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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ist das eine statistische oder klinische Doktorarbeit?



Clostridien
07.08.2020, 09:38
Hallo!

Ich bin noch nicht sehr versiert was Doktorarbeiten angeht und versuche noch, mir einen Überblick zu verschaffen.

Jetzt habe ich (vielleicht) die Möglichkeit, in einer Doktorarbeit die psychologischen Auswirkungen von einer bestimmten Krankheitsgruppe x am Beispiel der Krankheit y zu untersuchen.

Wenn ich die Daten selber erhebe, z.B durch Fragebögen, würde es sich dann um eine klinische oder statistische Doktorarbeit handeln? Die Note an sich ist mir dahingehend wichtig, dass ich meinen Facharzt wahrscheinlich an einer Uniklinik machen möchte, sehe aber meine spätere Laufbahn eher in der Niederlassung.

Würde mich über Antworten freuen!

FirebirdUSA
07.08.2020, 16:13
Und was hat die Antwort mit der Note zu tun? Bzw welche Note möchtest du denn erreichen?

Clostridien
07.08.2020, 18:04
Naja, es gibt doch das Klischee, dass statistische oft schlechter bewertet werden als klinische. Ob das nun pauschal so stimmt, will ich hier gar nicht diskutieren, dazu gibt es genug Threads im Forum. Um diese Threads aber lesen und für mich einordnen zu können, würde ich einfach gerne wissen wollen, in welche Kategorie o.g Doktorarbeit fallen würde.

Bonnerin
08.08.2020, 07:10
"Statistisch" wird in der Regel für retrospektiv-statistisch verwendet. Statistische Methoden sind ja eigentlich in jeder Arbeit drin.
Wenn du die Daten selbst erhebst und dann eigenständig auswertest sollte es meines Wissens nach als klinische Studie zählen.

Ist aber auch nur so semi-wichtig. Wenn du keine Karriere an der Uniklinik anstrebst ist eh nur die Existenz der zwei Buchstaben wichtig. Und wenn du sofort danach in den ambulanten Bereich willst eigentlich auch.

Clostridien
08.08.2020, 07:35
Danke!!

Trüffel
08.08.2020, 11:26
An meiner Uni entscheidet sich die Note nicht primär am Typ der Arbeit, sondern am Umstand, ob ein Paper dabei herausgesprungen ist oder nicht. Lt. Promotionsordnung ist bei uns magna nur bei peer-reviewtem Paper möglich, summa nur bei Erstautorenschaft. Ich kenne einige ehemalige Kommilitonen, deren Profs nach einigen Jahren jedes Interesse am Thema verloren haben. Da gab's dann auf Grund reiner Willkür das versprochene Paper am Ende doch nicht und die Arbeit konnte schon nur noch cum oder rite werden, egal wie gut und umfangreich sie technisch war.

Traurig aber wahr: Das Gelingen einer Doktorarbeit und ihre Note sind zu viel zu großem Anteil fremdbestimmt und oft einfach nur Glück. Lieber ein gutes Konzept, eine vernünftige Datenlage, eine vielversprechende Betreuung und gute Erfahrungsberichte früherer Promovenden als unbedingt High-End Thema X mit 2 Freisemestern im Labor und einer Abbruchswahrscheinlichkeit von > 80 %.

FirebirdUSA
08.08.2020, 16:30
Vermutlich prospektiv klinisch, du solltest sehen eine sinnvolle Fragestellung mit den Bögen zu beantworten und eine grobe Fallzahlschätzung würde ich dir auch empfehlen.
Wer ein Magna haben will sollte aus meiner Sicht tatsächlich ein Paper mit geschrieben haben. Es geht doch darum zu zeigen, dass man wissenschaftlich arbeiten kann und dazu gehört auch die Publikation. Die wenigsten können sofort perfekt Paper schreiben, aber mitschreiben sollte eigentlich schon sein. Wenn kein Paper raus kommt wenigsten die Präsentation als Poster auf einem Fachkongress... mit Wilkür hat das tatsächlich in der Medizin häufig etwas zu tun aber auch mit falschen Vorstellungen was eine Doktorarbeit ist.

Trüffel
08.08.2020, 17:11
Grundsätzlich gebe ich dir Recht. Bloß kann man praktisch kaum seine Ergebnisse am Prof vorbei publizieren; insbesondere, wenn der das Ding am Ende noch benoten soll. Wie gesagt, nicht nur einmal mitbekommen: Sehr aufwändige, langwierige, methodisch top ausgearbeitete Arbeit mit gutem Erkenntnisgewinn. Prof findet nach einigen Jahren aber das Thema öde und sieht keinen Bedarf mehr für das einst versprochene Paper oder irgendeine andere Form von Involvierung. Deshalb wird's vom gefrusteten Doktoranden in eine Monothesis verpackt und eingereicht, um nicht komplett ohne alles da zu stehen. Warum ein- und dieselbe Arbeit, die problemlos an einem Wochenende in ein Paper kondensiert werden könnte und damit potentiell Summa-Kandidat sein könnte, jetzt rein auf Grund professoralen Desinteresses nur noch ein Cum oder schlechter sein kann, finde ich dann auch irgendwo nicht in Ordnung.

schnix25
10.08.2020, 23:59
Ist natürlich richtig, dass die Bewertung nicht unbedingt fair ist. Aber das bezieht sich ja auch auf die Bewertungen zwischen den Unis. Manchen reicht eine Autorenschaft, andere wollen mehrerere und bei anderen Unis ist eine Publikation sogar vorgeschrieben um überhaupt zu promovieren. Und bei Habil gehts dann gleich weiter. Da reicht die Spanne ja von ca. 5 - 10 Erstautorenschaften. Damit muss man sich im Wissenschaftsbetrieb in Deutschland einfach abfinden, dass sogar innerhalb der Bundesländer die Anforderungen ernorm variieren können.

Trüffel
11.08.2020, 11:31
Stimmt. Aber die Aussage war ja, dass viele Doktoranden eine falsche Vorstellung hätten, was eine Doktorarbeit ist. Für mich, ganz abstrakt: Der Nachweis, dass man zu selbstständiger medizinischer Forschung tätig ist. Nicht, ob der Prof genug Güte und/oder Connections und/oder wenig genug konkurrierende Habilitanden für x Erstautorenschaften hatte. Wir bewegen uns ja in einem 4-Noten-Spektrum mit Summa, Magna, Cum, Rite. Da zu sagen, dass die obere Hälfte aller möglichen Noten an einer Publikation hängt, die am Gesamtaufwand der Promotion einen Furz ausmacht, an ihrer Qualität nichts ändert und oft ohne Einflussmöglichkeit durch den Doktoranden bleibt, finde ich wenig angemessen.

Wir hatten hier ja vor einiger Zeit diese lächerliche Homöopathie-Hausaufgabe einer Doktorarbeit durchs Forum geistern, die sicherlich (hoffentlich) ein Rite bekam. Zu denken, dass jemand mit 3 Jahren Datensammeln, 500+ Patienten und anspruchsvoller Statistik gerade einmal eine Note besser sein kann als so etwas, nur weil der Prof die Lust auf ein Paper verliert?