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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Sind Kliniker engagierter in der Lehre als Vorkliniker?



Faust601
16.12.2003, 17:33
Ich hatte heute eine kleine Diskussion mit Freunden über die Lehre in Vorklinik und Klinik.

Ausgangspunkt war die These, in der Klinik würde man es den Dozenten anmerken, dass es ihnen Freude bereitet, uns das Wissen ihres Faches zu vermitteln, während in der Vorklinik die Dozenten keinen Bock auf Medizinstudenten hätten, zumal dies ja auch ziemlich viele Nicht-Mediziner sind.

Ich konnte mich damit nicht so richtig anfreunden, denn mir fallen auf Anhieb zahlreiche Dozenten aus der Vorklinik ein (auch Nicht-Mediziner), die sich sehr viel Mühe gegeben haben, andererseits gab es auch in meiner zugegebenermaßen noch relativ kurzen Klinik-Zeit durchaus auch schon Leute, die ich eben nicht so doll fand.
Damit meine ich jetzt weniger die Qualität der Vorlesungen (Rhetorik, Interaktivität etc.), sondern eben die Begeisterung, die die Leute für die Lehre erkennen liesen.

Könnte das Vorurteil (?) gegenüber den Vorklinikern vielleicht auch einfach darauf beruhen, dass der Stoff vielleicht teilweise weniger interessant ist (z.B. Physik), und man deshalb die Bemühungen der Dozenten nicht so richtig zu würdigen weiß?

Was meint ihr dazu?

Lava
16.12.2003, 17:56
Ich muss diesem "Vorurteil" nach kurzem Nachdenken eigentlich eher zustimmen.
Die Vorlesungen sind nach wie vor sehr durchwachsen und teilweise ganz schön mies. Aber da du ja eher auf die Motivation ansprichst, hab ich folgende Theorie zu bieten: man unterrichtet sein Fach umso begeisterter, je mehr man es selbst toll findet UND je mehr es die Studenten interessiert. Ich schätze, in der Vorklinik haben die Dozenten einiger Fächer einfach jahrelang die Erafhrung gemacht, dass die Studenten sich eher nicht für Biochemie, Anatomie oder gar Physik interessieren und gehen acuh mit dieser Einstellung an die Kurse heran, "Mensch, da sitzen schon wieder 40 Leute, die lieber Ski fahren oder im Schwimmbad sein wollen". Außerdem betreiben die Vorkliniker ja zum größten Grundlagenforschung und haben nicht soo viel mit Menschen zu tun wie die Kliniker. Das merkt man bei uns teilweise anderen Einstellung: da steht eben oft das Wissen-hineinprügeln im Vordergrund, ohne sich darum zu scheren, ob die Studenten das interessiert und ob das Wissen überhaupt irgendeine Praxisrelevanz hat. Bei uns kommt noch hinzu, dass die Vorkliniker gern auf die Examensergebnisse schielen und von uns erwarten, dass wir möglichst gut abschneiden. Jedes Jahr werden besonders in Physio die Physikumsergebnisse präsentiert und kommentiert.
In der Klinik läuft es zumindest zur Zeit noch so, dass die Studenten ziemlich interessiert an allem sind. Nicht nur in den U-Kursen, sondern auch in den Vorlesungen. Weil man einfach plötzlich sein Wissen aus der Vorklinik anwenden kann und ganz neue Sachen lernt, die einen direkten Einfluss auf Patienten haben - Medizin eben. Sicherlich gibt's auch hier Ausnahmen. Biomathe zum Beispiel ;-) Da wissen die Dozenten genau, dass Biomathe 95% der Studenten phänomenal ank***t. Aber wenn die Dozenten, wie es in den U-Kursen of der Fall ist, positive Rückmeldungen bekommen, weil die Studenten mitarbeiten und Fragen stellen, macht es ihnen selbst natürlich auch mehr Spaß.

Neujahrsrakete
16.12.2003, 18:00
Bei uns gab es in der Vorklinik viele sehr gute Dozenten. Egal, ob das jetzt Mediziner oder Naturwissenschaftler waren...in jedem Fach gab es wirklich gute und nette Leute in der Lehre. Auch wenn man Physik, oder irgendein anderes vorklinisches Fach, nicht gerade wahnsinnig toll findet, so sollte man doch trotzdem unterscheiden, ob die Lehrkraft beknackt ist, oder ob einem das Fach zwar keinen Spaß macht, die Lehrkraft aber trotzdem ok ist.

In der Klinik haben wir zwar auch immer wieder ganz gute Dozenten. Aber meiner Meinung nach ist es ein riesengroßer Fehler im Lehrsystem an den Unikliniken, daß die Lehrenden sowohl für die Lehre, als auch für die Patientenversorgung zuständig sind, und dann noch zusätzlich forschen müssen. Alle drei Bereiche kann kein Mensch gleichzeitig sinnvoll "bedienen", so daß es völlig klar ist, welcher der Bereiche als erstes zu kurz kommt: natürlich die Lehre. Denn dafür gibt es (noch) kein extra Geld. Die Lehre ist also lästig, wird mal eben dazwischen geschoben oder auf Assistenten abgeschoben, die dann in den Hörsaal kommen und so etwas sagen, wie: "ich habe vor 30 Minuten erfahren, daß ich heute die Vorlesung halten soll".
"Toll" sind auch die Praktika, in denen man an jedem Termin einen anderen Dozenten hat, so daß gar nicht erst ein Konzept erstellt wird. Es bleibt also dem Zufall überlassen, ob man z.B. in Orthopädie wenigsten ein bißchen lernt, oder ob man an den 5 Praktikumsterminen im Semester 5x einen Bandscheibenvorfall zu 10t am Krankenbett stehend untersucht, weil die Ärzte fast alle noch im OP sind, die Gruppen zusammengefasst werden, und der eine Assistent mit 30 Studenten überfordert ist.
In Rechtsmedizin und Psychiatrie ist es zum Glück besser.
Wahrscheinlich sind die operativen Fächer besonders schlecht in der Lehre, weil die Ärzte einfach ewig im OP stehen.
Ich bleibe bei meiner Meinung: Forschung, Lehre und Patientenversorgung gleichzeitig von einer Person zu verlangen, ist irrsinnig.

Lava
16.12.2003, 18:19
Ja, manachmal merkt man es den Dozenten schon an, wenn sie genervt sind. Einige versuchen dann sogar noch, sich das nicht anmerken zu lassen. Aber wenn sie keinen Spaß haben, haben wir den auch nicht.
Meine Klinikerfahrung ist ja noch recht begrenzt aber zumindest vom U-Kurs Innere bin ich bisher positiv überrascht, wie gut die sich um uns bemühen und auch die meisten anderen U-Kurse waren OK.

Lisa
16.12.2003, 18:31
Nach dem Physikum wird alles (http://www.medi-foren.de/showthread.php?s=&threadid=9936&perpage=5&pagenumber=3) besser (http://www.medi-foren.de/showthread.php?s=&threadid=9689&highlight=physikumsl%FCge) !!

:-))