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cartablanca
25.11.2020, 15:50
Mir fällt inzwischen leider in zahlreichen Fachrichtungen auf, dass dem Ärztemangel mit der Förderung und Etablierung nicht-ärztlicher Berufe entgegen gesteuert wird.
In der Inneren gibt es Diabetesassisten, Schmerztherapeuten und MTRAs, die Funktionsuntersuchungen wie Echokardiographien durchführen, die einen erheblichen Teil der internistischen Assistenzärzte und auch Fachärzte nicht beherrschen. In der Chirurgie gibt es CTAler, die häufig die erste Assistenz in den OPs übernehmen, damit die Assistenzärzte die Stationsarbeit erledigen dürfen und deutlich häufiger als Assistenten oder Studenten im OP stehen.
Auf den Intensivstationen sind die Intensivschwestern häufig diejenigen, die die Beatmung einstellen, weil die Assistenzärzte es weder können noch von ihren Oberärzten eingewiesen oder motiviert werden es zu erlernen.
Auch in anderen Fachrichtungen habe ich mitgekriegt, dass Funktionsprüfungen systematisch von nicht ärztlichem Personal übernommen werden während der Assistent zum Stationssekretär degradiert wird.
Ich denke, dass hier mehrere Faktoren ursächlich eine Rolle spielen. Egoismus auf Seiten der Oberärzte, die eingearbeitete Mitarbeiter bevorzugen, weil diese von ihnen nicht eingearbeitet werden müssen und schnelle verlässliche Ergebnisse liefern. Systematisch gedacht -Lohndumping, weil diese Leute weniger kosten als Assistenzärzte und im Verlauf der Jahre ein stagnierendes Gehalt haben, während das des Arztes steigt. Bequemlichkeit seitens einiger Assistenten, denen es ganz Recht ist, alles was niveautechnisch über Stationsarbeit hinausgeht, an Andere zu delegieren.
Mit Bedauern muss ich leider beobachten wie viele meiner Kollegen aufgrund dieser Situation sich nicht weiterentwickeln und qualitativ abbauen. Und offen gestanden ärgert es mich retrospektiv gesehen, dass ich diese Degradierung während meiner Assistenzarztzeit zu lange hingenommen hab.
Wie seht ihr das?

Haffi
25.11.2020, 16:27
Ich muss ehrlich sagen, dass ich diese Entwicklung für längst überfällig halte. Wer ersetzbar und teuer ist, wird nun mal ersetzt. Zumal wenn die Ressource "Arzt" knapp ist und die Tätigkeit von anderen Berufsgruppen übernommen werden kann. Wäre ein Studium Voraussetzung für die von dir genannten Tätigkeiten, müssten Ärzte ja in der Lage sein, diese Tätigkeiten als Exklusivleistung ihrerseits anbieten zu können. Können sie aber nicht. Ganz im Gegenteil können sie diese Leistung eben häufig gar nicht anbieten, während andere es können. Kostengünstiger.

Wenn wir jetzt die Perspektive unseres Geldgebers - also letztlich der Bevölkerung, die uns in Form ihrer KV-Beiträge oder Selbstzahlungen ernährt - einnehmen, finde ich diese Entwicklung nur logisch und konsequent. Sich als Ärzteschaft zu verwehren wäre zum einen unehrlich - denn man würde wieder einmal zu unrecht ein Monopol für sich beanspruchen - und zum anderen mit Hinblick auf unsere gesundheitliche Versorgung kontraproduktiv.

Dass es niemanden freut, dass er "ersetzbar" ist, ist hingegen auch klar. Diese Erfahrung ist jedoch schonmal ein Vorgeschmack auf die Zukunft, in der auch die KI den Arzt mit immer mehr "Zeit fürs Wesentliche" - ob das nun das Patientengespräch oder die persönliche Freizeit ist sei mal dahin gestellt - beglücken wird.

daCapo
25.11.2020, 16:51
Die MTA kann auch nicht die Indikation zur Echokardiographie stellen, der OTA nicht die Indikation zur Whipple OP; auch die Konseqienzen vom Herzecho oder der OP können sie nicht unbedingt abschätzen, spezialisiertes Personal sehe ich als notwendig an.
Bemerkenswert ist es, dass man als Labor und Blutkonserventransporteur eingesetzt wird. Im Notfall ja, aber bei Routine ist es zumindest im Nachhinein zu hinterfragen.

urinbeutel
25.11.2020, 17:13
In den USA ist das ein Thema wo nurse practitioner und pa teils eigenständig praktizieren oder unter Aufsicht ärztliche Aufgaben machen. Hier verdient man an der Klinik ohnehin so wenig dass man kaum gedumped werden kann. Im ambulanten Sektor sehe ich die Gefahr eher nicht da deckelung durch kassensitze

cartablanca
25.11.2020, 17:52
Ich muss ehrlich sagen, dass ich diese Entwicklung für längst überfällig halte.

Ehrlich gesagt bin ich erschüttert über diesen Beitrag.
Du legitimierst hier nichts anderes als die Enprofessionalisierung und Entsorgung des Arztberufs.
Klar können Menschen ohne Studium oder gar schulicher Ausbildung Funktionsprüfungen wie Echokardiographie oder gar Herzkatheter erlernen, wenn man sie wochenlang gezielt darauf trainiert. Ich glaube sogar mein zehnjähriger Cousin könnte abdomen sonographieren, wenn man ihn zwei oder drei Monate gezielt darauf trainiert. Von Blutabnehmen, das als ärztliche Aufgabe definiert wurde, ganz zu schweigen.
Klar kann man diese Entprofessionalisierung und Lohndumping mit anderen Berufen betreiben. Macht man ja auch.
Statt Ingenieuren kann man Praktikanten aus den Ingenieurswissenschaften für wenig Geld viele Arbeiten verrichten lassen, die normalerweise Ingenieure machen würden. Oder man lässt ausgebildete Ingenieure erstmal ein Praktikum machen bevor sie überhaupt etwas machen dürfen. Statt in Deutschland ausgebildeten Krankenschwestern kann man Pflege aus ärmeren Ländern mit fragwürdiger Ausbildung und mangelnden Deutschkenntnissen anwerben, um Forderungen der Pflege nach besseren Arbeitsbedingungen zu umgehen. Oder Schwesternhelfer einsetzen. Handwerker kann man durch illegale osteuropäische Arbeiter ersetzen.

Ausbildungsberufe kann man also entkernen und die einzelnen Aufgaben auf Leute mit geringerer oder gar keiner Qualifikation verteilen. Man kann die Arbeitnehmer aber auch durch Ausländer ersetzen, die geringer bezahlt werden und /oder anspruchsloser sind.
Ich sehe mehrere ethische und rechtliche Probleme darin.
Die Assistenzarztzeit und das Studium sollen dazu dienen Studenten und Assistenten weiterzubilden. Die Studenten und Assistenten, die sich durch Abitur und Studium gebissen haben, haben also einen ANSPRUCH auf Weiterbildung - vor nicht ärztlichen Berufen. Sie haben diesen Anspruch rechtlich, aber auch ethisch verdient. Wenn seitens der Oberärzteschaft also keine Weiterbildung statt findet ist das ein Betrug am Studenten/Assistenten.

Der Arzt haftet trotzdem für Alles, obwohl nicht ärztliches Personal z.B. auf der Intensiv die Beatmungsgeräte einstellt. Mal abgesehen davon, dass ich mir zu schade dafür bin den Unterschriftengeber zu spielen, ist es vom Gesetzgeber gar nicht so konzipiert, dass die Intensivschwester oder Diabetesassistentin überhaupt Medikamente anordnet oder Entscheidungen trifft. Warum sollte ich z.B. im Dienst dafür haften was ich weder entschieden habe, wofür ich auch nicht ausgebildet wurde? Soll es doch das nicht ärztliche Personal rechtfertigen. Rechtlich ist es problematisch und ethisch auch. Ich weiß nicht wie es anderen geht, aber mir geht es im Job nicht nur darum Bürokram zu erledigen, sondern auch Dinge zu verstehen und zu entscheiden. Autonomie über meine Entscheidungen zu haben, Erfolgserlebnisse zu haben. Mich befriedigt diese Abhängigkeit und das Dasein als Buchhalter nicht.
Und irgendwann ist man Facharzt, für Alles verantwortlich kann aber nichts. Es gibt Internisten, die keine Funktionsprüfung beherrschen und Chirurgen, die zum ersten Mal als Fachärzte eigenständig operieren. Klar ist diese Form von Abhängigmachen für den einen oder anderen Chefarzt attraktiv.
Es ist in dem Sinne auch eine Form der Hinterhältigkeit. Würde man mit offenen Karten spielen und die rechtlichen Bedingungen schaffen, damit das nicht ärztliche Personal autonom entscheiden darf, würden viele junge Menschen diesen Beruf des Buchhalters nicht mehr ergreifen.

Ähnliches könnte man auch über viele andere Berufe sagen wo diese Form der Degradierung statt findet.

Trüffel
25.11.2020, 18:19
Schwester Franzi kann bestimmt auch das Herz offen operieren, wenn sie 10 Jahre lang jeden Tag nichts anderes macht und der Arzt sofort da ist, sobald etwas passiert oder sie eine Frage hat. Und natürlich der Arzt haftet.

Haffi
25.11.2020, 18:36
Natürlich war mein Beitrag ein bisschen reißerisch und überspitzt. Damit muss man wohl rechnen wenn man einen Titel wie "Lohndumping durch Möchtegernärzte" eröffnet.



Klar kann man diese Entprofessionalisierung und Lohndumping mit anderen Berufen betreiben.

Die Überheblichkeit aus dem Titel setzt sich leider auch hier fort. Wieso sollte ein Arzt bitte "unersetzbarer" sein als ein Ingenieur, der eine Brücke baut, über die täglich Zehntausende Menschen fahren?


Mich befriedigt diese Abhängigkeit und das Dasein als Buchhalter nicht.
Das verstehe ich total. Aber gerade als Arzt ist man nun mal Teil eines Systems, dessen Ressourcen stark begrenzt sind und in Zukunft noch wesentlich begrenzter sein werden. Da nimmt das System wenig Rücksicht, ob man sein Dasein als Buchhalter jetzt toll findet oder nicht. Wenn der ärztliche Beruf sich in diese Richtung entwickelt - und das tut er seit Jahren unaufhaltsam - dann ist das Dasein als Buchhalter nun mal die Neudefinition, die das System dem Arztberuf vorgibt. Ob man das als Praktizierender jetzt toll findet oder nicht, ist einem selbst überlassen.

Grundsätzlich bin ich mit deinem Beitrag natürlich d'accord. Viele Aufgaben sind zu komplex um sie zu übertragen. Rechtlich sind die Möglichkeiten zur Delegierung natürlich auch eingeschränkt. Aber was ist die Lösung? Meiner Meinung nach kann die Lösung nicht sein, nicht zu delegieren damit der Arzt seine Daseins-Berechtigung weiterhin aus der Monopol-Ausübung diverser Hilfstätigkeiten schöpfen kann. Vielmehr müssen einfach die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert werden und das passiert ja auch - wenn auch eher langsam - zunehmend.

Grundsätzlich muss sich der Arzt in Zukunft neu definieren. Wir bilden gerade in Massen Ärzte aus, um irgendwie die Babyboomer-Generation über die Runden zu kriegen. Wer das bezahlen soll, weiß irgendwie noch keiner so richtig. Der Beitragszahler wird es nicht leisten können. Eine mangelnde Versorgung der Patienten ist auch nicht vertretbar. Also wird es auf dem Rücken der Ärzte und Pflege auszutragen sein - viel mehr noch als heute. Um dem entgegen zu wirken bedarf es neuer Wege und der von dir beschriebene Weg ist nun mal einer davon.

cartablanca
25.11.2020, 18:38
Schwester Franzi kann bestimmt auch das Herz offen operieren, wenn sie 10 Jahre lang jeden Tag nichts anderes macht und der Arzt sofort da ist, sobald etwas passiert oder sie eine Frage hat. Und natürlich der Arzt haftet.

Naja, Assistenzärztin Helga kanns jedenfalls auch nicht und wirds auch nicht lernen so lange CTA Franzi ständig im OP steht und Helga Stationsarbeit macht. Ist ja auch ganz praktisch. So kann man Helga, die eigentlich offene Herz OPs lernen wollte, schön abhängig machen. Einer muss ja die Dienste schieben.

ehem-user-02-08-2021-1033
25.11.2020, 18:42
Schwester Franzi kann bestimmt auch das Herz offen operieren, wenn sie 10 Jahre lang jeden Tag nichts anderes macht und der Arzt sofort da ist, sobald etwas passiert oder sie eine Frage hat. Und natürlich der Arzt haftet.

Sie könnte es sicher...
nur darf sie es nicht.
Und das ist der berufspolitisch entscheidende Punkt. Die Heilkunde übt ein Arzt aus. Alles was dies unterwandert führt zwangsläufig zu einem Dammbruch. Ich sehe auch mittelfristig die Gefahr einer monetären Entwertung ärztlicher Tätigkeiten.

Das Oberärzte keinen Bock auf Weiterbildung der Assistenzärzte haben, hat auch in kleinen Häusern einen ganz anderen Grund.
Man möchte zwar Nachfolger formen, aber keine Konkurrenten. Wenn kein Bedarf für Ausbildung besteht (10 Leute können Echo, 8 braucht man), dann wird da auch nicht weiter ausgebildet.
Das in so einer Situation eine nicht-akademische Assistentin "charmant" erscheint, ist auch verständlich.

Nirgendwo werden die Vorgaben der Weiterbildung von Jahr zu Jahr weiter schrittweise verschärft oder durch Subspezialisierungen verkompliziert, wie bei uns Ärzten.
Der Hintergrund unserer älteren Kollegen ist leider oftmals ein Machtpolitischer...

cartablanca
25.11.2020, 18:58
Die Überheblichkeit aus dem Titel setzt sich leider auch hier fort. Wieso sollte ein Arzt bitte "unersetzbarer" sein als ein Ingenieur, der eine Brücke baut, über die täglich Zehntausende Menschen fahren?

...
Das verstehe ich total. Aber gerade als Arzt ist man nun mal Teil eines Systems, dessen Ressourcen stark begrenzt sind und in Zukunft noch wesentlich begrenzter sein werden. Da nimmt das System wenig Rücksicht, ob man sein Dasein als Buchhalter jetzt toll findet oder nicht. Wenn der ärztliche Beruf sich in diese Richtung entwickelt - und das tut er seit Jahren unaufhaltsam - dann ist das Dasein als Buchhalter nun mal die Neudefinition, die das System dem Arztberuf vorgibt.

Ehrlich gesagt, weiß ich nicht was daran überheblich sein soll, wenn man darauf besteht, dass getroffene Abmachungen wie die Weiterbildung zu der Arbeitgeber verpflichtet sind, eingehalten werden. Ich sehe aber deinen Versuch dich über mich zu "heben".
Ich habe ganz bewusst mehrere Beispiele gewählt wo Entprofessionalisierung eine Rolle spielt. Krankenschwestern, Handwerker UND Ingenieure. Warum du dann auf die Ingenieure zurück gekommen bist, weißt du wohl selbst besser wie ich.
Es ist ja auch nicht so, dass deine Darstellung stimmt, dass ärztliche Tätigkeiten komplett übernommen werden könnten. In schwierigen Fällen wird dann nämlich doch im Dienst der OA kontaktiert. Hätte der Assistent dann vielleicht auch zu entscheiden vermocht, wenn man ihn ausgebildet hätte. Kann es sein, dass mamche Oberärzte da nach der Devise vorgehen: "so wenig wie möglich, so viel wie nötig"?
Die Resourcen sinnvoll einsetzen... wäre es nicht sinnvoller den Arztberuf wieder attraktiver zu machen, wo doch so viele Ärzte ausfallen, anstatt nicht ärztliche Berufsfelder zu etablieren mit extra kostspieligen Ausbildungen?

DrSkywalker
25.11.2020, 19:28
Eine nicht ärztliche Person die Routine Echos oder sonos macht halte ich für nicht so problematisch. Wichtig wäre es, dass man die ärztlichen Kollegen in diesen Bereichen trotzdem ausbildet, und zwar besser als aktuell. Sonos etc nerven mich oft wenn viel zu tun ist und ich würde sie gerne an jemanden verlässlichen abgeben. Wenn was unklar ist kann ich mit drauf schauen..

cartablanca
25.11.2020, 19:41
Eine nicht ärztliche Person die Routine Echos oder sonos macht halte ich für nicht so problematisch. Wichtig wäre es, dass man die ärztlichen Kollegen in diesen Bereichen trotzdem ausbildet, und zwar besser als aktuell. Sonos etc nerven mich oft wenn viel zu tun ist und ich würde sie gerne an jemanden verlässlichen abgeben. Wenn was unklar ist kann ich mit drauf schauen..

Du kannst wie gesagt viele Teiltätigkeiten aus dem Arztberuf rausschneiden und dann auf Handlanger übertragen. Das kannst du bei fast allen Berufen machen inkl. Ingenieuren, Informatikern, Handwerkern, Krankenschwestern machen - wenn man ein Interesse daran hat, diese Menschen zu entwerten und durch kostengünstigere Fließbandarbeiter ersetzen will, die eine Sache beherrschen und sonst nix und total von dir abhängig sind.

daCapo
25.11.2020, 19:52
In den USA ist das ein Thema wo nurse practitioner und pa teils eigenständig praktizieren oder unter Aufsicht ärztliche Aufgaben machen. Hier verdient man an der Klinik ohnehin so wenig dass man kaum gedumped werden kann. Im ambulanten Sektor sehe ich die Gefahr eher nicht da deckelung durch kassensitze

So ist es. Wäre viel zu teuer alle Aufgaben von Ärzten erledigen zu lassen.


Naja, Assistenzärztin Helga kanns jedenfalls auch nicht und wirds auch nicht lernen so lange CTA Franzi ständig im OP steht und Helga Stationsarbeit macht. Ist ja auch ganz praktisch. So kann man Helga, die eigentlich offene Herz OPs lernen wollte, schön abhängig machen. Einer muss ja die Dienste schieben.

Herz-Thoraxchirurgie ist ein ganz eigenes Fach. Da gibt es bereits einen Thread zu. Eine Stelle wird man sicherlich irgendwo finden können. Immer auch das Positive sehen.


Ehrlich gesagt, weiß ich nicht was daran überheblich sein soll, wenn man darauf besteht, dass getroffene Abmachungen wie die Weiterbildung zu der Arbeitgeber verpflichtet sind, eingehalten werden. Ich sehe aber deinen Versuch dich über mich zu "heben".


Joa, das kommt öfter mal vor. Das kann man auch positiv formulieren: Offen, selbstständig, voller Eigeninitiative, eigener Planungen und voller Überraschungen.


Eine nicht ärztliche Person die Routine Echos oder sonos macht halte ich für nicht so problematisch. Wichtig wäre es, dass man die ärztlichen Kollegen in diesen Bereichen trotzdem ausbildet, und zwar besser als aktuell. Sonos etc nerven mich oft wenn viel zu tun ist und ich würde sie gerne an jemanden verlässlichen abgeben. Wenn was unklar ist kann ich mit drauf schauen..

Sehe das genauso, es gibt zu viele Sonos uvm und zu wenig Ärzte. Ein guter Bekannter von mir hat seine Carotisdoppler auch bei einer MTA gelernt.

hebdo
25.11.2020, 19:55
Ich sehe die Entwicklung auch kritisch, vor allen weil die Ausbildung darunter leidet. Ich kenne auch viele einfache Routinesachen, die ich gerne delegieren möchte.

Wir Ärzte sind aber ein stückweit an dieser Entwicklung selbst schuld. Mein wirklich subjektiver Eindruck von der ambulanten Medizin ist, dass es sich mehr und mehr zu einer Managementtätigkeit wandelt. Ich spreche nicht von den Ärztlich geführten Einzel- oder Gemeinschaftspraxen. Die Inhaber vor allem der größeren MVZ haben meiner Erfahrung mehr die Zahlen als die Patienten im Kopf und betreiben die Ambulanz mehr als Hobby.

Wir haben einen PA in der Praxis an den wir die Dokumentation, Terminvergabe und Formulararbeiten delegieren. Aber den Arzt ersetzen wird nicht funktionieren.

Mr. Pink online
25.11.2020, 19:57
Was hier im Kern kritisiert wird ist doch die zunehmende Unfähigkeit und der Unwillen der Kliniken ihre WBA auszubilden. Das Resultat ist oben beschriebenes. Aber vorsicht, das ist hier im Forum ein unbeliebtes Thema. Bald kommt ein wütender OA um die Forumecke und betont, dass ER aber sehr wohl sehr gut weiterbilde und die Schuld bei den dummen und faulen WBA zu suchen ist. Mag im Einzelfall stimmen, häufig scheitert es aber doch an dem schieren Unwillen der Oberen sich für die "Unteren" zu investieren.

So frustran es klingt, hier meine paar Weisheiten für die Zukunft:
1. Überlasse nicht deinem Weiterbilder deine Weiterbildung, sondern übt euch in Selbststudium. Selber Sonos machen und wenn es nur eines pro Tag ist, ist den Aufwand am Ende wert.
2. Nötige den Weiterbilder dazu dir Fortbildungen zu bezahlen oder sie zu bezuschussen, dass kann gerade am Anfang die Scheu vor Funktionsdiagnostik nehmen
3. Wechsel die Klinik wenn sie dich überdurchschnittlich lang in Stationsrotationen hält, gerade in der Chirurgie würde ich mir das nicht bieten lassen. Dafür gibt es einfach zu viel Angebot.
4. Klinikzeit als Lehrjahre akzeptieren. Es gibt nach hinten raus genug Möglichkeiten Geld zu verdienen (KV-Notdienst, NA-Dienste, Praxis, usw.)
5. Lasst euch keine Angst vor irgendwelchen angelernten Sono-Assistenten oder sonstirgendwelchen Funktionsassistenten machen. Wie oben schon erwähnt, dem 0815 Patienten zu erklären wie er nun in das Mundstück blasen, auf dem Fahrrad treten oder auf dem Echostuhl sitzen soll ist keine höchst akademische Aufgabe. Damit ersetzt man keinen Arzt. Am Ende muss man aus den ganzen Befunden auch eine schlüssige Konsequenz ziehen und da braucht es dann eben doch den Arzt.

cartablanca
25.11.2020, 20:01
Sehe das genauso, es gibt zu viele Sonos uvm und zu wenig Ärzte. Ein guter Bekannter von mir hat seine Carotisdoppler auch bei einer MTA gelernt.

Falsch es gibt zu viele Blutabnahmen, Briefe, poststationäre-Versorgung-klären-Fälle und zu wenig Ärzte. All das kann nämlich genauso gut und gerne die MTA oder CTAlerin machen, während der Assistenzarzt die Funktionsdiagnostik oder OPs erlernt, die ihm mit der Zeit etwas Autonomie ermöglicht. Es sei denn man hat ein Problem mit Autonomie...

FirebirdUSA
25.11.2020, 20:17
Falsch es gibt zu viele Blutabnahmen, Briefe, poststationäre-Versorgung-klären-Fälle und zu wenig Ärzte. All das kann nämlich genauso gut und gerne die MTA oder CTAlerin machen, während der Assistenzarzt die Funktionsdiagnostik oder OPs erlernt, die ihm mit der Zeit etwas Autonomie ermöglicht. Es sei denn man hat ein Problem mit Autonomie...

Was hat das mit Autonomie zu tun? Funktionsdiagnostik ist in den meisten Länder schon lange delegiert, Ärzte deswegen nicht abgeschaft, die Bewertung und Einordnung ist doch die Schwierigkeit.

GelbeKlamotten
25.11.2020, 20:22
Falsch es gibt zu viele Blutabnahmen, Briefe, poststationäre-Versorgung-klären-Fälle und zu wenig Ärzte. All das kann nämlich genauso gut und gerne die MTA oder CTAlerin machen, während der Assistenzarzt die Funktionsdiagnostik oder OPs erlernt, die ihm mit der Zeit etwas Autonomie ermöglicht. Es sei denn man hat ein Problem mit Autonomie...

Das Problem ist auch, dass die Qualität der ärztlichen Leistungen unter anderem aufgrund des zu hohen Arbeitspensums und der oft fehlenden Sprachkenntnisse in vielen Fällen sehr zu wünschen übrig lässt. Prinzipiell hätte ich in der Rolle der Patientin schon gerne, dass mein Arztbrief von einem kompetenten Arzt erstellt wird. Beim Herzecho wäre es mir auch lieber, es würde von einem Arzt gemacht, der auch das medizinische Hintergrundwissen hat, die Gesamtsituation zu überblicken. Wenn ich mir aber anschaue was in Aufnahmebefunden und Arztbriefen oft für eine gequirlte Scheiße drinsteht, dann kann das in der Tat auch vom Hilfspersonal erledigt werden.

Genauso verhält es sich in der Radiologie bezüglich AI vs. Radiologe. Es gibt einige Kollegen, die denken so weit, dass sie Zusammenhänge aus Bildern herauslesen, die kein Machine Learning Algorithmus in absehbarer Zeit erkennen können wird. Und dann gibt es aber auch einen Haufen Kollegen, die nur Schema F können und alles was über den Standardfall hinausgeht weder sehen noch verstehen. In der Summe kommt dann ein Mittelmaß heraus, dass auch die künstliche Intelligenz mittlerweile bereits liefern könnte.

Rettungshase
25.11.2020, 20:25
Auf den Intensivstationen sind die Intensivschwestern häufig diejenigen, die die Beatmung einstellen, weil die Assistenzärzte es weder können noch von ihren Oberärzten eingewiesen oder motiviert werden es zu erlernen.

Wenn ich als Akademiker darauf angewiesen bin, dass mein Oberarzt kopftätschelnd neben mir steht, um mich zu motivieren, Beatmung zu erlernen. ist irgendetwas ziemlich schief gelaufen...
Einfache Beatmungseinstellungen sind ziemlich gut an die Pflege zu delegieren; bei der Intensivpflege handelt es sich um hochspezialisierte, top ausgebildete Leute. Die sind viel eher beim Patienten und können die Feinjustierung der Beatmung an aktuelle BGAs anpassen; dazu fehlt mir schlicht und einfach auch die Zeit.
Wenn es hingegen um APRV, Extubation, Bauchlage, Indikationsstelleung einer ECMO-Anlage oder was auch immer geht, macht das selbstverständlich nicht die Pflege im Alleingang.

tarumo
25.11.2020, 20:36
Genauso verhält es sich in der Radiologie bezüglich AI vs. Radiologe. Es gibt einige Kollegen, die denken so weit, dass sie Zusammenhänge aus Bildern herauslesen, die kein Machine Learning Algorithmus in absehbarer Zeit erkennen können wird.

Weil speziell Du immerzu Angst hast von der KI ersetzt zu werden: Im DÄB war gerade vor ein paar Wochen ein guter Artikel dazu, so exemplarisch die KI z.B. aus einem bestimmten Signalmuster der Prostata zwar die Wahrscheinlichkeit für ein Prostata-CA herausarbeiten kann, aber das ebenfalls mögliche Blasen-oder Rectum CA einfach übersieht, und auch die Beckenvenenthrombose. Und auch alle anderen Möglichkeiten von Nebendiagnosen. Vermutlich hätte die tolle KI schon sehr damit zu kämpfen, ein Becken-MRT von Männlein oder Weiblein bei Z.n Hysterektomie oder Prostatektomie überhaupt zu unterscheiden...
Auch die Hersteller legen auf diese simple obige Feststellung großen Wert. Davon abgesehen, ist die KI immer nur so gut wie der Programmierer, in diesem Fall, mit wieviel Referenzbildern gefüttert.
Früher habe ich einen Teil meiner Arbeitszeit damit verbracht, von Internisten angefertigte Cardio-MRTs zu supervidieren, damit da nicht ein Lebermalignom oder sowas übersehen wird. Also ganz ähnliche Aufgabenstellung.

Wenn Du schon mal versucht hast, den Betrieb einer Teleradiologie genehmigen zu lassen, dann wirst Du wissen, daß die Anforderungen an die einzelne Person (egal ob Arzt oder MTRA) in den letzten Jahren doch ziemlich verkompliziert wurden- und schon aus juristischen Gründen der Verzicht auf einen Arzt bis auf weiteres keine Option ist.