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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Voraussetzungen für die Weiterbildung Neurochirurgie



ameliashepherd
07.08.2020, 20:07
Hallo zusammen,

ich befinde mich aktuell im letzten PJ-Tertial in meinem Wahlfach Neurochirurgie. Das Fach gefällt mir sehr gut und ich würde auch gerne nach dem Studium die Facharztweiterbildung machen. Allerding ist das PJ in der Abteilung leider nicht so hilfreich. Wir sind sehr viele Studenten (aktuell 8 auf einer 30 Bettenstation) und eigentlich nur für die typischen PJ-Knechtaufgaben da (BE, Viggo, Aufnahmen). Lehre findet überhaupt nicht statt und in den OP kommt man auch eher seltenn. Wenn mal die Zeit da ist (und man die anderen Studenten, die da natürlich auch hin wollen vertrieben hat), kann man sich auch manchmal zum zumachen einwaschen. Dabei durfte ich bis jetzt (6 Wochen) aber nur einmal nähen, dementsprechend bescheiden sind meine Fähigkeiten. Mein Chirurgietertial ist leider in der Coronahochsaison gewesen, und in dem Krankenhaus, in dem ich war, wurde kaum operiert. Da konnte ich auch nur in der Ambulanz nähen und meine Fähigkeiten nicht wirklich ausbauen.
Eine Ärztin in der Abteilung hat mir heute gesagt, sie findet das peinlich wenn ich mich für das Fach bewerbe, da man als Assistent mindestens sehr gut nähen und alleine Lumbalpunktionen durchführen können sollte. Bis jetzt konnte ich leider auch nur eine LP machen, da bin ich also auch noch weit weg von sicher beherrschen.

Ich würde jetzt gerne von chirurgischen Assistenzärzten wissen, ob das wirklich so ist, dass man solche Dinge schon vor dem Berufsstart zu 100% alleine beherrschen muss und ob es so unüblich ist, das erst im Beruf zu lernen?

Ich weiß leider nicht, wie ich im PJ noch an ausreichend Übung kommen soll, in der Abteilung herrscht sehr schlechte Stimmung uns Studenten gegenüber und im OP wird immer gesagt, dass sie mich ja nähen lassen würden, aber dafür die Zeit zu knapp sei oder der Patient zu schwierig etc. Leider ist der lehrbeauftragte Arzt auch sehr unmotiviert und ich glaube nicht, dass ich das produktiv mit ihm besprechen kann. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es vielleicht an mir liegt und ob ich etwas anders machen könnte, um mehr aus diesem Tertial mitzunehmen. In den anderen beiden Tertialen habe ich eigentlich gutes Feedback erhalten, aber in der Abteilung läuft es leider überhaupt nicht.

Ich würde mich wirklich über ehrliche Rückmeldungen zu meiner Situation freuen, es nützt mir ja nichts, wenn ich zwar eine Stelle finde, dort aber die Anforderungen überhaupt nicht erfüllen kann.

Danke euch und liebe Grüße!

Bonnerin
07.08.2020, 20:51
Eine Ärztin in der Abteilung hat mir heute gesagt, sie findet das peinlich wenn ich mich für das Fach bewerbe, da man als Assistent mindestens sehr gut nähen und alleine Lumbalpunktionen durchführen können sollte. Bis jetzt konnte ich leider auch nur eine LP machen, da bin ich also auch noch weit weg von sicher beherrschen.


Lol. Das ist so zum Fremdschämen. Dann soll sie es dir beibringen, wenn sie es so krass essentiell findet, dass du das als Studierender kannst.

Als Assistent wirst du im Optimalfall eingearbeitet in der Abteilung, in der du tätig wirst. Wenn nicht, dann sollte man da auch gar nicht anfangen.

Mit mir zusammen hat ne neue Kollegin angefangen, die vorher erst ein paar Monate Gyn gemacht hat, dann ACH und noch nie intubiert und/oder ne Narkose geführt hat und die lernt das jetzt halt. Du wirst sicher auch LPs lernen in der Zeit.

GelbeKlamotten
07.08.2020, 20:56
Also bei uns im Haus könnten die Neurochirurgen froh sein, wenn sie neue Assistenzärzte finden würden, die zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen könnten.

pineapple
07.08.2020, 21:13
das ist im prinzip das, was ein dressierter affe kann. sehe also keine probleme, warum du dich nicht für das fach bewerben solltest! allerdings würde ich mir überlegen, ob es unbedingt diese abteilung/ klinik werden soll...

Rettungshase
07.08.2020, 21:18
Ich weiß leider nicht, wie ich im PJ noch an ausreichend Übung kommen soll, in der Abteilung herrscht sehr schlechte Stimmung uns Studenten gegenüber und im OP wird immer gesagt, dass sie mich ja nähen lassen würden, aber dafür die Zeit zu knapp sei oder der Patient zu schwierig etc. Leider ist der lehrbeauftragte Arzt auch sehr unmotiviert und ich glaube nicht, dass ich das produktiv mit ihm besprechen kann!

Zum einen solltest du dir das zum Anlass nehmen, bei PJ-Ranking über diese grässlichen Lehrbedingungen zu berichten und erwägen, ob du dich damit mal an die Uni wendest; es kann nicht sein, dass diese Abteilung ihren Studis quasi nichts beibringt.

Was das Nähen anbelangt: Nimm dir Nähzeug mit und übe zuhause fleißig zumindest das Nähen.
Wenn du im PJ schon trotz großer Eigenmotivation nicht wirklich dazu kommst, kannst du wenigstens "Trockenschwimmen" üben. Zum Vernähen eignet sich die altbekannte Bananenschale oder du bestellst dir online Übungshaut (Hautnaht-Trainer oder so heißen die).

Trüffel
07.08.2020, 21:46
Hachja, das akademische Geschwaller. Erinnert mich ein wenig an ein Vorstellungsgespräch in der PCH, wo der Chefarzt zu mir meinte, sie würden ja eigentlich nur ihre eigenen PJler einstellen, weil die am Tertialende mehr können würden als fremde Assistenzärzte nach 2+ Jahren. Warum er einem Assistenzarzt nicht beibringen kann, was seine PJler angeblich in wenigen Wochen lernen, wissen wohl nur seine güldenen Kittelknöpfe.

So ein Gewäsch kann man getrost ignorieren. Als PJler "sehr gut Nähen lernen"? Mehr als vereinzelte Intrakutannähte und in der Notaufnahme Einzelknöpfe waren in meinem Bekanntenkreis selbst bei chirurgiebegeisterten Kommilitonen selten drin.

anignu
07.08.2020, 22:56
Dass sich Studenten aber auch so verunsichern lassen. Immer wieder lustig/süß/traurig. Auch dieses "wie stellen eigentlich nur die eigenen PJler ein"... ach, und wieso machen wir dann grad überhaupt ein Bewerbungsgespräch? Weil die Arbeitsbedingungen so besch... sind dass die PJer nicht anfangen wollen?

daCapo
08.08.2020, 09:54
Ich würde jetzt gerne von chirurgischen Assistenzärzten wissen, ob das wirklich so ist, dass man solche Dinge schon vor dem Berufsstart zu 100% alleine beherrschen muss und ob es so unüblich ist, das erst im Beruf zu lernen?


Ich würde mich wirklich über ehrliche Rückmeldungen zu meiner Situation freuen, es nützt mir ja nichts, wenn ich zwar eine Stelle finde, dort aber die Anforderungen überhaupt nicht erfüllen kann.



a) Nee muss man überhaupt nicht. Das erwartete auch keiner, und die sehr spezielle und eigene Assistenzärztin wollte nur ärgern. Am Ende ihrer Weiterbildung wird sie einen Shunt legen können. Den Rest machen die OÄ und sie hat 5 Jahre zugeschaut und assistiert und die dreckige Arbeit erledigt. Was wird erwartet: Hintergrundwissen aus dem Studium (jedoch eher nachrangig), zu allem Ja und Amen sagen, viel Arbeiten, alles absprechen.
b) Stelle in der Neurochirurgie in DE ist total einfach zu finden.Viele machen die "Weiterbildung" dort nicht zu Ende und wechseln (andere Klinik oder öfter anderes Fach).
c) hört sich ja nicht nach einer tollen Klinik an: Warum 8 PJler annehmen, maximal 3 wegen Betreuungsverhältnis usw. Wäre auch in anderen Branchen unüblich sowas zu machen. Wenn man nicht in den OP darf und keine Lehre stattfindet: eher negativ, sehr spezielle/eigene Assistenzärztin: eher negativ

CYP21B
08.08.2020, 11:56
Es macht den Einstieg vermutlich etwas einfacher wenn man so paar Basissachen bereits kann. Es wird aber sicher auch anders gehen. Eigentlich taugt das im Pj ja eher um festzustellen dass man vielleicht nicht gerade zwei linke Hände hat. Alles andere kann man auch später noch lernen.
Was ich bei Neurochirurgie jedoch ziemlich sinnvoll fände ist dass man mal am OP Mikroskop gestanden hat. Es ist zwar nicht unbedingt häufig aber es gibt Leute denen dabei schlecht wird bzw die da generell nicht mit klar kommen. Und dann sähe es bzgl Weiterbildung doch etwas blöd aus.

Trüffel
08.08.2020, 12:03
Was ich bei Neurochirurgie jedoch ziemlich sinnvoll fände ist dass man mal am OP Mikroskop gestanden hat. Es ist zwar nicht unbedingt häufig aber es gibt Leute denen dabei schlecht wird bzw die da generell nicht mit klar kommen. Und dann sähe es bzgl Weiterbildung doch etwas blöd aus.

Kann ich nur bestätigen. Ich wollte während des Studiums einige Zeit lang NCH machen. Als ich dann bei einer Hospitation zum ersten Mal mit ans Mikroskop durfte, habe ich ganz schnell gemerkt, dass das so gar nichts für mich ist. Nicht wegen Übelkeit oder ähnlichem, aber einfach vom Handwerklichen her. Es ist sehr speziell. Das muss man mögen. Wer in Famulaturen oder im PJ nur auf Station war oder im OP über den Monitor zugeguckt hat, kann das vermutlich wenig einschätzen.

ameliashepherd
08.08.2020, 17:24
Hallo zusammen,

danke für die vielen Rückmeldungen, das beruhigt mich sehr! So einen Hautnahttrainer habe ich tatsächlich schon und benutze ihn auch fleißig, nur Subcutannähte funktionieren daran leider nicht so gut. Ich hatte auch Angst, dass der Unterschied zum echten Patienten vielleicht doch zu groß ist, aber besser als nichts ist es auf jeden Fall. Am Mikroskop stand ich auch schon häufiger, allerdings nur zum spülen und saugen. Da ist mir die Hand-Auge-Koordination besonders am Anfang schon schwer gefallen, ich hatte aber den Eindruck, dass man da recht schnell rein kommt und das lernen kann mit ausreichend Übung. Generell weiß ich, dass die Lehre in der Abteilung nicht gerade groß geschrieben wird und will mich auch auf keinen Fall dort bewerben (gibt auch zum Glück keine Stelle, sodass das keine peinliche Situation werden kann). Ich hatte nur Angst, dass das später große Probleme gibt, wenn ich so in den Beruf starte. Dann hoffe ich mal das Beste für meine Bewerbungen, und dass ich eine Abteilung mit guter Einarbeitung finde :) Hat zufällig jemand eine Empfehlung für Neurochirurgien mit guter Einarbeitung und Ausbildung? Bin örtlich komplett flexibel :)

Danke euch!

Heerestorte
08.08.2020, 17:36
Hat zufällig jemand eine Empfehlung für Neurochirurgien mit guter Einarbeitung und Ausbildung? Bin örtlich komplett flexibel :)

Danke euch!

Habe nicht extrem viel Erfahrung über die Abteilung, aber war mehrmals dort (Wahlfach, Praktika etc) und habe auch mal hospitiert und die Oberärzte waren super nett, die Assistenten schienen auch sehr zufrieden:

https://www.bkh-guenzburg.de/kliniken-und-abteilungen/klinik-fuer-neurochirurgie/ueber-unsere-klinik.html

GelbeKlamotten
08.08.2020, 22:16
Hat zufällig jemand eine Empfehlung für Neurochirurgien mit guter Einarbeitung und Ausbildung? Bin örtlich komplett flexibel :)

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anignu
08.08.2020, 23:11
So einen Hautnahttrainer habe ich tatsächlich schon und benutze ihn auch fleißig, nur Subcutannähte funktionieren daran leider nicht so gut.
LOL, die funktionieren auch bei vielen echten Menschen "nicht so gut"...
(sorry, unangebracht. Gefäßchirurgen haben vielleicht manchmal ein "spezielles Klientel". Das ist dieses wenn man sich denkt beim Zunähen "wie soll das jemals heilen" oder "soll ich nicht lieber gleich einen VAC reinlegen, weil in zwei Tagen eh alles ausgerissen ist")

ich hatte aber den Eindruck, dass man da recht schnell rein kommt und das lernen kann mit ausreichend Übung.
Viele Dinge in der Chirurgie kann man mit ausreichend Übung gut lernen. Und mit der entsprechenden Anleitung. Es gibt dann ein paar Leute bei denen man merkt "mach lieber nichts wo du mit deinen Händen was machen musst". Es ist aber ja nicht so dass ein Gastroenterologe bei ÖGD/Colo oder ein Kardiologe beim Herzkatheter nicht auch ein gewisses Gefühl / Gespür und eine gewisse Auge-Hand-Koordination braucht. Wenn man also ein Feingefühlslegastheniker ist, dann fallen plötzlich viele Dinge weg. Nicht nur Chirurgie. Insofern: einfach machen.

ameliashepherd
09.08.2020, 19:15
Danke allen für die Tipps! PN ist aktiviert :)