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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gehaltsverhandlung hausärztliche Internistin



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Atropin
05.01.2021, 09:40
Hallo zusammen!
Vielleicht könnt ihr mir helfen das Angebot einzuschätzen:
Die Anstellung wäre meine erste im niedergelassenen Bereich, ich bin seit einigen Monaten Fachärztin und aktuell noch in Elternzeit. Die Praxis liegt im Landkreis einer Großstadt, Ärztemangel, gut betuchte Gegend. Sie besteht erst seit zwei Jahren, alles ist neu, Gerätemässig gut ausgestattet.
Ich möchte 50% / 20 WS arbeiten (davon wahrscheinlich 16 Stunden Sprechstunde) und habe eine Bezahlung nach OA TV Ärzte gefordert also etwa 7.750 Euro bei einer Vollzeit-Stelle.
Sie möchte das Gehalt staffeln. Und zwar nach der erreichten Scheinzahl (Patienten scheint es genug zu geben). Für bis zu 250 Scheine soll ich 6200 Euro bekommen, für bis zu 350 7000 und darüber eben die 7750 Euro. Alles auf Basis einer Vollzeitstelle, also die Hälfte.
Die restlichen Bedingungen sind gut und ich würde gerne dort anfangen. Ich kann diese Scheinabhängigkeit aber nicht gut einschätzen. Was haltet ihr davon?
Danke!!!

tarumo
05.01.2021, 13:07
Das Problem bei der Scheinzahl ist halt, daß man kaum Einfluß drauf hat, Stichwort "Coronadelle". Im Frühjahr werden sich sicher einige böse umgeschaut haben...
Davon abgesehen führt das schnurstracks ins Hamsterrad.
Eher erfolgversprechender erscheint mir eine anteilige Beteiligung z.B. an Selbstzahlerleistungen.
Zum Gehalt können die niedergelassenen Internisten im Forum sicher mehr sagen, für eine Vollzeitkraft erscheint es mir doch ein wenig niedrig angesetzt.
Als OÄ im KH hat man keine KV-Dienste, keinen KV-Ärger, kein Bewertungsterror bei Jammerda, keine Mindestscheinzahlen, je nach Abteilung u.U. ein gemütlicheres Auskommen ohne Hamsterrad und noch Poolbeteiligung on top.

davo
05.01.2021, 15:57
Die Grenzwerte klingen IMHO sehr niedrig angesetzt. Also gut für dich.

Erkundige dich halt einfach mal nach den Ist-Werten seit z.B. Anfang 2019. Dann kannst du das ganz gut abschätzen.

Ja, klar, tarumo, auch im niedergelassenen Bereich ist nicht alles perfekt, aber die meisten, die ich kenne, die jetzt niedergelassen statt wie zuvor FA im Krankenhaus sind, sind VIEL zufriedener als zuvor. So schlimm wie du meinst, können KV und Scheinzahlen also nicht sein ;-)

tarumo
05.01.2021, 16:17
Es ging nicht ums Zufriedensein, da stimme ich Dir zu, sondern um die Gehaltsvorstellung. Und da verkauft man sich halt m.E. unter Wert. Im Umkehrschluß müßte es ja bei Unzufriedenheit durchgängig im KH grundsätzlich höhere Gehälter geben.
Was man auch noch berücksichtigen muß: das vereinbarte Gehalt "steht" dann erst mal eine gewisse Zeit, je nach persönlichem Standing, wirtschaftlicher Situation und Verhandlungsgeschick.
Eine "automatische" Gehaltserhöhung ungeachtet der jeweiligen wirtschaftlichen Situation wird man anders als im KH nicht erleben, man/frau sollte also mit der vereinbarten Vergütung fünf Jahre oder so zurechtkommen. Meine persönliche Meinung, die anderen niedergelassenen Kollegen werden sich sicher auch noch äußern.

vanilleeis
05.01.2021, 16:25
Ich finde das Gehalt als solchen nicht schlecht, würde aber auf eine jährliche Anpassung analog zu VKA-Tarif pochen. Dann noch die Scheinzahlen der Praxis in den letzten Jahren abfragen und vor allem weitere Einzelheiten (wie sind Hausbesuche geregelt? Nutzung des eigenen PKVs? wie werden Überstunden erfasst und abgegolten? wie viele Urlaubs-/Fortbildungstage? Übernahme der Fortbildungskosten? und vor allem: Was ist mit KV-Diensten?)
16 Std. Sprechstunde finde ich bei einer 20 Std. Woche sehr viel. Wenn Du für 16 Std. Sprechstunde eingeplant wirst, kommst Du nie und nimmer mit 20 Std pro Woche aus

davo
05.01.2021, 16:27
@tarumo:

Das ist schon klar. Aber das ist ein anderes Thema, völlig unabhängig von KV und Mindestscheinzahlen. Oder Jammerda ;-) Und genau diese Themen hast du ja konkret als Probleme genannt. Obwohl sie eben nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun haben, nämlich einer kompetitiven Entlohnung unter Berücksichtigung der Tatsache, dass man in einer Praxis angestellt manche Vorteile einer Anstellung im Krankenhaus nicht hat.

Deshalb bitte konsistent und stringent argumentieren, nicht Dinge vermischen, die nichts miteinander zu tun haben. Sonst ist jegliche ernsthafte Diskussion unmöglich.

Atropin
05.01.2021, 16:32
Vielen Dank für die bisherigen Antworten!

Findet ihr das Gehalt wirklich niedrig?
Ich habe mich bei dem Vorschlag auch an Zahlen orientiert die ich hier im Forum gefunden habe. Ein Oberarztgehalt finde ich als Angestellte nicht schlecht. Ein bisschen gewundert hat mich jedoch dass sie ja quasi gleich zugestimmt hat wenn es wirklich so ist dass 350 Scheine gut machbar sind.
Und so ganz gefällt mir der Gedanke auch nicht so an Leistung gebunden zu sein wenn es nachher Monate dauert bis ich diesen Wert erreiche. Andererseits kann ich sie da natürlich auch verstehen. Und das soll wohl nur für den Start gelten, also wenn ich später mal darunter gehe kürzt sie mein Gehalt nicht wieder.

Sie sagt sie hat etwa 1000 Scheine (zwischen 800 als niedrigsten Wert und 1200 max) und Aufnahmestopp da es ihr darüber zu viel sei.

Und naja, Klinik hat eben auch seine Tücken. Stichwort Hamsterrad. Und viermal die Woche 9-14 Uhr sind doch ganz angenehm 😉

tarumo
05.01.2021, 16:37
Du hast meine Message nicht verstanden.
Die Gehaltsvorstellung eines FA sollte über den Krankenhausgehältern liegen. Punkt.
Begründung ist u.a. daß einem mehr persönliche wirtschaftliche und medizinische Verantwortung abverlangt wird (welcher OA macht alleine Dienste oder tage/wochen/monatelang alleine Sprechstunde?). Es ist durchaus gerechtfertigt, daher das LOA-Gehalt als Minimum herzunehmen und nach oben aufzurunden, Kompromisse kann man ja bei den Arbeitszeiten, Fortbildungen oder Urlaubstagen machen.
In vielen Fachrichtungen sind die MB-Tarifgehälter auch in den Kliniken mittlerweile obsolet und außertariflich (sprich übertariflich) ist angesagt.
In Österreich mag das ja ein wenig anders aussehen.

tarumo
05.01.2021, 16:40
Und naja, Klinik hat eben auch seine Tücken. Stichwort Hamsterrad. Und viermal die Woche 9-14 Uhr sind doch ganz angenehm ��

Nur damit keine Mißverständnisse aufkommen: so ist das ja auch keine Vollzeitstelle. Ich kann mir aber vorstellen, daß es in TZ dann vielleicht doch schwer wird mit den Scheinen. Zum Beispiel, wenn der "dessen Villenkaufpreis nicht genannt werden darf" dann die Pflichtsprechstunden um weitere fünf auf dreißig heraufsetzt und gleichzeitig einen ganzen Tag "offene Sprechstunde" verpflichtend macht, was dann die Fallzahl pro Stunde in den Keller purzeln lassen wird. Muß aber jeder selbst wissen, ob er sich von derart extrinsischen Faktoren abhängig macht.

Atropin
05.01.2021, 16:46
Hmm. Damit verunsicherst du mich jetzt schon, so hätte ich das nicht eingeschätzt. Wenn hier im Forum 100.000 /Jahr diskutiert wurden fanden das Zb viele zu viel. Es ist ziemlich schwer eine Verhandlungsbasis zu finden die für beide Seiten fair ist finde ich. Wer findet denn noch dass ich mich unter Wert verkaufe?

John Silver
05.01.2021, 17:45
Wer fand 100.000 zu viel? Ich würde unter dieser Summe nicht mal mit Verhandlungen beginnen. In Deinem Fall also mindestens 50.000 für 20 Wochenstunden.

DrSkywalker
05.01.2021, 18:37
Leute Leute, wie ich schon mal in einem anderen faden geschrieben habe kann man 100. 000 € im Jahr zahlen an jemanden der wirklich sehr gute Leistung bringt, die Praxis quasi auch alleine führen kann zeitweise und der gut und zügig arbeitet.

Als Einstiegsgehalt für jemanden der keine Ahnung von Abrechnung, KV Regularien und Praxisführung hat ist das eindeutig zu hoch.

Wenn nach einem oder zwei Jahren erkenntlich ist das die Leistung sehr gut ist kann das Gehalt auch durchaus sehr schön steigen.

DrSkywalker
05.01.2021, 18:42
Hmm. Damit verunsicherst du mich jetzt schon, so hätte ich das nicht eingeschätzt. Wenn hier im Forum 100.000 /Jahr diskutiert wurden fanden das Zb viele zu viel. Es ist ziemlich schwer eine Verhandlungsbasis zu finden die für beide Seiten fair ist finde ich. Wer findet denn noch dass ich mich unter Wert verkaufe?

Du musst dich mal fragen von wem diese Aussagen kommen, johnsilver kann mitreden, hat aber viel mehr berufserfahrung, die anderen Aussagen, hm naja...

Thomas24
05.01.2021, 19:14
Kann man ohne ein paar Infos zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eurer Praxis wenig zu sagen. Welches Bundesland, wie ist der allgemeinmedizinische Schein bei euch pro Quartal vergütet? Gibt es viele extrabudgetäre Leistungen, bzw. Sonderverträge bei euch in der Praxis, die nicht über das GKV laufen (wie DMP, Gutachten etc.), welcher P- Anteil? Ohne abschätzen zu können, welchen Wert du generieren kannst, kann man auch nicht abschätzen, wie viel du kosten darfst.

Wie Skywalker schon sagte, hier tummeln sich mehrheitlich Kollegen rum, die nie außerhalb eines Angestelltenverhältnisses mit festgelegtem Tarifgefüge gearbeitet haben. Deswegen kann man Aussagen 'ich möchte ein Gehalt, dass analog zum Tarifabschluss des VKA automatisch mit steigt' zwar verstehen, aber wie gesagt: Hm naja.

vanilleeis
05.01.2021, 19:51
Wenn das auf mich bezogen ist: ich habe die Mehrheit meines Berufslebens außerhalb von Tarifverbünden verbracht, und daher kann ich nur raten, eine Gehaltssteigerung, die aktuell nur minimal über der Inflation liegt zu vereinbaren. Zudem sollte jeder Jobwechsel eine Verbesserung darstellen, auch monitär.

Man kann natürlich auch jeden Thread dadurch sprengen, dass man die Validität der getroffenen Aussagen in Frage stellt und sein Wissen als non plus ultra ansieht.

PS: kleine Korrektur. Ich habe tarumo und Thomas24 durcheinander geworfen.

tarumo
05.01.2021, 20:02
Es hat natürlich nur anekdotischen Charakter, aber ich und JEDER von meinen buddies, der nach dem FA in die Niederlassung gewechselt ist (als Angestellter) hat ein sechsstelliges Anfangsgehalt rausverhandelt. Teils direkt nach der FA-Prüfung. Und es ist nicht so, daß wir alle auf einer KV-Universität gewesen wären, wo man Praxisführung und Abrechnungsfallstricke gelernt hätte. Natürlich kann man sich schon vorab informieren, zum Beispiel im Internet, und sich nicht von der KV als Quelle "Vertrauuuu mir" abhängig machen.

Das ist übrigens ein wichtiger Aspekt, denn genauso wenig wie ein einzelner OA im KH den Laden alleine schmeißen muß, kann er den Laden alleine in die Pleite wirtschaften. Als Niedergelassener geht das dagegen sogar recht schnell, wenn man nicht achtgibt, und zwar alleine schon durch die Anwendung von guter Medizin (Stichwort WANZ und Regresse).

Ich finde es ganz interessant, daß hier schwarz auf weiß durchaus unabhängig von der Fachrichtung gezahlte Gehälter bestritten werden, vermutlich von den gleichen Leuten, die jede einzelne Zahl von irgendwelchen Bertelsmännern, zi- panels oder den Milchmädchenrechnungen bezüglich Landarztzwangsniederlassung unbesehen glauben.

Thomas24
05.01.2021, 20:08
Es hat natürlich nur anekdotischen Charakter, aber ich und JEDER von meinen buddies, der nach dem FA in die Niederlassung gewechselt ist (als Angestellter) hat ein sechsstelliges Anfangsgehalt rausverhandelt. Teils direkt nach der FA-Prüfung. Und es ist nicht so, daß wir alle auf einer KV-Universität gewesen wären, wo man Praxisführung und Abrechnungsfallstricke gelernt hätte. Natürlich kann man sich schon vorab informieren, zum Beispiel im Internet, und nicht von der KV als Quelle abhängig machen muß.

Deswegen sag ich ja: ohne Angabe von ein paar Infos kann man nicht einschätzen, ob das angebotene Gehalt angemessen ist :-nix.
Du bist Radiologe, die Kollegin geht in die Allgemeinmedizin. Der Umsatz, den ein angestellter Radiologe erwirtschaften kann, ist ja anders, als in der Allgemeinmedizin.

hebdo
05.01.2021, 21:18
Eigentlich geht es darum den eigenen Marktwert für eine bestimmte Praxis zu finden. Und das ist schwierig weil es eine riesige Unterschiede gibt. Praxis- und Patientenstruktur, Lage, fachliche Ausrichtung, wirtschaftliche und private Ziele des Inhabers etc.

Ich habe mich bei meiner ersten Praxisanstellung auch unter Wert verkauft. Absolut fand ich das Gehalt in Ordnung. Wichtigtes Ziel nach der fachlichen Perspektive war ein Plus an Lebenszeit. aber in der Realität in Bezug auf meine Tätigkeit und wirtschaftliche Situation der Praxis habe ich 10-15% zu wenig verhandelt.

Mir ist es erst klar geworden, als ich über einen Personalberater bei einer anderen Praxis in der Nähe vorgestellt habe.

Deswegen ist meine Empfehlung mehrere Praxen und Angebote zu vergleichen. Dabei ist nicht nur das Gehalt wichtig. Arbeitsbedingungen, Perspektive und natürlich der persönliche Eindruck von chef und Personal schlagen kleinere Gehalteinbußen.

John Silver
05.01.2021, 21:41
Allgemeinärzte können heutzutage sehr große Umsätze erwirtschaften, wirklich sehr große. Gerade im Speckgürtel einer größeren Stadt. Wenn man einen Facharzt anstellt, kann man den Umsatz nochmals steigern. Die 100.000 für 40 Wochenstunden kann man also durchaus wieder reinholen, bei gleichzeitiger Entlastung des Praxisinhabers.

Eine, auch frischgebackene, Fachärztin für Allgemeinmedizin ist im ambulanten Bereich sicher nicht unbeleckt, da ein erheblicher Teil der Weiterbildung in einer Praxis absolviert wird, nicht? Abrechnung etc. dürfte also für sie kein Neuland sein.

16 Stunden Sprechstunde bei 20 Stunden Gesamtarbeitszeit kann aber tatsächlich etwas ambitioniert sein.

tarumo
05.01.2021, 22:02
Du bist Radiologe, die Kollegin geht in die Allgemeinmedizin. Der Umsatz, den ein angestellter Radiologe erwirtschaften kann, ist ja anders, als in der Allgemeinmedizin.

Habe ich irgendwo geschrieben, daß sich mein Freundeskreis zu 100% aus Radiologen zusammensetzt? Eben...
Und ich erwirtschafte vielleicht höhere Umsätze, aber auch höhere Unkosten, zum Beispiel bei der Stromrechnung.
Es ging ja aber um Kenntnisse in der Praxisführung und nicht die potentiellen Umsätze. Ich kann mich auch nicht erinnern, daß man Internisten mal so pauschal den Fallwert um fast 20% gekürzt hätte, wie es die Radiologen im Frühjahr erleben durften.

Die grundsätzliche Frage ist ja: will ich wo arbeiten, wo ich noch nicht mal ein angemessenes Gehalt (sprich MB-tarif plus X) erwirtschaften kann?