönliche Erfahrung spricht für öffentlich und gegen kirchlich.... mit privaten Trägern hab ich keine Erfahrung.

][truba][
04.08.2020, 20:33
Meine sagt genau das Gegenteil.

Bonnerin
04.08.2020, 21:13
Da kann man nix verallgemeinern.
Es gibt Abteilungen an Unikliniken, privaten, kommunalen und auch kirchlichen Häusern, die sich an Arbeitszeitgesethe halten und genauso auch überall Abteilungen, die dies nicht tun. Kommt manchmal aufs Fach an, manchmal aber auch nicht.

Da sollte man sich halt vor Ort bei Hospitationen ein eigenes Bild machen, wie es in der jeweiligen Abteilung aussieht.

Und dann spielen halt noch andere Dinge mit rein, bei nem kirchlichen Träger wäre ich z.B. schon raus gewesen, weil ich persönliche Gründe habe, da nicht arbeiten zu wollen.

Reflex
05.08.2020, 06:51
Es gibt erhebliche Unterschiede im Detail zwischen den einzelnen Trägern. Bei privaten Trägern sollt man immer darauf achten, ob die überhaupt tarifvertraglich Arbeiten und wenn nicht alles im Detail prüfen und ausgestalten lassen. Aber es sollte wie ganz viele hier sagen immer eine Einzelfallentscheidung sein. Pauschalisierungen helfen da wenig...

daCapo
05.08.2020, 08:50
Pauschale Antworten gibts da sicher nicht. Meine persönliche Erfahrung spricht für öffentlich und gegen kirchlich.... mit privaten Trägern hab ich keine Erfahrung.

Das ist auch meine Erfahrung.

tiw28
05.08.2020, 16:26
Es gibt erhebliche Unterschiede im Detail zwischen den einzelnen Trägern. Bei privaten Trägern sollt man immer darauf achten, ob die überhaupt tarifvertraglich Arbeiten und wenn nicht alles im Detail prüfen und ausgestalten lassen. Aber es sollte wie ganz viele hier sagen immer eine Einzelfallentscheidung sein. Pauschalisierungen helfen da wenig...

und die Kirchen arbeiten generell ohne Tarifverträge. Da gilt die AVR :-(. Da ist meines Wissens bis heute noch der letzte Tarifvertrag vom Marburger Bund mit entsprechende Entgelterhöhung nicht übernommen…

Muriel
05.08.2020, 18:32
AVR Caritas hat nachgezogen vor einigen Wochen rückwirkend zum 1. Januar 20 mit 6,6%.

tiw28
05.08.2020, 19:27
Haben sie aber fast ein Jahr unterschlagen/gespart!? Oder?

daCapo
05.08.2020, 19:33
Jaja, die Kirche.

https://www.spiegel.de/karriere/bundesarbeitsgericht-kuendigung-von-katholischem-arzt-unwirksam-a-1254150.html

https://www.aerzteblatt.de/archiv/141353/Katholische-Krankenhaeuser-Die-Loyalitaetspflichten-der-Aerzte

https://www.domradio.de/themen/ethik-und-moral/2019-10-30/krankenhaus-flensburg-oekumenische-klinik-lehnt-abtreibungen-ab-und-erntet-kritik

fallenangel30487
07.08.2020, 17:25
Genau...es gibt noch eine Einmalzahlung zum Ausgleich. Die liegt bei 700 Euro. Die Änderung der Arbeitsbedingungen tritt erst im Januar 2021 in Kraft.
Ich arbeite auch bei einem kirchlichen Träger und muss auch sagen, dass ich akutell froh wäre wenn mein Haus nicht kirchlich wäre. Die MAV ist lange nicht das gleiche wie ein Betriebsrat und je länger ich in dem Haus arbeite, desto mehr merke ich die Nachteile gegenüber einem städtischen Träger.
Leider haben das auch viele Bewerber schon bemerkt und es ist für uns kaum noch möglich brauchbare neue Mitarbeiter zu finden weil die auch logischerweise sich in Kliniken mit besseren Verträgen bewerben.

daCapo
07.08.2020, 19:07
Leider haben das auch viele Bewerber schon bemerkt und es ist für uns kaum noch möglich brauchbare neue Mitarbeiter zu finden weil die auch logischerweise sich in Kliniken mit besseren Verträgen bewerben.

Naja die Kirche könnte sich auf ihre Kernaufgaben (Betreuung der Gläubigen) konzentrieren und aus dem Gesundheitsmarkt/Kitas/Schulen fernhalten. Trennung von Staat und Kirche...Säkularisierung

milz
07.08.2020, 19:17
Naja die Kirche könnte sich auf ihre Kernaufgaben (Betreuung der Gläubigen) konzentrieren und aus dem Gesundheitsmarkt/Kitas/Schulen fernhalten. Trennung von Staat und Kirche...Säkularisierung

Es wäre zusätzlich auch super, wenn ich meine Religionsnichtmitgliedschaft nicht mehr meinem nicht-kirchlichen AG über die Steuerkarte mitteilen müsste. Ich meine, was geht das meinen AG an und wo bleibt da der Datenschutz!!?

daCapo
07.08.2020, 22:47
Es wäre zusätzlich auch super, wenn ich meine Religionsnichtmitgliedschaft nicht mehr meinem nicht-kirchlichen AG über die Steuerkarte mitteilen müsste. Ich meine, was geht das meinen AG an und wo bleibt da der Datenschutz!!?

Überhaupt Kirchensteuer, Entschädigung für Ländereien, die die Kirche Anfang des 19 Jhd verloren hat (und mit fraglichen Methoden erworben hat, nur das haben alle vergessen). Und der ganze Ablasshandel? Die Inquisitation? Das wird da garnicht gegengerechnet in die Kirchensteuer. Am besten wäre es sie abzuschaffen. Das Gehalt der Bischöfe übernimmt der Staat einfach so, weil es immer schon so war (ebenso 200 Jahre altes Gesetz). Auch dass die Eintreibung der Kirchensteuer über die Finanzbeamten immer noch geht, ist ein lebendiges Relikt der Vergangenheit. Bei meinem Fitnessclub macht das auch nicht das Finanzamt. Alles noch Sachen, die verändert werden müssten.

anignu
07.08.2020, 23:10
Zählt die Erwähnung der Inquisition auch schon zu Godwin's Law?
Sagt mal wo ist denn dieser Thread so schnell falsch abgebogen?

Meine persönliche Erfahrung mit einem kirchlichen Träger ist nicht schlecht. Genauergesagt nur gut. Die Bezahlung war im Arbeitsvertrag geregelt mit "AVR + Differenz zwischen TVÄ-VKA und AVR". Also im Grundgehalt doch wieder TVÄ-VKA. Die Dienste waren völlig entspannt, davon dass der Träger kirchlich war hat man bis auf irgendwelche Email-Newsletter in denen das stand nichts mitbekommen etc. Insofern gibts da nichts negatives zu berichten.

Es wäre zusätzlich auch super, wenn ich meine Religionsnichtmitgliedschaft nicht mehr meinem nicht-kirchlichen AG über die Steuerkarte mitteilen müsste. Ich meine, was geht das meinen AG an und wo bleibt da der Datenschutz!!?
Musst du das denn? Ist es nicht so dass man diese Auskunft inzwischen auch nicht geben kann und die Kirche muss dann die Steuern direkt von dir fordern?

Aber vielleicht kommen wir nochmal auf die eigentliche Frage zurück: öffentliche vs. private Träger.
Was mir aufgefallen ist, im OP schaffen es die wenigsten öffentlichen Träger einigermaßen pünktlich zu beginnen und die Überleitungszeiten kurz zu halten. Wenn Überleitungszeiten im OP, damit meine ich die komplette Zeit von Naht bis Schnitt, regelmäßig/durchschnittlich auch bei kleineren Eingriffen über einer Stunde sind, dann leistet sich das halt eher der öffentliche Träger. Wenn ich von vornherein weiß dass ich an Halbstundeneingriffen am Tag vier bis maximal fünf schaffe, dann kenn ich das nur von öffentlichen Trägern...

daCapo
08.08.2020, 08:27
Zählt die Erwähnung der Inquisition auch schon zu Godwin's Law?
Sagt mal wo ist denn dieser Thread so schnell falsch abgebogen?


Was hat Inquisition mit Nazis zu tun?


OP Planung


Gerade an Unikliniken waren manche Chefs, die einen übervollen OP Plan wollten, von dem man wusste, dass 30-40% nicht gemacht wird.

kartoffelbrei
08.08.2020, 10:23
Was mir aufgefallen ist, im OP schaffen es die wenigsten öffentlichen Träger einigermaßen pünktlich zu beginnen und die Überleitungszeiten kurz zu halten. Wenn Überleitungszeiten im OP, damit meine ich die komplette Zeit von Naht bis Schnitt, regelmäßig/durchschnittlich auch bei kleineren Eingriffen über einer Stunde sind, dann leistet sich das halt eher der öffentliche Träger. Wenn ich von vornherein weiß dass ich an Halbstundeneingriffen am Tag vier bis maximal fünf schaffe, dann kenn ich das nur von öffentlichen Trägern...

Ich habe auch das Gefühl, dass sich öffentliche Träger durch Sparen an der falschen Stelle ineffiziente Strukturen schaffen, die es bei einem privaten Träger so nicht geben würde. Wir hatten jahrelang Überleitungszeiten jenseits von Gut und Böse, weil die Patienten nicht rechtzeitig von Station in den OP gebracht werden konnten (zu wenig Personal auf Station) und man eine Anästhesiepflegekraft 2-3 Säle hat gleichzeitig betreuen lassen. Personal kostet ja schließlich Geld und wenn man den Angestellten nur ständig vorhält, dass sie zu langsam arbeiten, muss das doch ausreichen...

Da musste erst eine teure Unternehmensberatung kommen, damit ein Patiententransportdienst eingeführt und eine 1:1 pflegerische Besetzung für die OP-Säle kommt.


Kollegen, die vorher in privaten Häusern waren, haben sich an den Kopf gefasst. Da wurde natürlich geguckt, dass die nötigen personellen Voraussetzungen da sind, damit die Cash Cow OP gut durchläuft. Sorgt auch für weniger Frust beim Personal.

Evidence based
08.08.2020, 10:48
Ich habe auch das Gefühl, dass sich öffentliche Träger durch Sparen an der falschen Stelle ineffiziente Strukturen schaffen, die es bei einem privaten Träger so nicht geben würde. Wir hatten jahrelang Überleitungszeiten jenseits von Gut und Böse, weil die Patienten nicht rechtzeitig von Station in den OP gebracht werden konnten (zu wenig Personal auf Station) und man eine Anästhesiepflegekraft 2-3 Säle hat gleichzeitig betreuen lassen. Personal kostet ja schließlich Geld und wenn man den Angestellten nur ständig vorhält, dass sie zu langsam arbeiten, muss das doch ausreichen...

Da musste erst eine teure Unternehmensberatung kommen, damit ein Patiententransportdienst eingeführt und eine 1:1 pflegerische Besetzung für die OP-Säle kommt.


Kollegen, die vorher in privaten Häusern waren, haben sich an den Kopf gefasst. Da wurde natürlich geguckt, dass die nötigen personellen Voraussetzungen da sind, damit die Cash Cow OP gut durchläuft. Sorgt auch für weniger Frust beim Personal.

Das ist auch mein Eindruck. Die Strukturen der öffentlichen Träger wurden nicht an die Anforderungen des kommerzialisierten Gesundheitssystems angepasst. Zum einen, weil sie es nicht müssen (Unikliniken), oder weil die Strukturen so eingesessen sind, dass die Mentalität "haben wir immer schon so gemacht" aufkommt.

Mal abgesehen von den Grabenkämpfen, die
auch noch zwischen den Abteilungen ausgetragen werden...

Das Ganze merkt man teilweise auch medizinisch. Wie in meinem PJ Haus Narkose gemacht wurde... wie in den 70ern... gruselig. Überleitungszeiten jenseits von Gut und Böse. Sowas kann es bei privaten Trägern gar nicht geben.

Die Frage ist, ob man damit leben kann, das Geld unserer Sozialversicherungsbeiträge durch hohe Effizienz und Rosinenpickerei mehr oder weniger direkt in die Taschen irgendwelcher Aktionäre zu schaufeln. Dafür sind die Arbeitsbedingungen und Vergütung teilweise besser (auch wenn sich das nicht generell sagen lässt. Da hängen natürlich noch mehr Faktoren dran)

anignu
08.08.2020, 12:48
Kollegen, die vorher in privaten Häusern waren, haben sich an den Kopf gefasst. Da wurde natürlich geguckt, dass die nötigen personellen Voraussetzungen da sind, damit die Cash Cow OP gut durchläuft. Sorgt auch für weniger Frust beim Personal.
Vor allem den letzten Satz würde ich so nicht unterschreiben. Es kann auch ganz entspannt sein wenn man nicht Vollgas durch das OP-Programm hetzt. Wenn ich keine so ewigen Überleitungszeiten hätte, könnte ich die anderen Dinge die ich noch zu tun habe teils gar nicht schaffen. Und ich kenn es auch nur von Öffentlichen, dass die Mittagspause quasi heilig ist. Für Ärzte jetzt gesprochen.

Mal abgesehen von den Grabenkämpfen, die auch noch zwischen den Abteilungen ausgetragen werden...
Das läuft halt bei Privaten anders. Da gibt es eine klare Hierarchie und oben steht die Abteilung die am Meisten Geld bringt, was sich auch ändern kann im Verlauf. Und diese Abteilung darf vorgeben wie sie arbeiten will, die anderen haben sich zu fügen. Ist man in der falschen Abteilung hat man Pech.

Und auch für die eigene Sicherheit bzgl. Job-Garantie: ist man in der falschen Abteilung kann es passieren dass man seinen Job nicht mehr so lange hat. In öffentlichen werden auch ineffiziente Abteilungen eher mal mitgezogen weil man einen Auftrag zur Grundsicherung hat.

Das Ganze merkt man teilweise auch medizinisch. Wie in meinem PJ Haus Narkose gemacht wurde... wie in den 70ern... gruselig. Überleitungszeiten jenseits von Gut und Böse. Sowas kann es bei privaten Trägern gar nicht geben.
Auch diese stundenlangen Spielereien von Assistenzärzten die endlich auch mal einen Block stechen wollen und dafür steht dann der OP-Saal zwei Stunden und weil der Block nicht sitzt dauert die OP noch länger weil man zwischendrin doch den Patienten mit LaMa versorgt... kenn ich auch nur von öffentlichen Häusern. Dass der Patient dafür schon fast wieder wach ist während die OP noch nicht mal fertig ist nicht...
In öffentlichen Häusern hab ich das Gefühl, dass mehr Ausbildung betrieben wird, Richtung Regionalanästhesie gesprochen, weil es in Privaten einfach funktionieren muss.

Was ich auch nur aus öffentlichen Häusern kenn: Werkzeug zum Operieren das aus dem letzten Jahrtausend ist und mit dem sich keiner auskennt. Bis man das dann zusammengebaut hat und verwenden kann braucht es die Hilfe von mehreren OP-Schwestern die alle erst gerufen werden müssen etc. Bei Privaten wird das Zeug weggeschmissen und vereinheitlicht und unkompliziert gemacht. Damit der OP läuft.

Und für alle meiner Aussagen gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel! Es sind Aussagen bei denen ich das Gefühl habe das es tendentiell so läuft, aber es gibt genug Beispiele in denen es anders ist. Es kommt ganz viel auch auf die eigene Abteilung an.

Evidence based
08.08.2020, 13:00
Auch diese stundenlangen Spielereien von Assistenzärzten die endlich auch mal einen Block stechen wollen und dafür steht dann der OP-Saal zwei Stunden und weil der Block nicht sitzt dauert die OP noch länger weil man zwischendrin doch den Patienten mit LaMa versorgt... kenn ich auch nur von öffentlichen Häusern. Dass der Patient dafür schon fast wieder wach ist während die OP noch nicht mal fertig ist nicht...

Nunja, ich finde, die Weiterbildung muss den Assistenten auch ermöglicht werden. Das ist dann aber auch wieder eine Frage der Organisation. Es kann trotzdem reibungslos ablaufen, obwohl der Assitent den Block sticht. Bei uns wurde das so gelöst, dass der Patient frühzeitig bestellt wird, die Pflege sich in den Saal setzt und der Assistent mit einem Oberarzt den Block/Katheter setzt. Dass der Block manchmal trotzdem nicht sitzt, ist den Limitationen dieser Verfahren zuzuschreiben. Komplikationen und Verfahrenswechsel gehören zum Job, das müssen sich beide alle Seiten zugestehen. Ich habe mich auch nie beschwert, wenn der PJler zunäht oder bei einer laparaskopischen OP auf offen geswitched wird. Das ist alles zumeist keine böse Absicht, mit dem wirtschaftlichen Druck im Hinterkopf, kann ich aber nachvollziehen, dass viele Abteilungen da dünnhäutig reagieren.