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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Spätes Medizinstudium - eure Erfahrungen



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vicfr12
20.12.2020, 11:20
Hallo zusammen,

ich würde mich gerne erkundigen, ob es hier Ärztinnen und Ärzte gibt, die auch erst spät das Medizinstudium begonnen haben und jetzt im Beruf stehen.

Ich überlege, noch einmal Medizin zu studieren, habe mich auf einen Studienplatz zum SS 2021 beworben und warte nun auf das Ergebnis. Die Sache ist nur die, dass ich zu Beginn meines Studiums bereits 27 Jahre alt sein werde. Das bedeutet, dass ich frühestens mit 33 das Studium abgeschlossen und mit ca. 38 Jahren meinen Facharzt haben würde. Vorausgesetzt, alles verliefe nach Plan. Ich bin mir nicht sicher, ob dies aus beruflicher Perspektive noch Sinn macht. Mein Traum wäre es, langfristig vielleicht im Bereich der psychiatrischen Forschung/ Gesundheitspsychologie zu arbeiten. Jedoch bin ich mir nicht sicher, ob das unter diesen Umständen überhaupt ein realistisches Vorhaben ist. Zumal ich keine Vorerfahrung im Gesundheitswesen mitbringe. Familiäre Planung wird bei mir eher keine große Rolle spielen, deshalb wäre dieser Aspekt nicht ganz so wichtig. Ich müsste neben dem Studium auch auf jeden Fall arbeiten. Jedoch habe ich gehört, dass sich das zumindest im klinischen Abschnitt auch verwirklichen lässt.
Gibt es jemanden, der auch in dem Alter mit dem Studium begonnen hat? Was waren eure Erfahrungen? Ich würde mich sehr über eure Eindrücke freuen, vielen Dank im Voraus und viele Grüße!

Feuerblick
20.12.2020, 11:23
Da diese Frage gefühlt alle paar Monate (und das seit Jahren) auftaucht: Schon mal die Suchfunktion benutzt? Es gibt sogar extra einen „Oldie“-Bereich. Schau dich doch einfach mal um.

Haffi
20.12.2020, 11:26
Ich sehe nichts, was gegen deinen Plan sprechen würde. Für eine Habilitation in einem chirurgischen Fach wäre es vielleicht etwas spät - aber selbst das nicht unmöglich.

bonziusbilatis
20.12.2020, 12:01
Mal rein logisch gedacht: Du bist 27. Für eine Zulassung brauch(te) man 14 Wartesemester. Der Durchschnittsabiturient wird ca. 19 sein. 19+7 Jahre Wartezeit macht 26. Es werden als mindestens 10 Prozent deiner Kommilitonen in deinem Alter sein. Wenn dein Alter wirklich irgendwelche erheblichen Nachteile mit sich bringen würde, wäre das wohl kaum der Fall.

Bedenke auch, dass deine Wartesemester ab 2022 verfallen, solltest du also kein anderes Zulassungskriterium erfüllen, ist dieses Jahr deine größte Chance.

Lizard
20.12.2020, 12:13
Ich hab mit 28 angefangen Medizin zu studieren. Wenn man es finanziell irgendwie auf die Kette bekommt, alles kein größeres Problem.

GelbeKlamotten
20.12.2020, 12:38
Wenn du so ein spezielles Ziel wie die psychiatrische Forschung hast, solltest du dir halt vorher im Klaren sein, ob das dann am Ende wirklich dein Ding ist. Sprich du solltest dir dieses Feld tatsächlich mal in der Realität angeschaut haben, da sieht es nämlich dann manchmal ganz anders aus als in der eigenen Fantasie. Einige wollen auch immer in die Psychiatrie, weil sie selbst einen an der Klatsche haben, das ist auch keine gute Idee.

Arrhythmie
20.12.2020, 12:53
Ich hab mit 27 angefangen, als Zweitstudentin. Bin seit ein paar Wochen fertig :-)

War trotz Kind (während des Studiums bekommen) und Diss kein Problem. Ich hab schon oft meinen Senf zu dem Thema zum Besten gegeben, kannst ja mal meine Beiträge durchschauen.

bonziusbilatis
20.12.2020, 12:55
Einige wollen auch immer in die Psychiatrie, weil sie selbst einen an der Klatsche haben, das ist auch keine gute Idee.

Stimmt, da eignet sich Radiologie schon eher.

vicfr12
20.12.2020, 13:11
Ganz herzlichen Dank für eure Rückmeldungen und die Schilderung eurer Erfahrung! Das hilft mir wirklich sehr und auch vielen Dank für den Hinweis bezüglich der weiteren Foren, die zu diesem Thema existieren. Ich werde mich da auf jeden Fall erkundigen und mir die Beiträge dort ansehen. Und im Hinblick auf die Fachrichtung hast du vollkommen recht. Im Moment ist das eine Idee, die ich jedoch mit der Wirklichkeit auf jeden Fall erstmal abklären würde;) Aber mir hat schon euer erster Eindruck bzw. die Schilderung euer Erfahrungen sehr geholfen. Nochmals vielen Dank für eure Hilfe und ich wünsche euch noch ein schönes Wochenende! Viele Grüße:)

Heerestorte
20.12.2020, 13:21
Stimmt, da eignet sich Radiologie schon eher.

Wenn ein Blinder von der Farbe spricht....

xenopus laevis
20.12.2020, 13:34
Das Studium an sich ist echt kein Problem. Das zweite Staatsexamen war ätzend, aber sonst war es eine geile Zeit.

Meine Erfahrung: Die meisten machen sich keine Gedanken über "die Zeit danach".

Ach so und die Wünsche ändern sich eh noch. Kenne nur ganz wenige, die wirklich ihrem Ziel treu geblieben sind.

Alter: Ich bin Anfang 30 und werde immer noch "als der Kleine" bezeichnet. Falle also nicht mal auf. -.-

ნინი
20.12.2020, 17:35
Ich kenne auch eine 54 Jahre alte Ärztin, hat schon Enkelkinder. Sie ist letztes Jahr mit dem PJ fertig. Also möglich ist alles...

rafiki
20.12.2020, 17:52
Für Forschung in der Gesundheitspsychologie ist das Studium der Psychologie oder verwandte Fächer sinnvoller.

bonziusbilatis
20.12.2020, 18:08
Verwandte Fächer wären zbs? Neurowissenschaften?

cartablanca
20.12.2020, 18:26
Wenn Familienplanung keine Rolle spielt, kannst du noch mit 60 Physik studieren, wenn es dich interessiert. Ich versteh dein Problem nicht. Als Arzt findest du in jedem Alter einen Job.

mbs
20.12.2020, 19:57
Auch wenn man früh mit dem Studium fertig wird und bis zum Examen alles perfekt gelaufen ist kann man später im Beruf noch einige Karriereknicks hinlegen und erst spät einen Facharzt auf die Reihe kriegen, wenn überhaupt. Von geradlinigen Lebensläufen oder Erfolgsüberlegungen kann man seine Wahl also nicht abhängig machen. Die viel entscheidendere Frage wird sein, ob du die finanziellen Einbußen im Studium hinnehmen kannst oder willst. Medizin gibt es nämlich leider noch nicht als Fernstudium.

Nilani
20.12.2020, 22:19
Ich erhöhe mal noch, hab mit 31 angefangen, dank Biochemie 1 Jahr drangehängt und dann auch noch wegen persönlicher Probleme nach dem Studium noch paar Pause eingelegt :-oopss. Hab mit 1 Monat vor meinem 38. Geburtstag angefangen zu arbeiten und das sogar in der Ortho/Unfallchirurgie. Hatte allerdings eh vor, eher im konservativen Bereich zu bleiben, um richtig guter Chirurg zu werden, fehlen halt doch paar Jahre Techniken üben. Inzwischen hab ich Fachrichtung gewechselt (auf Reha-Medizin), zum einen, weil konservative Schiene in der Chirurgie schwierig ist, Fingerarthrose anfing und ich keinen Nerv mehr hab auf Akutklinik und v.a. durchgemachte Nachtdienste. Das fand ich das, wo ich am ehesten mein Alter gemerkt habe ... solche Nächte mit 0-4h Schlaf steckt man mit Mitte 20 doch eher weg. Physikum war nervig, Klinik und letztes Stex dagegen total gut. Finanziell muss man sich das natürlich auch überlegen, hatte 3 bis 4 Nebenjobs teilweise, weil ich keinen Bafög-Anspruch hatte. Bereut hab ich es nicht, ich hab jetzt meine Nische gefunden. Jobsuche war übrigens auch kein Problem. 2 Kliniken haben sehr genau nachgefragt, am "schlimmsten" die, in der ich jetzt arbeite, was aber vermutlich am öffentlichen Dienst liegt. Ansonsten waren die Chefs interessiert und eher positiv eingestellt. Mit 46 werde ich dann hoffentlich meinen Facharzt hinkriegen :-lesen:-top

Trendafil
21.12.2020, 08:41
Also gerade das mit der Familienplanung muss man sich echt überlegen. Es verändert einen.

Hab auch nicht mehr als jüngste angefangen und dachte, dass ich sicherlich niemals Kinder kriegen würde und sowieso Chefärztin in der Herzchirurgie werden würde :-))

Reality Check: ich wurde während des Studiums schwanger, will jetzt was gaaanz anderes machen und an oberster Stelle ist für mich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das Studium mit Kind war wirklich enorm anspruchsvoll. Vor allem die großen Examina, da ich einfach nur ein paar wenige Stunden abends/nachts lernen konnte.

Also ich würde mir wirklich einen plan für alle eventualitäten zurecht legen. u.a. was passiert, wenn doch Kinder relevant werden, wie kann man sich das studium finanzieren und wieviel Lernzeit braucht und hat man realistischerweise.

davo
21.12.2020, 11:27
Ich kann gegenüber Nilani nochmal erhöhen :-p Hab mit 32 mit dem Studium und mit 38 mit dem Beruf angefangen. Ich fand das Studium gut schaffbar. Und die Dienste sind zwar anstrengend, aber mein Eindruck ist nicht, dass mir das jetzt schwerer fällt als vor 20 Jahren. (War damals ehrenamtlich im Rettungsdienst tätig.)

In der Psychiatrie herrscht ein großer Bewerbermangel. Eine gute Psychiatrie zeichnet sich dadurch aus, dass alle Stellen besetzt sind, und dass es nur wenige weniger gute Leute gibt. Ich selbst hatte ein fixes Jobangebot an einer renommierten Schweizer Uniklinik, hatte auch noch an einer anderen großen Uniklinik im deutschsprachigen Raum ein fixes Jobangebot, wurde auch an vier anderen Unikliniken in Deutschland, Österreich und der Schweiz von den Chefärzten persönlich ermutigt, mich zu bewerben. Und das lag nicht daran, dass ich so supertoll bin, sondern einfach daran, dass nicht jeder Psychiatrie machen will (was ich echt nicht verstehen kann - tolles Fach), und dass nicht jeder an eine Uniklinik will (da die Patientenversorgung dort potenziellen Bewerbern oft zu sehr im Hintergrund steht - was auch mich dann letztlich dazu bewogen hat, trotz der zwei fixen Zusagen nicht an einer Uni-Psychiatrie anzufangen).

Wer sowohl in der Patientenversorgung als auch in der Forschung gut werden und gut sein will, muss dann halt schnell mal 55-65h pro Woche arbeiten, und das jede Woche. Das wäre mir ein zu großes Opfer. Dazu bin ich, das sage ich ganz offen, nicht bereit.

Die wesentliche Frage ist außerdem auch, ob man überhaupt forschen will. Forschung klingt ja immer ganz toll, aber die Realität ist oft anders. Wenn man das mal persönlich kennengelernt hat, will man es oft nicht mehr.

Der zweite Punkt ist, dass Gesundheitspsychologie nichts mit Psychiatrie zu tun hat. Psychologie und Psychiatrie sind zwei völlig unterschiedliche Dinge, zwei unterschiedliche Studiengänge. Auch wenn es teilweise Schnittstellen gibt.

Also ja, deine erste Idee ist durchaus realistisch, aber vielleicht wird sich herausstellen, dass das dann doch nichts für dich ist. Und die zweite Idee ist nicht realistisch, da das falsche Studium.

Ansonsten muss halt die Finanzierung stehen. Wenn die steht, ist es möglich. Sonst nicht.

Dein Alter ist, gerade in der Psychiatrie, völlig irrelevant.

BoBWheeler
21.12.2020, 19:02
Der zweite Punkt ist, dass Gesundheitspsychologie nichts mit Psychiatrie zu tun hat. Psychologie und Psychiatrie sind zwei völlig unterschiedliche Dinge, zwei unterschiedliche Studiengänge. Auch wenn es teilweise Schnittstellen gibt.


Meine Rede...das sehen leider viele Psychologen nicht so.