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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der 7. Fall



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lala
15.12.2003, 13:54
Hallo Ihr,

da ich - krankheitshalber - zZ eh dauernd online bin, könnte ich euch noch `nen interessanten Fall posten - nur falls sonst keiner will......:

Frau, 65 Jahre alt, kommt in der chirurgischen Ambulanz an mit Z.n. Sturz auf den Kopf und wird mir neurologisch vorgestellt mit der Frage "Commotio? weitere Diagnostik/Therapie erforderlich?"

Pünktchen
15.12.2003, 17:02
Ich fange mal mit ner kurzen Frage an :-D

Wann war der Sturz?

Alles wird gut
15.12.2003, 17:12
Mit welchem Teil des Schädels genau ist sie aufgestoßen? Wie kam es zu dem Sturz? Äußere Verletzungen? Ist sie ungebremst gefallen oder konnte sie sich noch abstützen/festhalten? Ist sowas schon mal vorgekommen?

lala
15.12.2003, 17:17
ok, gute Fragen...leider muss ich nun erstmal gestehen, dass ich es nicht selbst war die die Patientin da zunächst gesehen hat sondern meine Kollegin...aber egal, es läßt sich auch so rekonstruieren:

Also Patientin kommt Samstagnachmittag per RTW in die Ambulanz, der Ehemann erzählt, sie sei gerade eben zuhause "gestürzt", das würde sie öfter mal tun, einfach gefallen und mit dem Hinterkopf aufgeprallt... diesmal wäre sie aber kurz nicht ansprechbar gewesen weshalb er den Arzt gerufen habe...

So viel zur Unfallanamnese...

katrin1
15.12.2003, 17:50
Wie wirkt die Patientin? Ist sie wach? Hat sie Kopfschmerzen? Tut ihr irgendein Körperteil weh? An welche Situation vor dem Sturz erinnert sie sich? Nimmt sie Medikamente ein? Antikoagulantien?

Gaja
15.12.2003, 17:57
Seit wann bestehen die Stürze? wie siehts mit Vorerkrankungen aus v.a. Herz-Kreislauf.?

lala
15.12.2003, 18:34
Also, die Patientin ist wach, wirkt verlangsamt, zeitlich nicht sicher orientiert was die Eigenanamnese nicht gerade einfach macht, ja Kopfschmerzen hätte sie, und ihr wäre sehr übel....an die Zeit vor dem Sturz erinnert sie sich, plötzlich seien die Beine weggesackt, was dann war weiß sie nicht sicher...
Der Ehemann erzählt dann noch, dass ihr seit einigen Wochen oder gar Monaten immer wieder übel sei, sie auch immer wieder erbrechen müsse, ja stürzen würde sie häufiger in den letzten Wochen etwa 2-3mal pro Woche.
Vorerkrankungen weiß er nicht so genau, Medikamente auch nicht, aber Marcumar oder ASS würde sie nicht nehmen meint er...

katrin1
15.12.2003, 18:39
Unter welchen Umständen tritt das Erbrechen auf? Auch morgens früh, nüchtern?

Gaja
15.12.2003, 18:39
also keine Vorerkrankungen bekannt?

Diabetes?


Dann können wir ja zur klinischen Untersuchung übergehen.

Am Kopf v.a. Hirnnerven prüfen
Hals: LK + Schilddrüse + Venenstauung?
Lunge + Herz + RR!!! + Puls


ganz wichtig natürlich auch der Hydratationsstatus (Hautturgor etc)

etc.

Pünktchen
15.12.2003, 19:00
Wo wohnt die Patientin? (Gegend, Heim?)
Mit wem wohnt die Patientin?
Wie selbständig ist sie gewesen? (vor dem Sturz)

Sebastian1
15.12.2003, 20:19
Und so ziemlich gleich nach dem "Hallo"-Sagen würd ich - auch wenn die körperliche Untersuchung nach der Anamnese erfolgen soll, der Patientin doch gern mal einen Blick in die Augen - sprich: auf die Pupillen - werfen. Anisochorie? Entrundungen? Lichtreaktion? Nur mal so als Einwurf :)

Gruß,
Sebastian

lala
15.12.2003, 20:36
Cooler Einwurf Sebastian ;-)

@Gaja:
Deine Fragen sind gut und Untersuchungsvorschläge auch, aber wie gesagt Patientin in der C-Ambulanz und die Frage an mich bzw. die Kollegin ist "Commotio? weitere Diagnostik?", d.h. erstmal die Notfallsituation und wie es dann weitergeht (womöglich internistisch womit wir raus wären) muss man dann sehen....
In einem durchschnittlichen WE-Dienst kriegt man ca 4-5 solche Konsile von der Chirurgie (Rosenmontag und Vatertag locker 20-30....), da beschränkt man sich auf die einfachen Dinge :-)
@katrin:
Erbrechen sei tageszeitlich unabhängig, oft morgens nach dem Aufstehen, aber auch nachmittags hin und wieder
@pünktchen:
Patientin wohnt mit ihrem Mann, etwa gleiches Baujahr, beide normal gepflegter Zustand, selbständig den Haushalt geführt natürlich...

So, nun zur orientierenden Untersuchung:

Pupillen mittelweit, isokor, Lichtreaktion bds. normal, Abducensparese rechts (ups- jetzt erzählt sie dann auch sie habe Doppelbilder - ja in letzter Zeit schon mal häufiger....), sonstiger Hirnnervenstatus oB
Keine Paresen, Muskeleigenreflexe oB, kein Babinski, kein sensibles Defizit, Finger-Nase-Versuch und Kni-Hacke-Versuch oB, als sie dann aufgefordert wird sich hinzustellen (Romberg/Seiltänzergang etc.) fängt sie prompt an sich zu übergeben....

Und nu? Commotio? weitere Diagnostik erforderlich???

Gaja
15.12.2003, 20:40
hm die Symptome hat sie ja schon teilweise vor dem Sturz gehabt, daher wohl eher nicht Commotio. Ich würde als nächstes ein Schädel-MR machen.

Pünktchen
15.12.2003, 20:49
Wie wäre es, wenn wir mal grob feststellen, ob sie ne Hörminderung auf einer Seite hat?

Guckt mal einer sich das Trommelfell an? (Loch?)

Hat sie schön mal ne Mittelohrentzündung gehabt? Wenn ja wann zu letzt....

Alles wird gut
15.12.2003, 20:52
Original geschrieben von doclala
Erbrechen sei tageszeitlich unabhängig, oft morgens nach dem Aufstehen, aber auch nachmittags hin und wieder


Ganz klar! Die Frau ist schwanger!!! :-D

Mich würde neben einem MRT/CT auch noch der Hirndruck der Frau interessieren!
Eine Commotio ist, trotz der vorher schon bestehenden Symptome, noch nicht auszuschließen, oder!?

lala
16.12.2003, 07:52
So, erstmal zu der 1.Frage der Chirurgen "Comotio?" - Ja, mindestens `ne Commotio, denn sie war höchstwarscheinlich kurz bewußtlos und hat eine kurze Amnesie für die Zeit nach dem Sturz. Commotio heißt dann nämlich immer automatisch "Überwachung empfohlen!".
Wichtig in so `ner Notfallsituation ist immer der Unterschied zwischen Schädelprellung (keine wirkliche Bewußtlosigkeit, keine Amnesie) - Commotio cerebri - Contusio cerebri oder ICB (immer mehr als nur die Amnesie, also irgendwie neurologisch auffällig).

So, weitere Diagnostik?
@pünktchen: ins Ohr sehen? ..-so lange sie da nichts von erzählt und auch keinen Schlag aufs Ohr bekommen hat würden weder der Chirurg noch einer von uns das tun...
@Gaja: Ja, ein Bild muss erstmal her - da es Wochenende ist kriegen wir notfallmäßig eh kein MRT, aber sehr schnell ein CT - ist aber auch zur Frage nach Contusionsherden oder Blut im Kopf ist auch völlig ausreichend.
@AWG: Hirndruck? Du willst aber nicht dass ich der armen Frau jetzt ne Sonde in den Ventrikel lege oder ;-) ?
CT tut es erstmal auch....

lala
16.12.2003, 07:56
CT-Befund:
Altersentsprechender Befund mit normaler Weite der Ventrikel, kein Nachweis einer intrakraniellen Blutung, wenige mikroangiopathische Veränderungen, kein Nachweis frischer oder älterer Territorialischämien.
Aufweitung der A.basilaris kurz nach dem Abgang auf eine Weite von max. 3.2 mm, sonstige Gefäße (in der CT-Angiographie) unauffällig.

Und nun? Wohin mit der Frau?

Alles wird gut
16.12.2003, 10:29
Original geschrieben von doclala
@AWG: Hirndruck? Du willst aber nicht dass ich der armen Frau jetzt ne Sonde in den Ventrikel lege oder ;-) ?


Ich dachte auch nicht unbedingt gleich an einen Wert in mmHg, sondern an ne Überprüfung auf ne Stauungspapille oder bei erhärtetem Verdacht auch ne Lumbalpunktion...

Auch wenn sie vorher vielleicht noch einen regelrechten Druck hatte, besteht nicht nach nem Schädeltrauma immer die Gefahr eines Hirnödems mit resultierender Drucksteigerung?

katrin1
16.12.2003, 10:47
Moment... Zwischenfrage:


oder bei erhärtetem Verdacht auch ne Lumbalpunktion...

Grade bei V.a. erhöhten Hirndruck, darfst Du doch in keinem Fall eine LP machen, oder?

alex1
16.12.2003, 15:50
Tja, dann muß man doch die arme Frau noch überwachen und außerdem noch feststellen wieso sie so oft auf einmal stürzt.
Also, aufnehmen und weitere Diagnostik veranlassen...

Wie wär's mal mit BB und Serumwerte?