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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Abwanderung ins Ausland oder nichtärztliche Tätigkeit wirklich relevant?



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kcl60
16.08.2020, 12:55
Der Ärzte- und Pflegermangel ist ja glaube ich mittlerweile überall angekommen (außer vielleicht in der Kinderheilkunde und Dermatologie an beliebten Unis).
Man liest ja auch immer wieder, dass Ärzte in großer Zahl ins Ausland oder in alterantive Berufsfelder gehen.
Wenn man sich so umhört, scheinen die USA und die Schweiz die einzigen Länder zu sein, wo man als Facharzt wirklich deutlich mehr verdient, in Skandinavien sind ja wohl die Arbeitsbedingungen besser, aber nach Steuern und Lebenshaltungskosten der Vedienst nicht unbedingt höher. Und eine neue Sprache außer deutsch und englisch zu lernen ist ja auch nicht mal nebenbei gemacht und braucht auch Jahre...

Nach VKA ist das Einstiegsgehalt für Fachärzte schon 6075 Euro. Ich frage mich, wo man soviel nach 5 Jahren auch bei "Dienst nach Vorschrift" bekommt, und wenn man als in der Assistenzarztzeit richtig reinhaut, ist man ja sicherlich auch bald Oberarzt.

Meine Frage: Sind von den Leuten in eurem Umfeld wirklich so viele Ärzte ins Ausland oder in patientenferne Bereiche gegangen? Und wenn ja, verdienen die da so viel mehr oder sind so viel glücklicher?

urinbeutel
16.08.2020, 13:01
1. Es gibt eine Statistik der Bundesärztekammer. Es wandern wesentlich mehr Ärzte nach Deutschland ein als aus. Die Diskussionen um schlechte Arbeitsbedingungen und Auswanderung sind mittlerweile 20 Jahre alt und stammen aus Zeiten des AIP, Ärzteschwemme etc.

2. 6075 ist doch nicht viel... wenn Geld einem wichtig ist, kann man sich einen Pfad zurecht legen, wo man nach fünf Jahren mehr verdient.

3. Aus meinem Umfeld sind nur Leute in die Schweiz ausgewandert, weil es mittlerweile sehr schwierig geworden ist in englischsprachige Länder einzuwandern. Andere Länder lohnen sich nur begrenzt. Was auch häufig ist, ist, dass Leute nicht als Ärzte arbeiten. Langfristig sind aber glaube ich fast alle ärztlich tätig.

anignu
16.08.2020, 13:12
Nach VKA ist das Einstiegsgehalt für Fachärzte schon 6075 Euro. Ich frage mich, wo man soviel nach 5 Jahren auch bei "Dienst nach Vorschrift" bekommt, und wenn man als in der Assistenzarztzeit richtig reinhaut, ist man ja sicherlich auch bald Oberarzt.
Zum Einstiegsgehalt kommen ja noch Dienste dazu, und das ist oft nicht wenig. Für OA muss halt eine Stelle frei sein/werden. Da ist in manchen Bereichen, in denen sich fast alle niederlassen, einfach, in anderen Bereichen schwieriger. Aber klar: wenn man sich als Assistenzarzt anstrengt ist es einfacher als wenn man als Assistenzarzt schon Dienst nach Vorschrift macht.

DA1994
16.08.2020, 13:14
Der Ärztemangel ist in meinen Augen viel mehr Folge eines Frauenanteils von 70% unter den Studenten und völlig frauen- und familienfeindlichen Arbeitsbedingungen.
Und durch den Mangel an qualifiziertem Nachwuchs werden diese Bedingungen für die verbliebenen Leistungsträger immer schlimmer.

Die größte Rolle spielen subjektiv eher Teilzeit, Niederlassung (in Teilzeit) und völliger Austritt aus dem Arbeitsleben.
Gerade unter den jungen Ärzten sind doch eher weniger, die sich einen Arbeitsbeginn in einem 70-Betten-Spital in der ländlichen Schweiz vorstellen können. Unter meinen Kommilitonen planen doch die allermeisten einen Arbeitsbeginn in Deutschland

John Silver
16.08.2020, 15:26
Und was jetzt? Männeranteil an den Unis bei 80% festschreiben? Was soll dieses Gelaber?

DA1994
16.08.2020, 15:48
Nun, eine Quote wäre sicher zu überlegen bei diesem krassen Missverhältnis, das ja für eine deutliche systematische Benachteiligung spricht. Aber das ist ja nur ein kleiner Teil der Wahrheit.

Was daran ist Gelaber? Was von meinen Aussagen trifft nicht zu?

Die Lösung ist natürlich nicht mehr Männer wie 1950, sondern endlich eine Anpassung der Arbeitsbedingungen an die Realität.
Dazu gehören Kinderbetreuung, Teilzeitmodelle wie Job Sharing, eine modulare Ausbildung, die nach Unterbrechungen nahtlos fortgesetzt werden kann, die Schaffung von Arbeitsplatzoptionen für Schwangere und sicherlich noch vieles mehr. Und natürlich ganz vorne voran vernünftige Arbeitszeiten.

Wenn es nicht gelingt, die Arbeit im Krankenhaus an die moderne (weibliche) Realität anzupassen, dann werden kliniklastige Fächer noch riesige Probleme bekommen.

Der Anteil an Ärzten und Ärztinnen, die ins Ausland gehen fällt IMHO kaum ins Gewicht. Viel größer sind die Probleme durch Teilzeit, auf die die Kliniken nicht eingestellt sind, und die deutlich attraktiveren Lebensbedingungen in der fachärztlichen Niederlassung.

Für 2 altgediente Vollzeit-Klinikärzte, die in den Ruhestand gehen, braucht man sicherlich 3-4 neu ausgebildete Mediziner, einfach weil die Arbeitsleistung pro Kopf deutlich abgenommen hat.

urinbeutel
16.08.2020, 16:36
Mannerquote Hype. Jetzt kommen zwei Frauen auf einen Mann. Mal gucken wie sich das entwickelt hehe

Mr. Pink online
16.08.2020, 18:36
Der Ärztemangel ist in meinen Augen viel mehr Folge eines Frauenanteils von 70% unter den Studenten und völlig frauen- und familienfeindlichen Arbeitsbedingungen.
Und durch den Mangel an qualifiziertem Nachwuchs werden diese Bedingungen für die verbliebenen Leistungsträger immer schlimmer.

Die größte Rolle spielen subjektiv eher Teilzeit, Niederlassung (in Teilzeit) und völliger Austritt aus dem Arbeitsleben.
Gerade unter den jungen Ärzten sind doch eher weniger, die sich einen Arbeitsbeginn in einem 70-Betten-Spital in der ländlichen Schweiz vorstellen können. Unter meinen Kommilitonen planen doch die allermeisten einen Arbeitsbeginn in Deutschland

Genau so sieht es aus! Von meinen vielen Komillitonen haben sich nur einzelne ins Ausland verabschiedet. Primär in die Schweiz, davon sind aber einige auch schon wieder zurück. Vom Hörensagen kenne ich einige wenige, die in die USA und nach Skandinavien sind. Dann gibt es vielleicht eine Hand voll die in die Unternehmensberatung und in die Pharma sind.
Die aller-allermeisten sind aber in die Kliniken in D verteilt. Und dort ist die Bezahlung zwar ok, aber die Arbeitsbedingungen bekannterweise wirklich unterirdisch schlecht. Kein intelligenter Mensch (und die jungen Mediziner sind ja die Crème de la crème des deutschen Bildungssystems) tut sich das dauerhaft an. Die Exitstrategie lautet Teilzeit/raus aus der Klinik oder beides zusammen. Dürfte sicher auch nicht wenige (hauptsächlich Frauen) geben, die kurz- oder langfristig wegen Kindern ausscheiden, weil sich das mit dem Arbeitsalltrag 0,0 verträgt. Der Medizinermangel in deutschen Kliniken ist hausgemacht.

ehem-user-21-08-2020-1502
16.08.2020, 22:33
Die Frage ist, ob es wirklich einen Ärztemangel gibt, oder ob aus Kostengründen weniger Ärzte eingestellt werden. Deutschland hat den Vorteil, dass viele Ärzte aus wirtschaftlich schwächeren Ländern sehr gerne hier hin wollen. Da werden sich schon genug Männer aus diesen Ländern rekrutieren lassen. Gerade in diesen kliniklästigen Fächern wie Herzchirurgie arbeiten doch sehr viele Ärzte mit Migrationshintergrund

John Silver
17.08.2020, 08:44
Wenn man nicht genug eigene Leute hat, um alle Vakanzen zu besetzen, besteht per definitionem ein Mangel. Wie wär‘s, wenn Du mal lernst, erst zuzuhören, dann nachzudenken, und dann erst irgendwelchen Quark zu behaupten? Was haben Ausländer mit unserem System zu tun? Die wurden von ihren Ländern für den Bedarf dieser Länder, nicht Deutschlands, ausgebildet.

Du schwadronierst hier doch dauernd gegen die Arbeitsbedingungen in den meisten Häusern, und gleichzeitig willst Du, dass Vakanzen mit Ausländern, die sich jeden Mist bieten lassen und nie widersprechen, gefüllt werden? Bisl a Widerspruch, ne?

davo
17.08.2020, 11:13
DA1994 hat es recht gut zusammengefasst. Aus meinem Semester sind auch nicht besonders viele ins Ausland gegangen. Ein paar in die Schweiz, ein paar nach Österreich, und das wars. Dann gibts noch ein paar, die jetzt irgendeinen Master machen, ein paar, die versuchen, ihre Doktorarbeit abzuschließen, ein paar, die durch die Welt reisen (wollten), und ein paar, die jetzt zuhause bei ihren Kindern sind. Aber die große Mehrheit der Absolventen, ca. 90%, haben ganz normal in Deutschland mit der FA-WB angefangen. Es wird sich natürlich noch zeigen, wieviel Schwund später noch hinzukommen wird. Aber ich gehe ebenfalls davon aus, dass der Schwund durch Teilzeit und Kinder/Familie deutlich größer als der Schwund durch Ausland oder nichtärztliche Tätigkeiten ist.

ehem-user-21-08-2020-1502
17.08.2020, 11:29
Was haben Ausländer mit unserem System zu tun? Die wurden von ihren Ländern für den Bedarf dieser Länder, nicht Deutschlands, ausgebildet.

Du schwadronierst hier doch dauernd gegen die Arbeitsbedingungen in den meisten Häusern, und gleichzeitig willst Du, dass Vakanzen mit Ausländern, die sich jeden Mist bieten lassen und nie widersprechen, gefüllt werden? Bisl a Widerspruch, ne?

Ich habe nicht geschrieben, dass ICH die Stellen mit Ausländern besetzen will, sondern dass das in vielen Krankenhäusern de facto vorkommt. Und die Frage lautet doch: Sind die Stationen chronisch unterbesetzt, weil zu wenige deutsche Ärzte dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, oder werden vakante Stellen bewusst nicht besetzt, weil es auf Station genug Assistenzärzte gibt, die täglich 2 Überstunden machen, die vielleicht sogar nicht dokumentiert werde? Habe mich in der Tat etwas missverständlich ausgedrückt. Mein Kommentar bezog sich auf den Post, wo jemand schrieb, dass die kliniklästigen Fächer große Probleme bekommen werden. Und das ist fraglich, weil im Rahmen der EU-Freizügigkeit jedes Jahr viele Ärzte aus dem EU-Ausland hier anfangen. Natürlich begrüße ich das nicht, da wie du richtig schreibst, die Arbeitsbedingungen noch schlechter werden (Ausländer lassen sich u.U. mehr gefallen).

Christoph_A
17.08.2020, 11:37
Das Problem fängt ja schon bei der Zahl der Studienplätze an, diese sind in den 90ern (!!!!!!) zuletzt modifiziert und das sogar reduziert worden, hier wird schon fast 3 Jahrzehnte an der Demographie vorbeigeplant. Wir könnten, denke ich, bei einer Anpassung der Studienplatzzahlen an den tatsächlich demographisch zu erwartenden Bedarf, in einigen Jahren locker 20% mehr eigene Ärzte mit entsprechend höherer Qualität ausbilden. Kostet halt Geld und bis Corona wurde ja immer von den sogenannten Gesundheitsökonomen gebetmühlenartig vorgerechnet, daß, wenn wir endlich 1/3 weniger Krankenhäuser haben, auch der Ärztebedarf geregelt sei. Die Dummheit dieser Milchmädchenrechnung sah man ja dann dieses Jahr, als dieselben Mietm***** dann auf einmal die exzellent hohe deutsche Bettenzahl lobten.....

Mr. Pink online
17.08.2020, 12:19
Wir brauchen nicht mehr Studienplätze und es gibt auch keinen tatsächlichen Ärztemangel. Ich dachte dieser Mythos sei langsam mal ausgestorben, aber scheinbar hält er sich hartnäckig.

Es gibt einige strukturschwache Gebiete in Deutschland, da gibt es einen Ärztemangel. Aber da mangelt es einfach an allem. Auch an Lehrern, Zahnärzten, Schreinern, etc.
Dieses Problem will die Regierung ja jetzt mit "Landarztquote" lösen. Das finde ich fair, denn wer dumm genug ist diesen Deal einzugehen, der will entweder am A**** der Heide wohnen, oder er hat es einfach verdient. In den Kliniken in denen es an Ärzten mangelt, die haben sich das selbst zuzuschreiben, da die Arbeitsbedingungen so hundsmiserabel sind. Unter anderen Umständen ließen sich sicher einige Absolventen aus Teilzeit oder Kindererziehung wieder zurück in die Klinik locken.

davo
17.08.2020, 12:38
Man müsste zunächst einmal definieren, was "Ärztemangel" überhaupt heißt. Dass in ländlichen Gebieten manche Fachärzte weit weg sind? Dass in vielen Krankenhäusern tagtäglich viele unbezahlte Überstunden geleistet werden? Dass man auf Untersuchungen oder Operationen warten muss? Dass man auf manche Facharzttermine warten muss?

Bevor man diesen Begriff nicht definiert, kann man auch nicht über ihn diskutieren.

Bzgl. der Absolventenzahlen sollte man auch nicht vergessen, dass heutzutage jedes Jahr in Bulgarien, Lettland, Österreich, Polen, Rumänien, usw. viele Deutsche ihren Studienabschluss in Medizin machen. Die meisten davon arbeiten danach in Deutschland.

Ich möchte hier auch nochmal dran erinnern, dass in Deutschland Assistenzärzte im Krankenhaus oft viel Zeit für Tätigkeiten aufwenden, die in den meisten anderen Industrieländern Aufgabe der Pflege sind.

urinbeutel
17.08.2020, 13:22
Deutschland hat ja sehr viele Ärzte im internationalen Vergleich. Frage mich daher, woher der Ärztemangel kommt und wie wir so schnell von einer Ärzteschwemme in einen Mangel gekommen sind.
Deutschland hat ja eine sehr hohe Rate an Operationen und Arztkonsultationen und recht viele Fachärzte im Vergleich mit anderen Ländern, da jeder einen Facharzt direkt aufsuchen kann ohne blechen zu müssen. In Kliniken werden in anderen Länder viele ärztliche Aufgaben durch Assistenzpersonal durchgeführt.

Christoph_A
17.08.2020, 13:24
Wir brauchen nicht mehr Studienplätze und es gibt auch keinen tatsächlichen Ärztemangel. Ich dachte dieser Mythos sei langsam mal ausgestorben, aber scheinbar hält er sich hartnäckig.

Es gibt einige strukturschwache Gebiete in Deutschland, da gibt es einen Ärztemangel. Aber da mangelt es einfach an allem. Auch an Lehrern, Zahnärzten, Schreinern, etc.
Dieses Problem will die Regierung ja jetzt mit "Landarztquote" lösen. Das finde ich fair, denn wer dumm genug ist diesen Deal einzugehen, der will entweder am A**** der Heide wohnen, oder er hat es einfach verdient. In den Kliniken in denen es an Ärzten mangelt, die haben sich das selbst zuzuschreiben, da die Arbeitsbedingungen so hundsmiserabel sind. Unter anderen Umständen ließen sich sicher einige Absolventen aus Teilzeit oder Kindererziehung wieder zurück in die Klinik locken.

Steile Thesen, die Du sicher noch mit ein paar griffigen Zahlen untermauern kannst, will ich doch hoffen. Natürlich herrscht in D demographisch betrachtet ein Ärztemangel und natürlich haben wir im Verhältnis zum Bedarf zu wenige Studienplätze oder wie erklärst Du Dir sonst die hohe Anzahl ausländischer Ärzte im System, wenn wir keinen bedarf hätten, bräuchten wir die doch gar nicht einstellen, da ja sonst unsere deutschen Kollegen allesamt um Jobs betteln müssten. Die strukturschwachen Gegenden mit Ärztemangel heißen z.B. München, wo einige Kliniken händeringend nach Kollegen suchen, ist ja auch wirklich der A**** der Welt, wer will schon da arbeiten....
Übrigens auch und gerade den zunehmenden Teilzeitwünschen sowie der doch zwingenden Notwendigkeit, arbeitszeitschutzgesetzkonform zu arbeiten ist allein schon ein massiv erhöhter Bedarf an Ärzten geschuldet.
Nur so ne kleine persönliche Geschichte ausm Nähkästchen, rein subjektiv natürlich: In meiner alten Klinik kamen auf eine freie Stelle zur Zeit des Beginns meiner ärztlichen Tätigkeit so ca. 30-40 teils hochqualitative bewerbunegn, mittlerweile sind das so um die 5, von denen, O-Ton des betreffenden CAs (immer noch derselbe wie damals) dann halt "der genommen wurde, der akzentfrei deutsch sprechen konnte". Soviel mal zum Thema Ärztemangel existiert nicht und so.

Mr. Pink online
18.08.2020, 00:46
Ich zitiere an der Stelle einfach mal das statistische Bundesamt:
"Die Arztdichte in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich erhöht und belief sich im Jahr 2019 auf durchschnittlich 207 Einwohner je Arzt. Damit hat sich die Arztdichte seit den 1980er Jahren mehr als verdoppelt. Im internationalen Vergleich der ärztlichen Versorgung belegt Deutschland einen Spitzenplatz."

Warum suchen KHs trotzdem händeringend Ärzte? Weil die Arbeitsbelastung für den einzelnen Arzt extrem gewachsen ist. Man verbringt gut 90% seiner Zeit mit nichtärztlichen Tätigkeiten die problemlos deligiert werden könnten. Die Arbeitsbedingungen sind unterirdisch, viele der angestellten Ärzte gehen mittelfristig in die Niederlassung, viele auch in Teilzeit. Wo wir beim nächsten Problem wären: wir haben eine extrem hohe ambulante Facharztdichte, gerade in den städtischen Ballungsräumen. Viele der Ressourcen werden inflationär in Anspruch genommen, da es keine funktionierende Triage im Gesundheitssystem gibt.
Nun gibt es für das Problem zwei Lösungsansätze. Der eine ist stumpf mehr Ärzte zu fordern, was symptomatisch vielleicht an einigen wenigen Stellen Erleichterung schafft, aber weder wirtschaftlich noch zukunftsfähig ist. Oder man packt das Problem beim Schopf, was aufwendig aber nachhaltig wäre. Die ambulante Versorgung muss sowohl technisch wie strukturell revolutioniert werden. Man könnte sich durchaus am schwedischen System orientieren. Geschultes Pflegepersonal koordiniert im Erstkontakt die Weiterbehandlung durch Haus/Facharzt. Es gibt zentrale digitale Patientenakten (im Jahr 2020 traurigerweise undenkbar). Mehr geschultes Pflegepersonal/Physician assistants in der Klinik für nichtärztliche Tätigkeiten. Mehr ambulante Versorgung von primär nicht stationär aufnahmepflichtigen Patienten.
Leider wurden die notwendigen Reformen schon lange verschlafen und insbesondere für die notwendige Pflege kommt vermutlich jede Rettung zu spät. Schon allein deswegen ist die Forderung nach mehr Ärzten absurd, denn es fehlt bald so oder so die Pflege um die Patienten zu betreuen. Aber notfalls kann ja dann einer der zusätzlichen Ärzte die morgendlichen BZ-Messungen und Körperpflege verrichten.

Christoph_A
18.08.2020, 07:21
Und wo ist jetzt die belastbare Zahl? Wie hat sich die lebenserwartung seit den 80er jahren entwickelt, wieviele Eingriffe werden pro Jahr durchgeführt, wieviele Kollegen waren in den 80er Jahren in Teilzeit im Vgl. zu heute, wie haben sich die Verweildauern entwickelt, wieviele Patienten werden pro Arzt/Jahr behandelt?
Stumpf ist nur der Auszug aus dem statistischen Bundesamt, das ist auf Gesundheitsökonomenniveau.
Wer legt fest, ob ein Patient hospitalisiert werden muß, eine Komission oder der betreffende einweisende Facharzt. Willst du das jetzt im Einzelfall jedesmal überprüfen, wer bezahlt die dann entstehende Bürokratie? Vom Eingriff in die fachärztliche Therapiefreiheit mal ganz zu schweigen.
Und nochmal, ein Bullerbüland mit weniger Einwohnern als Bayern kann sicher nicht mit einem der bevölkerungsreichsten Staaten Europas verglichen werden.
Und doppelt süß, erst mal die Zahl der Niedergelassenen kritisieren und im gleichen Atemzug mehr ambulante Versorgung fordern, merkste selber, ne?

Mr. Pink online
18.08.2020, 07:38
Wer auf jeden Fall nicht festlegt, wie ein Mangel definiert wird und wer wie häufig hospitalisiert werden muss bist du. Wie ambulante Versorgung koordiniert werden kann ohne, dass man dafür zehn Fachärzte pro Quadratkilometer braucht, ist leider auch kein deutsches Talent. Du bist derjenige der keine einzige Zahl geliefert hat. Auf das Pflegeproblem null eingegangen. Du lebst geistig vermutlich selbst noch in der Krankenversorgung der 80er Jahre. Zum Glück wird es nicht mehr Studienplätze geben und selbst wenn, dann wird es das strukturelle Problem in der deutschen Krankenversorgung nicht ändern. Früher oder später wird es sich modernisieren und in Richtung schwedisches system gehen. Nahezu jede Notaufnahme hat es ja bislang auch schon umgesetzt.