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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ärzte und Pflege in den Medien und Außenwirkung



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medicinentia
16.12.2020, 19:51
Eins vorweg , dieser Thread richtet sich um Gottes Willen natürlich NICHT gegen die Pflege , wir arbeiten ja alle täglich mit der Pflege zusammen, denke das sollte allen klar sein .

Hier geht es um das Bild, das aktuell in den Medien vermittelt wird und auch die Bevölkerung teils wiederspiegelt.

Ich formuliere es ganz plakativ

Pflege : unterbesetzt , unterbezahlt , unterwertschätzt, hohe Belastung bei Covid (richtige Punke)

Das ganze wird praktisch täglich medial mantraartig wiederholt , die Auswirkungen bisher natürlich mau.

Ärzte : NUR Experten (Chefärzte etc) die in den Medien diskutieren , teils im Kreuzverhör mit der Politik. Immer kritisches Feedback ( Uneinigkeit , „Die Mediziner haben vor 3 Monaten gesagt“ etc...“)

Alltag der Assistenzärzten oder FA/ Oberärzten an Kliniken ? Fehlanzeige.
Ärztemangel und prekäre Arbeitssituationen massig Überstunden miese Weiterbildung etc ? Fehlanzeige
Impfungen - Horrendes Gehalt der Ärzte , unerhört , unredlich.

Ich formuliere es mal so - sind wir tatsächlich so unbeliebt oder uninteressant ??
Medial könnte man meinen Ärzte spielen bei der Pandemie abseits von Virologen keine Rolle ??

Auch wird oft erwähnt in der Reihenfolge und Art „Pflegerinnen und Pfleger und medizinisches Personal (also ua wir)“
Klasse .

Ich verstehe es nicht , vielleicht hat jemand von euch einen Erklärungsansatz.

Thomas24
16.12.2020, 20:06
Massenmedien zielen darauf ab, Quote zu erzielen. Es geht ja nicht, um eine detaillierte, faktenreiche, und differenzierte Abbildung der Realität, sondern um eine Story, die ihren Abnehmer finden muss. Wenn beispielsweise ein beliebtes Narrativ lauten würde: die pöhse niedergelassene Ärzteschaft hätte vormittags Recht, interessierte sich nicht für gesetzlich -versicherte Patienten und wäre nachmittags vornehmlich auf dem Golfplatz zu finden (und bekommt im Allgemeinen den Hals nicht voll), dann würde es ja Sicht des Storytellings ja keinen Sinn machen, dieses Zerrbild mal etwas näher an die Realität zu bringen.

Was zusätzlich noch ein Faktor sein könnte, ist die Tatsache, dass sich ein großer Teil des journalistischen Nachwuchses politisch eher als 'links- progressiv' einstufen würde. Da passen Reportagen über den Missbrauch beim Arbeitszeitgesetz, Ausbeutung von Weiterbildungsassistenten, mangelnde Wertschätzung etc. vermutlich weder in den Erwartungshorizont der Leserschaft (reiche Ärzteschaft- arme ausgebeutete Pflege), noch in die eigene Überzeugung.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/ard-volontaere-wie-divers-ist-die-ausbildungs-generation-17038169.html

Wenn man mal angenehm differenzierte und nüchterne Berichterstattung und Nachrichten lesen möchte, ohne ordenliche Dosis PC Sugarcoating und 'Haltung', kann man ausländische Medien wie die schweizer NZZ empfehlen und dann mal spaßeshalber mit der Berichterstattung über denselben Sachverhalt mit der Alpen Prawda (ehemals Süddeutsche Zeitung) etc. vergleichen. Man ist da manchmal sehr erstaunt über viele deutsche Qualitätsmedien.

crossie
16.12.2020, 20:25
Ich frage mich auch jeden Tag, warum wir Klinikärzte in der täglichen Berichterstattung überhaupt keine Rolle spielen. Immer heißt es Pflegemangel - was ja auch 100% zutrifft. Aber nie auch nur ein Wort zum Ärztemangel, den es ja genauso gibt. Auch deswegen können nicht alle theoretisch möglichen ITS Betten auch belegt werden.

Und zumindest bei uns ist die Arbeitsbelastung der Ärzte deutlich höher als die der pflegerischen Kollegen. Also deren Belastung ist schon zu hoch aber unsere ist höher.

Mr. Pink online
16.12.2020, 20:39
@medicinentia

Deine Beobachtung über die Darstellung in den (Massen)Medien ist weitgehend zutreffen. Es gibt natürlich kleinere Medien wie bspw. das Ärzteblatt wo unsere Problemstellen schon nochmal anders rausgestellt werden. In meinem nicht-ärztlichen und nicht-akademischen Umfeld - und das sind in Deutschland die Mehrheit der Menschen und Medienkonsumenten - habe ich nicht das Gefühl, dass man nicht über die massive Arbeitsbelastung und die hohe Verantwortung im Arztberuf bescheid wüsste.

Ich habe einen Verdacht und ich bitte meine Aussage mit Vorsicht zu genießen:
Der Pflege wird medial und gesellschaftlich mehr Mitgefühl entgegengebracht und die Empörung ist bei Belastung und Bezahlung höher, weil es eine Berufsgruppe darstellt mit der sich ein größerer Teil der Gesellschaft identifizieren kann. Es ist ein Ausbildungsberuf, man kennt doch die eine oder andere Person die dort arbeitet, vergleichbares Bildungsniveau etc.

Ärzte sind für die Mehrheit der Gesellschaft eine Blackbox, mit dem Menschen an sich kommen sie wenig in Berührung. Das Bildungsniveau und das Umfeld unterscheidet sich im Durchschnitt einfach stark. Dementsprechend "schwieriger" ist es dort Empathie zu erwirken. Gleichzeitig bekommen Ärzte aber etwas, was in der Pflege weniger der Fall ist: ernstgemeinten Respekt und Ehrfurcht vor dem Job. Das zeigen die Berufsrankings jahrelang aufs Neue.

Evil
16.12.2020, 20:46
Gleichzeitig bekommen Ärzte aber etwas, was in der Pflege weniger der Fall ist: ernstgemeinten Respekt und Ehrfurcht vor dem Job. Das zeigen die Berufsrankings jahrelang aufs Neue.
Ich denke, das ist ein entscheidender Punkt: Ärzte gehören zu den Berufsgruppen, die am meisten geachtet und wertgeschätzt werden.
Schaut man sich dagegen die Beliebtheitswerte von Politikern oder gerade auch Journalisten an, so fallen die ziemlich ab. Schätze, bei der Berichterstattung spielt der Neid der Autoren einen erhebliche Rolle.
Und wenn dann noch der (vermeintliche) Neid der anderen bedient wird, greift die Argumentation von Thomas.

daCapo
16.12.2020, 22:00
Ich denke, das ist ein entscheidender Punkt: Ärzte gehören zu den Berufsgruppen, die am meisten geachtet und wertgeschätzt werden.
Schaut man sich dagegen die Beliebtheitswerte von Politikern oder gerade auch Journalisten an, so fallen die ziemlich ab. Schätze, bei der Berichterstattung spielt der Neid der Autoren einen erhebliche Rolle.
Und wenn dann noch der (vermeintliche) Neid der anderen bedient wird, greift die Argumentation von Thomas.

Aber ist der Mangel bei Ärzten wirklich so ausgeprägt? Meist findet sich ja doch jmd. für die Arbeit, der zumindest eine gewisse Zeit bleibt und bereit ist alles in Kauf zu nehmen. Womöglich aus dem Ausland hierhin, Geld in die Hand genommen und zum Erfolg verdammt. Da spielen 24h Schichten, Überlastung zumindest eine Zeit eine untergeordnete Rolle.
Letztendlich gibt es auch viele Leute mit dem Ziel Facharzt, die fast alles phlegmatisch in Kauf nehmen für 4-5 Jahre und dann die Klinik verlassen.

Pflegekräfte suchen eher ein erfülltes Familienleben, vernünftige Arbeitszeiten, interesante Aufgaben, Karriere will da auch nicht unbedingt jeder machen. Nebenbei hat die Pflege auch einige "interessante" Aufgaben an Ärzte "abgegeben" wie Blutabnahme, Zugänge. ggfs Transfusionen und Chemos. Das alles ist insgesamt nicht einfach zu vereinbaren mit den Strukturen in deutschen Krankenhäusern...wie allseits bekannt.

mbs
16.12.2020, 23:19
Glaube, dass ein Personalmangel bei Ärzten aber deutlich seltener ein Problem ist als ein Mangel an Pflegekräften. Wenn Betten gesperrt werden dann vor allem aufgrund von letzterem.
Ob das daran liegt, dass diese mehr auf ihre Rechte pochen, dass von denen zahlenmäßig mehr gebraucht werden oder die Bedingungen und damit die Motivation für diesen Beruf geringer sind ist schwer zu sagen.

Vermutlich stellt sich ab einem gewissen Punkt auch eine Eigendynamik in der Berichterstattung ein. Es gab ja auch mal eine Zeit wo nur über "Ärztemangel" berichtet wurde. Irgendwann war das Thema dann ausgelutscht und man hat sich ein anderes gesucht. In Pandemiezeiten ist es dennoch naheliegend, vor allem über das Gesundheitssystem zu berichten. Glaube auch, dass viele Zeitungen voneinander abschreiben, weshalb sich schnell ein gewisser Trend in der Berichterstattung ausbilden kann.

John Silver
17.12.2020, 16:51
Der Pflegemangel tritt deutlicher zutage, weil die Pflege nicht von ihren Vorgesetzten abhängig ist, jedenfalls nicht mal ansatzweise mit uns vergleichbar. Pflege bekommt praktisch immer unbefristete Verträge, braucht keine Rotationen, muss keine Zahlen für den Katalog generieren etc.; und es ist ja nicht so, dass man mit dem Facharzt plötzlich dem Chef den Finger zeigen kann. Als Pflegekraft wird eine Grenze gesteckt, und wenn die übertreten wird, meldet man sich dauerkrank. Ärzte können sich so etwas nicht leisten, wenn sie vorankommen wollen.

Die meisten Journalisten delegieren die „Recherche“ an ihre kostenlosen Praktikanten, welche wiederum allenfalls bis zum 5. Link der Google-Suchergebnisse kommen. Kein Witz, Aussage eines Redaktionsleiters beim ZDF (der es auch häufiger so praktiziert).

mbs
17.12.2020, 18:02
Das ist tatsächlich ein extrem wichtiger Faktor. Mit der angeblichen "Weiterbildung" kann Dinge "begründen" die in keiner anderen Branche oder Berufsgruppe auch nur ansatzweise akzeptiert würden.
Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, das Konzept der Facharztweiterbildung abzuschaffen. In anderen Branchen geht es ja auch, dass jemand mit jedem Jahr das er länger im Job war schrittweise fähiger und erfahrener wird und mehr Verantwortung bekommt. Da erfolgt auch eher eine individuelle Eignungsbeurteilung im Betrieb als dass man sich auf ein Stück Papier mit einer Bezeichnung verlassen würde. Das Konzept funktioniert mindestens genau so gut - und das bei deutlich besseren Arbeitsbedingungen.

tarumo
17.12.2020, 18:08
Na ja, ambulant wird der "Ärztemangel" ja durchaus thematisiert und nicht so sehr der Mangel an MFA, der auch virulent ist.
Im Krankenhaus werden halt Betten wegen Pflegepersonalmangel gesperrt, daß eine Notaufnahme abgemeldet wird, weil der eine diensthabende Arzt krank und der andere nur BD zu 50% hat, kommt vermutlich nicht so oft vor.
Beispiele bzw. Hilferufe, wie dann das verbliebene ärztliche Personal erpresst/ausgepresst wird, kommen hier ja alle paar Wochen.

Ein erheblichen Anteil an Imageverlust hat sich die Ärzteschaft auch selbst zuzuschreiben: das geht vom widerspruchslosen Akzeptieren der herabwürdigen Anrede "Behandler" seitens der GKV über "Minusstunden" im Dienst bis zum Winseln nach Corona-Prämienverzicht (letzte Woche hier im Forum).
In Kapitel 5 der berühmten Noweski-Studie zum Umbau des deutschen Gesundheitswesens wird auch schon in gleich der Überschrift "Legitimation von Sparmaßnahmen und Schuldzuweisung an die Ärzte" dargelegt, daß sich die Politik einen Sündenbock für ihre Sparmaßnahmen suchen muß, um das gegenüber der Bevölkerung zu rechtfertigen. Noweski war seinerzeit am Lehrstuhl von Jürgen Wasem, der mittlerweile einer der "Top-Entscheider" und Politikberater ist. Es läuft also alles nach Plan.

mbs
17.12.2020, 18:14
Es stimmt aber, dass ein massives Problem die Abhängigkeit von Bescheinigungen und Weiterbildungen ist, damit man die FA-Prüfung anmelden kann. Und solange man die noch nicht hat ist man - anders als alle anderen Angestellten in allen anderen Branchen - natürlich nicht "würdig" etwas eigentlich gesetzlich zugesichertes wie einen unbefristeten Vertrag zu bekommen.
Insofern finde ich auch, dass man den Gedanken dieses Konzept aufzuheben durchaus in Erwägung ziehen sollte. Die Ausbildung/Weiterbildung und die Zahl an Prüfungen ist ja an sich mehr als genug, deutlich mehr als in anderen Branchen. Aber es scheint nie genug sein zu können. Mir scheint es eher ein Instrument zur Erpressung und Ausbeutung zu sein.

tarumo
17.12.2020, 18:18
Das ist tatsächlich ein extrem wichtiger Faktor. Mit der angeblichen "Weiterbildung" kann Dinge "begründen" die in keiner anderen Branche oder Berufsgruppe auch nur ansatzweise akzeptiert würden.
Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, das Konzept der Facharztweiterbildung abzuschaffen. In anderen Branchen geht es ja auch, dass jemand mit jedem Jahr das er länger im Job war schrittweise fähiger und erfahrener wird und mehr Verantwortung bekommt. Da erfolgt auch eher eine individuelle Eignungsbeurteilung im Betrieb als dass man sich auf ein Stück Papier mit einer Bezeichnung verlassen würde. Das Konzept funktioniert mindestens genau so gut - und das bei deutlich besseren Arbeitsbedingungen.

Im Handwerk funktioniert es zwar grundsätzlich ähnlich mit der Weiterbildung im laufenden Betrieb und Prüfung der Qualifikation von Extern, der Unterschied ist aber, daß die IHKen den Weiterbildern heutzutage aber sowas auf die Füße steigen, wenn in der Ausbildung was schief läuft und die Ziele nicht erreicht werden.
Wenn die Ärztekammern hier ihrer Kontrollaufgabe gerecht würden (auf dem Papier ist ja alles gut geregelt), die Chefärzte auch hier eine Zielvereinbarung durch die GF bekommen würden (z.B. 75% der WBA erreichen Prüfungsreife innerhalb der Mindestzeit) und die Politik die gesetzlichen Facharztquoten für die KH absolut verbindlich festsetzen würde, damit überhaupt Gelder fließen, dann würde das aber sowas von schnurstracks laufen.
Aber solange die Politik ihre selbst gesetzten Verpflichtungen bzgl FA-Standard schon vor Corona aussetzt, in den KH die WBA als billiges Arbeitsmaterial mit der Chance auf Verbleib gesehen werden und Ärztekammer und MB dezent wegsehen, um keine Mißfallen der Politik zu erregen (es könnte ja teurer werden), wird sich in der Tat nichts ändern.

mbs
17.12.2020, 18:22
So viel müsste an so vielen Stellen "schnurstracks" laufen damit dieses Modell nachhaltig und fair funktionieren könnte. Viel zu viele unsichere Variablen, und am Ende ein dafür viel zu kleiner Benefit.

davo
17.12.2020, 18:29
Die Rotationen, Zahlen, Mindestzeiten usw. sind aber inhaltlich voll und ganz sinnvoll. Die abzuschaffen, wäre der falsche Weg, um ein sinnvolles Ziel erreichen - und würde enorm viel Kollateralschaden anrichten und der Weiterbildungsqualität massiv schaden.

Deutlich sinnvoller wäre es deshalb IMHO, die Weiterbildungsstätten (denn die sollten ja eigentlich primär geprüft werden, nicht die Weiterbildungsbefugten!) alle paar Jahre extern prüfen zu lassen. Ob es genug Patienten gibt damit alle Assistenzärzte die Zahlen bekommen können, ob es genug Fachärzte gibt um alle Assistenzärzte betreuen zu können, ob alle Assistenzärzte ihre Rotationen und Zahlen bekommen, usw. Und wenn nicht, dann sollte als Automatismus die Zahl der maximal möglichen Weiterbildungsstellen sinken, oder die Weiterbildungsstätte die Befugnis verlieren. Dann würden sich die Assistenzärzte sehr schnell woanders umsehen - und dieser Druck würde sehr schnell dafür sorgen, dass sich die Rahmenbedingungen ändern würden.

Außerdem sollten Evaluationen der Weiterbildungsqualität öffentlich gemacht werden. Inklusive Umfragen unter den Ärzten in Weiterbildung. So wie es in der Schweiz schon lange Standard ist, so wie es auch in Österreich langsam Standard wird. Wer sich online informieren kann, wird dann schlechte Abteilungen meiden. Das erzeugt großen Druck auf die Chefärzte, und nur großer Druck führt zu Veränderungen.

tarumo
17.12.2020, 18:44
So viel müsste an so vielen Stellen "schnurstracks" laufen damit dieses Modell nachhaltig und fair funktionieren könnte. Viel zu viele unsichere Variablen, und am Ende ein dafür viel zu kleiner Benefit.

Wenn Du Dich mal mit einem Ausbilder unterhalten würdest (oder an einer Arbeitsstelle bist, die auch ausbildet) dann würdest Du relativ schnell merken, daß die behördenähnlichen IHKen diese "vielen unsicheren Stellen und Variablen" durchaus hinbekommen haben und jemand, der seine Azubis nur den Hof fegen läßt, umgehend seine Ausbildungsberechtigung verliert (vereinfacht gesprochen). Dann hat man noch den Facharzt...äh, Facharbeiterbrief und bisweilen den Meisterzwang und wer da nicht mithält, der darf nicht mit der hunderttausendsten Ausnahmegenehmigung geringer qualifizierte Leute schaffen lassen, sondern muß letztendlich seinen Laden dicht machen.
Aber wenn schon in einem Internetforum gleich wieder tausend Gründe gesucht werden, warum das alles nicht geht, dann braucht man sich wirklich keine Hoffnung auf Besserung machen.

Mr. Pink online
17.12.2020, 19:46
In meiner nun mehrjährigen Weiterbildung ist mir durch Klink- und mehrere rotationsbedingte Abteilungswechsel klar geworden, dass unsere schwammig umgesetzte WBO nicht nur den Chefs gut schmeckt (müssen nur nen Stempel drunter setzen aber nicht die Inhalte erfüllen) sondern auch einem guten Teil der WBA (müssen ebenfalls die WBO nicht erfüllen und kriegen trotzdem den Stempel). Führt natürlich dazu, dass die Ausbildung im Durchschnitt an Qualität verliert, aber gibt den Schwangeren/Teilzeit-Angestellten/low-performern auch die Möglichkeit einen FA zu bekommen.

Rettungshase
17.12.2020, 23:01
(...)aber gibt den Schwangeren/Teilzeit-Angestellten/low-performern auch die Möglichkeit einen FA zu bekommen.

Interessant, dass du die drei in einem Atemzug nennst.

John Silver
17.12.2020, 23:38
Schwangere und Leute in Teilzeit profitieren sicher nicht von diesem System, allenfalls die „low performer“, und die sind noch Gott sei dank in deutlicher Unterzahl. Außerdem ist diese Formulierung chauvinistisch.

Es ist keineswegs so, dass die Ärztekammern nicht gaaanz genau bei der Weiterbildung hinsehen; im Gegenteil. Sie schauen halt nur nicht darauf, was die Weiterbilder treiben, sondern auf die Unterlagen der Weiterzubildenden, was letztlich zur Folge hat, dass nur die AiW Stress haben und ggf. sanktioniert werden, wenn etwas nicht stimmt.

Das einzige System, das ich kenne und welches auch funktioniert, ist jenes der Amis. Das liegt nicht nur an den verbindlichen jährlichen Audits der Weiterbildungsprogramme durch die zuständige Bundesbehörde, sondern vor allem an der Prämie von rund 100.000 $ pro AiW und Jahr. Das macht die Assis zur mit Abstand billigsten Arbeitskraft, denn sie bekommen 50-60 T$ pro Jahr plus Krankenversicherung; im Vergleich bekommt eine Krankenschwester ohne besondere Qualifikationen rund 100.000 $ ohne Subventionen. Logischerweise will kein Geschäftsführer solche Arbeitskräfte verlieren; wenn ein Programm geschlossen werden sollte, passiert genau das: Alle Assis verschwinden.

Also ja, money rules.

Thomas24
18.12.2020, 00:01
Der Haken in den USA ist z.B. wenn der Health Care Provider bei dem man seine Residency absolviert zwischendrin pleite geht, dann ist deine Residency eben auch zu Ende.

Hahnemann University Hospital in Philadelphia musste letztes Jahr schließen, was dazu geführt hat, dass 570 Interns und Residents sich während der laufenden Residency dann eine neue Ausbildungsstelle suchen durften.
https://www.medpagetoday.com/hospitalbasedmedicine/graduatemedicaleducation/81023

Und die nachträgliche Berufshaftpflicht für Schäden, die erst nach der Residency aufkommen, sollten die Kollegen dann auch selbst finanzieren. https://www.medpagetoday.com/hospitalbasedmedicine/graduatemedicaleducation/84046 Aber es scheint da einen Deal zu geben. https://www.ama-assn.org/residents-students/residency/ama-brokered-deal-secures-coverage-hahnemann-residents-fellows

anignu
18.12.2020, 01:42
Ja mei. Ist halt nicht alles toll in den USA. Eigentlich ist es super aber wenn du Pech hast ist halt dein Leben ruiniert ohne dass du was dafür kannst ;-)

Jedes Land hat im Bereich der Weiterbildung Vor- und Nachteile. Das System in D hat zumindest viel Potential. Es wird halt nur nicht immer genutzt.