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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Frage zu Tarifverträgen bzw. AVR und den Bereitschaftsdienstentgelten



borntorun
02.12.2020, 09:26
Hallo liebe Forumsgemeinde,

ich stehe kurz vor meiner ersten Anstellung und verzweifele etwas am Tarifdschungel. Bitte helft mir mal, ob ich das richtig einschätze oder irgendeinen Gedankenfehler habe. Vom Marburger Bund gibt es eine schöne Info pdf in der für die kommunalen Krankenhäuser und einige große private Betreiber die Konditionen aufgelistet sind.

Dabei fällt mir auf, dass praktisch bei allen Vereinbarungen die Bereitschaftsdienstentgelte im letzten Jahr oder ab nächstem Jahr erhöht werden, bei den kommunalen Kliniken auf z.B. auf 100%. Bedeutet das, dass man nach durch einen 24 h Dienst nach Abzug des folgenden freien Tages dann monetär gesehen auf ein exaktes oder ungefähres plus von 8 h kommt?

Bei Sana sehe ich, dass das Entgelt 77,5% betragen wird ab nächstem Jahr. Bedeutet das, dass man für die 16 h Bereitschaftsdienstzeit dann effektiv 12 h bezahlt bekommt und nach Abzug des freien Folgetages dann also ein plus von 4 h hat?
Wird dieser doch deutliche monetäre Nachteil irgendwo ausgeglichen oder lebt einfach jeder damit?


Mein zweiter Teil meiner Frage bezieht sich auf den AVR der Diakonie Ost, der im Vergleich mit dem AVR Caritas dermaßen absurd viel schlechter erscheint, dass ich das irgendwie nicht nachvollziehen kann. Die Caritas vergütet Bereitschaft ab kommendem Jahr mit 100% und einen Stufenaufstieg gibt es für Assistenten jährlich.
Die Diakonie Ost sieht bei geringerem Grundgehalt Stufenaufstiege nur alle 2 Jahre vor und vergütet Bereitschaftsdienste mit sagenhaften 55%. Übersehe ich das was wesentliches? Das heißt ein Dienst nach Diakonie Ost bringt nach Abzug des Folgetages praktisch keinerlei monetäre Anerkennung. Kann es sein, dass die großen konfessionellen Träger sich so deutlich unterscheiden?

Speranza100
02.12.2020, 09:43
Kann es sein, dass die großen konfessionellen Träger sich so deutlich unterscheiden?

Defintiv ja. Habe auch schonmal unter Caritas Ost gearbeitet und in meiner Laufbahn war es die bisher schlechteste Entlohnung die ich hatte. In anderen kirchlichen Häusern war die Bezahlung teilweise genauso oder ähnlich zu VKA. Das Hängt sehr vom Haus und dem dort geltenden Tarifvertrag ab. Beim Rest bin ich auch gespannt auf Antworten....

Nessiemoo
02.12.2020, 10:28
Da hast dich schon besser auseinandergesetzt als gefühlt 95% aller Ärzte. Tendenziell sind tatsächlich die VKA Tarifverträge oft besser.

Das mit Bereitschaftsdiensten und 100%: da muss man zwischen Bezahlung und Zeit unterscheiden, ich meine, dass die 100% sich auf die Arbeitszeit beziehen.

Letztendlich würde ich aber nicht unbedingt eine Stelle davon abhängig machen, wie gut der Tarifvertrag da ist.

vanilleeis
02.12.2020, 11:03
cave: Jede Abteilung hat ihre eigene Einstufung der Bereitschaftsdienste, dessen Kategorien im Tarifvertrag jeweils dargestellt werden. Heisst, die 100 % Anrechnung des BD im VKA besteht nur bei Eingruppierung in BD-Gruppe 3. Bei Gruppe 1 z.B. werden nur 60%, bzw. ab dem 1.1. 70 % der BD-Zeit als Arbeitszeit angerechnet. Hinzu kommt seit 2019 jedoch ein Aufschlag zum BD von 15 %, die den Stundenabzug am nächsten Tag etwas ausgleichen soll.

borntorun
02.12.2020, 11:35
Das wird ja immer besser ;) Danke für den Realitätsabgleich.

Also nicht die tatsächliche angefallene Arbeit, sondern die festgelegte BD-Gruppe entscheidet über die Vergütung? Ich dachte solche Absurditäten gehören der Vergangeheit an.

vanilleeis
02.12.2020, 13:14
Die Eingruppierung ist festgelegt und wird im Arbeitsvertrag oder einer Nebenabrede festgelegt. BD-Stufe 3 bedeutet im VKA z.B, dass maximal in 49 % der Zeit Arbeit anfällt (und daher wird der BD mit 100% ab dem 1.1. bezahlt). Dass das der Realität in den meisten internistischen Abteilungen widerspricht, sollte Dir klar sein. Die Alternative wäre Schichtdienst, was die meisten auch nicht wollen.
Eine Überprüfung der tatsächlichen Arbeitszeit findet nicht statt, falls Du das geglaubt hast.

Ergo: Erkundige Dich auf jeden Fall vor Unterschrift, wie die Dienste eingruppiert sind und wie die Realität wirklich aussieht. BD-Bezahlung ist Verarsche, aber das ist ein anderes Thema.

borntorun
02.12.2020, 13:21
Danke, vanilleeis!

Ne, das habe ich schon gecheckt, dass das mit den 49% ein Witz ist. Dass die Assistenten in der Inneren und Chirurgie 2-3 h Schlaf schon extrem feiern, habe ich bemerkt. Deshalb schrieb ich ja auch, dass der Dienst effektive volle 16 h bedeutet und war umso geschockter, als ich zum Beispiel im AVR Diakonie sah, dass die das mit 55% in der höchsten Stufe bewerten. Das will mir immer noch nicht in den Kopf. ;)

loewin752
02.12.2020, 17:26
.....