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Scherbert Zitrone
18.10.2020, 13:46
Hallo :)

Ich habe nach dem Examen eine Stelle in der Neurologie angefangen, habe in der Fachrichtung auch PJ gemacht, und war sehr begeistert. Chirurgie hatte mir auch schon immer gut gefallen, aber da ist im PJ in der Viszeralchirurgie der Funke nicht so richtig übergesprungen.

Jetzt nach ein paar Monaten Assistenzzeit fange ich allerdings schon wieder an zu hadern :-??? Ich interessiere mich sehr für Hirntumore und habe jetzt gemerkt, dass es das ist, was ich langfristig machen will. Aus neurologischer Sicht sind diese Fälle eher eine Rarität, es sei denn man ist zufällig an einer Uni, die eine Neuroonko hat. Einige meiner Freunde sind in chirurgischen Weiterbildungen und deren Geschichten faszinieren mich schon sehr (bzw. mehr als das Tabletten hoch- und runterregeln, was ich jetzt mache). Ich finde immer noch, dass Neuro ein schönes Fach ist und die grobe Richtung möchte ich auch nicht wechseln. Allerdings überlege ich nun, Neurochirurgie zu hospitieren (wo eigentlich alle Tumorfälle hingehen). Da ich noch in der Probezeit bin, geht das allerdings erst in ein paar Monaten und ich hoffe, die Corona-Situation lässt es bis dahin zu (ich konnte schon vor meinem Berufseinstieg Corona-bedingt nur einmal hospitieren). Da ich natürlich nicht gleich großes Gerede auslösen will, müsste ich sowieso in einer anderen Stadt hospitieren. Ich bin nach dem Studium mit meinem Freund in eine andere, relativ kleine Stadt gezogen, er hat hier eine Stelle in der Kinderchirurgie angetreten und wir fühlen uns insgesamt sehr wohl und wollen eigentlich nicht direkt wieder weg... :-?

Ich bin insgesamt jetzt sehr verunsichert, was ich machen soll... Hat jemand Erfahrungen mit Richtungswechseln und vor allem, wie man das kommuniziert möglichst ohne, dass sich jemand beleidigt fühlt? Das Team ist sehr nett und ich will keinem auf die Füße treten, es geht eher um meine fachlichen Überlegungen. Mir ist natürlich auch klar, dass man in der NCh sehr lange braucht bis man mal in den OP darf, allerdings will ich auf jedem Fall im "Neuro..."-Arbeitsbereich bleiben, da ich das alles total spannend finde. Es gibt hier auch eine Neurochirurgie im Ort, allerdings sind Stellen in chirurgischen Fächern im Moment coronabedingt vermutlich sowieso nicht leicht zu kriegen. Und es ist auch noch dasselbe Haus...:-notify

Würde mich freuen, Erfahrungen auszutauschen, falls jemand schon in einer ähnlichen Situation war, insb. falls es ein Wechsel in ein chirurgisches Fach war. Liebe Grüße :)

Zilia
18.10.2020, 15:20
Hallo Scherbert Zitrone,

NCHi/Neuro lässt sich gegenseitig mit ca. 1 Jahr auf die jeweilige Facharztausbildung anrechnen, ein "Ausflug" ist also auch ohne Rechtfertigung möglich :-)
Es gibt aber außer NCHi noch andere schöne Fächer mit Neuro und Hirntumoren wie Neuropatho/Neuroradiologie...

Mir sind eher Fälle bekannt, in denen Leute von der Neurochirurgie (teilweise nach Jahren der Tätigkeit in diesem Fach) in die Neurologie/Neuroradiologie/Anästhesie gedriftet sind, weil die Neurochirurgie-Arbeitsbedingungen vielerorts "gruselig" sind.

Wenn Du weißt, was ein "Freitagsquerschnitt" bedeutet, wirst Du das nicht mehr so rosig sehen wie jetzt. Du wirst, zumindest unter den mir bekannten Arbeitsbedingungen, keine Freizeit mehr haben, da Du ca. 70 Wochenstunden (wenn nicht mehr) arbeiten wirst. Meningeom-OPs sind echt schön, wenn sie oberflächlich liegen, aber beim GBM sitzt Du als Assistenz Vollzeit (kann schon mal easy-peasy 7 h und mehr dauern) mit am Tisch und Deine Hauptaufgabe ist Spülen und die Stromtaste.
Anders als in der Neuro hast Du auch noch die ganze OP-Vorbereitung "an der Backe", noch gar nicht davon zu sprechen, dass ein Großteil davon Notfalleingriffe sind.

Hospitiere/Rotiere doch erstmal in die inhäusige Neurochirurgie, mir scheint, Du hast davon zu idealistische Vorstellungen.

LG, Zilia

GelbeKlamotten
18.10.2020, 15:53
Also wenn es wirklich darum geht, dass er sich vorwiegend mit Hirntumoren beschäftigen möchte, dann würde ich die Neuroradiologie nicht unbedingt empfehlen.

Dort liegt in der Regel der Fokus klar auf der Diagnostik und Therapie von Schlaganfällen und anderen vaskulären Erkrankungen, BSV, usw.

Ich denke es wird eher schwierig eine Neuroradiologie-Stelle mit klarem Fokus auf Tumorerkrankungen zu finden.

anignu
18.10.2020, 15:55
Hospitiere/Rotiere doch erstmal in die inhäusige Neurochirurgie, mir scheint, Du hast davon zu idealistische Vorstellungen.
Das sehe ich ähnlich. Alleine dieses "Interesse an Hirntumoren" mit dem Nachsatz "es sei denn man ist zufällig an einer Uni"... was glaubst du denn was die Neurochirurgien in der Peripherie machen? Hirntumoren? Also teils hochkomplexe Elektiveingriffe? Oder vielleicht doch eher die ganzen Wirbelsäulensachen, akuten Querschnitte, Trepanationen, Ventrikel-Shunts etc... Wo würdest du dich operieren lassen mit einem Hirntumor?

Mit so Sachen wie "Freitags-Querschnitt" usw. will man dir die Sache madig machen. Das finde ich Schmarrn. Selbst wenn an einem Freitag nachmittag ein Querschnitt kommt muss nicht eine ganze Abteilung bis nachts da bleiben um sich darum zu kümmern. Ich arbeite in der Gefäßchirurgie (bestes Fach ever ;-) ) und dort kommt auch klassischerweise Richtung Freitag nachmittag der Anruf "könnt ihr bitte Patient sowieso übernehmen, der war jetzt mehrere Tage bei uns aber die Wunden sehen so schlecht aus". Oder die Patienten mit "bisher ging es mit den Schmerzen im Bein noch, aber ich mach mir Sorgen vor dem Wochenende". Stresst mich nimmer. Es gibt einen Diensthabenden, wenns aufwändiger ist hilft man zusammen und das wars.

Chirurgie ist ein schönes Fach, die Arbeitsbedingungen sind manchmal nicht ideal, aber das siehst du wahrscheinlich auch schon bei deinem Freund. Aber dass du dich dann zum größten Teil mit Hirntumoren beschäftigst ohne an einer Uni zu arbeiten ist wahrscheinlich unrealistisch. Ich schreib wahrscheinlich weil es solche Abteilungen sicher gibt, man muss dann halt danach suchen. Was die meisten Neurochirurgen machen die ich kenn hab ich oben beschrieben.

FirebirdUSA
18.10.2020, 16:24
Also wenn es wirklich darum geht, dass er sich vorwiegend mit Hirntumoren beschäftigen möchte, dann würde ich die Neuroradiologie nicht unbedingt empfehlen.

Dort liegt in der Regel der Fokus klar auf der Diagnostik und Therapie von Schlaganfällen und anderen vaskulären Erkrankungen, BSV, usw.

Ich denke es wird eher schwierig eine Neuroradiologie-Stelle mit klarem Fokus auf Tumorerkrankungen zu finden.

Das ist doch Quatsch, auch die NCH operiert abseits großer Kliniken meist Wirbelsäulen. In der NRad gibt es an großen Kliniken natürlich auch einiges an Tumordiagnostik, im Idealfall sogar mit fMRT, DTI, Spektro ggf sogar zusammen mit der Nuk PET/CT oder MRT.
Aber ohne Neuroonkologie am Standort wird es natürlich mehr in Richtung Stroke gehen (ist ja quasi die Nrad Basis)

freak1
18.10.2020, 16:28
Wobei man bei der Tumordiagnostik sagen muss, dass sind häufig keine Primärdiagnosen sondern gefühlt zu >80% VK. Die kommen ja mit entsprechender Bildgebung von Extern, kriegen hier höchstens prä-OP noch ein fMRT und dann wird das Ding rausgebaut.

GelbeKlamotten
18.10.2020, 16:45
Das ist doch Quatsch, auch die NCH operiert abseits großer Kliniken meist Wirbelsäulen. In der NRad gibt es an großen Kliniken natürlich auch einiges an Tumordiagnostik, im Idealfall sogar mit fMRT, DTI, Spektro ggf sogar zusammen mit der Nuk PET/CT oder MRT.
Aber ohne Neuroonkologie am Standort wird es natürlich mehr in Richtung Stroke gehen (ist ja quasi die Nrad Basis)

Alle von dir genannten Methoden werden bei uns im Haus durchgeführt. Dennoch nimmt diese Tumordiagnostik insgesamt einen relativ kleinen Teil des Fachgebietes ein. Wenn du in der NRad Klinikkarriere machen willst, kommst du heutzutage um Interventionelle Schlaganfalltherapie nicht rum, nicht zuletzt weil das gerade eine große Cashcow der NRad ist. Und wie viele Schlaganfallpatienten kommen im Schnitt auf einen Hirntumorpatient? Was sagt uns das über die thematische Zeitverteilung der Tätigkeit?

Ich glaube nicht, dass man ohne weiteres eine NRad Stelle finden kann, in der man sich nur oder hauptsächlich mit Hirntumoren beschäftigen kann (Stellen mit überwiegend Forschungstätigkeit mal ausgenommen). Dafür sind die Hirntumore zu selten und die Zeit die sich ein Neuroradiologe mit einem einzelnen Hirntumorpatient beschäftigen muss zu gering.

In der NCH dürfte so ein Vorhaben deutlich aussichtsreicher sein. Natürlich auch da nicht im Feldwaldwiesen-Krankenhaus.

Scherbert Zitrone
18.10.2020, 17:04
Ich hätte vielleicht dazu sagen sollen, dass ich bereits in einem Neuroonkologischen Zentrum arbeite und die NCh bei uns daher viele Tumore macht, wenn auch nicht ausschließlich, das ist klar. Ich weiß auch, dass man nicht direkt auf Tumore losgelassen wird, aber es ist schon mehr "Kernthema" als in der Neurologie. Dass man erstmal gar nicht in den OP kommt und wenn überhaupt mal eine Trepanation oder einen Shunt oder eben Wirbelsäulen-OPs macht, ist mir klar. Meine Überlegung geht einfach in die Richtung, dass ich aktuell denke, in einem rein internistisch orientierten Fach wie der Neurologie nicht gut aufgehoben zu sein (wie gesagt, habe schon früher an Chirurgie gedacht). Neuroradio und Neuropatho kommen für mich beide nicht in Frage, auch wenn das sicherlich sehr interessante Fächer sind.

Im Grunde werde jetzt erstmal eh nichts tun können (Probezeit, kein Urlaub und Hospieren nach Dienst ist vermutlich nicht die schlauste Idee:-blush). Das Jahr Neuro werde ich auch voll machen und dann sehen. Ich kann im Zweifel ja wieder zurückwechseln, da sich beides anerkennen lässt und man für beides einen Intensivteil braucht. Wie realistisch es ist, dass ich tatsächlich rotieren darf, bin ich allerdings nicht sicher, da wir extremen Personalmangel haben und es tendenziell noch schlechter wird. Außerdem will ich mir jetzt noch keine Chancen verbauen, was Weiterbildungen usw. angeht...:-nix

Scherbert Zitrone
18.10.2020, 18:50
Das muss ich wohl nochmal richtig stellen. Ich meine nicht, dass ich nicht an die Uni will. Nur hat bei weitem nicht jede Neuro an der Uni eine eigene Neuroonko. Da muss man sich schon eine Uni suchen, die da einen Schwerpunkt mit drauf hat.

FirebirdUSA
18.10.2020, 22:31
Alle von dir genannten Methoden werden bei uns im Haus durchgeführt. Dennoch nimmt diese Tumordiagnostik insgesamt einen relativ kleinen Teil des Fachgebietes ein. Wenn du in der NRad Klinikkarriere machen willst, kommst du heutzutage um Interventionelle Schlaganfalltherapie nicht rum, nicht zuletzt weil das gerade eine große Cashcow der NRad ist. Und wie viele Schlaganfallpatienten kommen im Schnitt auf einen Hirntumorpatient? Was sagt uns das über die thematische Zeitverteilung der Tätigkeit?

Ich glaube nicht, dass man ohne weiteres eine NRad Stelle finden kann, in der man sich nur oder hauptsächlich mit Hirntumoren beschäftigen kann (Stellen mit überwiegend Forschungstätigkeit mal ausgenommen). Dafür sind die Hirntumore zu selten und die Zeit die sich ein Neuroradiologe mit einem einzelnen Hirntumorpatient beschäftigen muss zu gering.

In der NCH dürfte so ein Vorhaben deutlich aussichtsreicher sein. Natürlich auch da nicht im Feldwaldwiesen-Krankenhaus.

Da hast du sicher Recht, aber auch in der NCH wirst du kaum nur Tumore machen (aus dem selben Grund).

Mano
19.10.2020, 00:00
Bei uns an der Uniklinik werden Hirntumore genau von zwei Leuten operiert: Dem Chef und dem leitenden Oberarzt. Ein zweiter Oberarzt darf dann assistieren und "kleinere" Sachen selber machen. Alle anderen machen vielleicht vorher den Kopf auf und hinterher wieder zu...

Scherbert Zitrone
19.10.2020, 05:09
Ich habe doch wirklich nie gesagt, dass ich ausschließlich Tumore machen will :-oopss Ich hab nur gesagt, dass mich das interessiert. Mir ist schon durchaus klar, dass sich allerhöchstens der Chef aussuchen kann, worauf er Lust hat und auch das nicht immer. BIn mir einfach unsicher gewesen, ob mir das rein internistische liegt (denke nämlich nicht) und da ich "Neuro..." machen will, bleibt nicht so viel übrig, da ich keine Neuroradio machen möchte. Dass das alles so und so nicht einfach wird, ist mir schon klar, daher wollte ich mich einfach austauschen, ob jemand einen Fachrichtungswechsel gemacht hat und wie da so die Erfahrungen sind, da ich weder in meiner Familie noch im Freundeskreis den Fall kenne. Aber gut, danke trotzdem. Ich werde mal eine Rotation ansprechen Hospitieren und dann weitersehen. Ich kann's ja eh nur selber entscheiden.

FirebirdUSA
19.10.2020, 05:43
Neuro... in Neuro... ist häufig, du kannst das erlernte egal in welcher Kombi sicher nutzen. Insofern mach dir deshalb keinen Kopf. Du könntest sogar nach 1 Jahr wenn es nicht passt auch wieder zurück wechseln.

daCapo
19.10.2020, 06:25
In der NRad gibt es an großen Kliniken natürlich auch einiges an Tumordiagnostik, im Idealfall sogar mit fMRT, DTI, Spektro ggf sogar zusammen mit der Nuk PET/CT oder MRT.


Wenn ein PET-MRT an der Klinik ist, wird es eine Uni sein. Und dann gibt es auch Neuroonkologie. Gibt da unterschiedlichste Konzepte. Die Pat. mit Hirntumoren (vor allem maligne Gliome/Glioblastome) gehen dann nach OP zur Radio(chemo)therapie. Und von dort in die medikamentöse Erhaltungstherapie, die entweder von Neurologen (Abteilung Neuroonko der Neurologie), Onkologen oder Strahlentherapeuten durchgeführt wird (alles schon gesehen).

Letztendlich käme auch Radioonkologie als Fach in Betracht, wenn man Interesse an der Behandlung von Hirntumoren hat. Manche Hirntumore kann man chirurgisch nicht behandeln, diese werden dann radiochirurgisch oder konventionell fraktioniert behandelt. Viele müssen nachbehandelt werden nach OP. Bei Meningeomen oder Akustikusneurinomen kann man Radiotherapie oder OP anbieten.