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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zweitstudium nach Lehramt und Promotion



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phil_pippo
19.11.2020, 11:02
Hallo Zusammen,

ich bin auf der Suche nach Erfahrungsberichten und (sehr gerne auch subjektiven) Meinungen zum Thema Zweitstudium Humanmedizin in einem (für Erstis) etwas fortgeschrittenen Alter.

Ich bin Ende 28 Jahre alt und habe einen B. Sc. Biologie abgeschlossen. Dabei habe ich gemerkt, dass die Hardcore-Forschung nicht unbedingt etwas für mich ist, da mir der Menschenkontakt fehlt und es doch einige sozial etwas schwierigere Kollegen in der Forschung gibt. Die medizinisch-biologische Arbeit hat mir aber gut gefallen (Bachelorarbeit in der Sportmedizin).
Da ich nicht komplett von vorne anfangen wollte und mit Kindern bzw. Menschen an sich super zurecht komme, entschied ich mich für Gymnasiallehramt in Biologie, Sportwissenschaft und Chemie, was ich nach 7 Semestern abschließen konnte. Während dieser Zeit habe ich weiterhin als sehr selbstständiger HiWi in der medizinischen Forschung gearbeitet und als Masterarbeit in der Sportmedizin eine klinische Studie geplant, durchgeführt und ausgewertet. Diese wird in nächster Zeit auch veröffentlicht.
Nun bin ich in der Dermatologie einer Uniklinik und promoviere zum Dr. rer. nat. im Thema Mikrobiom, wo ich ebenfalls eine klinische Studie verantworte. Der Patientenkontakt macht mit super viel Spaß und ich würde gerne die Eingriffe selber durchführen dürfen, wozu ich jedoch immer einen Arzt hinzuziehen muss.

Ich habe schon länger gemerkt, dass mein Traum eine Verbindung aus Patienten-Betreuung, studentischer Lehre und klinischer Forschung ist. Also bestenfalls eine PD oder Prof. Stelle. Auch mein Doktorvater meinte schon zu mir, dass der Beruf des Arztes auch gut zu mir passen würde. Ich kann mich sehr sehr gut in der Pädiatrie vorstellen.

Vor den curricularen Anforderungen habe ich keine Angst, ich bilde mich unheimlich gerne weiter. Mir stellt sich die Frage eher bezüglich des sozialen Drucks:

- wie ist der Altersschnitt der Medi-Erstis? Wird man etwas "beäugt", wenn man als End-20-jähriger ins Erste Semester startet?
- Hinsichtlich Familienplanung: Habt ihr eventuell Erfahrungen gemacht, wie es vom Gegenüber aufgenommen wird, wenn man mit Anfang 30 erzählt, dass man (wieder) im 7. Semester ist?
- Wie finanziert ihr das Studium? Ich bin noch nicht im vollen Erwerbsleben angekommen, große Rückschritte würde ich aber auch nicht mehr machen wollen.

Vielen lieben Dank an alle, die bis hierher gelesen haben ;-)

Muriel
19.11.2020, 11:10
Alles, was Du als problematisch ansiehst, finde ich völlig egal. Das einzige wirkliche Thema dürfte die Erlangung des Studienplatzes als Zweitstudienbewerber sein.

phil_pippo
19.11.2020, 11:57
Danke schon mal für deine Antwort! Bei der Zulassung make ich mit gar nicht so schlechte Chancen aus, da mein erster Uni-Abschluss sehr gut war und ich wohl sowohl wissenschaftliche als auch berufliche Gründe angeben kann. Das muss ich natürlich noch etwas ausarbeiten, aber ich hab da schon was im Kopf.

xenopus laevis
19.11.2020, 12:09
- wie ist der Altersschnitt der Medi-Erstis? Wird man etwas "beäugt", wenn man als End-20-jähriger ins Erste Semester startet?

Ist vollkommen egal, da es einige gibt, die auch mal viel älter sind.

- Hinsichtlich Familienplanung: Habt ihr eventuell Erfahrungen gemacht, wie es vom Gegenüber aufgenommen wird, wenn man mit Anfang 30 erzählt, dass man (wieder) im 7. Semester ist?

Ist mir schnuppe wie es andere finden. Generell kommt eher "wow, du studierst Medizin? Das ist doch toll." Noch nie etwas negatives gehört.

- Wie finanziert ihr das Studium?

Habe geheiratet und so musste ich nie arbeiten gehen, da meine Frau die Kosten trägt (und noch ein kleines bisschen Bafög). Beste Zeit meines Lebens.

Eckhart
19.11.2020, 16:07
...da mein erster Uni-Abschluss sehr gut war und ich wohl sowohl wissenschaftliche als auch berufliche Gründe angeben kann.


Muriel hat absolut Recht: Nur 5 Punkte sind dir damit sicher!

Lies dich mal ein; die Foren sind voll von Leuten, die alle möglichen Fragen stellen und "denken", dass sie den Zweitstudienplatz auch bekommen würden, wenn sie ihn nur wollen. Dem ist nicht so! Ich gehörte auch dazu und brauchte 2 Jahre um eine Zulassung für ein Zweitstudium Humanmedizin zu bekommen! (und mit 2 Jahren liege ich schon recht ordentlich!)



Nun bin ich in der Dermatologie einer Uniklinik...


Dann verstehe ich die Formulierung oben nicht! Es klingt so, als würdest du dich einfach bei hochschulstart.de für berufliche Gründe, oder bei einer (deiner?) Uni für wissenschaftliche Gründe, bewerben wollen? Warum solltest du das tun, wenn du bereits bei der Uni auf dem Schoß sitzt?

Mein Tip, wenn du wirklich schon im Doktorandenkreis der Uni bist und daher einen Termin bekommst: Geh zum Dekan, oder dem Mitarbeiter, dier die Gutachten bewertet, und frag ihn ganz offen, was du dafür tun musst um einen (Zweit)Studienplatz für Humanmedizin zu bekommen. Vielleicht fällt die Antwort ganz anders aus, als du denkst!

Gruß, Ecki

Dicer
23.11.2020, 20:20
Moin Phil,
ich war noch ein gutes Stück älter als Du als ich das gemacht hab. Tu es.
Die anderen hier haben recht damit, dass der Studienplatz die Hauptsache ist, es ist die eigentlich einzig ernstzunehmende Hürde des Medizinstudiums. Ich denke, Du solltest bei den wissenschaftliche Gründen bleiben und nur da. Wenn Du was mit beruflichen und wissenschaftlichen Gründen im Kopf hast, läufst Du Gefahr Dich zu verhaspeln.
Du hast mit Deinem Werdegang sehr gute Chancen für wissenschaftliche Gründe, keine guten für berufliche, das ist mehr was für MKG und so.
Du musst Dein Erststudium und Deine Promotion in ein gutes Narrativ kriegen, rein wissenschaftlich, die Quote für wissenschaftliche Gründe ist nicht für sozial Engagierte sondern für diejenigen, die für ihre Wissenschaft die Approbation brauchen, die nicht wechseln wollen sondern bei der Wissenschaft bleiben. Und dafür zwingend noch Ärzte werden müssen. Die Tatsache, dass Du auf Lehramt studiert hast würde ich da nicht betonen, ebensowenig Dein Interesse an Menschen (nicht, dass das verkehrt wäre, aber nutzt Dir bei der Bewerbung nicht viel und die ist so gut wie das schwächste Argument, das hängen bleibt). Bau Dir eine gute Linie mit Deinem wissenschaftlichen Interesse und lass die in Deine klinische Arbeit in die Notwendigkeit der Approbation münden. Halt es kurz.
Kann gut sein, dass andere Ansätze auch funktionieren, das war meiner in ähnlicher Lage und der ging auf Anhieb.
Es kommt natürlich noch sehr darauf an, wo Du Dich bewirbst, da die Hochschulen das ja mit den Gutachten quasi direkt entscheiden. Kannst, wie Du vielleicht schon weißt, eine zwingende Ortsbindung feststellen lassen.
Ecki hat sehr Recht mit seiner Anregung, zum Dekanat zu gehen und zu fragen, Du kannst dort vielleicht auch erfahren, wie viele Plätze es gibt, wie viele sich darauf im Schnitt pro Jahr bewerben und was die so an Gründen und Vorausbildungen mitbringen.
Begutachtet werden die Begründungen aber zumindest bei uns nicht von einem Dekanatsmitarbeiter sondern von zwei Professoren aus einem zur Bewerbung passenden Fachbereich. Fragen kostet aber nichts und Du kriegst bestimmt eine gute Einschätzung.
Du bist nicht alt, in Deiner Altersklasse gibt es extrem viele Studenten, ein Exot wirst Du nicht sein, beäugt werden auch nicht.
Familienplanung: Geht. Warum sollte es nicht? Gibt sogar Nachteilsausgleich für Studenten mit Kind. Hab auch welche, meine Frau findet es ganz witzig, wieder einen Studenten zu haben. Negative Reaktionen hab ich auch noch nie gehabt.
Geld: Muss ich auch verdienen, geht auch. Das Studium nimmt in manchen Abschnitten mehr Zeit in Anspruch, in anderen weniger. Habe es immer geschafft, dabei zu arbeiten. So viel ist es dann auch nicht. Kriegst auch einiges aus dem Biostudium anerkannt in der Vorklinik. Da Du ja schon einen Abschluss hast kannst Du ja qualifiziert arbeiten und verhältnismäßig gut verdienen.
Mir gehts wie dem Krallenfrosch: Beste Zeit!

Mr. Pink online
24.11.2020, 05:22
Bzgl. des Alters: angenommen wenn du mit 30 anfängst, könntest du mit 35 schon fertig sein, da du gute Chancen hast dir in der Vorklinik 1 Jahr vom Biostudium anrechnen zu lassen. Heißt dann allerdings Vollzeitstudium.


Ich denke auch die echte Herausforderung ist es einen Platz zu bekommen. Und dann natürlich die Finanzierung. Denn ohne Partner im Rücken und ohne Anspruch auf BAföG muss man alles selbst bezahlen. Kenne aber viele die das sowohl als Zweitstudium, als auch als Wartezeitbewerber in dem Alter durchgezogen haben.

Heerestorte
24.11.2020, 11:58
Bzgl. des Alters: angenommen wenn du mit 30 anfängst, könntest du mit 35 schon fertig sein, da du gute Chancen hast dir in der Vorklinik 1 Jahr vom Biostudium anrechnen zu lassen. Heißt dann allerdings Vollzeitstudium.



Das stimmt so leider nicht. Man kann sich dann zwar die Kurse/Seminare/Klausuren sparen, aber die Dauer kann nicht verkürzt werden. Das geht nur, wenn man sich für ein höheres FS bewirbt und genommen wird.
Siehe §1 Abs. 2, Satz 1 der ÄApprO, der eine Studiendauer von 6 Jahren vorsieht.

Ich hatte ne Kommilitonin, die nen Bachelor in BC hatte und auch die konnte nicht verkürzen.
Hat sich halt alle Chemie-, Bio-, Biochemieklausuren sparen können, aber das wars dann auch.

Mr. Pink online
24.11.2020, 16:43
Kannte ein paar bei denen das geklappt hat. Scheine anerkennen lassen und dann direkt ins nächste Fachsemester. In den meisten Unis sind doch inzwischen eh alles Module die Semesterweise angeboten werden. Ist aber zugegebenermaßen schon mehr als zehn Jahre her, merke manchmal gar nicht, dass ich schon ein alter Knochen bin.

davo
24.11.2020, 19:43
Ich hatte ne Kommilitonin, die nen Bachelor in BC hatte und auch die konnte nicht verkürzen.
Hat sich halt alle Chemie-, Bio-, Biochemieklausuren sparen können, aber das wars dann auch.

War bei einer Kommilitonin ganz genauso. Ließ sich nichts verkürzen.

weggetraeumt
25.11.2020, 09:57
Hallo phil_pippo,
ich habe einen ähnlichen Lebenslauf wie du. Falls du Interesse an einem Austausch hast, schreib mir gerne eine Nachricht (konnte dir leider keine schicken).
LG

Dicer
26.11.2020, 10:09
Man kann verkürzen, per Antrag beim LPA (heißt passenderweise Antrag auf Verkürzung der Mindeststudienzeit), es gibt da einen klaren Katalog wie viele Scheine man für ein Semester braucht.
weggeträumt, hat es bei Dir geklappt mit dem Studienplatz?

Medness
30.11.2020, 21:22
Hallo, ich habe auch mit über 30 angefangen und habe es nicht bereut. Ich habe mich auch nach der Promotion über wissenschaftliche Gründe beworben. Ich denke, dass du da sehr gute Chancen hast, wobei sich die Hochschulen wohl bzgl. der internen Kriterien sehr unterscheiden. Wenn die Vorklinik etwas weniger mit Veranstaltungen gefüllt ist, schadet das nicht, wenn man noch arbeiten muss. Ich hatte das volle Programm und einen Job und das ist dann schon anstrengend, aber machbar. Mittlerweile habe ich auch noch ein Baby mit an Board. Geht alles =) Viel Erfolg!

Arrhythmie
02.12.2020, 07:57
Hallo,

ich hab mit 27 angefangen und bin vor ein paar Wochen fertig geworden. Hab alles in Regelstudienzeit gemacht, mit Dr. Arbeit und Baby (kam im klinischen Abschnitt).

Probleme mit den anderen hatte ich nie. Ich war auch nicht die Älteste, es gab auch Ü30-Beginner (einige).

Damals, 2014, hab ich mit der vollen Punktzahl aus der Note des Erststudiums und beruflichen Gründen eine Gesamtpunktzahl von 11 erreicht und direkt einen Platz an meiner Wunschuni erhalten.


PS: Wenn Du wissenschaftliche Gründe geltend machen kannst, kannst Du Dir noch mehr Punkte holen, das sollte dann mit der Zulassung kein Problem sein. (Aber ich bin natürlich nicht mehr ganz drin in der Materie. Damals zumindest haben die letzten noch mit 10 Pkt einen Platz erhalten - in meiner Kohorte)

bonziusbilatis
10.12.2020, 17:14
Welche Note hattest du denn in BWL? Zählt da nur der Master oder auch der Bachelor? @Arrhythmie?

Arrhythmie
10.12.2020, 17:50
Nur der Master.
1,0

bonziusbilatis
10.12.2020, 17:52
Nur aus Interesse, der Bachelor auch? 1.0?

Arrhythmie
10.12.2020, 18:28
Nur aus Interesse, der Bachelor auch? 1.0?

Was genau meinst Du?

Ich hab auch einen Bachelor, ja, aber er zählt nicht, da er nicht der höchste Abschluss ist, ebenso wie mein zweiter Master nicht zählt da es ein ausländischer Abschluss ist.

Es zählte für die Punktvergabe nur der Master aus Deutschland.

Arrhythmie
10.12.2020, 18:31
Und bevor Du Dir jetzt überlegst irgendein Studium zu beginnen um Dich später dann als Zweitstudent zu bewerben... Tu es Dir nicht an.
Wobei es immerhin sinnvoller wär als Deine seltsame Idee mit dem Abitur.

Ansonsten, gut gemeinter Rat: mach einen sehr guten TMS oder geh ins Ausland.

bonziusbilatis
10.12.2020, 18:51
Ich verstehe halt nicht warum du so lange BWL studiert hast, wenn du dir einfach dein Abi hättest aberkennen lassen können???!

Ich wollte wissen ob dein BWL Bachelor auch mit 1.0 abgeschlossen wurde?

Aber auf jeden Fall keine schlechte Leistung von dir. Herzlichen Glückwunsch!