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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Erhöhen die "Dienste" das Krebs- und Diabetesrisiko?



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ehem-user-12-02-2021-1343
21.01.2021, 19:30
Hallo zusammen,

ich hatte heute eine Unterhaltung mit einem Bekannten bezüglich Gesundheit. Folgen von Nacht und Schichtarbeit.
Bei der klassischen Schichtarbeit wie bei der Pflege und Intensivmedizin sind solche Risiken ja durch Studien belegt. Inwieweit das Pflegepersonal erkrankt weiss ich natürlich nicht.
Hingegen habe ich nichts gefunden, wie die klassische Nachtarbeit mit nächstem Tag frei sich aus die Physische Gesundheit auswirkt. Damit meine ich die "Dienste" also Bereitschaftsdienste wo ja z.T. auch je nach fach und Klinik durchgearbeitet wird. Dass das nicht gesund ist, ist klar und es beeinträchtigt auch die Psyche und Schlafqualität.

Aber wie sieht es mit dem Krebs- und Diabetesrisko aus?

ნინი
21.01.2021, 19:57
steht sogar in Herold drin..

WackenDoc
21.01.2021, 19:59
Die Studien sind uneindeutig. Deswegen sind diese Krankheiten im Zusammenhang Nacht- oder Schichttätigkeit auch keine anerkannte Berufskrankheit.

DrSkywalker
21.01.2021, 20:43
Dienste sind für die Gesundheit sehr belastend. Je nach Konstitution natürlich. Ich habe in meiner Klinikzeit zugenommen, Rauchen angefangen, bruxismus bis zum geht nicht mehr, Schlafstörungen, etc. Dankt einem keiner. Man hat nur eine gesundheit, daher: ich würde es nie wieder tun.

In der Praxis ist wieder Menschenwürdiges arbeiten angesagt... Kliniken sind Kranke Häuser, oft nicht nicht gut(bzw nicht optimal) für die Patienten und meistens nicht gut für die Beschäftigten.

daCapo
21.01.2021, 21:17
Im jungen Alter macht einem das nix aus, mit den Jahren&Alter geht es doch den meisten an die Substanz. Niemand will mit 50 Jahren unbedingt im KH übernachten in Jugendherbergsatmosphäre. In meiner alten Klinik gab es ein paar ältere FÄ, die a) nur in der Ambulanz gearbeitet haben und b) entweder keine oder sehr wenige Dienste (1-2) gemacht haben, sozusagen als Sonderkondition für alte FÄ.

GelbeKlamotten
21.01.2021, 21:29
Dienste sind für die Gesundheit sehr belastend. Je nach Konstitution natürlich. Ich habe in meiner Klinikzeit zugenommen, Rauchen angefangen, bruxismus bis zum geht nicht mehr, Schlafstörungen, etc. Dankt einem keiner. Man hat nur eine gesundheit, daher: ich würde es nie wieder tun.

In der Praxis ist wieder Menschenwürdiges arbeiten angesagt... Kliniken sind Kranke Häuser, oft nicht nicht gut(bzw nicht optimal) für die Patienten und meistens nicht gut für die Beschäftigten.

Zu sagen Dienste sind ungesund, weil du wegen den Diensten angefangen hast zu rauchen, ist dann aber doch etwas weit hergeholt :-))

Kackbratze
21.01.2021, 21:34
Ich habe in meiner Klinikzeit zugenommen, Rauchen angefangen, bruxismus bis zum geht nicht mehr, Schlafstörungen, etc. Dankt einem keiner. Man hat nur eine gesundheit, daher: ich würde es nie wieder tun.

Hmm, ich habe in der Klinik endlich mein Wunschgewicht erreicht, geraucht habe ich vorher schon nicht mehr, aber durch Hintergrunddienste ist die Belastung weniger geworden, so dass man diese Vordergrund-Zeit auch irgendwann hinter sich lässt. Entweder durch Wechsel in die Niederlassung oder durch eine entsprechende Position mit anderen/keinen Diensten.

ehem-user-12-02-2021-1343
21.01.2021, 21:36
Im jungen Alter macht einem das nix aus, mit den Jahren&Alter geht es doch den meisten an die Substanz. Niemand will mit 50 Jahren unbedingt im KH übernachten in Jugendherbergsatmosphäre. In meiner alten Klinik gab es ein paar ältere FÄ, die a) nur in der Ambulanz gearbeitet haben und b) entweder keine oder sehr wenige Dienste (1-2) gemacht haben, sozusagen als Sonderkondition für alte FÄ.

Sicherlich auch blöd für OÄ um die 60, die ja nach Klinik auch öfter im Monat mal reinkommen müssen. Natürlich klinikabhängig

GelbeKlamotten
21.01.2021, 21:49
Sicherlich auch blöd für OÄ um die 60, die ja nach Klinik auch öfter im Monat mal reinkommen müssen. Natürlich klinikabhängig

Mit 60 sollte es aber nun wirklich jedem Arzt möglich sein, auf eine Stelle ohne Dienste, wenn gewünscht sogar in Teilzeit zu reduzieren.

DrSkywalker
21.01.2021, 21:54
Zu sagen Dienste sind ungesund, weil du wegen den Diensten angefangen hast zu rauchen, ist dann aber doch etwas weit hergeholt :-))

Ach ja, gesoffen habe ich auch noch damals... :D und der Kantinenfrass... Übel

daCapo
21.01.2021, 22:49
Zu sagen Dienste sind ungesund, weil du wegen den Diensten angefangen hast zu rauchen, ist dann aber doch etwas weit hergeholt :-))

Das stimmt.Besonders systematisch wird sowas nicht untersucht oder hat jmd besseres gefunden als u. g. Artikel?
Leute, die sowas jahrelang machen sieht man die Belastung meistens irgendwann an. Aber gut objektiviert ist das nicht.

Und Chirurgen sollen gesundheitliche Probleme haben? Eigentlich kaum vorstellbar. Chirurgen sind immer gesund und unverwüstlich. Vllt wenn das Alter kommt, daran ist ja nix zu ändern.

"Eine engere medizinische Betreuung von Ärzten und striktere Arbeitszeitregeln, um Burn-out, starken Alkoholkonsum und andere ungesunde Verhaltensweisen abzuwenden, fordert beispielsweise der niederländische Chirurg Niek van Dijk vom Academic Medical Center, Amsterdam, in einem Leitartikel im Journal of Joint Disorders & Orthopaedic Sports Medicine (3). Dem Beitrag zufolge hat die Hälfte aller Chirurgen über 50 Jahre gesundheitliche Probleme."

https://www.aerzteblatt.de/archiv/207877/Arztgesundheit-Selbstfuersorge-kommt-zu-kurz

ehem-user-12-02-2021-1343
21.01.2021, 23:13
Die im Artikel Gründe, die bei deutschen Ärzten zum Burnout führen, lassen sich fast nur durch die Flucht aus der Akutklinik beheben. Oder man hat wirklich Glück mit seiner Stelle. Aber dass sich diese Punkte in der Akutklinik ändern, glaube ich nicht.

Hoppla-Daisy
22.01.2021, 00:46
Ach, ich könnte euch hier gerade Opern erzählen, wie sehr man unter Druck gesetzt wird, wenn man sagt, man wolle/könne keine Dienste mehr machen.

Ich hab meinen arteriellen Hypertonus definitiv erst mit den Diensten entwickelt, inklusive sukzessiver kardialer Schädigung. Schlafstörungen kannte ich früher nie. Mit den Diensten kamen auch diese. Am Anfang ging das noch, endete dann darin, dass ich selbst nach einem 24h-Dienst nicht in der Lage war, ausreichend zu schlafen. Es klappte einfach nicht :-nix. Die Nacht vor einem Dienst war meist kacke, im Dienst selbst hab ich oft genug gar nicht geschlafen oder nur in Kleinstbruchstücken und nach dem Dienst dann wie oben beschrieben. Da war der Blutdruck auch oft nicht zu bändigen. Ganz großes Tennis!

Und nun kommt‘s: Sollte es so sein, dass ich selbst durch den Betriebsarzt eine dauerhafte Dienstunfähigkeit bescheinigt bekäme (was er mir gegenüber schon klar und deutlich äußerte), prophezeite man mir seitens des Betriebsrates schon, dass ich wohl mit einer Kündigung rechnen dürfte. „Man würde leider Mittel und Wege suchen und wohl auch finden, Sie loszuwerden. Und was nützt einem eine Gleichstellung oder Schwerbehinderung, wenn einem von da an nur noch das Leben schwer gemacht wird, bis man frustriert irgendwann aus eigenem Antrieb die Segel streicht“.

Der Betriebsarzt äußerte sich - gegenüber der ebenfalls anwesenden sehr jungen Studentin - noch etwas drastischer: „Sie sehen hier einen ganz klassischen Fall. Man knüppelt als Arzt in jungen Jahren ordentlich. Weil man es kann, und weil es nun mal Part of the Deal ist. Hat man sich irgendwann die Gesundheit aber erstmal vollends ruiniert, wird man wertlos für die Klinik. Und das bekommt man als Arbeitnehmer auch nicht selten deutlich genug zu spüren. Man sollte sich dann überlegen, ob man für solch einen Arbeitgeber, der einem NULL Entgegenkommen zeigt, überhaupt noch arbeiten möchte“.

Und dann an mich gewandt: „Schon ne Alternative im Blick? Würde ich Ihnen hinsichtlich Ihrer Diagnosen dringend zu raten - bevor man Ihnen das Leben noch schwerer macht. Das ist es nicht wert. Schieben Sie lieber bis zur Rente ne ruhigere Kugel. Sonst erleben Sie nämlich am Ende die Rente nicht mehr. Und das ist doch nicht wirklich erstrebenswert“.

Joah, nach so einem Gespräch ist man dann so richtig gut drauf.....

ehem-user-12-02-2021-1343
22.01.2021, 00:53
Ach, ich könnte euch hier gerade Opern erzählen, wie sehr man unter Druck gesetzt wird, wenn man sagt, man wolle/könne keine Dienste mehr machen.

Ich hab meinen arteriellen Hypertonus definitiv erst mit den Diensten entwickelt, inklusive sukzessiver kardialer Schädigung. Schlafstörungen kannte ich früher nie. Mit den Diensten kamen auch diese. Am Anfang ging das noch, endete dann darin, dass ich selbst nach einem 24h-Dienst nicht in der Lage war, ausreichend zu schlafen. Es klappte einfach nicht :-nix. Die Nacht vor einem Dienst war meist kacke, im Dienst selbst hab ich oft genug gar nicht geschlafen oder nur in Kleinstbruchstücken und nach dem Dienst dann wie oben beschrieben. Da war der Blutdruck auch oft nicht zu bändigen. Ganz großes Tennis!

Und nun kommt‘s: Sollte es so sein, dass ich selbst durch den Betriebsarzt eine dauerhafte Dienstunfähigkeit bescheinigt bekäme (was er mir gegenüber schon klar und deutlich äußerte), prophezeite man mir seitens des Betriebsrates schon, dass ich wohl mit einer Kündigung rechnen dürfte. „Man würde leider Mittel und Wege suchen und wohl auch finden, Sie loszuwerden. Und was nützt einem eine Gleichstellung oder Schwerbehinderung, wenn einem von da an nur noch das Leben schwer gemacht wird, bis man frustriert irgendwann aus eigenem Antrieb die Segel streicht“.

Der Betriebsarzt äußerte sich - gegenüber der ebenfalls anwesenden sehr jungen Studentin - noch etwas drastischer: „Sie sehen hier einen ganz klassischen Fall. Man knüppelt als Arzt in jungen Jahren ordentlich. Weil man es kann, und weil es nun mal Part of the Deal ist. Hat man sich irgendwann die Gesundheit aber erstmal vollends ruiniert, wird man wertlos für die Klinik. Und das bekommt man als Arbeitnehmer auch nicht selten deutlich genug zu spüren. Man sollte sich dann überlegen, ob man für solch einen Arbeitgeber, der einem NULL Entgegenkommen zeigt, überhaupt noch arbeiten möchte“.

Und dann an mich gewandt: „Schon ne Alternative im Blick? Würde ich Ihnen hinsichtlich Ihrer Diagnosen dringend zu raten - bevor man Ihnen das Leben noch schwerer macht. Das ist es nicht wert. Schieben Sie lieber bis zur Rente ne ruhigere Kugel. Sonst erleben Sie nämlich am Ende die Rente nicht mehr. Und das ist doch nicht wirklich erstrebenswert“.

Joah, nach so einem Gespräch ist man dann so richtig gut drauf.....

Ich bin echt geschockt. Mein Gott, du hast ja was mitgemacht. Wünsche dir auf jeden Fall alles Gute für die Zukunft. Und wenn die Zahlen in dem Artikel stimmen ist jeder 2. zumindest von Burnout betroffen

Darf ich fragen (wenn es nicht zu privat ist), wieviele Jahre du ungefähr Dienste gemacht hast und in welchem Fach?

Mr. Pink online
22.01.2021, 05:30
Zur Eingangsfrage: natürlich ist Schichtarbeit ungesund, schon meist weil die Stressbelastung höher ist. Solche Studien sind aber vor allem bei Medizinern stark biased. Es kommt der healthy worker effect zum Tragen. In den stressigen arbeitsintensiven Bereichen landen langfristig nur diejenigen, die sich das auch wirklich geben wollen. Siehe intensiv bspw.

Christoph_A
22.01.2021, 09:41
Ach ja, gesoffen habe ich auch noch damals... :D und der Kantinenfrass... Übel

Und da das Durchschnittsalter williger Krankenschwestern im Gegensatz zum eigenen auch konstant bleibt, macht einen diese zusätzliche Belastung, insbesondere Nachts, auch nicht gesünder :-)

daCapo
22.01.2021, 10:13
„Man würde leider Mittel und Wege suchen und wohl auch finden, Sie loszuwerden. Und was nützt einem eine Gleichstellung oder Schwerbehinderung, wenn einem von da an nur noch das Leben schwer gemacht wird, bis man frustriert irgendwann aus eigenem Antrieb die Segel streicht“.

Der Betriebsarzt äußerte sich - gegenüber der ebenfalls anwesenden sehr jungen Studentin - noch etwas drastischer: „Sie sehen hier einen ganz klassischen Fall. Man knüppelt als Arzt in jungen Jahren ordentlich. Weil man es kann, und weil es nun mal Part of the Deal ist. Hat man sich irgendwann die Gesundheit aber erstmal vollends ruiniert, wird man wertlos für die Klinik. Und das bekommt man als Arbeitnehmer auch nicht selten deutlich genug zu spüren. Man sollte sich dann überlegen, ob man für solch einen Arbeitgeber, der einem NULL Entgegenkommen zeigt, überhaupt noch arbeiten möchte“.

Und dann an mich gewandt: „Schon ne Alternative im Blick? Würde ich Ihnen hinsichtlich Ihrer Diagnosen dringend zu raten - bevor man Ihnen das Leben noch schwerer macht. Das ist es nicht wert. Schieben Sie lieber bis zur Rente ne ruhigere Kugel. Sonst erleben Sie nämlich am Ende die Rente nicht mehr. Und das ist doch nicht wirklich erstrebenswert“.

Joah, nach so einem Gespräch ist man dann so richtig gut drauf.....


Der Betriebsarzt hat Recht. Da ist es wirklich besser eine Alternative zu finden. Gesundheit geht vor.
Bei der Arbeit in der Inneren sowie den ganzen Famulaturen, Blockpraktika, PJ ist mir aufgefallen, dass dort überproportional viele Kollegen "etwas angeschlagen" arbeiten.
Das bestätigt ja nur meine Vermutung, dass man sowas eine Zeit lang machen kann, dann aber davon wegkommen sollte. Nur wenige können sowas jahrzehntelang machen. Wirklich schade, dass es hier keine guten Daten gibt.
Zumindest würde man sich einen offeneren Umgang hiermit wünschen.

davo
22.01.2021, 10:31
Dass das "[n]ur wenige" jahrzehntelang machen können, halte ich für übertrieben pessimistisch. Ich kenne nur wenige, denen die Dienste nachhaltig Probleme gemacht haben. (Die u.U. erhöhten Risiken für diverse multifaktoriell bedingte Erkrankungen sind ein anderes Thema!) Und wenn man zu jenen gehört, denen die Dienste tatsächlich ernsthafte gesundheitliche Probleme gemacht haben und/oder machen würden, wie eben z.B. bei dir, Daisy, sollte man sich tatsächlich nach gangbaren Alternativen umsehen. Der Betriebsarzt hat das zwar recht brutal und wenig sensibel gesagt, und vielleicht auch zu negativ, aber die grundsätzliche Botschaft des Betriebsarztes würde ich schon unterschreiben. Man trifft ja immer wieder den einen oder anderen Arzt, der aus gesundheitlichen Gründen z.B. Vollzeit in einer Ambulanz arbeitet o.ä.

GelbeKlamotten
22.01.2021, 10:53
Wir sind alle selbst Ärzte und ich denke es sollte auch jeder selbst entscheiden, was er sich zumuten möchte und was nicht. Ich persönlich würde mir jedenfalls nicht von irgendeinem Betriebsarzt sagen lassen, was wohl beruflich das beste für mich wäre.

Gerade als Frau findet man außerdem immer jemanden, der Dienste für einen übernimmt. Habe schon desöfteren so viele Dienste weg“getauscht“, dass ich monatelang alle Wochenenden frei hatte.

„Kannst du bitte den Dienst am Samstag für mich übernehmen? Ich nehme dir dafür ein andermal einen ab“...

davo
22.01.2021, 10:58
Ich denke, dass es gerade als Arzt, der auch Patient ist, oft hilfreich ist, eine ärztliche Außenperspektive zu bekommen. Ärzte sind ja selbst oft eher schwierige Patienten ;-)