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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : ZVK-Draht verloren. Alphacard und Röntgen als Fehlerquellen?



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harrypotter9
25.12.2020, 15:00
Hallo Ich arbeite gerdae als Seminar-Aufgabe einen Fall auf bei dem ein ZVK-Draht nach 2 Jahren in einem Patienten gefunden wurde. Der Patient bekam vor 2 Jahren im Rahmen einer Darm-OP eine Anästhesie mit ZVK gelegt. Eine der Aufgaben ist es die möglichen Fehlerquellen und präventive Maßnahmen herauszuarbeiten.

Die Frage ist nicht wie es dazu kommt das so ein Seldinger-Draht verloren geht, da hab ich viele Faktoren ermittelns können von Unkonzentriertheit, zunehmender Arbeitsbelastung und Zeitdruck bis hin zu kurzen ZVK-Drähten. Also dass ein Draht verlorengeht kann so schlimm es ist vorkommen ABER wie konnte es unbemerkt bleiben dass ein Draht weg ist?

Meint ihr ich liege mit folgender Theorie richtig undzwar fällt mir nur ein, dass wohl keine Lagekontrolle nach ZVK Anlage erfolgt ist oder was denkt ihr?

1. Röntgen entweder nicht gemacht
2. meist wird ja ein Rö nur in a.p. gemacht wegen des Ausschlusses eines Pneumothorax, da könnte es als externes Kabel fehlinterpretiert worden sein.
3 Und die Alphacard-Kontrolle. Da bin ich anästhesiologisch nicht mehr auf Stand aber war es nicht so, man schiebt über den Draht den endgültigen Katheter vor und mach dann über den Draht die Ableitungen macht. Das heißt als der Anästhesist eine Lagekontrolle hätte machen wollen, müsste ja spätestens aufgefallen sein...ups da fehlt was???? Also ohne Draht wär kein Alphacard möglich, daher geh ich davon aus es ist keiner gelaufen.
4. Es wurde bemerkt, aber war demjenigen zu peinlich oder hatte mit Konsequenzen befürchtet und nichts gesagt, wobei es mir schwer fällt sowas zu unterstellen, auch wenns nur eine lockere Fallanalyse ist. Vllt streich ich den Punkt wieder.

Also ich will am Ende des Vortrages hervorheben, dass sowohl eine Alphacard-Kontrolle als auch ein Röntgen wichtig sind um unbemerkt verlorene ZVK-Drähte zu entdecken.

Erholsame Tage an alle.

Lasix82
25.12.2020, 18:36
Hey!
Also die Alphacard-Kontrolle macht man nicht bei jedem Patienten. Bei Vorhofflimmern gibt es keine P-Welle und somit wäre diese Form der Lagekontrolle sinnlos. Daher würde es bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen nicht unbedingt auffallen. Ganz abgesehen, dass es keine Kontrolle für das Vorhandensein des Drahtes ist. Kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass man das Verlieren nicht bemerkt...

harrypotter9
25.12.2020, 19:58
HI, ja danke Dir für die Antwort. Klar, dich Alphacard-Kontrolle ist keine Kontrolle des Drahtes sondern der Tiefe des Katheters und man nutzt ediglich den liegenden Draht dafür. Aber dabei würde man halt den fehlenden Draht ja bemerken, weil man dann diese Untersuchungs nicht machen könnte.

Dass es bei Pat mit HRST nicht gemacht wird, wusst ich nicht. super danke.

Ich frage mich gibt es eigentlich eine Pflicht nach ZVK Anlage ein RÖntgen oder Alphacard zu machen? Hab dazu leider nichts gefunden.

Bille11
25.12.2020, 20:22
Eine Pflicht zum Anfertigen des RöTh oder der Alpha-Card Nutzung gibt es nicht, wohl aber zur korrekten Dokumentation der Anlage eines ZVk lege artis. Aber es sind jeweils Massnahmen, um der Dokumentationspflicht mit Beweisen lege artis nachzukommen, warum ein Katheter korrekt liegen mag. Unscharfe Massnahmen zur Dokumentation wären Rückfluss Blut bei Infusion tiefhängen, sonografischer Nachweis des intravenösen Katheters nach Fixieren an der Eintrittsstelle, bzw proximal dessen. Massnahmen zur sicheren Lagebestimmung sind wie angesprochen das RöTh und die Alpha-Card Testung bei SR.

Jetzt: Lagebestimmung korrekter Lage des ZVKs in der oberen Hohlvene? warum reicht das Sono nicht alleinig? Oder die Tiefhängung der Infusion? Warum kann das Tiefhängen der Infusion bei vorbereiteten Infusionsbestecken manchmal keinen Rückfluss machen? Und wie Dokumentieren wir bei Femoralis-/ Brachialis-ZVK?

nie
25.12.2020, 20:53
Wir haben zur Alphacardkontrolle so kleine Metallnippel an einem ZVK-Schenkel, da braucht man keinen Draht mehr zur Kontrolle.

Ich kann mir gerade auch nicht vorstellen, wie es sein kann, dass man den Draht unbemerkt verliert. Selbst ohne Röntgen oder Alphacard. Aber ich bin halt auch ein übervorsichtiger Anfänger und lasse den Draht keine Sekunde los solange er im Patienten ist. Und spätestens beim Wegräumen würde mir auffallen wenn der Draht fehlt....

CYP21B
26.12.2020, 09:39
Das man nicht merkt das der komplette Draht weg ist kann ich mir irgendwie auch nicht vorstellen. Kann es ggf. auch nur ein Stück gewesen sein was abgebrochen ist?

harrypotter9
26.12.2020, 10:38
Ich hab es mich auch gefragt gehabt aber es ist der gesamte Draht. EIn Draht von ca 60 cm bis in die vena iliaca reicht der und dann hoch bis V. cava sup. Hab etwas im NEtz gesucht und es gibt in der Tat solche beschrieben Fälle wo ein ganzer Draht verloren geht, meistens wird es während der Anlage dann aber bemerkt, gibt auch aber auch einige Fälle wo es über Jahre hinweg nicht bemerkt wird und dann entweder weil eine Komplikation eintritt wie PErforationen oder Thormbosen oder sogar ein Fall erst post mortem bemerkt wurden.

Aber ok, wusst ich nicht, dass man Alphacard als auch Röntgenthorax gar nicht Pflicht sind. Ok vielen Dank.

Ich wollte eigentlich nur herausfinden ob es irgendwas gegeben hat wobei man es definitiv hätte bemerken müssen.

Bille11
26.12.2020, 13:28
Naja. Man lernt schon, dass ‚der Draht niemals aus der Hand gegeben’ wird. Mit einer Hand halte auch ich noch den Draht fest. Es ist halt dann am ehesten ein Flüchtigkeitsfehler... ohhh schubss ZVK drüber, ups ist kein Draht mehr über den ZVK zu ziehen. Gottseidank noch nie passiert, da man ja gelernt hat,.. s.o.
In DEM Moment ist ja noch Draht im ZVK - ich empfehle dann eine Klemme fest an den ZVK zu setzen, um den Draht im Katheter zu fixieren und das Gesamte dann langsam rauszuziehen. Beim Umseldingern eines liegenden Katheters (böse! Nur ultima ratio bei maximal desolaten Gefässverhältnissen) kann es schon mal passieren, dass der liegende Katheter länger als der Draht ist - s.o. Fixieren im Katheter, alles im Gesamten rausziehen - Neuanlage.

Moorhühnchen
26.12.2020, 16:53
Nachdem ich gerade erst vor ein paar Tagen gesehen habe, wie ein chirurgischer Kollege ne Arterie neu gelegt hat und dabei das Ende des Drahtes beim Einfädeln der Kanüle hinten nicht mehr rausguckte, weiß ich, dass das offenbar kein Ding der Unmöglichkeit ist. Ich habe ihn gefragt, warum er das so gemacht hat und er meinte, er hätte Angst gehabt, dass er sonst nicht mehr im Gefäß wäre...

Meine "Fummeligkeit" besteht meistens darin, dass ich versuche, die ZVK-Spitze und den Teil des Katheters, der sicher IM Patienten sein wird, nicht unbedingt beim Auffädeln anzufassen. Das ist aber recht schwierig.

Bei einem meiner Ex-Arbeitgeber gab es die Klage einer jungen Patientin, bei der auch ein Seldinger-Draht nach Arterienanlage im Arm zurückgeblieben war. Da waren mehrere Kollegen gleichzeitig am Werkeln, während die Patientin hochseptisch und mit einer massiven DIC notfallmäßig operiert werden musste. War später wohl ein Zufallsbefund bei einem Rö-Thorax, wo der Arm mit drauf war.

Mr. Pink online
26.12.2020, 17:02
Sowas passiert nicht unbemerkt, kann mir keiner erzählen. Es wurde offensichtlich nur unter den Tisch fallen gelassen. Die Konsequenz ist ja vermutlich eine chirurgische Bergung. Damit macht man sich nicht nur beim Patienten unbeliebt... Zum Fehler stehen muss man trotzdem.

ninakatharina
26.12.2020, 18:41
Bei Arterien kann ich mir das ja eher mal noch vorstellen, der Draht ist ja super kurz und die ganze Angelegenheit ziemlich fummelig... Aber bei ZVKs?

Ich hab mal versehentlich einen shaldon-Draht in einem ziemlich dicken, gestauten Hals subcutan getunnelt und er ließ sich dann nicht mehr ohne weiteres wieder rausziehen.. Musste schnell gehen, weil der Patient so dyspnoeisch war, bei uns in der Inneren schlafen die Patienten ja in der Regel nicht. Seitdem "rüttel" ich immer am Draht wenn der Dilatator drüber kommt. Rö Thorax ist bei hausintern uns übrigens Pflicht. Im Notfall kann man die wichtigsten Sachen aber dennoch schon laufen lassen.

GelbeKlamotten
27.12.2020, 11:19
Ich halte Möglichkeit 4 aus dem Eingangspost auch für mit Abstand am wahrscheinlichsten und würde sie deshalb mit Aufnehmen. Die Schuld kann man dabei aber unter Umständen nicht nur dem Ausführer der ZKV-Anlage geben, sondern muss auch den Umgang der Vorgesetzten mit Fehlern der jüngeren Kollegen hinterfragen. Oft wird eine offene Fehlerkultur leider quasi aktiv unterbunden.

Die skurrilen Konsequenzen, die so ein Drahtverlust haben kann, sieht man z.B. hier:

https://www.ijccm.org/doi/IJCCM/pdf/10.5005/jp-journals-10071-23462

Bille11
27.12.2020, 11:37
Ich halte Möglichkeit 4 aus dem Eingangspost auch für mit Abstand am wahrscheinlichsten und würde sie deshalb mit Aufnehmen. Die Schuld kann man dabei aber unter Umständen nicht nur dem Ausführer der ZKV-Anlage geben, sondern muss auch den Umgang der Vorgesetzten mit Fehlern der jüngeren Kollegen hinterfragen. Oft wird eine offene Fehlerkultur leider quasi aktiv unterbunden.

Die skurrilen Konsequenzen, die so ein Drahtverlust haben kann, sieht man z.B. hier:

https://www.ijccm.org/doi/IJCCM/pdf/10.5005/jp-journals-10071-23462

Da muss ich Dir voll und ganz zustimmen. Es ist kein individueller Fehler, der ggf sogar ahndbar ist, sondern sollte jederzeit als mögliches Risiko im Rahmen einer Katheteranlage gewertet werden und im Rahmen einer offenen Fehlerkultur kommuniziert und behandelt (Entfernung durch zB Gefässchirurgie) werden.

harrypotter9
27.12.2020, 20:24
Es ist interessant, dass es keine Pflicht-Dokumentation nach ZVK Anlage gibt um derartige Komplikationen zu verhindern.
Im OP werden Tücher und Besteck am Ende abgezählt bevor ein Patient von Tisch kommt, das ist mittlerweile überall standard.
Ein Abzählen des Bestecks am Ende der ZVK Anlage sowie ein Dokumentaionsbogen würde auch wenn noch mehr Papierkram lästig ist, einen evtl. dazu drängen das Material am Ende auf Fehlen oder etwaige Materialbrüche zu prüfen. Auch eine Pflicht zu einem Röntgen oder Alpha cardkontrolle wäre super weil hier evtl auch das Fehlen eines Drahtes bemerkt würde. Wobei es ja auch die ZVK-Katheter geben soll wo man das Alphacard so ableiten kann und gar nicht über den Draht, d.h. da fehlt dieser feedback leider weg.

GelbeKlamotten
27.12.2020, 21:39
Es ist interessant, dass es keine Pflicht-Dokumentation nach ZVK Anlage gibt um derartige Komplikationen zu verhindern.
Im OP werden Tücher und Besteck am Ende abgezählt bevor ein Patient von Tisch kommt, das ist mittlerweile überall standard.
Ein Abzählen des Bestecks am Ende der ZVK Anlage sowie ein Dokumentaionsbogen würde auch wenn noch mehr Papierkram lästig ist, einen evtl. dazu drängen das Material am Ende auf Fehlen oder etwaige Materialbrüche zu prüfen.

Unangemessener Aufwand, der in keiner Relation zum Nutzen steht meiner Meinung nach. Wie viele verlorene ZVK Drähte hast du denn schon in der Realität gesehen? Mir ist in 4 Jahren Radiologie noch kein einziger untergekommen. Weder in den tausenden selbst befundeten Röntgenbildern, noch in irgendeiner Besprechung. Und in einem Jahr angiographischer Tätigkeit war ich mir nach jeder Intervention absolut sicher, dass kein Draht im Patient verblieben ist, ganz ohne zählen und dokumentieren des Materials nach dem Eingriff. So sicher, dass ich meine Approbation darauf verwettet hätte. Und das obwohl da auch mal 3 oder 4 verschiedene Drähte auf dem Tisch liegen.

Ein Draht ist kein Bauchtuch, das du eventuell irgendwo reinstopfst und dich dann erstmal komplett anderen Sachen zuwendest. Wenn du einen Draht in einem Gefäß hast, dann brauchst du den in der Regel wenige Handgriffe später wieder. Wenn er dann nicht mehr da ist, dann merkst du das.

Wie gesagt, hier muss eher an der Fehlerkultur gearbeitet werden, damit Assistenzärzte sowas nicht aus Angst vor dem Oberarzt versuchen zu vertuschen.

Es gäbe unzählige andere Stellen, an denem man Kontrolle und Dokumentation verbessern könnte mit wesentlich mehr Nutzen.

jassyh
28.12.2020, 17:00
Dieser Fall erinnert mich an einen aus meinem ersten Jahr: Hämolyse Patientin mit kritischem HB, hat wohl in der ZNA einen ZVK bekommen. Mein Kollege meinte beim Blutanhängen auf Station schon irgendwie läuft der so schlecht.... ich weiß gar nicht mehr ob wir dann das Röntgen angeschaut haben oder die Radiologin uns kontaktiert hatte, aber da ging ein Draht durch den rechten Vorhof.
Ich weiß noch wie ich mit ner Klemme zu Patientin gesprintet bin und den Draht über der Eintstichstelle festgeklemmt habe. Dann haben wir gemeinsam mit einer erfahrenen Kollegin den ZVK samt Draht geborgen.

Gelegt wurde der ZVK eigentlich von einem sehr erfahrenen Kollegen. Geröntgt wurde anschließend ja auch. Trotzdem wurde es ers5 am nächsten Morgen entdeckt.

Seit ich ZVKs/Arterien legen kann klammere ich mich deshalb krampfhaft an den Draht.

Mr. Pink online
28.12.2020, 17:21
Das Problem bei den Geschichten ist doch nicht der Fehler an sich , der natürlich nicht passieren sollte, sondern, dass es nicht kommuniziert wird. Nochmal, so nen Draht "vergisst" man nicht.

Bille11
28.12.2020, 17:29
Es sind ja nicht nur ZVK sondern sehr viele andere Katheter/Drainageeinheiten, die mit Draht in Seldingertechnik gelegt werden. Das Prinzip der Seldingertechnik ist geläufig, ebenso die Drahtproblematik. Da ein ‚durchzählen‘ der Dinge - von Dir gefordert, des Drahtes - ist interessant. Die Technik zu beherrschen, bedeutet eben auch, den Draht nicht zu versenken, bzw bei Versenken entsprechend für ein Bergen desselbigen zu sorgen. Das nennt sich standardmässiges Ausführen einer Tätigkeit bei Kenntnissen in dieser Tätigkeit. Die einzelnen Schritte müssen geläufig sein und voll erfüllt werden. Der ‚letzte‘ Schritt ist dabei auch, bei vollständigem Versenken eben auch dafür zu sorgen, dass es kontrolliert und herausgeholt wird. Das nennt sich eben auch (Facharzt)Reife.
Nb - analog dazu: Bei Femoralis-ZVK willst Du ja auch kein Röntgen des Abdomens veranlassen, oder?

Mr. Pink online
28.12.2020, 18:36
Röntgen macht bei einem ZVK/Drainage eigentlich nur Sinn wenn man wissen will ob man irgendwelche Sachen verletzt hat (bspw. Pneu) oder wenn man tatsächlich sehen will wo die Spitze endet (VJI ZVK wo die auch Mal subclaviculär landen kann). Ob man im Gefäß ist oder nicht, sollte man spätestens mit der BGA verifiziert haben. Ein Leisten ZVK zu röntgen macht keinen Sinn.

FirebirdUSA
01.01.2021, 13:45
Also unbemerkt kann ich mir nur bei abgeschertem Draht vorstellen, wo ein Teil in Patient verbleibt. Kann aber eigentlich nur bei scharfer Nadel und Rückzug Draht durch Kanüle passieren (und auch nur bei entsprechenden weichen Drähten).
Umseldingern sollte man nur mit lang genugem Draht, im Zweifel muss man sich halt einen überlangen Draht in der Radiologie oder THG besorgen...