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MotherBiden
18.06.2021, 01:45
Hallo liebe Kollegen und Kolleginnen,

ich bin neu hier und bitte vorweg um Nachsicht, falls das Thema hier schon mal diskutiert wurde.

Mich interessiert, wie bei euch die Situation auf den Intensivstationen ist? Arbeitet ihr , insbesondere Nachts, alleine auf der Intensivstation?

Ich arbeite ALLEINE auf einer kardiochirurgischen Intensivstation und muss sagen, dass das schon ziemlich an die Grenze des Zumutbaren stößt. Fast immer 16 Patienten, überwiegend intubiert. Im Schnitt 2 ECLS. Weiterhin wird der Dienst noch nicht einmal voll bezahlt....Minusstunden nach 2 Nachtdiensten, bei angeblich nicht voller Belastung(-sstufe). Oberarzt nicht immer durchgehend im Haus anwesend

Gibt es einen Arzt-Personal-Schlüssel für eine Intensivstation?

Mr. Pink online
18.06.2021, 08:08
Kündigen... das ist das einzige Wort, das mir dazu einfällt.
Mit 16 Patienten kannst du nie und nimmer in Bereitschaft arbeiten.

Moni Ka
18.06.2021, 08:38
In der Klinik wo einer Kollegin von mir arbeitet hat 18 Betten und sie ist alleine auf ITS von 19 bis 7 Uhr, allerdings nicht alle intubiert

hebdo
18.06.2021, 16:41
Kündigen... das ist das einzige Wort, das mir dazu einfällt.
Mit 16 Patienten kannst du nie und nimmer in Bereitschaft arbeiten.

Würde ich so pauschal nicht sagen. Eine operative ITS hat ja meistens geplante Zugänge und wenig unerwartete wie Reanimation etc. aus dem Haus oder außerhalb. Im Prinzip ist die Nacht damit schon zu schaffen. Wenn die ECMO. Das die Arbeit als Bereitschaftsdienst zählt ist eben das Problem. Kenne ich von vielen operativen ITS - was nicht heißt, dass es richtig ist.

Lizard
18.06.2021, 17:00
Hast du schonmal auf einer kardiochirurgischen ITS gearbeitet ?
16 Patienten sind der absolute Overkill. Und dann auch noch Bereitschaft. Also das ist mal wieder moderne Sklaverei.

Mr. Pink online
18.06.2021, 17:36
Anscheinend laufen da ja ECLS etc. Eine davon reicht schon, um dich eine ganze Nacht zu beschäftigen. Selbst wenn die Hälfte der Patienten IMC sind, ist das eine Zumutung. Das ist nicht wie manche operative ITS, wo der Opa nach der elektiven Hüfte noch die Narkose ausschläft.

Matzexc1
18.06.2021, 18:00
Bei mir 2 Schicht System, 14-16 Patienten je nachdem welche Intensivstation man nimmt.

nie
18.06.2021, 19:24
Ich finde den Bereitschaftsdienst auch mehr als dreist. Auf einer ITS, auf der ECMOs laufen und die anderen
Patienten jetzt wahrscheinlich auch nicht unbedingt eine Nacht zur „Überwachung“ da sind, kann man doch nicht ernsthaft davon ausgehen, dass man nachts den Großteil der Zeit seiner Ruhe hat… das ist doch reiner Beschiss und funktioniert nur weil sich keiner beschwert.

Ich bin auf einer internistischen ITS mit 12 Betten. Der Großteil der Patienten ist intubiert, ECMO machen wir nicht. Nachts ist man theoretisch alleine (aber natürlich Vollarbeitszeit) aber wir teilen uns die Station mit einem anderen Fachbereich, die ebenfalls rund um die Uhr einen Arzt vor Ort hat. Wenn’s da mal eng wird, hilft man sich auch gegenseitig.

][truba][
18.06.2021, 21:41
Habe als Pfleger auf einer gearbeitet. Auch kardiochirurgisch. 18 Betten. Alles Beatmungsplätze.
Es waren 3 Ärzte. Jeder hatte 6 wobei eine Einheit auch aus 12 Bestand. Da war ein Assistent und ein Oberarzt zuständig. Nachts musste der Assi die 12 machen und konnte den Oberarzt (im Haus) bei Notfällen dazu holen. Die anderen 6 hatte ein Facharzt. Der hatte zusätzlich das Rea Telefon.

Das fand ich gut aufgeteilt damals.

Shizr
18.06.2021, 22:27
Gibt es einen Arzt-Personal-Schlüssel für eine Intensivstation?
Es gibt eine ca. 10 Jahre alte Empfehlung der DIVI.

https://www.divi.de/empfehlungen/publikationen/viewdocument/96/empfehlungen-zur-struktur-von-intensivstationen-langversion

Weil die darin vorgesehenen Personalschlüssel die Klinikträger nicht glücklich machen, wird im Alltag konsequent auf diese Empfehlung geschissen. Ist ja auch nur 1C.


Nach meinem Verständnis sind "Intensivstation" und "Bereitschaftsdienst" grundsätzlich unvereinbar, wenn wir über Stationen mit laufenden ECLS und dergleichen reden.

Aber naja. Gibt's ja woanders auch nicht besser.
11 Betten, Organersatzverfahren, regelhaft 50+ % intubiert, Polytraumata/Lebertransplantationen landen standardmäßig auf dieser Station, zusätzlich Herzalarmabdeckung, trotzdem nur 1 Stationsarzt. Im Frühdienst + OA, zusätzlich gibt's einen Zwischendienst für Transporte, Invasivitäten etc., das reicht aber halt auch nicht.

Was der Stationsarzt machen soll, wenn ihm nachts simultan die LTx schlecht wird und ein Herzalarm aufläuft, kann die Klinikleitung nicht adäquat beantworten, und es ist ihr auch egal. Hauptsache, man kommt mit dem verfügbaren Personal hin, Intensivbetten zu streichen wäre inakzeptabel.
Aus den gleichen Gründen wird ja auch das Pflegepersonal kaputtgespart.



16 Patienten für einen Arzt sind so oder so komplett jenseits von gut und böse, Bereitschaftsdienst ist insofern allein schon im Hinblick auf die Patientenzahl indiskutabel, aber es ist m.E. einfach nicht leistbar, 16 richtige Intensivpatienten alleine zu versorgen.

hebdo
18.06.2021, 23:25
Hast du schonmal auf einer kardiochirurgischen ITS gearbeitet ?
16 Patienten sind der absolute Overkill. Und dann auch noch Bereitschaft. Also das ist mal wieder moderne Sklaverei.

Ich habe die kardiochirurgische und operative ITS nur konsiliarisch betreut. Ich weiss aber, dass die Arbeit im Vgl. zu einer internistischen eher planbar ist. Meine Erfahrung kommt von einer internistisch-neurologischen maximalversorger ITS mit 16 beatmungsplätzen, 4 monitorbetten, bis zu 4 ECMO PLUS 2 Schockräumen. Wir haben die schockraumpatienten für die Herzchirurgie gemacht. Wir haben im schichtdienst 4-2-1 gearbeitet. Es hat schon öfter gebrannt, aber mit der besetzung ging es ganz gut. Deswegen kann man es nicht pauschal sagen.

*Akela*
22.06.2021, 12:11
Es gibt keinen konkreten Personalschlüssel für Ärzte auf Intensivstationen. Nur eine vage Empfehlung (DIVI), schon etwas älter, die gefallen aber den Klinikleitungen so gar nicht.

Meiner Erfahrung nach (seit Jahren auf ITS tätig): es kommt seeehr drauf an was das für eine Intensivstation ist. Neurointensiv mit überwiegend geplanten Neurochirurgischen Zugängen ist zwar komplex, aber im Dienst wenig "unplanbares" Akutgeschäft. internistisch-kardiologische Intensivstationen sind meistens extrem anstrengend, weil darüber auch ads REA Telefon läuft und die Mehrzahl der Schockraumpatienten aus den Notaufnahmen dorthin akut aufgenommen wird und die fluktuationen / Zu-ABverlegungen hier ausgeprägt sind. Hier liegen meist auch (wenn im Haus vorhanden) die ECMO / IABP/ Impella Patienten und das REanimationsteam fürs Haus muss auch meist von dieser ITS gestellt werden.
die chirurigshen Intensiven und die Neurologischen/Stroke/Neurochirurgischen nochmals anders.

Ich arbeite auf einer internistisch-kardiologischen Intensivstation, ECMO/Impella an der Tagesordnung. Gleichzeitig stellen wir das Reanimationsteam, haben einen Extra Reanimationsraum der bei gefüllten Schockräumen der großen Notaufnahme auch noch als "Bedarf" Schockraum dient bei Reanimationen von draußen wenn der Notarzt von draußen "durchfährt" zum Herzkatheter und der Patient kritisch ist/wird. Krankenhaus ist ein überregionaler Versorgungsschwerpunkt - da brennt 24/7 die hütte und es ist NIE ruhig weil wir auch von den kleinen Häusern die an uns gebunden sind nachts häufig Patienten mit blaulicht bekommen die dort schlecht werden oder akut erweiterte intenivemdizinische Maßnahmen brauchen.

Es sind 12 Patienten, das können auch 12 Beatmete sein. Darunter auch Patient(en) mit Impella, ECMO, etc. in COVID Zeiten 12+3 Intensivbetten. (für die 3 "Bedarfs" Intensivbetten, die auch beatmet sein können! "darf" man den IMC Stationskollegen nachts bitten zu "helfen"). Meist ist es so dass man mindestens 9-10 beatmete Patienten hat.
Vormittags ist man 1 Arzt + Oberarzt. im Spätdienstalleine, im Nachtdienst alleine (3 Schichtmodell).
plus REA Telefon. Es gibt Dienste, da qualmt die Hütte und Du hast das Gefühl Dich zu zerteilen.
Für erfahrene Kollegen ingesamt aber schon "machbar". Für jüngere unerfahrene aber heftig - da bleiben regelmäßig Dinge liegen oder die stabilen Patienten werden kaum angeguckt. Weil einfach ein noch wenig intensiv-erfahrener Kollege es nicht schafft alle Bälle gut in der Luft zu halten. Gerade wenn die überweigende Mehrheit der Patienten beamtet ist oder an einer Maschine hängt.

Bereitschaftsdienst Abrechung und Itnensivstation schliesst sich meiner Meinung nach gegenseitig aus, allein schon deswegen weil ja gemäß Dienstauftrag eine permanente Anwesenheitspflciht des Arztes auf ITS gefordert wird - was mit der Definition einer "Bereitschaft" ja nicht zusammenpasst.
Vom Arbeitsaufwand wollen wir mal gar nicht anfangen, da wissen wir alle wie es ist.
Sollte irgendein Arbeitgeber da Bereitschaftsdienste auf ITS abrechnen, würde ich der Sache mal nachgehen und ggf Marburger Bund Rat einholen. Das ist Verarsche und Abrechungsbetrug.

Moni Ka
22.06.2021, 18:46
Ist die Arbeit auf der Intensiv Station im ersten oder im zweiten Weiterbildungsjahr zu empfehlen oder lieber später ab dem 3,4 Jahr?

Jule-Aline
22.06.2021, 19:53
Also im ersten Jahr ist es schwierig. Die Arbeit ist anders und die Patienten kränker.
Bei uns Chirurgen rotierte man Anfang oder Mitte des zweiten Weiterbildungsjahres auf Intensiv. Manchmal noch später. Allerdings war man nicht allein.

Moni Ka
22.06.2021, 20:36
In der Klinik wo ich zu hospitation war haben versprochen eine schnelle Rotation zu gewährleisten, vielleicht schon nach 6 Monaten, dennoch mache ich mir Sorgen das lange dauert

Nachtschrank
22.06.2021, 20:57
In der Klinik wo ich zu hospitation war haben versprochen eine schnelle Rotation zu gewährleisten, vielleicht schon nach 6 Monaten, dennoch mache ich mir Sorgen das lange dauert

ganz ehrlich, wenn ich mir deine Beiträge so anschaue, solltest du im 5./6. Jahr frühestens dahin

Bille11
22.06.2021, 22:00
sehr viele Kollegen in der inneren Medizin rotieren auch erst im 4./5. Jahr dort hin, weil das Fach so vielfältig ist, dass man die diversen Aussenstationen erst durchläuft.
Chirurgische Assistenten rotieren mittlerweile recht zuverlässig im 2. Jahr in die Intensivmedizin, weil der Common Trunk so formuliert ist.
Anästhesisten in der Weiterbildung durchaus auch erst nach dem 3./4. Assistentenjahr, dann aber gerne für länger als 6 Monate.

Je später man dort hinrotiert, desto mehr profitiert man davon! Weil einfach viel mehr Vorkenntnisse, viel mehr Routine und Sicherheit. Die Patienten sind die kränksten im Haus und benötigen die sicherste und beste Behandlung, die die Abteilung bieten kann. Ja, es sind auch unsichere oder unwillige Kollegen dabei, diese werden durch die anderen in der Abteilung mitgetragen. Irgendwann muss jeder mal...

hebdo
22.06.2021, 22:06
....
Je später man dort hinrotiert, desto mehr profitiert man davon! Weil einfach viel mehr Vorkenntnisse, viel mehr Routine und Sicherheit. Die Patienten sind die kränksten im Haus und benötigen die sicherste und beste Behandlung, die die Abteilung bieten kann. Ja, es sind auch unsichere oder unwillige Kollegen dabei, diese werden durch die anderen in der Abteilung mitgetragen. Irgendwann muss jeder mal...

kann ich genauso unterschreiben, je mehr Erfahrung, desto schneller die Eingewöhnung und desto geringer die Überforderung - Ausnahmen bestätigen die Regel.

Rahmspinat
22.06.2021, 23:32
Ich soll zu Beginn meines 3. Jahres auf Intensiv, d.h etwa in 6 Monaten. Habe aber riesen Respekt davor, gerade weil ich die Notaufnahmezeit bis dahin nicht voll haben werde und praktisch nicht soo erfahren bin (Intubiert und ZVKs z.B bisher nur am Modell geübt). Meine Oberen meinen ich würde das packen, aber würde gerne noch einen Kurs besuchen, bevor es losgeht. Hat jemand gute Erfahrungen mit einem Intensivvorbereitungskurs?

nie
23.06.2021, 00:28
Ich hab den Kurs in Arnsberg gemacht. Fand den echt gut und lehrreich, konnte da viel mitnehmen. Aber da übt halt auch niemand ZVK legen mit einem und es bleibt bei einmal Puppe intubieren.

Bin jetzt zum Ende des 2. WBJ auf Intensiv rotiert, habe aber schon > 6 Monate ZNA und mehrere Monate IMC hinter mir, kommt also nicht ganz unvorbereitet. Wir werden sehen, wie es in den nächsten Monaten so läuft…