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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Berufseinstieg und Corona: Innere vs Anästhesie



Claviceps Purpurea
17.12.2020, 16:13
Hallo zusammen,

ich habe diesen Monat mein M3 gemacht und warte jetzt nur noch auf die Approbation, also geht es langsam los mit Stellensuche. Primär will ich im Großraum München nach Stellen suchen (sollte per ÖPNV oder Bahn erreichbar sein), idealerweise ab Mitte Januar/Anfang Februar.

Grundsätzlich zieht es mich in die Anästhesie, allerdings habe ich nach den Erfahrungen in meinem Anästhesietertial im Frühjahr die Befürchtung, dass ich als Anfänger dort aktuell eher wenig Freude hätte: Damals gab es kaum elektive OPs, die Patienten waren entweder schwierig / Notfälle oder privat. Trifft das in Bayern so im Moment tatsächlich wieder zu?

Ich könnte mir auch vorstellen, zumindest ein Jahr in der Inneren zu machen. Gerade, falls die Personalsituation dort coronabedingt im Moment eher angespannt ist, fände ich das deutlich sinnvoller, als womöglich in einem leeren OP zu stehen und nichts zu tun zu haben.

Allerdings kann es ja auch sein, dass meine Überlegungen zur aktuellen Situation in Anästhesie und Innerer gar nicht zutreffen. Ich würde mich über Ratschläge, bzw. eine Bestätigung oder Korrektur meiner Einschätzung freuen.

Danke schon mal im Voraus!

Mr. Pink online
17.12.2020, 16:24
Innere ist genau wie Anästhesie ein sehr weites Feld, wobei die Bereiche in denen man als Anfänger in der Anästhesie eingesetzt wird vermutlich etwas enger umfasst sind. In der Inneren kann dir im Prinzip alles passieren, wobei man im Regelfall auf einer Normalstation anfängt. Das kann aktuell von Corona bis absoluter Normalbetrieb alles sein. Ein bisschen Innere hat noch niemandem geschadet, aber letztlich solltest du das machen, was dich interessiert.

mbs
17.12.2020, 18:06
Je nach Region wird teilweise auch Personal für die Behandlung von COVID-Patienten "abgezogen". Und wie stark die OP-Kapazitäten heruntergefahren werden scheint auch regional sehr unterschiedlich zu sein, je nach Infektionszahlen und der pandemiebedingten Bettenauslastung.

Kann mich nur anschließen: Würde die Fachwahl nicht von pandemieassoziierten Überlegungen abhängig machen sondern eher davon was du tatsächlich machen willst und wo du dich langfristig siehst.

CYP21B
17.12.2020, 18:47
Naja das momentan nicht Normalbetrieb ist und sich das ggf negativ auf den Berufsstart auswirken kann kann einem denke ich in jedem Fach passieren. Davon würde ich die Fachwahl aber nicht primär abhängig machen. Wenn es total unsinnig wäre würde vermutlich gar nicht erst ein Berufsanfänger eingestellt werden.

tragezwerg
17.12.2020, 19:19
Bei uns in der Anästhesie ist die Einarbeitung so gut wie nie zuvor, weil die reduzierte OP-Kapazität eine längere gedoppelte Einteilung zulässt als sonst üblich.
Diese Pandemie wird nicht ewig dauern. Du musst 5 Jahre Weiterbildung machen, da dürften die paar "Coronamonate" nicht so viel ausmachen.
Von daher würde ich das machen, was das Bauchgefühl sagt.

kartoffelbrei
17.12.2020, 19:21
Es könnte eventuell sogar sein, dass du in der Anästhesie Corona-bedingt eine etwas ausgiebigere Einarbeitung bekommst. Falls Personal auf die ITS abgezogen wird, wird das wahrscheinlich überproportional die Anästhesiepflege betreffen. Dadurch bleiben mehr Anästhesisten für die verbleibenden OP-Säle und die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass du plötzlich wegen Personalmangel ungeplant früh alleine einen Saal hast.

LasseReinböng
17.12.2020, 23:32
Nur aus oben erwähnten Überlegungen heraus ein anderes Fach zu wählen finde ich etwas übertrieben, es sei denn die Stellenlage ist in Deiner Region tatsächlich so angespannt oder Du siehst es als Bereicherung, Innere zu machen.

anignu
18.12.2020, 01:49
Innere ist doch zur Zeit sicher toll: so viele Patienten für auch nicht mehr Ärzte als sonst. Schön viel Stress, da lernt man wenigstens schnell.
Auf der anderen Seite: Stress hat nur der Leistungsschwache. ;-)

Bonnerin
18.12.2020, 07:27
Es könnte eventuell sogar sein, dass du in der Anästhesie Corona-bedingt eine etwas ausgiebigere Einarbeitung bekommst. Falls Personal auf die ITS abgezogen wird, wird das wahrscheinlich überproportional die Anästhesiepflege betreffen. Dadurch bleiben mehr Anästhesisten für die verbleibenden OP-Säle und die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass du plötzlich wegen Personalmangel ungeplant früh alleine einen Saal hast.

Wow. Bei uns ist Pflege krank + abgezogen worden, aber da muss der Rest halt mehr OPs versorgen. Wir fahren weiter mit voller Kapazität, auch wenn das Personal dafür nicht da ist.

Claviceps Purpurea
18.12.2020, 09:15
Vielen Dank erst einmal für eure zahlreichen Rückmeldungen!

Der Tenor geht also eher in die Richtung, mich an das zu halten, was mich interessiert. Grundsätzlich kann ich mir aber, wie gesagt, ein Jahr in der Inneren schon vorstellen. Speziell die Infektiologie interessiert mich tatsächlich auch (habe Famulatur und Nebenjob in der MiBi gemacht). Insofern werde ich wohl am besten einerseits nach Stellen in der Anästhesie suchen, und andererseits schauen, welche Krankenhäuser in meiner Umgebung eine eigene infektiologische Abteilung haben, für den Fall, dass in der Anästhesie erst mal keine Stelle frei ist.

nie
18.12.2020, 09:31
Nur so als kleiner Tipp: langfristig ist Infektiologie sicher ein tolles Fach aber wenn du dich schon um Nachteile bei Berufseinstieg durch Corona sorgst, dann würde ich mich aktuell von der Infektiologie weit fernhalten. Zumindest hier sind die Infektiologen aktuell primär mit den verwalten (nein, behandeln kann man das fast nicht mehr nennen...) von Coronapatienten beschäftigt.

davo
18.12.2020, 15:11
Ein Bekannter wollte auch mit Infektio anfangen. Kam dann auf die Pulmo. Wird dzt. fast nur auf Covid-19-Stationen eingesetzt. Wird bei zukünftigen Internisten in der Basisweiterbildung dzt. wahrscheinlich oft so sein.

Und Mibi ist ja nochmal was völlig anderes als Infektio als Teil der Inneren. Das nur am Rande.

Dass man dzt. weniger lernt, ist wahrscheinlich in vielen Fächern so. Wenn die Ansteckungsgefahr keine Rolle spielt (und der Threadersteller schreibt ja nichts, was in diese Richtung gehen würde), ist die Anästhesiologie vielleicht ohnehin eine recht gute Idee. Denn selbst falls es tatsächlich so ist, dass es derzeit weniger elektive Operationen und mehr schwere Operationen gibt (was man ja eigentlich hoffen würde, aber was vielerorts offenbar dennoch nicht der Fall ist, siehe Forenbeiträge), ist die Einarbeitung und fachärztliche Betreuung in der Anästhesiologie ja doch viel, viel intensiver als in der Inneren Medizin.

Und wie schon viele andere gesagt haben: Selbst wenn uns Covid-19 jetzt vielleicht noch 1 bis 1,5 Jahre beschäftigen wird, wird das in Summe dennoch nur einen kleinen Teil deiner Weiterbildung, und einen noch viel kleineren Teil deiner Arbeitszeit als Arzt ausmachen. Ist also nicht sinnvoll, die Fachwahl darauf zu basieren.

mbs
18.12.2020, 16:58
Du könntest auch erstmal in der Anästhesie anfangen und sobald du Intensiv-Erfahrung hast beantragen hausintern ein Jahr auf einer internistischen Intensivstation eingesetzt zu werden. Oder dir dort was suchen. Oder ein Jahr in einer Notaufnahme tätig werden. Beides wäre sicher deutlich interessanter als eine Stationstätigkeit als Berufsanfänger, und man würde da fachlich wahrscheinlich auch viel mehr mitnehmen...wenn es dir darum geht.

Manche fangen auch erstmal nicht direkt an ihrem Wunschort an und bewerben sich dann - sobald sie durch die Berufserfahrung "wertvoller" geworden sind, oder an ihrem Wunschort eine Stelle frei wurde - wieder heimatnäher. Wäre vielleicht auch eine Option falls du es dir vorstellen könntest zumindest für eine begrenzte Zeit woanders zu wohnen.

Claviceps Purpurea
19.12.2020, 13:56
Eine komplett andere Facharztausbildung würde ich wegen Corona nicht machen. Über ein Jahr in der Inneren denke ich davon unabhängig nach. Falls die personelle Situation dort wegen Corona aber gerade sehr angespannt ist, käme es mir am sinnvollsten vor, dieses Jahr Innere eben tatsächlich auch jetzt zu machen. Der Rat, später in der Weiterbildung in einer Notaufnahme zu arbeiten, gefällt mir aber auch sehr gut. Das waren in meinem PJ tatsächlich die Rotationen, aus denen ich am meisten mitgenommen habe.

Vielen Dank noch einmal an alle, die geschrieben haben!