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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zweitstudium Medizin - Karrierechancen?



TThomas
10.06.2021, 03:27
Guten Abend allerseits!

In letzter Zeit überdenke ich häufig meine Entscheidungen auf dem Weg in das Berufsleben. Heute würde ich mich deshalb gerne einmal an Euch wenden, in der Hoffnung, einige "neutrale Meinungen", nützliche Tipps und neue Denkanstöße gewinnen zu können.

Kurz zu mir:
Ich bin aktuell 21 Jahre alt, habe vor einem Jahr (2020) erfolgreich mein Abitur geschrieben und bin mir sehr sicher, dass ich Medizin studieren und Arzt werden möchte. Allerdings lässt es sich für mich nicht sinnvoll vereinbaren, ein Medizinstudium aufzunehmen, ohne meinen Wohnsitz zu wechseln. Soweit so gut; allerdings habe ich mich aus privaten - und hauptsächlich - familiären Gründen dazu entschlossen, zum jetzigen Zeitpunkt nicht umzuziehen. Das wird zwar definitiv nicht für immer so bleiben, es ist allerdings nicht sehr wahrscheinlich, dass sich in den nächsten ein bis zwei Jahren daran viel verändern wird.

Um es auf den Punkt zu bringen, besteht meine Problematik darin, dass ich das Medizinstudium erst ungefähr drei bist vier Jahre nach meinem Abitur beginnen möchte. Zu diesem Zeitpunkt wäre ich zwischen 25 und 26 Jahre alt. Hierbei stellt sich mir natürlich die Frage, wie sich das später auf meine beruflichen Möglichkeiten auswirken wird. Natürlich ist es vorteilhaft, möglichst jung seinen Abschluss in der Tasche zu haben, aber wie schlimm ist diese Verzögerung nun wirklich?

Damit ich später in meinem Lebenslauf möglichst keine Lücken angeben muss, habe ich mich direkt nach meinem Abitur dazu entschieden, ein Fernstudium in Informatik zu beginnen. Da ich mir die Zeit hierbei frei einteilen kann, kann ich auch wirklich ernsthaft daran arbeiten und habe gleichzeitig weiterhin die Möglichkeit, mich um meine "Familiensituation" zu kümmern. Für mich schien das die beste Möglichkeit zu sein, das Beste aus einer blöden Lage zu machen. Bislang gefällt mir das Studium auch recht gut, an meinen Wunsch, Arzt werden zu wollen, hat sich allerdings nichts verändert.
Aus diesem Grund würde ich gerne mein Informatikstudium bis zum fünften Semester weiterführen und lediglich die Bachelorarbeit noch nicht schreiben.

Nach diesen fünf Semestern würde ich mich schließlich gerne für Medizin bewerben. Angesichts dessen, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch keinen akademischen Abschluss habe, kann es sich dann doch auch nicht um ein Zweitstudium handeln, oder übersehe ich hierbei etwas?

Wie genau ich es dann mit dem Rest meines Informatikstudiums handhaben möchte, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht genau. Da mir die Fernuniversität allerdings keine Fristen für das Anfertigen der Bachelorarbeit setzt, könnte ich es mir vorstellen, diese Arbeit - insofern es sich ermöglicht - neben dem Medizinstudium noch fertigzustellen.
Angenommen ich wäre nun in einem höheren Semester des Medizinstudiums, beispielsweise im dritten, und beende zu diesem Zeitpunkt mein Informatikstudium erfolgreich, dann wird mein bereits begonnenes Medizinstudium zum Zweitstudium, oder täusche ich mich hierbei? Könnte es dann sein, dass ich selbst in einem höheren Semester deshalb noch meinen Studienplatz verliere, oder gelten die Hürden, die es für ein Zweitstudium in Medizin gibt, nur bei der Bewerbung (zum ersten Semester)?

Es würde mich abschließend noch sehr interessieren, welche Aussichten ihr mir mit diesem Vorhaben auf der zukünftigen Suche nach einem Arbeitsplatz prognostizieren würdet. Selbstverständlich ist ein Fachwechsel nach Ende des fünften Semesters etwas sehr spät, gleichzeitig könnte ich es mir aber sogar vorstellen, dass sich bestenfalls sogar Vorteile auf dem Arbeitsmarkt ergeben könnten. Immerhin sind Medizin und Informatik Studiengänge, deren Kombination in manchen Fachgebieten, beispielsweise in der Neurologie, vielleicht überhaupt nicht so unglaublich abwegig sein könnten.

Ich würde mich wirklich sehr über Euer Feedback freuen!

davo
10.06.2021, 07:04
Es ist nur der Bewerbungszeitpunkt entscheidend. Wenn du zum Bewerbungszeitpunkt noch kein Studium an einer deutschen Hochschule abgeschlossen hast, ist die Zweitstudienquote für dich irrelevant. Was danach passiert, ist ebenfalls irrelevant.

Und bzgl. Karrierechancen - es gibt in der Medizin Stellen ohne Ende. In der Neurologie genau wie in vielen anderen Fächern. Macht meines Erachtens keinen Unterschied.

Nulllinie
10.06.2021, 09:00
Bei den Berufsaussichten würd ich mir keine Sorgen machen.

Jedoch sollte man sich im klaren sein, dass deine Pläne Auswirkungen auf deine Finanzierungsmöglichkeiten (Kindergeld fällt weg, nicht mehr Familienversichert, usw.) haben und der Einstieg ins Medizinstudium mit 26 schwerer war (u.a. langer Abstand zum Unterrichtsstoff der Oberstufe). Zudem startest du mit 32 / 33 J. erst ins Berufsleben, bis dahin ggf. keine Altersvorsorge und keine Rentenzahlung.
Daher würd ich mir an deiner Stelle schon überlegen, ob's nicht früher möglich wär. Aber das kannst nur du entscheiden ;)

Fischpudding
10.06.2021, 12:28
Wenn du ortsgebunden bist und Medizin studieren willst, wäre meine Uni vllt was für dich. Auch wenn viele etwas an der EDU auszusetzen haben, bin ich sehr zufrieden :)

Future_med_student
10.06.2021, 13:17
Wieso arbeitest du nicht daran möglichst schnell mit dem Studium anzufangen? Du schreibst ja, dass du das Medizinstudium bewusst erst später aufnehmen möchtest? Welche Gründe hat dies denn wenn ich fragen darf? Für mich ist es zum Beispiel nicht ersichtlich, dass man ein Informatikstudium beginnt, obwohl man dann später für den Rest seines Lebens (nach erfolgreichen Absolvieren des Medizinstudiums) als Arzt arbeiten möchte. An Finanzierungsproblemen kann es ja nicht liegen, da ein Fernstudium in aller Regel Geld kostet. Hmm. An deiner Stelle würde ich den TMS schreiben und zusätzlich eine Ausbildung machen (je nachdem wie dein Abidurchschnitt ist), um möglichst schnell anfangen zu können. Lg

TThomas
10.06.2021, 14:52
Es ist nur der Bewerbungszeitpunkt entscheidend. Wenn du zum Bewerbungszeitpunkt noch kein Studium an einer deutschen Hochschule abgeschlossen hast, ist die Zweitstudienquote für dich irrelevant. Was danach passiert, ist ebenfalls irrelevant.

Und bzgl. Karrierechancen - es gibt in der Medizin Stellen ohne Ende. In der Neurologie genau wie in vielen anderen Fächern. Macht meines Erachtens keinen Unterschied.

Vielen Dank für deine Antwort!



Bei den Berufsaussichten würd ich mir keine Sorgen machen.

Jedoch sollte man sich im klaren sein, dass deine Pläne Auswirkungen auf deine Finanzierungsmöglichkeiten (Kindergeld fällt weg, nicht mehr Familienversichert, usw.) haben und der Einstieg ins Medizinstudium mit 26 schwerer war (u.a. langer Abstand zum Unterrichtsstoff der Oberstufe). Zudem startest du mit 32 / 33 J. erst ins Berufsleben, bis dahin ggf. keine Altersvorsorge und keine Rentenzahlung.
Daher würd ich mir an deiner Stelle schon überlegen, ob's nicht früher möglich wär. Aber das kannst nur du entscheiden ;)

Was das Finanzielle angeht, hast du natürlich Recht. Allerdings ist das für mich das kleinere Problem. Ich habe voraussichtlich genug auf die Seite gelegt, um das Studium problemlos finanzieren zu können. Streng genommen komme ich durch das Zweitstudium sogar besser weg, da man hier sehr viele Kosten von der Steuer absetzen kann. Allerdings werde ich es mir nicht leisten können, nach dem Abschluss des Medizinstudiums für längere Zeit arbeitslos zu sein und müsste spätesten innerhalb eines Jahres eine Stelle für die Facharztausbildung finden. Das Finden dieser Stelle ist derzeit eigentlich meine einzige Sorge.



Wenn du ortsgebunden bist und Medizin studieren willst, wäre meine Uni vllt was für dich. Auch wenn viele etwas an der EDU auszusetzen haben, bin ich sehr zufrieden :)

Danke für den Tipp! Ich werde mir das auf jeden Fall nochmals genauer Anschauen.



Wieso arbeitest du nicht daran möglichst schnell mit dem Studium anzufangen? Du schreibst ja, dass du das Medizinstudium bewusst erst später aufnehmen möchtest? Welche Gründe hat dies denn wenn ich fragen darf? Für mich ist es zum Beispiel nicht ersichtlich, dass man ein Informatikstudium beginnt, obwohl man dann später für den Rest seines Lebens (nach erfolgreichen Absolvieren des Medizinstudiums) als Arzt arbeiten möchte. An Finanzierungsproblemen kann es ja nicht liegen, da ein Fernstudium in aller Regel Geld kostet. Hmm. An deiner Stelle würde ich den TMS schreiben und zusätzlich eine Ausbildung machen (je nachdem wie dein Abidurchschnitt ist), um möglichst schnell anfangen zu können. Lg

Ich arbeite deshalb nicht daran, möglichst schnell das Studium aufzunehmen, weil ich aus privaten Gründen aktuell nicht die notwendige Zeit und örtliche Flexibilität habe. Ehrlich gesagt möchte ich nicht genauer darauf eingehen, was für Gründe das nun sind und hoffe, du kannst das verstehen (Nein, ich sitz nicht im Gefängnis ;-)). In Anbetracht dessen, dass ich eben erst in wenigen Jahren mit dem Medizinstudium beginnen möchte, habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, die Zeit möglichst sinnvoll zu überbrücken. Eine Ausbildung im medizinischen Bereich, beispielsweise zum Sanitäter läge zwar viel näher an meinem späteren Berufswunsch und wäre deshalb wahrscheinlich sinnvoller, erfordert aber - ebenso wie das Medizinstudium - eine Anwesenheit und bietet mir nicht genug Möglichkeiten, meine Zeit frei einzuteilen. Das Fernstudium ist somit wirklich nicht zweckdienlich, aber vermutlich dennoch sinnvoller, als einige Jahre überhaupt nicht an seiner Bildung zu arbeiten. Für Informatik habe ich mich schließlich deshalb entschieden, da es "das kleinste Übel" und eigentlich doch ganz interessant war. Sollte ich nun vielleicht nicht alle Prüfungen im Medizinstudium bestehen, hätte ich zumindest noch eine Alternative, auf die ich ausweichen könnte. Auch wenn es nicht das ist, was ich machen möchte, ist es dennoch besser, als mit leeren Händen dazustehen.
An der Finanzierung scheitert es bei mir auch nicht, auch wenn ich an einer staatlichen Fernuniversität studieren und deshalb nur minimale Mehrkosten im Vergleich zu einem "normalen" Studium habe. Auch ist mein Notenschnitt im Abitur nicht das Problem. Mit meinen 950 Punkten hätte ich in den letzten Jahren sogar ohne TMS an den meisten Universitäten einen Platz bekommen. Streng genommen hält mich - rein formell - also überhaupt nichts davon ab, sofort mit dem Medizinstudium zu beginnen. Allerdings kann ich es mit meinem Gewissen zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht vereinbaren, da mir aktuell andere Verpflichtungen wichtiger sind.
Ich suche also weniger nach einem Weg, möglichst schnell Arzt zu werden, sondern wollte mich vielmehr darüber informieren, wie sehr mein Umweg in den Arztberuf meine späteren Berufsaussichten verschlechtert.

Haematopoesie
10.06.2021, 16:50
Ich würde dir raten so schnell wie möglich mit Medizin anzufangen. Ich kann über deine Gründe nur spekulieren (Pflegebedürftige Angehörige? Frisch Vater geworden?), aber im Grunde ist das egal. Bedenke, dass die meisten Unis jetzt noch mehr oder weniger "Home Office" machen und ich hätte mir die Vorklinik nicht schöner vorstellen können! Du hättest also, wenn überhaupt, nur wenige Präsenztermine und zu denen kann man auch mal Fahren - vorausgesetzt, du wohnst nicht allzu weit von der nächsten Uni entfernt (die müsstest du dann halt auch als Erstwunsch angeben, im Fall von Pflege/Kindesbetreeung kann man da auch einen Härtefallantrag stellen). Vorklinik-Stoff kann man ohne Weiteres sehr gut von zu Hause aus im eigenen Rhythmus lernen, das wäre also kein Problem.
Jedenfalls wäre das auf längere Sicht einfacher und sogar billiger, auch wenn du dir dafür eventuell ein Auto beschaffen müsstest oder eine Betreuung (Kind/Pflegefall) organisieren müsstest.

Falls du diese Version absolut 100% ablehnst - dann musst du dich nur, wie Davo geschrieben hat, vor Abschluss deines Erststudiums bewerben (Ich glaube, da zählt nicht mal die Zulassung rein, sondern wirklich nur wenn das Bewerbungsverfahren abgeschlossen ist).

Crumbl3face
10.06.2021, 17:26
@Haematopoesie
Wobei ich denke dass ab nächsten WS wieder ein bisschen Normalität einkehren wird und viele Veranstaltungen wieder in Präsenz angeboten werden. Möglicherweise bleiben die Vorlesungen online, aber das ist glaube ich Uni-abhängig. So würden dann doch wieder einige Pflichttermine hinzukommen.

agouti_lilac
10.06.2021, 18:01
Hierbei stellt sich mir natürlich die Frage, wie sich das später auf meine beruflichen Möglichkeiten auswirken wird. Natürlich ist es vorteilhaft, möglichst jung seinen Abschluss in der Tasche zu haben, aber wie schlimm ist diese Verzögerung nun wirklich?


Es ist vollkommen egal. Du wirst immer noch jung sein. Kümmere dich um deine Familie und fange das Studium später an, wenn es nicht anders geht.
Viel Erfolg!

Krokodil97
27.06.2021, 20:23
Ich würde gerne die Gegenfrage stellen, also ob es sich positiv auf die Karrieremöglichkeiten ausübt, wenn man vorher ein Zweitstudium (BWL) absolviert hat.

Ich werde zeitnah meinem Master BWL mit gut/sehr gut an eine deutschen Elite Uni abschließen und bin dann 25. In letzter Zeit habe ich gemerkt, dass ich langfristig gern in meiner Heimat (Osten) bleiben möchte. Hier sind die Karrieremöglichkeiten als BWLer aber nicht vergleichbar mit denen als Mediziner. Auch mit einem sehr guten BWL Abschluss ist es sehr unwahrscheinlich, dass man hier eine der wenigen attraktiven Stellen bekommt. Und selbst dann steigt man im Optimalfall mit 50k-60k ein und steigert zu sein Gehalt zu 95% im Laufe des Lebens auf max. 100k. Als Mediziner startet man als Assistenzarzt in etwa mit dem selben Stundenlohn. Nach 5-6 Jahren kann man sich aber selbständig machen (150-200k). Langfristig also definitiv die bessere Option. Trotzdem wäre es cool, wenn ich den Master in BWL mit sehr guten Studienleistungen jetzt nicht komplett umsonst gemacht hätte.

Bitte versteht mich nicht falsch, ich interessiere mich sehr für die Medizin und möchte Medizin definitiv nicht nur wegen dem Geld studieren.