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stateofgrace
15.05.2021, 10:20
Hallo zusammen,

welche Faktoren sind eurer Meinung nach maßgeblich für die Vereinbarung von Unikarriere und Familie (vor allem für Frauen)? Und welche Faktoren die Vereinbarkeit erschweren?

Ich möchte mit diesem Thread einen Austausch anregen über das, was ihr vielleicht beobachtet oder an euch selbst erlebt habt.

Spontan fällt mir ein, dass die Förderung und Unterstützung durch den Chef, die richtige Partnerwahl (stabile Partnerschaft, Stressresistenz und eingespielte Teamarbeit) und private Strukturen wie Großeltern in der Nähe oder ein gutes Kindermädchen enorm wichtig sind. Und dass ein Postdoc im Ausland meist viel zu viel Zeit kostet und meist in die Zeit fällt, in der andere Kinder kriegen.

Wie seht ihr das?

Kackbratze
15.05.2021, 11:00
Du kannst auch deine Familie erst im Ausland "gründen".

Die grundlegende Frage ist doch, was Dir wichtiger ist. Eines von Beiden wird unter der Entscheidung zum Anderen "leiden". Da können 1000 Großeltern oder 1000 leidensfähige Partner nix dran ändern, wenn Du deine Zeit mit der Forschung verbringst, bist Du nicht da. Punkt.
Genauso kannst Du nicht forschen, wenn Du deine Familie betreust und Zeit mit deinen Angehörigen verbringst.

Schau Dich in der Boardsuche um. Es gibt keinen Königsweg. Was machst Du, wenn es an Deiner Uni nicht weiter geht und Du wechseln musst?
Familie samt Großeltern umtopfen? Augen zu und durch und die "Karriere" auslaufen lassen? Familie vor Ort, selber woanders weiter Karriere machen?

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, jeder der beiden Wege bedeutet Verluste auf der anderen Seite.
Sowie Du mehr arbeitest, hast Du keinen Kontakt mehr zur Familie. Gehst Du den Weg mit Deiner Familie, bleibt weniger Zeit für Forschung und Arbeit.

... und am Ende ist es nur ein Job.

daCapo
15.05.2021, 11:22
Entscheidend ist es viele Abstriche aushalten zu können :-) und sich am Ende des Tages sagen können: das ist es Wert.

Moni Ka
15.05.2021, 11:29
Wenn dein Mann einigermaßen guten Job hat, dann kannst du deine Arbeit um X % reduzieren. Das wird auf jeden Fall leichter wenn man neben einer Familie gründen möchte.
Ich kenne viele die Familie haben und nebenbei forschen und arbeiten.

milz
15.05.2021, 11:55
Ich würde erst mal überlegen, ob eine "Unikarriere" wirklich so erstrebenswert ist. Viele gehen danach dann doch irgendwann in die Peripherie oder Praxis, weil es lukrativer ist und außer Prestige bringt einem der Titel nicht viel.
Sofern man es unbedingt will: Als Single oder Doppelverdiener ohne Kids spricht nichts dagegen, aber mit Kids würde ich das nur erwägen, wenn der Partner bereit ist jahrelang in Teilzeit zu gehen und einem den Rücken frei hält. Auf Großeltern, Fremdbetreuung würde ich mich nicht verlassen und man verpasst doch das Beste in der Entwicklung seiner Kinder.

daCapo
15.05.2021, 12:47
Oder der Partner gibt ganz seinen Beruf auf, um sich um Haus & Hof / Kinder zu kümmern. Das klassische Modell.

Auch die Frage: "Ist das wirklich durchgehend internationales Spitzenniveau an deutschen Unikliniken?" Darf man sich heute erlauben.

tragezwerg
15.05.2021, 12:55
Eine Unikarriere ist vor allem fürs eigene Ego gut. Ansonsten bringt sie dir nicht so viel Vorteile.
Die Frauen, die in meiner Umgebung Karriere gemacht haben, haben fast alle entweder gar keine Kinder bzw. die Kinder erst nach dem Erreichen der Karriereziele bekommen (d.h. 40+). Diese Kinder gehen von 7-19 Uhr in die Kinderbetreuung. Dann klappt es auch mit Kindern Karriere zu machen.
ABER: Will man das? Ist ein PD/Prof an der prestigeträchtigen Uni XYZ tatsächlich mehr wert als ein erfülltes Familienleben?
Wie andere schon erwähnt haben: beides 100% geht halt nicht, Abstriche und Kompromisse sind immer nötig. Man muss halt für sich selbst entscheiden was man will.

Haffi
15.05.2021, 14:03
Ich habe es trotz verständnisvoller Partnerin, sehr guter Förderung und Betreuung und vielversprechender Projekte nach recht kurzer Zeit gelassen. Letztlich hängt es vom persönlichen Ehrgeiz und den persönlichen Präferenzen ab. Es tat mir persönlich schon sehr sehr weh, das wichtigste Spiel des Lieblings-Fußballclubs im ganzen Jahr zu verpassen, diverse Hobbies aufgeben zu müssen oder Abendessen mit Freunden ohne mich stattfinden zu lassen. Das war es mir einfach nicht wert. In der reinen Vorstellung aus der Sicht eines Studenten stellte das alles für mich keinen Hinderungsgrund dar. Als dann aber die ersten Abstriche Realität wurden, dachte ich mir: Niemals. Lieber lern ich noch drei Instrumente und fahr mit nem Bobby-Car nach Indien oder so. Und da sind Kinder, Familie usw. noch gar nicht berücksichtigt.

Also Fazit: Total individuell

davo
15.05.2021, 14:42
Oder der Partner gibt ganz seinen Beruf auf, um sich um Haus & Hof / Kinder zu kümmern. Das klassische Modell.

Auch die Frage: "Ist das wirklich durchgehend internationales Spitzenniveau an deutschen Unikliniken?" Darf man sich heute erlauben.

Das wäre auch eine völlig unsinnige Erwartung. Hat in den USA, in Großbritannien, in Österreich jede Uniklinik "durchgehend internationales Spitzenniveau"? Natürlich nicht.

Dass man für die Forschung große Opfer bringen muss, ist auch überall der Fall. Ist also nur dann sinnvoll, wenn man es unbedingt will.

Ich glaub auch nicht, dass es besonders sinnvoll ist, diese Thematik theoretisch zu diskutieren. Nach ein, zwei Jahren in der Wissenschaft sieht man vieles anders. Vorher klingt das immer alles ganz toll.

hebdo
15.05.2021, 15:37
…..

Auch die Frage: "Ist das wirklich durchgehend internationales Spitzenniveau an deutschen Unikliniken?" Darf man sich heute erlauben.

Das ist wirklich absolut irrelevant und absolut utopisch eine Forschungskarriere mit den Erwartungen zu starten nur in internationalen Top-Blättern zu publizieren.

Es ist wirklich sehr individuell und würde es an deiner Stelle auf jeden Fall versuchen. Aber die Rechnung 100% Karriere (Forschung und Klinik) + 100% Familie geht nicht auf. Achte darauf rechtzeitig den Absprung vom Hamsterrad zu machen, falls das Tempo zu hoch wird.

Der Partner in der Karriererolle muss Abstriche bei der Familie machen und umgekehrt. Akzeptiert und üblich sind die typischen Männer-Frauen-Rollen.

Beide Unikliniken die ich kenne, haben spezielle Karriereprogramme für Frauen mit Mentorinnen. Es gibt auch spezielle staatliche und private Förderprogramme für forschende Frauen. Damit kann man sich z.B. Forschungsfreistellungen und Arbeitszeitreduktion kaufen, damit man nicht in ein finanzielles schwarzes Loch fällt.

daCapo
15.05.2021, 16:26
. Hat in den USA, in Großbritannien, in Österreich jede Uniklinik "durchgehend internationales Spitzenniveau"? Natürlich nicht.
.

Österreich...die Landschaft und das Essen sind toll.

Ansonsten noch als Tipp: Klinik/Fach in denen bereits einige Ärzte in Weiterbildung oder kurz nach dem Facharzt in jungen Jahren PD haben/hatten.

Evil
15.05.2021, 16:29
Österreich...die Landschaft und das Essen sind toll.
Das stimmt. Und damit zurück zur Ursprungsfrage, Diskussionen über internationale Niveauvergleiche sind hier nicht Thema.
Danke.

Rettungshase
16.05.2021, 22:53
Schau doch mal, ob es an deiner (?) Uniklinik ein Mentor(inn)enprogramm gibt oder sprich mal bewusst eine Kollegin an, die schon habilitiert hat (oder gerade dabei ist) und schon Kinder hat.
Häufig kann man einige Erkenntnisse aus deren Entwicklungsweg mitnehmen und versuchen, das für sich einzuordnen.

Kackbratze
17.05.2021, 07:15
Oder man macht es wie Frau Baerbock und fängt gemeinsam an um dann beim entscheidenden Karriereschritt den Partner in die Häuslichkeit "in gemeinsamer Absprache" versetzen.
Es ist eine dynamische Entwicklung bei Familie und Karriere, mehr als 6 Monate kann man real nicht planen.
Weder die Forschungsergebnisse (nach 3 Jahren sicher PD), noch die Eheschließung oder Schwangerschaft (mit 36 Jahren sicher im Februar die Geburt des ersten Kindes) lassen sich so einplanen, wie man es will.


(P. S. Wenn Robert H. sowas zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie von sich gegeben hätte...)

Kandra
17.05.2021, 07:56
Oder man macht es wie Frau Baerbock und fängt gemeinsam an um dann beim entscheidenden Karriereschritt den Partner in die Häuslichkeit "in gemeinsamer Absprache" versetzen.
Es ist eine dynamische Entwicklung bei Familie und Karriere, mehr als 6 Monate kann man real nicht planen.
Weder die Forschungsergebnisse (nach 3 Jahren sicher PD), noch die Eheschließung oder Schwangerschaft (mit 36 Jahren sicher im Februar die Geburt des ersten Kindes) lassen sich so einplanen, wie man es will.


(P. S. Wenn Robert H. sowas zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie von sich gegeben hätte...)

Bei Robert H. hätte sich die Frage überhaupt nicht gestellt. Die Frage wie man gedenke Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen wird doch eigentlich nur Frauen gestellt.

stateofgrace
17.05.2021, 10:13
Schau doch mal, ob es an deiner (?) Uniklinik ein Mentor(inn)enprogramm gibt oder sprich mal bewusst eine Kollegin an, die schon habilitiert hat (oder gerade dabei ist) und schon Kinder hat.
Häufig kann man einige Erkenntnisse aus deren Entwicklungsweg mitnehmen und versuchen, das für sich einzuordnen.

Das ist ein sehr guter Ratschlag! Sinnvoller als ein Mentorenprogramm ist es vermutlich, verschiedene Kolleginnen anzusprechen, weil man so ein breiteres Bild von der Realität mit Kind neben Karriere (oder Karriere neben Kind? :-wow) kriegt.

Oder man macht es wie Frau Baerbock und fängt gemeinsam an um dann beim entscheidenden Karriereschritt den Partner in die Häuslichkeit "in gemeinsamer Absprache" versetzen.
Es ist eine dynamische Entwicklung bei Familie und Karriere, mehr als 6 Monate kann man real nicht planen.
Weder die Forschungsergebnisse (nach 3 Jahren sicher PD), noch die Eheschließung oder Schwangerschaft (mit 36 Jahren sicher im Februar die Geburt des ersten Kindes) lassen sich so einplanen, wie man es will.

So gesehen ist es doch auch Gang und Gäbe, dass Männer ihre Frau und Kind "versetzen". Männer können zwar nicht stillen, aber auch Kinder erziehen und den Haushalt führen.
Aber das mit der Unplanbarkeit ist ein guter Punkt, wie lernt man eigentlich mit der "Unsicherheit" beziehungsweise "dynamischen Entwicklung" (Kinderwunsch lässt sich nicht umsetzen, krankes Kind, Standortwechsel und Familienumzug) zurecht zu kommen? Wahrscheinlich lernt man es erst, wenn man mittendrin steckt oder? Ich fand es schon tough, in der Pandemiezeit mit dieser Unberechenbarkeit zu leben, aber die Pandemie wird hoffentlich nicht so lange andauern. Und im Gegensatz dazu ist das Projekt Familie ja etwas, was einen über zwei Jahrzehnte oder länger begleitet. Wobei die härteste Zeit wohl vorbei ist, wenn die Kinder aus dem Kleinkindalter raus sind

stateofgrace
17.05.2021, 10:15
Ups, falsch zitiert und ich kann den Kommentar nicht bearbeiten :-oopss

Kackbratze
17.05.2021, 11:21
Wobei die härteste Zeit wohl vorbei ist, wenn die Kinder aus dem Kleinkindalter raus sind

Nein, dann kommt Schule, da darf man dann auf Ferien und Bildung acht geben und sein Leben darum planen.

Bzgl. der plötzlichen Karriere geht es mir um den Punkt, dass das vorher anders abgesprochen und geplant wird, wie z. B. vom Thread erstellter, und dann spontan umgeworfen wird.
Entweder ich spiele von Anfang an mit offenen Karten (was als Politiker tun sollte, da man eine Vorbildfunktion hat und es ja so im Parteiprogramm zusätzlich häufig drinsteht (Führung durch Vorbild)), oder ich stosse die Planung des Partners auch gleich mit um.

Stell dir vor dein Partner eröffnet dir, dass Du deinen Job komplett aufgeben darfst, weil jetzt "der nächste Schritt" kommt und die vorherigen Absprachen bzgl. gemeinsamer Arbeitsteilung, Organisation und Förderung der gemeinsamen Karriere- und Lebensschritte dahin ist.
Egal wer von Beiden in der Beziehung den Bock umschmeisst, ist einfach scheixxe meiner Meinung nach.
Wenn es von Anfang an klar definiert und geplant ist, ist das was Anderes. Es geht ja immer um Kommunikation.

stateofgrace
17.05.2021, 12:56
Hast du das bei karrierebewussten Frauen in der Medizin auch mehrfach so gesehen? Dass sie dann die Karriere auf dem Rücken ihrer Ehemänner ausgetragen haben? Ich persönlich kenne nur den umgekehrten Fall, in der die Frau dann für den Familienfrieden und der Harmonie willen den Kürzeren zieht bzw ziehen muss

tragezwerg
17.05.2021, 13:11
Hast du das bei karrierebewussten Frauen in der Medizin auch mehrfach so gesehen? Dass sie dann die Karriere auf dem Rücken ihrer Ehemänner ausgetragen haben? Ich persönlich kenne nur den umgekehrten Fall, in der die Frau dann für den Familienfrieden und der Harmonie willen den Kürzeren zieht bzw ziehen muss

Ich hab das bisher nie gesehen, wenn haben beide gleichermaßen zurückgesteckt bzw. ganz klassisch die Frau. Oder halt beide Karriere gemacht und die Kinder waren 12h am Tag fremdbetreut.