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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie geht man eiene „Forschungslaufbahn“ in der Medizin an



M?chtegernArzt
01.03.2021, 13:47
Hallo liebes Forum,

Zu mir:
Ich starte bald ins Medizinstudium. Das war auch immer mein Traum. Allerdings muss ich sagen dass mich der klassische praktizierende Arzt bei weitem nicht so interessiert wie der rein wissenschaftlich arbeitende Arzt. Das hängt mit den verschiedensten Sachverhalten zusammen... ich würde als Chirurg gar nichts taugen (ich kann nicht einmal nen geraden Strich mit dem Bleistift ziehen) und die anderen klinischen Fächer interessieren mich auch nicht brennend.
Ich bin ein neugieriger, theoretischer und wissbegieriger Mensch. Die Wissenschaft & Forschung hat mich schon immer interessiert. Soweit ich das jetzt beurteilen kann, würde ich gerne Medizin studieren und voll und ganz die wissenschaftliche Laufbahn anstreben.

Nun zu meinen Fragen...

Generell: Wie geht man das an ? Welche Bemühungen sollte man im Studium schon unternehmen ? Ich denke eine sehr Forschungslastige Universität ist schon einmal sehr wichtig, genauso wie akademische Topleistung und frühes Engagement. Heidelberg wäre bei mir direkt um die Ecke... gute Idee ? Habt ihr irgendwelche Ratschläge für das Studium ? Erfahrungswerte ? Ich bin dankbar um jeden der sich beteiligt :)


Auch die Wahl nach der Fachrichtung finde ich noch sehr herausfordernd...
Welche Fachrichtungen sind sehr Forschungslastig ? Mir schweben da Kleinstfächer wie Humangenetik, Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie vor. Meine Frage ist auch generell in welchen Fächern in Zukunft noch große Forschungsarbeit geleistet werden muss.... Genforschung beispielsweise finde ich mega interessant, allerdings glaube ich dass die Forschung darin eher von Biologen als von Medizinern getrieben wird. Wo seht ihr die Steckenpferde der Medizinischen Forschung? Oder ist es überhaupt nicht mal sinnvoll mit dem Medizinstudium die Forschungslaufbahn anzustreben und ich sollte lieber in Richtung Biologie / Chemie was studieren ?

Ich bin gespannt auf eure Meinungen :)

Jennifer070491
01.03.2021, 19:27
Wenn du jetzt schon weißt, dass dich die Klinik quasi nicht interessiert und du lieber in die Forschung möchtest, würde ich dir empfehlen Molekulare Medizin zu studieren. Da hast du zwar den medizinischen Aspekt dabei, aber es ist auf Wissenschaft ausgelegt.
Denn was du nicht vergessen darfst beim Medizinstudium: Du musst trotzdem 6 Semester durch die Klinik mit Blockpraktika und Famulaturen mit Patientenkontakt und praktischen Anwendungen und am Ende steht noch das PJ an. Du wirst also um eine praktische Tätigkeit am Patienten nicht drum herum kommen im Studium. Da ist die Frage, ob du dir das überhaupt antun möchtest oder nicht lieber direkt etwas anderes studierst wie Molekulare Medizin oder auch Biologie.

Matzexc1
01.03.2021, 19:30
Humanbiologie würde ich auch als Option sehen.

Was nach dem Medizinstudium auch noch kommt ist übrigens eine mindestens 1-jährige klinische Tätigkeit, die du für die von dir genannten Fächer machen musst.

M?chtegernArzt
01.03.2021, 21:24
Es ist ja nicht so als würde ich den Kontakt zum Patienten komplett scheuen. Es würde mir schon auch spaß machen keine Frage. Aber ich gebe dir schon Recht. Es wirkt unnötig durch die Klinik zu spazieren, wenn man weiß, dass man es eigentlich nicht zwingend bräuchte und mit einem anderen Studienplatz schneller wissenschaftlich arbeiten könnte. Aber wenn man danach geht wäre ja jeder Mediziner in der Forschung diesen Umweg gegangen... gibt es nicht auch klassische Forschungsfelder die hauptsächlich von Medizinern begleitet werden ?

Matzexc1
01.03.2021, 21:42
Naja, in der Chirurgie kenne ich 1 Vollzeitforscher und der muss sich seine Drittmittelstelle jedes Jahr neu erhalten.

Es gibt Häuser die einfach das Fremdjahr bescheinigen und du kannst gleich loslegen, aber das hängt wirklich vom haus und vom Chef ab

M?chtegernArzt
02.03.2021, 18:22
Andere Frage:
Kann ich den Facharzt auch einfach sein lassen und dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter weiter forschen ? Oder gar noch ein PhD Programm drauf setzen ? Ist der Facharzt zwingend notwendig um wissenschaftlich was zu taugen ? Ein interessantes beispiel ist da doch sicherlich Karl Lauterbach. Er hat meines Wissens nach auch nie einen FA gemacht und stattdessen seine Zeit der Wissenschaft gespendet...

Feuerblick
02.03.2021, 18:29
Na, ob der ein leuchtendes Beispiel ist... :-nix
Um „wissenschaftlich was zu taugen“ (was auch immer du dir darunter vorstellst), braucht man keinen Facharzt. Aber um Wissenschaft betreiben zu können, brauchst du in aller Regel ein Fachgebiet, klinische Erfahrung in ebenjenem und irgendwann zweckmäßigerweise einen Facharzttitel.
Wenn du wirklich nur „forschen“ willst, dann solltest du nicht Medizin studieren. Aber das sagten die anderen ja bereits.

Evidence based
08.03.2021, 10:38
Ich würde generell niemandem empfehlen Biologie, molekulare Medizin oder sonst irgendeinen Studiengang im Bereich Life Science zu absolvieren. Die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt ist riesig, die Beschäftigungsbedingungen in der akademischen Forschung sind prekär. Einen akademischen Mittelbau gibt es nicht mehr. Dementsprechend muss man zwangsläufig eine Professur erhalten oder großes Glück haben und in der Industrie eine wissenschaftliche Position finden (das ist aber in den seltensten Fällen klassische experimentelle Arbeit).

Als Arzt hat man da insgesamt bessere Aussichten, da man nicht zwangsläufig auf eine wissenschaftliche Stelle angewiesen ist um seine Brötchen zu verdienen. Zur Not geht man halt wieder in die Klinik wenn es mit der reinen Forschungstätigkeit nicht klappt.

Um als Arzt in der Forschung Fuß zu fassen ist der erste Schritt eine sehr gute Doktorarbeit (am besten summa) entweder experimentell oder klinisch prospektiv zu schreiben. Daraus sollten mehrere Publikationen, insbesondere Erstautorenschaften entstehen. Nach dem Studium besteht häufig die Möglichkeit über den Doktorvater für mehrere Jahre in die USA oder nach England zu gehen und dort als Postdoc witer Erfahrung und Publikationen zu sammeln. Mit viel Glück erhält man dann als Rückkehrer auf Antrag Drittmittel (z.B. Emmy-Noether-Programm) um eine eigene Arbeitsgruppe aufzubauen. Eventuell reicht es dann irgendwann für die Habilitation. Abhängig von den Publikationen und der wissenschaftlichen Expertise sowie einer guten Portion Vitamin B erhält man dann eventuell den Ruf für eine Professur.

Man sollte da nicht blauäugig herangehen. Es gehören eine Menge Motivation, Leidensfähigkeit, Obrigkeitshörigkeit und unglaublich viel Glück sowie gute Beziehungen dazu. Ein Facharzt ist nicht zwangsläufig notwendig. Mir persönlich hat es nach knapp 6 Jahren den Spaß an der akademischen Forschung verdorben und ich habe mich (wie so viele andere) umorientiert.

elastic
26.03.2021, 10:09
gibt es nicht auch klassische Forschungsfelder die hauptsächlich von Medizinern begleitet werden ?

guck dir mal Pathologie, Labormedizin oder Mikrobiologie an, dort gibt es verhältnismäßig wenig Patientenkontakt und viel Wissenschaft.

btw sehr guter Beitrag von Evidence based.