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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schwierigkeiten sich ins Team zu integrieren



incisura_tentorii
27.01.2021, 21:26
Hallo Leute!

Ich möchte mir gerne etwas von der Seele schreiben, dass mich ein bisschen beschäftigt. Vielleicht wärs ganz gut auf die Sachlage einmal einen Blick von Außen zu bekommen.

Irgendwie hab ich seit jeher immer wieder Probleme gehabt mich gut in Gruppen einzufügen, Kontakte zu knüpfen, usw.
Schon in der Schule war ich in manchen Klassengefügen eher Außenseiter und habe nicht wirklich Freunde gefunden. In anderen Situationen und mit anderen Leuten hat das dann auch immer mal wieder ganz Gut funktioniert.

Den Großteil meines Freundeskreises (zumindest 2-3 gute Freunde und viele andere Leute mit denen ich zumindest gut und gerne mal Spaß haben kann) hab ich aus meinem ersten Job vor 7 Jahren in einer völlig anderen Branche. Auch da wars nach einem Stellenwechsel dann so, dass ich im neuen Job einfach wirklich mit niemandem warm geworden bin, obwohl sich alle wirklich wahnsinnig nett Mühe gegeben haben mich zu integrieren und immer zum Mittagessen mitzunehmen usw.

Ich habe dann mein Medizinstudium begonnen was mir wirklich gut und einfach von der Hand gegangen ist und bin jetzt im PJ. In mehr als 5 Jahren Uni hab ich aber unter den Kommilitonen wirklich keine einzige Freundschaft geschlossen, was ich natürlich unheimlich schade finde.
Und dabei bin ich überhaupt nicht die Art von Mensch der die Gesellschaft anderer nicht gerne hat oder sich nicht für andere Menschen interessiert.
Habe das Gefühl dass ich irgendwas in mir habe, dass einfach versucht den Kontakt zu anderen, neuen Menschen zu vermeiden, vielleicht ist es eine latente Angst vor Zurückweisung.

Im PJ bin ich mittlerweile an meiner dritten Stelle. Ich war zuerst auf der Inneren und Psychiatrie wo ich jeweils wirklich glücklich war, das Gefühl hatte mit allen super auszukommen, gut integriert war und sehr eigenständig arbeiten durfte. Jetzt bin ich aktuell auf der Pädiatrie, habe wieder das Gefühl dass mich alle anderen für seltsam halten und täglich Unbehagen bei Situationen wie z.B. beim gemeinsamen Mittagessen, wo mir mehr oder weniger die Leute Leid tun die mit mir am Tisch sitzen (aktuell nur zu zweit wegen Corona) und sich dann 30 Minuten mit mir anschweigen müssen, weil ichs irgendwie nicht auf die Reihe kriege ein angenehmes Gespräch mit den Leuten zu führen.
Es wird mir bei der aktuellen Stelle auch überhaupt keine Verantwortung übertragen, ich laufe quasi nur als unproduktives Anhängsel mit den Assis mit wie bei einer schlechten Famulatur :) Oft läufts dann darauf hinaus dass ich stundenlang nur vorm PC sitze und Zeit totschlage, weil ich mir doof dabei vorkomme denen nachzulaufen und bei Sachen zuzusehen die ich alle wo anders schon 100x selbst gemacht habe (würd mich ja auch nerven).

Es ist wirklich seltsam, manchmal komme ich in eine neue Umgebung und es funktioniert wirklich gut und man bekommt halbwegs schnell eine Art Verbindung zu den Kollegen, usw., dann gibts wieder andere Situationen wos überhaupt nicht funktioniert.

Natürlich hab ich nicht die Erwartung überall wo ich hinkomme neue tiefgehende Freundschaften zu knüpfen. Ich würde mir nur wünschen mich halbwegs verlässlich wo integrieren zu können und mich quasi nicht als Außenseiter zu fühlen.

Es macht mir halt etwas Sorgen wie das in Zukunft im Berufsleben wird. Die zwei Stellen wo ich mich gut eingliedern konnte waren jeweils sehr kleine Teams, wo man schnell alle kannte, vielleicht sollte ich mich einfach an kleine Häuser halten.

Mit meinen Freunden im privaten Umfeld oder meiner Partnerin möchte ich über diese Dinge nicht so wirklich sprechen. Irgendwie sind mir meine Schwächen unangenehm und die Leute in meinem privaten Umfeld nehmen mich auch sicher nicht so wahr.

Danke an alle die sich Zeit genommen haben das zu lesen :)
Bin für jeden externen Blickwinkel dankbar.

Feuerblick
28.01.2021, 06:37
Ist es wirklich so ungewöhnlich, dass es Menschen gibt, mit denen die Chemie nicht stimmt und mit denen man sich halt anschweigt, weil man kein gemeinsames Gesprächsthema hat? Ist es wirklich zwingend notwendig, mit ALLEN in einem Team freundschaftlich umzugehen oder reicht es nicht vielleicht auch einfach (und ist normal), dass man kollegial und höflich miteinander umgeht und eben nicht stundenlang quatschen möchte? Ist es wirklich notwendig, beim Mittagessen eine „Kollegenparty“ zu haben oder reicht es nicht völlig, wenn man zusammen isst und nicht ständig mit allen redet?
Kurz: Vielleicht liegt es nicht an dir bzw. vielleicht hast du einfach nur viel zu hohe Ansprüche an ein kollegiales Miteinander? Und vielleicht stimmt halt mit manch einem Kollegen die Chemie nicht?
Ich finde allerdings, dass man das im PJ nicht wirklich beurteilen kann. Da ist man oftmals nur ein Anhängsel, nicht aber Teil des Teams. Insofern sehe ich nicht wirklich ein Problem.

Kackbratze
28.01.2021, 10:00
Als PJler bist du maximal ein paar Wochen in einer Abteilung. Diese tiefe Verbundenheit mit Studenten findest Du zu 90% in der Bravo Photo Lovestory, im realen Leben bist du im Zweifel ein Mitarbeiter mit einer kurzen Halbwertszeit.

Mukopolysaccharid
28.01.2021, 11:54
das liegt nicht an dir. als PJ bist du für viele Ärzte leider nur billige Arbeitskraft. Machs später einfach anders mit deinen Pjlern ;) werd ich auch machen.

Kackbratze
28.01.2021, 13:33
Es gibt auch genug PJler die sich nicht integrieren wollen, weil sie nur ein paar Wochen da sind.
Bereitet euch auf Enttäuschungen vor, wenn ihr alles besser machen wollt.

davo
28.01.2021, 17:53
Die Tatsache, dass es in den ersten zwei Tertialen geklappt hat, zeigt ja schon, dass es nicht nur an dir liegen kann.

Menschen sind halt unterschiedlich. Auch unter meinen Arztkollegen gibt es manche, die sehr sozial sind, und andere, die eher Einzelgänger sind. Das ist ja auch völlig normal. Natürlich gehört es zur Arbeit dazu, dass man auch sozial eine gewisse Bindung zu den Kollegen aufbaut, dass man sich nicht völlig abkapselt sondern eben in das Team hineinwächst, Freundschaften schließt. (Sollte zumindest so sein. Auch wenn manche das nicht wollen oder nicht können, auch wenn manchmal die Arbeitsbedingungen so sind, dass daraus nichts wird, nichts werden kann.)

Aber du bist eben im PJ. Schon allein durch die Tatsache, dass du nur kurz dort bist, und von Anfang an allen klar ist, dass du nicht dort bleiben wirst, werden sich viele gar keine Mühe geben, dich einzubinden. Das wird dann im Beruf anders sein.

Und ja, wenn dir das ein Anliegen ist, ist eine kleinere Abteilung sicher sinnvoller.

incisura_tentorii
29.01.2021, 12:27
Danke für eure Blickwinkel.
Das hat mir geholfen die Sache mit ein bisschen Distanz zu sehen und wirklich den Stress rauszunehmen.

JumpRopeQueen
30.01.2021, 17:49
Danke für eure Blickwinkel.
Das hat mir geholfen die Sache mit ein bisschen Distanz zu sehen und wirklich den Stress rauszunehmen.

Lieber TS,

mir ging es im Studium ähnlich. Nach 5 Jahren und PJ habe ich keine einzige Freundschaft aus der Zeit. Es tat mir auch etwas weh, als ich immer mitgekriegt hatte, wie andere Mit-PJler quasi am ersten Tag schon Freundschaften geknüpft haben und ich stand oder saß einfach nur rum.
Ich bin ein Mensch, der sehr sehr viel Selbstreflexion betreibt, sodass ich zuerst immer überlege, bevor ich etwas sage. Und da meine Meinung zu vielen Themen einfach anders als "Mainstream" ist, wage ich es meist auch gar nicht die auszusprechen um nicht abgestempelt zu werden.
Ich weiß nicht wie es bei dir ist, aber ich habe gemerkt, dass ich mit den Medizinern freundschaftlich einfach nicht klar komme. All meine Freunde und auch mein Mann und meine Familie sind Nicht-Mediziner und ich fühle mich sehr wohl mit ihnen. Ich habe wahrscheinlich generell ein Problem mit der Mediziner-Mentalität.

Jedenfalls wollte ich dir einfach sagen, dass du nicht der einzige bist, der Schwierigkeiten hat sich anzupassen. Das PJ ist bald vorbei und es geht "richtig" los. Du musst keine Freundschaften auf der Arbeit knüpfen. Ich mache mir auch gar keine Hoffnungen in dieser Hinsicht und möchte es wahrscheinlich auch gar nicht. Auf der Arbeit brauche ich viel Konzentration und möchte einfach in Ruhe gelassen werden :-))

Kackbratze
30.01.2021, 21:48
"Es tat mir auch etwas weh, als ich immer mitgekriegt hatte, wie andere Mit-PJler quasi am ersten Tag schon Freundschaften geknüpft haben und ich stand oder saß einfach nur rum."
"Nach 5 Jahren und PJ habe ich keine einzige Freundschaft aus der Zeit."

Oje, was soll man da bloss machen?
Gerade mit meinen MitPJlern verbringe ich noch jeden Samstag und Sonntags ist immer Studentenstammtisch, ich fühle mit euch.

Und stelle fest, dass da irgendwas gewaltig nicht stimmt, wenn man Studium und PJ als Grundlage für Freundschaften braucht.
Koordiniert ihr euch auch noch mit euren Grundschulkontakten? Die waren ja auch schon mindestens 4 Jahre an eurer Seite?
Oder Kindergärten? Da wart ihr ja länger als in einem Pj-Tertial!

Kommt doch mal klar mit der Tatsache, dass das Leben mehr Orte bieten kann als Uni, Krankenhaus und eigene Wohnung und schon findet sich auch der Rest.

davo
30.01.2021, 23:41
@JRQ:

Fällt dir nicht auf, dass du einerseits beklagst, dass du keine Freundschaften geschlossen hast, dass du dir keine Hoffnungen diesbezüglich machst, aber andererseits auch schreibst, dass du gar nichts in diese Richtung unternommen hast?

Fällt dir nicht auf, dass du einerseits beklagst, mit Medizinern freundschaftlich nicht klarzukommen, ein Problem mit der Mediziner-Mentalität zu haben (was auch immer das überhaupt heißen soll), obwohl du es ja anscheinend gar nie probiert hast?

Die Aussage, dass du es wahrscheinlich auch gar nicht willst, klingt schon verdächtig nach der Fabel mit dem Fuchs und den Trauben.

Vielleicht solltest du in Zukunft einfach mal aktiv werden, statt nichts zu tun und dann zu beklagen, dass nichts passiert ist? Freundschaften erfordern Arbeit!

mbs
30.01.2021, 23:56
Gleich und gleich gesellt sich gern. Wer anders ist wird teilweise freundlich behandelt, das war es dann aber auch schon. An sich ist das im Beruflichen ja auch kein Problem. Unter Umständen brauchst du einfach einen anderen Menschentyp um Freundschaften zu schließen als das, was man üblicherweise unter Medizinern findet.

Wichtig ist nur, dass du dennoch in einem Team funktionierst. Kollegen müssen keine Freunde sein - im Gegenteil ist es vielleicht sogar besser ein gutes, aber neutrales Verhältnis zu haben.

JumpRopeQueen
31.01.2021, 02:26
@davo,

ich habe mit dem Thema für mich schon längst abgeschlossen, deshalb möchte ich auch nicht diskutieren.
Mein Beitrag richtet sich an den TS, damit er weiß, dass es nicht nur ihm ähnlich ging/geht.

davo
31.01.2021, 07:45
Klar, ist deine Entscheidung. Aber die Tatsache, dass du dir da keine Hoffnungen machst, klang jetzt nicht so, als hättest du mit diesem Thema abgeschlossen.

incisura_tentorii
01.02.2021, 22:35
Lieber TS,

mir ging es im Studium ähnlich. Nach 5 Jahren und PJ habe ich keine einzige Freundschaft aus der Zeit. Es tat mir auch etwas weh, als ich immer mitgekriegt hatte, wie andere Mit-PJler quasi am ersten Tag schon Freundschaften geknüpft haben und ich stand oder saß einfach nur rum.
Ich bin ein Mensch, der sehr sehr viel Selbstreflexion betreibt, sodass ich zuerst immer überlege, bevor ich etwas sage. Und da meine Meinung zu vielen Themen einfach anders als "Mainstream" ist, wage ich es meist auch gar nicht die auszusprechen um nicht abgestempelt zu werden.
Ich weiß nicht wie es bei dir ist, aber ich habe gemerkt, dass ich mit den Medizinern freundschaftlich einfach nicht klar komme. All meine Freunde und auch mein Mann und meine Familie sind Nicht-Mediziner und ich fühle mich sehr wohl mit ihnen. Ich habe wahrscheinlich generell ein Problem mit der Mediziner-Mentalität.

Jedenfalls wollte ich dir einfach sagen, dass du nicht der einzige bist, der Schwierigkeiten hat sich anzupassen. Das PJ ist bald vorbei und es geht "richtig" los. Du musst keine Freundschaften auf der Arbeit knüpfen. Ich mache mir auch gar keine Hoffnungen in dieser Hinsicht und möchte es wahrscheinlich auch gar nicht. Auf der Arbeit brauche ich viel Konzentration und möchte einfach in Ruhe gelassen werden :-))

Danke dir für deine ausführliche Antwort, das ist durchaus ein Trost wenn man mit solchen Erfahrungen nicht alleine dasteht :)

felicitously
10.03.2023, 12:06
Es gibt da auch einen gewissen "Teufelskreis".

Der geht in etwa so:

Ich denke die Leute finden mich komisch --> Ich denke darüber nach und verhalte mich dann tatsächlich komisch / abweisend weil ich denke, sie können mich nicht leiden ---> Den anderen fällt dein abweisendes / "komisches" Verhalten dann tatsächlich auf

Und somit folgt eine "selbsterfüllende Prophezeiung"

Du hast scheinbar von dir eine "vorgefertigte" Meinung, die du dann anderen, die dich nicht kennen, quasi "aufdrückst".
Und da sie dich nicht kennen, können sie dich auch gar nicht komisch finden. Und von daher würde ich einfach versuchen nicht so viel persönlich zu nehmen und einfach "offen" zu sein zu neuen Leuten und dir ein etwas "dickeres Fell" zuzulegen, wenn man halt mal nicht direkt harmoniert.