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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wissenschaftszeitvertragsgesetz



Wei?kittel
09.02.2021, 21:43
Liebe Kollegen,

habe mich heute mit einer lieben Freundin unterhalten, die aktuell total Panik hat. Ihre Doktorarbeit ist leider grandios gescheitert und nach 5 Jahren Uniklinik will sie an ein städtisches Klinikum wechseln. Jetzt hat sie totale Angst, dass sie da nur für ein weiteres Jahr beschäftigt werden kann, weil das Klinikum ja ein Lehrkrankenhaus wäre.

Ich habe mich damit ja nie wirklich beschäftigt, weil der Dr. med. bei mir in trockenen Tüchern ist, aber stimmt das denn? Gilt das Wissenschaftszeitvertragsgesetz denn nicht nur an der Uniklinik selbst?

Danke!

Kandra
09.02.2021, 21:50
Liebe Kollegen,

habe mich heute mit einer lieben Freundin unterhalten, die aktuell total Panik hat. Ihre Doktorarbeit ist leider grandios gescheitert und nach 5 Jahren Uniklinik will sie an ein städtisches Klinikum wechseln. Jetzt hat sie totale Angst, dass sie da nur für ein weiteres Jahr beschäftigt werden kann, weil das Klinikum ja ein Lehrkrankenhaus wäre.

Ich habe mich damit ja nie wirklich beschäftigt, weil der Dr. med. bei mir in trockenen Tüchern ist, aber stimmt das denn? Gilt das Wissenschaftszeitvertragsgesetz denn nicht nur an der Uniklinik selbst?

Danke!

Gilt nur an der Uniklinik.

daCapo
09.02.2021, 22:06
Gilt nur an der Uniklinik.

Genau, diese Gesetz gilt nur für die Uniklinik, da bist du aber dann über die Uni angestellt . 6 Jahre befristet bis zur Promotion. 9 Jahre befristet mit Promotion und dann muss sich die Uniklinik bzw Universität entscheiden, ob unbefristet oder nicht. Grundsätzlich sollen nur 40-50% der angestellten Ärzte unbefristet sein, damit Nachwuchs auch ne Chance hat.
Sozusagen dauerhafte Befristung durch die Hintertür :-)

Die Uniklinik kann jmd. ohne Promotion auch bei der Anstalt des öffentlichen Rechts unbefristet beschäftigen. Es ist aber eher selten, dass ein Arzt ohne Promotion an der Uniklinik unbefristet beschäftigt wird.

Ob wir dadurch in DE zur internationalen Spitze gehören, was medizinische Forschung betrifft, ist eine andere Frage.
Genau so die Frage, ob nicht jeder mit Abschluss einfach den Titel M.D. bekommt statt zahlreicher kleiner retrospektiver Arbeiten mit 10-20 Patienten fürs Archiv.

Haffi
10.02.2021, 06:17
Im Studium wird meiner Meinung nach viel zu wenig darauf hingewiesen. Kenne kaum einen Studierenden, der das auf dem Schirm hat. Dafür aber unzählige ehemalige KommilitonInnen, die sich hochmotiviert nach dem Physikum eine Arbeit suchten, zum Teil im Verlauf ein Freisemester nahmen und zum Antritt der ersten Stelle dann gerade mal noch 1-2 Jahre übrig hatten.

tragezwerg
10.02.2021, 07:29
Das gilt zum Glück nur direkt an der Uni. Hier in meiner Region könnte man sonst nirgendwo mehr arbeiten, weil alle Kliniken außer privaten "Schönheits"kliniken Lehrkrankenhäuser sind.

Bonnerin
10.02.2021, 07:33
In welchem Bundesland soll sich das denn zugetragen haben?
Ob und wann du die Promotion anfängst ist vollkommen irrelevant. Du bist ja vorher i.d.R. nicht als wissenschaftlicher Mitarbeiter irgendwo an der Uniklinik beschäftigt, sondern allenfalls als SHK. Die 5 Jahre beginnen mit dem ersten Arbeitsvertrag und zählen auch nur in der Zeit, in der du da beschäftigt bist (z.B. 3 Jahre Uniklinik, 2 Jahre städtisch, danach kannst du noch 2 Jahre als FA an die Uni, aber dann muss der Titel da sein). Zumindest in NRW.

Sorgt halt dafür, dass teils extrem fähiges Personal abwandert, weil die Diss nix ist. Andererseits kann man so die Assistenten auch gut zwingen, in der eigenen Abteilung ne schlecht betreute Diss annehmen zu müssen, weil diese Kündigungsandrohung immer da ist. Spart man sich aber z.B. auch alles, wenn man in Ö studiert hat, zumindest in NRW zählt der Dr. med. univ. als ausreichend.

roxolana
10.02.2021, 08:28
Also uns hat man bei Promotionsbeginn gesat, dass die Uhr ab Beginn der Promotionsvereinbarung anfängt zu ticken, egal ob man als Student angestellt ist oder nicht.

Bonnerin
10.02.2021, 09:16
Wurde bei uns nicht so gesagt und wäre auch spannend. Bei einer abgebrochenen Promotion mit Vertrag und allem, die ich hatte, würde ich demnach jetzt schon dagegen verstoßen und hätte nie mit der ärztlichen Tätigkeit anfangen dürfen. ^^

roxolana
10.02.2021, 09:51
Klar darfst du ärztlich tätig werden, nur muss die Uni dann nach Ablauf des Zeitraums deinen Vertrag entfristen. Der Zeitraum nach Abbruch der Diss dürfte aber auch nicht mitzählen.

Haffi
10.02.2021, 09:54
In welchem Bundesland soll sich das denn zugetragen haben?
Ob und wann du die Promotion anfängst ist vollkommen irrelevant.

In NRW. Ob und wann man mit der Promotion beginnt ist hierbei sehr relevant. Ob und in welcher Form man dabei angestellt ist, spielt hingegen keine Rolle. Es zählt der Zeitpunkt, zu dem das Promotionsvorhaben vereinbart wurde. Inwieweit das in deinem individuellen Fall nachweisbar ist, ist natürlich eine andere Sache. Und wie immer: Wo kein Kläger, da kein Richter ;)

daCapo
10.02.2021, 10:05
Also uns hat man bei Promotionsbeginn gesat, dass die Uhr ab Beginn der Promotionsvereinbarung anfängt zu ticken, egal ob man als Student angestellt ist oder nicht.

Nee, sobald du als Mitarbeiter der Universität an der Uniklinik ohne Promotion befristet arbeitest laufen 6 Jahre und da werden auch Zeiten als Studentische Hilfskraft angerechnet.
Ich hatte viele Kollegen mit Null Interesse an Promotion und ohne Promotionsvereinbarung dementsprechend, die eigentlich auch nur dort zur "Überbrückung" für eine Zeit gearbeitet haben.

>>Wissenschaftliches und künstlerisches Personal mit akademischer Ausbildung kann ohne besonderen Sachgrund bis zu sechs Jahren befristet beschäftigt werden. Darunter fallen auch Ärzte. Nach einer Promotion ist nochmals eine Befristung von sechs Jahren zulässig. In der Medizin gilt nach der Promotion eine Höchstdauer von neun Jahren, damit soll die generell längere Qualifikationsdauer von Ärzten (zum Facharzt) berücksichtigt werden. Oft spricht man lediglich von der „12-Jahres-Regel“ (und unterschlägt so den Ausnahmefall der 15-Jahresregelung in der Medizin). <<

Aber: Falls da wirklich jmd in die Enge getrieben wird und es an 6 Monaten scheitern sollte, können
Höchstbefristungsdauern für Qualifizierungen unter besonderen Umständen kurz „verlängert“ werden.
Zwei meiner Kollegen haben entweder eine Punktlandung gemacht oder es wurde kurz verlängert mit der Begründung: ja schon eingereicht; in der Prüfung usw.


In welchem Bundesland soll sich das denn zugetragen haben?
Ob und wann du die Promotion anfängst ist vollkommen irrelevant. Du bist ja vorher i.d.R. nicht als wissenschaftlicher Mitarbeiter irgendwo an der Uniklinik beschäftigt, sondern allenfalls als SHK. Die 5 Jahre beginnen mit dem ersten Arbeitsvertrag und zählen auch nur in der Zeit, in der du da beschäftigt bist (z.B. 3 Jahre Uniklinik, 2 Jahre städtisch, danach kannst du noch 2 Jahre als FA an die Uni, aber dann muss der Titel da sein). Zumindest in NRW.

Sorgt halt dafür, dass teils extrem fähiges Personal abwandert, weil die Diss nix ist. Andererseits kann man so die Assistenten auch gut zwingen, in der eigenen Abteilung ne schlecht betreute Diss annehmen zu müssen, weil diese Kündigungsandrohung immer da ist. Spart man sich aber z.B. auch alles, wenn man in Ö studiert hat, zumindest in NRW zählt der Dr. med. univ. als ausreichend.

Genau: Arbeitsvertrag und Zeiten als studentische Hilfskraft (meist ja nur wenige Zeiten) zählen.
Es sind insgesamt 6 Jahre befristet ohne Promotion, nicht 5 Jahre.

Naja auch in der Peripherie werden gute Leute gebraucht. An der Uni ist es immer ein Kommen und Gehen und es ist so gewünscht. In der einen Abteilung mehr und in der anderen weniger. Die eine Abteilung ist forschungsstark und modern, die andere weniger. Wenn die Promotion aus Österreich anerkannt wird, ist es eher nachteilig, weil man dann nur 9 Jahre befristet an der Uni sein kann statt 15 (wer sowas überhaupt will).


Klar darfst du ärztlich tätig werden, nur muss die Uni dann nach Ablauf des Zeitraums deinen Vertrag entfristen. Der Zeitraum nach Abbruch der Diss dürfte aber auch nicht mitzählen.

Du musst irgendeine Promotion in der Medizin machen innerhalb von 6 Jahren. Thema/Fachwechsel erlaubt. Kann auch eine retrospektive Studie mit 25 Patienten sein, wo die Zufriedenheit mit dem Allgemeinmediziner auf dem Land als Thema gewählt wurde, um es überspitzt darzustellen.

Cingulum123
11.02.2021, 17:30
Wie ist das eigentlich, wenn man die Uni und sogar das Bundesland wechselt? Zählen da die Zeiten von Uni 1 auch an Uni 2? Betrifft mich selber nicht, bin glücklich in der Peripherie. Finde es aber interessant und war mir so gar nicht bewusst.

daCapo
11.02.2021, 17:51
Wie ist das eigentlich, wenn man die Uni und sogar das Bundesland wechselt? Zählen da die Zeiten von Uni 1 auch an Uni 2? Betrifft mich selber nicht, bin glücklich in der Peripherie. Finde es aber interessant und war mir so gar nicht bewusst.

Yup die zählen auch.

lara162
18.02.2021, 16:58
Wie ist das, wenn man seine Diss. schon im Studium abgeschlossen hat, fängt man dann gleich bei den 9 Jahren an oder sind es dann 9 + 6 (weil "gespart")?

Wie ist das rechtlich, wenn man noch mal einen befristeten Vertrag unterschrieben hätte und der wäre nicht mehr gültig/rechtens von der Befristungslage. Automatisch entfristet?
..trifft bei mir wohl nicht zu, durch Kinder werden ja auch nochmal anscheinend +2 Jahre/Kind drauf gerechnet, aber wäre mal interessant und langsam aber sicher nähert sich auch die Front. Gibt bei uns jedoch genug, die dann erstmal mit Kurzzeitverträgen a la Drittmittel oder sonstige Begründungen hin gehalten werden (bei denen ists dann aber idR die fehlende Promotion, nach der dann ja die nächste Befristungsorgie los geht...).

daCapo
18.02.2021, 18:20
Wie ist das, wenn man seine Diss. schon im Studium abgeschlossen hat, fängt man dann gleich bei den 9 Jahren an oder sind es dann 9 + 6 (weil "gespart")?

Wie ist das rechtlich, wenn man noch mal einen befristeten Vertrag unterschrieben hätte und der wäre nicht mehr gültig/rechtens von der Befristungslage. Automatisch entfristet?
..trifft bei mir wohl nicht zu, durch Kinder werden ja auch nochmal anscheinend +2 Jahre/Kind drauf gerechnet, aber wäre mal interessant und langsam aber sicher nähert sich auch die Front. Gibt bei uns jedoch genug, die dann erstmal mit Kurzzeitverträgen a la Drittmittel oder sonstige Begründungen hin gehalten werden (bei denen ists dann aber idR die fehlende Promotion, nach der dann ja die nächste Befristungsorgie los geht...).

a) Dann fängst du bei 9 Jahren an, Vollzeit versteht sich
b) wenn du meist einen nicht rechtsgültigen Vertrag unterschrieben zu haben, dann solltest du das besser mit deinen Vorgesetzten klären
c) Wo steht das im Wissenschaftszeitgesetzt, dass ein Kind 2 Jahre zusätzlich bedeutet in befristeten Verträgen an der Uni? Kannte ich bisher nicht. Wenn man Teilzeit arbeitet, verlängert sich natürlich die Zeit um 50%. Vllt ist das gemeint?

lara162
18.02.2021, 21:33
die zulässige Befristungsdauer verlängert sich in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben.

Daraus schließe ich: schneller als 6 Jahre promoviert, restliche Zeit hinten dran hängen (ergo 9+x). Oder verstehe ich da was falsch?

Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren um zwei Jahre je Kind.

Quelle § 2 WissZeitVG

Wie gesagt, mein Vertrag wird rechtsgültig sein, darum geht es mir auch gar nicht und es besorgt mich auch nicht. Bei uns wird auch entfristet, wenn es dann endlich sein muss und die Zeiten ausgeschöpft sind (und man vorher nicht gegangen ist). Nichtsdestotrotz sind manche Dinge ja trotzdem interessant zu wissen, falls sich etwas heraus stellt, wovon man vorher nicht ausgegangen ist. Liegt eine unwirksame Befristung vor, gilt man in der Rechtsprechung eben normalerweise als entfristet.

daCapo
18.02.2021, 22:48
die zulässige Befristungsdauer verlängert sich in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben.


Von der Verwaltung kenne ich es so, dass 9 Jahre gelten, das muss jedoch nix heißen. Müsste aber ehrlich gesagt nochmal nachfragen bei einem Juristen. Für mich ist der Satz nicht eindeutig formuliert.

Daraus schließe ich: schneller als 6 Jahre promoviert, restliche Zeit hinten dran hängen (ergo 9+x). Oder verstehe ich da was falsch?



Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren um zwei Jahre je Kind.


Yo dann, Betreuung von Kinder anstreben :-) möglichst viele, wenn das Mal kein Grund ist eine Familie zu gründen. Arbeit an der Uniklinik. Wirklich eine nette Idee der Gesetzgeber in DE. Hätte ich nicht gedacht.



Wie gesagt, mein Vertrag wird rechtsgültig sein, darum geht es mir auch gar nicht und es besorgt mich auch nicht. Bei uns wird auch entfristet, wenn es dann endlich sein muss und die Zeiten ausgeschöpft sind (und man vorher nicht gegangen ist). Nichtsdestotrotz sind manche Dinge ja trotzdem interessant zu wissen, falls sich etwas heraus stellt, wovon man vorher nicht ausgegangen ist. Liegt eine unwirksame Befristung vor, gilt man in der Rechtsprechung eben normalerweise als entfristet.

Wieso sein muss? Entfristet ist deutlich besser.
Ja da hast du Recht.