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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neurochirurgie: welche Kliniken besonders renommiert?



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Nader_92
19.12.2020, 07:36
Servus, ich ziehe in Erwägung, in der Neurochirurgie anzufangen und frage mich nun, welche Kliniken in Deutschland sich bzgl. ihrer Neurochirurgie in besonderer Weise differenzieren.

Kriterien, die für mich eine Rolle spielen: persönlich-fachliche Entwicklungsmöglichkeiten (fördert der Chef/die Chefin die Entwicklung seiner Leute? Hat man Autonomie, um eigene klinische/wissenschaftliche Schwerpunkte zu setzen?), State-of-the-Art Therapie und Diagnostik (ist die Abteilung beim Einsatz/der Entwicklung neuester Verfahren/Techniken involviert? Wie hoch ist die (internationale) Reputation der Abteilung/der Klinikleitung? Last but not least: gibt es ein Team, in dem ein geiler Spirit herrscht, in dem alle voneinander lernen können und ein kollegiales bis freundschaftliches Verhältnis untereinander besteht?

Ich denke, grundsätzlich erfüllen am ehesten Uniklinika diese Punkte, wenns aber noch andere Erfahrungen geben sollte, bin ich natürlich auch darüber dankbar.

Wenn jemand Insights aus erster Hand hat (vielleicht ja sogar ein Assi aus der Neurochirurgie?) würde ich mich super freuen. Als außenstehender ist es schwer, sich ein differenziertes Bild zu machen.

Vielen Dank und liebe Grüße

Heerestorte
19.12.2020, 17:39
Paar Punkte, die du so aufzählst, beißen sich leider meist, wenn es um Chirurgie und Uniklinik geht.
Internationales Renommee? = Charité/ TU München am ehesten.

Ich habe mal ein Wahlfach in einer Klinik gemacht, die zumindest in der kurzen Zeit sehr gut rüber kam.

anignu
20.12.2020, 00:41
Ich hätte auch gern die eierlegende Wollmilchsau...
Die TUM hat sicher einen internationalen Ruf. Ich würde empfehlen dort zu hospitieren!

Zilia
20.12.2020, 06:32
Hallo Nader_92,

also, ich habe von Leuten, die an verschiedenen Unikliniken NChi gemacht haben, gehört, dass sie da tgl. Arbeitszeiten bis 22 Uhr hatten (nein, sie waren nicht diensthabend), wo da der "geile Spirit" herkommen soll, sollte noch zu ergründen sein.

Generell glaube ich, dass es nicht schwer ist, in Deutschland eine NCH-Stelle zu finden, da die Arbeitszeiten maligne sind und der "Spirit" oft im Kampf um das Vollkriegen des OP-Katalogs erschöpft wird (wie in anderen chirurgischen Fächern halt auch). Mag nicht überall so sein, aber nicht selten.

LG, Zilia

tragezwerg
20.12.2020, 06:40
Eine neurochirurgische Abteilung, die ein gutes Arbeitsklima hat, ist mir auch noch nicht untergekommen. Eine Stelle zu finden ist dementsprechend nicht schwierig (das tun sich selbst die leidgeprüften Kollegen aus dem Nicht-EU-Ausland nur übergangsweise an), aber ob es einen glücklich macht ständig unbezahlte Überstunden zu schieben und dafür als Assistent nicht mal ordentlich operieren zu lernen (Gehirn verzeiht halt nicht so viel, und das aufgeblasene Ego vieler Oberärzte wird es verhindern, dass der Assistent was lernt), dürfte fraglich sein.

Jukka666
20.12.2020, 09:29
Also ich hatte mal ein Bewerbungsgespräch in der NCH in der Uni München (LMU). Das Gespräch war am Abend gegen 20 Uhr.
"Man könne unmöglich die NCH auf die gleiche Stufe stellen wie andere chirurgische Fächer".
"Sie würden erstmal 2-3 Jahre im "Keller" am Computer Studien betreuen, bevor Sie in den OP kämen".

Ansonsten hätte ich die Stelle gehabt...

Ich durfte dann die Neurochirurgen von der anderen Seite des Tuchs im OP jahrelang kennenlernen, aber auch auf deren Betriebsausflug mit.

Ganz sachlich und neutral würde ich persönlich folgendes sagen:

1. Ein tolles Fach! Operativ, medizinisch, "herausforderisch" vielleicht eins der schönsten.
2. Aber: kompetitiv. Jahrelanges Durchbeissen, FA in Mindestzeit nicht realistisch. Nur wenige werden "richtige Hirnchirurgen" werden.
3. Wirbelsäule und Niederlassung: schon eher. Wir haben hier auch Neurochirurgen, die sich auf BS/WS spezialisiert haben, die sind schon sehr gut.
4. Lockere Stimmung im OP: nicht möglich. Aber verständlich. Irgendwie. Ist ein ernstes Fach mit wenig Spielraum.
5. Elitärer Kreis.
6. Sehr forschungslastig.

Es gibt auch schon sehr sehr nette NCH-Assistenten, aber eben auch viele Egomanen.

Rein gefühlstechnisch finde ich die LMU-NCH deutlich besser als die TUM (Bekanntheit, Know-How, Standing). Meine Meinung. Fakten kann ich nicht beisteuern.

Bewirb Dich da doch mal.

Nader_92
20.12.2020, 09:47
Vielen Dank an euch alle schon mal für die Rückmeldungen. Also, mir ist schon klar, dass die NCH ein sehr kompetitives Fach ist, was mich per sé erstmal nicht davon abhalten würde, damit anzufangen. Aber wie gesagt, ich ziehe es ernsthaft in Erwägung, ohne zu sagen "ich mache es 100%" (gibt verschiedene Aspekte, die für mich in der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen).

Denke, man läuft in den sehr speziellen chirurgischen Fächern immer Gefahr, dass man aufgrund der Komplexität der Chirurgie/Krankheitsbilder nie wirklich zum Operieren kommt. Habe hier selber schon die gesamte Bandbreite an Fällen erlebt von "Facharzt in 6 Jahren und danach sofort OA" bis hin zu "seit 5 Jahren Assistent und kann nicht mal einen Venenbypass entnehmen (in der KardioCh)".

Zur eigentlichen Frage: München/Charité hat man auf dem Schirm. Gibts aber noch "hidden champions", die vielleicht in der öffentlichen Wahrnehmung nicht ganz so präsent sind aber trotzdem sehr gut (bezogen auf die Punkte, die mir wichtig wären)?
Z.B. Münster, Tübingen, Frankfurt, Dresden, UKSH, Köln?
Habe da immer mal wieder vernommen, dass die wohl sehr gut sein sollen aber wie gesagt, habe da natürlich nicht so den Einblick.

Gibts hier vielleicht NCH-Assis, die 1. Hand-Erfahrungen haben?

John Silver
20.12.2020, 11:04
Ich glaube nicht, dass eine universitäre Neurochirurgie welcher Uni auch immer wirklich schlecht sein kann. Geforscht wird auch überall viel, und sicher überall hauptsächlich Makulatur produziert, die am Tag nach der Publikation keinen mehr interessiert. Da werden sich LMU und Frankfurt oder Köln nicht viel nehmen. Bewirb Dich überall, schau mal, wo Du genommen wirst.

daCapo
20.12.2020, 11:58
Denke, man läuft in den sehr speziellen chirurgischen Fächern immer Gefahr, dass man aufgrund der Komplexität der Chirurgie/Krankheitsbilder nie wirklich zum Operieren kommt. Habe hier selber schon die gesamte Bandbreite an Fällen erlebt von "Facharzt in 6 Jahren und danach sofort OA" bis hin zu "seit 5 Jahren Assistent und kann nicht mal einen Venenbypass entnehmen (in der KardioCh)".

Z.B. Münster, Tübingen, Frankfurt, Dresden, UKSH, Köln?


a) Nicht weil die Krankheitsbilder so komplex sind, kommst du nicht in den OP. Am besten bist du einfach Liebling von Oberarzt und Chef und dann wird das schon, keine Sorge.
b) die ganzen von dir genannten Städte haben gute-sehr gute NC. Essen, Bonn würden mir noch einfallen.


Eine neurochirurgische Abteilung, die ein gutes Arbeitsklima hat, ist mir auch noch nicht untergekommen. Eine Stelle zu finden ist dementsprechend nicht schwierig (das tun sich selbst die leidgeprüften Kollegen aus dem Nicht-EU-Ausland nur übergangsweise an), aber ob es einen glücklich macht ständig unbezahlte Überstunden zu schieben und dafür als Assistent nicht mal ordentlich operieren zu lernen (Gehirn verzeiht halt nicht so viel, und das aufgeblasene Ego vieler Oberärzte wird es verhindern, dass der Assistent was lernt), dürfte fraglich sein.

a) Viele Überstunden werden erwartet, aber das kann man auch überdurchschnittlichen Arbeitseinsatz euphemistisch nennen. Das Fach muss man lieben von morgens 7 bis abends 9.
b) In Ländern wie GB ist es schwierig in die NC Weiterbildung reinzukommen, in DE überhaupt nicht. Das hat mich immer schon gewundert.
c) Betriebsklima ist freundlich-direkt wie in einem Handwerkerbetrieb. Einfach ausprobieren und schauen obs passt. In Deutschland kriegt man einfach ne Stelle.


Ich glaube nicht, dass eine universitäre Neurochirurgie welcher Uni auch immer wirklich schlecht sein kann.

Es gibt auch in der NC die Gaußsche Normalverteilung, also etwas durchschnittliche Abteilungen kommen vor.

Evil
20.12.2020, 13:31
Es gibt auch in der NC die Gaußsche Normalverteilung
Ist das so?
Vielleicht sollte man als interessierter Statistiker wissen, daß die Gauß-Kurve oft, aber bei weitem nicht immer eine gute Näherung zur Beschreibung von Wahrscheinlichkeiten in der Natur darstellt, vor allem bei sehr großen Fallzahlen.
Bei 36 deutschen Unikliniken ist das keineswegs ausgemacht.

daCapo
20.12.2020, 17:11
Ist das so?
Vielleicht sollte man als interessierter Statistiker wissen, daß die Gauß-Kurve oft, aber bei weitem nicht immer eine gute Näherung zur Beschreibung von Wahrscheinlichkeiten in der Natur darstellt, vor allem bei sehr großen Fallzahlen.
Bei 36 deutschen Unikliniken ist das keineswegs ausgemacht.

Es gibt gute und sehr gute Abteilungen und vllt einige durchschnittliche. Halbwegs Einverstanden?

John Silver
20.12.2020, 18:54
Ich hab auch von wirklich schlechten gesprochen. „Durchschnittlich“ heißt in diesem Zusammenhang nicht „schlecht“.

mbs
20.12.2020, 19:54
Würde mich erstmal an unterschiedlichen Unikliniken bewerben und abwarten, wo du überhaupt eine Zusage bekommst. Dann kannst du dir noch immer Gedanken machen was dir mehr zusagt. Falls du dir unsicher bist kannst du ja um eine Hospitation bitten.

GelbeKlamotten
20.12.2020, 20:20
Ich hab auch von wirklich schlechten gesprochen. „Durchschnittlich“ heißt in diesem Zusammenhang nicht „schlecht“.

Wenn es einen Durchschnitt gibt und Kliniken die besser als der Durchschnitt sind, dann wird wohl zwangsläufig auch jemand unterdurchschnittlich sein müssen...

roxolana
20.12.2020, 20:27
Also von der Charité würde ich eher abraten. Der Chef ist wohl extrem speziell, selbst für einen Neurochirurgen.

GelbeKlamotten
20.12.2020, 20:33
...

Ich würde mir an deiner Stelle fast überlegen, so ein sehr direkt einen bestimmten Chefarzt betreffende Empfehlung per PN zu verschicken.

Wenn in der NCH der Personalnotstand genauso groß ist wie man es hier kürzlich von einer herzchirurgischen Abteilung mitbekommen hat, dann kann das auch mal in einer Anzeige wegen Rufschädigung o.ä. enden.

daCapo
20.12.2020, 20:52
Wenn es einen Durchschnitt gibt und Kliniken die besser als der Durchschnitt sind, dann wird wohl zwangsläufig auch jemand unterdurchschnittlich sein müssen...

Genau. Oder nur durchschnittlich. Positiv formulieren!


Also von der XXX würde ich eher abraten. Speziell...

Speziell, andere sagen anspruchsvoll. Laut den NC-Assis, die ich kenne, soll das dort fachlich sehr gut sein.
Einfach anschauen und selbst entscheiden. So ne Klinik hat wahrscheinlich die Qual der Wahl bei Bewerbern.

freak1
20.12.2020, 21:14
Ich denke auch, dass die Charité von allen Kliniken in Deutschland den geringsten Mangel an (qualifizierten) Bewerbern hat...

Nader_92
21.12.2020, 06:41
Inwiefern speziell? Kannst du das konkretisieren?

Nader_92
21.12.2020, 06:43
Vergesst den letzten Post, kann den iwie nicht löschen,