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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie oft operiert ihr?



monkey95
30.06.2021, 18:14
Hallo Leute, ich habe meine Weiterbildung in Orthopädie und Unfallchirurgie angefangen. Ich habe Gefühl dasss ich zu wenig operiere/assistiere (vielleicht 1-2 Mal alle 2 Wochen und manchmal weniger). Ich will gerne wissen, wie oft operiert/assistiert ihr? Oder es ist ganz üblich?

medcat
30.06.2021, 20:07
Das hört sich nach zu wenig an... Ich fange genau diese Weiterbildung aber erst im Herbst an, kann also selber leider noch nicht aus Erfahrung sprechen. Mir wurde bei Vorstellungsgesprächen an Uniklinika immer gesagt, dass man im Schnitt so 1-2 mal pro Woche im OP ist. An einem Maximalversorger war es tatsächlich richtig wenig, nämlich das was du beschreibst, und noch dazu mit richtig vielen Diensten - das habe ich dann dankend abgelehnt:-). Bei einem 500 Betten Haus schienen die Assis relativ häufig im OP zu sein, was man ja auch erwarten würde. Bist du denn an einer Uniklinik?

Nilani
30.06.2021, 20:10
Wann hast du denn angefangen? Letzten Endes sind die ersten 2 Jahren Common Trunk ... da soll man die Grundlagen lernen, eher außerhalb des OP: Stationsarbeit, Vorbereitungen für OPs usw. Oft sind die 6 Monate Notaufnahme mit drin in dieser Zeit, offiziell auch die ITS-Zeit,aber die darf man auch später machen laut meiner damaligen AO. Meist wird man zuerst für die nicht so ganz tollen Sachen eingeteilt, das ist halt so und im OP ist man anfangs nicht so oft ... vielleicht mal 2. Assistenz bei der Hüft-TEP oder Knie-TEP, kleinere Sachen. Bei uns war es eigentlich verteilt. Es gab festen Rotationsplan ab dem 3. Jahr (z.B. nächstes halbe Jahr möglichst alle Radiusfrakturen für 1 bestimmten Kollegen). Ich hatte letzten Endes im 1. Jahr schonmal nen VAC-Wechsel Wundversorgungen, Materialentfernungen, sogar den einen oder anderen Gamma-Nagel (im Dienst 2. Jahr) und mal kleinere Sachen unter Anleitung gemacht. Es wurde drauf geachtet, dass alle in den OP kamen und in die verschiedenen Ambulanzen. Aber gerade die ersten Monate war ncht so viel mit OP. Die ersten größeren eigenen Sachen (natürlich auch hier immer mit Anleitung und dem Oberarzt direkt daneben) dann ab 3. Jahr. Hatte aber auch Freundin/Kollegin, die im 1. Jahr schon Arthroskopien gemacht hat (die hatten wir nicht z.B. nicht so häufig, weil oft von Belegärzten von außerhalb operiert). Gibts keinen Plan? Wie gesagt, man muss sich erstmal einarbeiten, Stationsabläufe kennenlernen und irgendwann gehts in den OP. Bei uns war die Rotation geplant und wurde immer wieder angepasst, bin aber trotzdem nach 2 Jahren weg (inkl. Fachrichtungswechsel nach 3 Jahren). Auf jeden Fall war dort gesichert, dass man, wenn man sich nicht ganz blöde angestellt hat, bis zum Facharzt seinen geforderten Katalog soweit voll hatte.
Achja, Wundversorgungen in der Notaufnahme gingen gut ... Kreissägenverletzungen durfte man, unter Anleitung, auch ziemlich zügig machen ...
2. Klinik (3. Jahr) dann eigentlich nur Assistenz und das wenigstens 2-3x die Woche nach Einarbeitung. So OPs unterm Mikroskop (WS-Chirurgie) sind dann doch nochmal ne andere Hausnummer, da durften teilweise die ganz späten Assis bzw. halt dann die Fachärzte ran.

anignu
30.06.2021, 20:26
Ich glaub ich hatte bei meiner Weiterbildung im ersten Halbjahr eine einzige winzige OP neben sehr wenig Haken halten was sich im zweiten Halbjahr nur wenig gebessert hat... dann ab dem 3. Jahr gesteigert, im 4. Jahr nochmal, im 5. Jahr nochmal, im 6. Jahr nochmal bis ich mir quasi die Finger wundoperiert hab um tatsächlich fit für den Facharzt zu sein und danach alleine Hintergrunddienste zu machen. Wobei man sagen muss, "alleine" klingt krass. Tatsächlich ist es so dass wenn eine rupturierte Aorta kommt und man ruft egal wen an dann kommen immer alle rein egal ob Dienst oder nicht. Bei ganz großen Katastrophen helfen Gefäßchirurgen immer zusammen.

juke5489
30.06.2021, 21:27
das halte ich für den anfang für relativ normal.
am anfang der weiterbildung stehen meiner meinung nach die basics:
1) routiniert die stationsarbeit und die tägliche organisation meistern
2) abläufe in der notaufnahme lernen und dienstfit werden
3) abteilung kennenlernen

ich hab die ersten 5 monate auf station verbracht, dann bin ich für weitere 6 monate in die ambulanz rotiert, bevor dann langsam mein operatives arbeiten losging.
mittlerweile bin ich am ende meines 5. wbj und bin pro woche an 2-3 tagen im op, wo ich überwiegend als 1. operateur für eingriffe nahezu aller schwierigkeitsgrade eingeplant bin. zusätzlich operier ich im dienst viel. 2-3 eingriffe pro dienst sind die regel, mehr häufig möglich. dieses jahr kann ich an einer hand abzählen wieviele notfälle ich im dienst nicht selber operiert hab.

was ich damit sagen will: eine gute chirurgische weiterbildung verläuft stufenweise. am anfang scheint es manchmal schleppend zu laufen, aber von jahr zu jahr steigert sich das ganze und bevor du dich versiehst wächst dein op-katalog kontinuierlich und viel wichtiger als bloße zahlen: es wächst auch dein eingenständigkeit und souveränität. hab geduld.


Bei ganz großen Katastrophen helfen Gefäßchirurgen immer zusammen.

ist bei uns auch so. wenn der chef in der stadt ist, dann kommt er wenn man ihn anruft, ganz egal zu welcher tages- oder nachtzeit. wenn der chef nicht da ist kommt die leitende oberärztin.

monkey95
01.07.2021, 05:23
Bist du denn an einer Uniklinik?

Nein, ich bin in einem klein Haus

monkey95
01.07.2021, 14:21
Wann hast du denn angefangen?

Ich bin seit einem Jahr angefangen. Deine Abteilung klingt sehr gut. Darf ich fragen, wie viele Assistenzarzt in deiner Station normalerweise vorhanden ist?

monkey95
01.07.2021, 14:25
Darf ich fragen ob du in einem kleinen Krankhaus oder bei Uniklinik bist?

Nilani
01.07.2021, 19:17
puh, ich weiß es ehrlich gesagt gar nicht mehr ... glaube 5 auf Station, 2 bis 3 in der Notaufnahme, wobei dort 2 fest waren und einer hin rotiert ist. War kleines Haus, 1 Station Ortho/Unfall mit 3 Oberärzten (Handchirurg, Fußchirurg und Neurochirurg), 2 Chefärzte (alter Orthopäde und ein jüngerer Ortho/Unfall als Haupt-CA). Dazu 1 allgemeinchirurgische STation. Dienste haben wir uns geteilt, was im Nachgang gar nicht so schlecht war, weil man jetzt mal halbwegs beurteilen kann, ob ein Bauch akut ist oder vielleicht doch Zeit hat.
Ich bin seit 4 Jahren dort weg, bin in spezielle orthopäd. Klinik gewechselt und inzwischen raus aus der Chirurgie auf die konservative Schiene.

mbs
01.07.2021, 19:46
Man darf auch nicht vergessen dass durch COVID lange eine Ausnahmesituation mit reduzierten OP-Kapazitäten bestand. Tumorchirurgie war das einzige wirkliche "Elektiv"-Programm.

Momentan sind die Regularien ja wieder ganz anders, alles ist erlaubt, aber viele fahren wahrscheinlich erstmal in Urlaub bevor sie ihre Hernie, Galle etc. operieren lassen.

Hier ging es eigentlich allen so, dass die Weiterbildung unter der pandemiebedingten Sondersituation gelitten hat. Eine Kollegin im vierten Jahr hat noch einen fast leeren OP-Katalog. Nicht nur, weil sich aufgrund von Personalnotstand die Intensivzeit COVID-bedingt verlängert hat. Auch viel OP-Pflege und Anästhesiepersonal hat gefehlt weil sie für COVID-Stationen abgezogen wurden. Betten konnten nicht belegt werden, viele Eingriffe mussten abgesagt werden. Am schlimmsten hat es eben diejenigen erwischt die ihren Common Trunk - in dem man wie schon erwähnt kaum operiert - genau da fertig hatten wo die Pandemie begann. Oder deren Weiterbildung während der Pandemie anfing.

medcat
02.07.2021, 12:32
Hm, also wie die anderen mit 1000 mal mehr Berufserfahrung als ich schon angemerkt haben, während dem Common Trunk ist es mit dem operieren ohnehin etwas mau. Allerdings muss ich persönlich sagen, wäre ich mit dem was du so beschreibst und was ich während meinen ganzen Hospitationen bei der Stellensuche an Eindrücken mitbekommen habe, mit deinem set-up auch nicht so zufrieden.

Ich kann dir z.B. von meiner Hospitation in einer niederbayerischen Kleinstadt 500 Bettenhaus berichten (überregionales Traumazentrum). Der frischeste Assi hatte im Januar 2021 (also während Corona!) dort angefangen und im Mai, also ich dort hospitiert hatte, schon seine 50/60 Metallentfernungen durch, die ersten Dienste nach 3/4 Monaten und zuerst Einarbeitung auf Station, dann in der NA um fit gemacht zu werden für die Dienste. Die Assis dort waren super zufrieden, da so gut wie keine Überstunden und viel OP Zeit. Ich wollte dort halt nicht hin, weil mir die Stadt zu klein ist und es mit der Promotion schwierig geworden wäre...

Manche Kliniken, die ich mir angeschaut hatte, haben noch sehr unter den Eindrücken von COVID gearbeitet und hatten auch nur einen OP Saal am laufen - andere wiederum hatten das volle Programm...

mbs
02.07.2021, 19:37
Hab mir auch mal eingebildet möglichst viel operieren zu müssen, wollte es teilweise erzwingen, hab gedacht woanders sei es besser, war in der Hinsicht sehr ungeduldig und angespannt. Irgendwie hat sich das dann doch relativiert - mir fiel dann auch auf, dass vielleicht auch einfach die Alternativen - Station und Ambulanz - nicht wirklich mein Fall sind. Dass wenig operieren auch bedeutet später Facharzt zu werden, nicht aufzusteigen, und entsprechend immer nur gehorchen zu müssen, sich von anderen vorgeben lassen zu müssen was man zu tun hat. Bei genauerem Hinsehen gilt das aber mehr oder weniger auch für Oberärzte; man sieht nur nicht sofort unter welchem Druck die stehen gewisse Vorgaben zu erfüllen, wie wenig Freiheit sie tatsächlich haben. Man braucht sehr lang um überhaupt festzustellen was man erwarten kann. Deshalb ist die Frage, wie viel man bis wann operiert haben sollte sicher berechtigt. Vor allem weil es auch dauert festzustellen, dass andere Fragen mindestens genau so wichtig sind. Vor allem in Hinblick auf eine längerfristige Perspektive.