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Arxovrenis
16.07.2021, 13:22
Hallo,

ich bin jetzt im Juni mit meinem Studium fertig geworden und stehe vor dem Problem, dass ich schon gerne arbeiten möchte, aber ich kann mich überhaupt nicht für eine Fachrichtung entscheiden. Jetzt habe ich Angst, zu viel Zeit zu und vor allem auch Geld zu verlieren. Medizinstudium ist jetzt schon mein zweites abgeschlossenes Studium und meine finanziellen Ressourcen sind eher knapp. Ging es vielleicht jemand anderem genauso ? Gibt es wirklich Jobs, die man vorübergehend machen kann, ohne dass man schief angesehen wird, wenn man nach einem halben Jahr wieder geht. Ich weiß auch, dass keine Abteilung einen Neuling für ein paar Monate einarbeiten will. Ich wohne abseits von den großen Ballungsräumen in Deutschland, aber dennoch sind viele Krankenhäuser in Pendelreichweite (sogar ein Maximalversorger). Habe eben viele frustrierte Assistenzärzte im PJ kennengelernt, die mir ihre jeweilige Fachrichtung nicht empfohlen haben.

Fachrichtungen, die für mich interessant wären:
Allgemeinmedizin
Radiologie
Augenheilkunde
Strahlentherapie
Gynäkologie
Pädiatrie

Valoron
16.07.2021, 14:49
Im Idealfall lernt man sein Wunschfach im Famulaturen, Blockpraktika, PJ kennen.
Falls nicht geschehen: erst hospitieren.
Wer garnicht, was er tun soll, kann mal mit Innere anfangen. Das kann man fast überall anrechnen lassen. Idealerweise mind. 6 Monate.

Arxovrenis
16.07.2021, 14:55
Naja in den ganzen Famulaturen, Praktika und im PJ trifft man halt eben nur auf genervte und überarbeitetes Klinikpersonal. Da heißt es dann eben, "nehme mal da Blut ab", "lege da mal ne Viggo", "dafür habe ich jetzt keine Zeit", "setz dich einfach hin und lese halt", " das zeige ich dir später", "mach bloß nicht Fach xy, du wirst es bereuen". Das war eher gesagt wenig hilfreich.

Fachlich kann ich mich für vieles interessieren. Ist nur die Frage, ob man, wenn man erst einmal mit der Inneren anfängt auch wieder wegkommt. Je länger man dort festsitzt, desto mehr ist man dazu verdammt das weiter zu tun.

Nefazodon
16.07.2021, 15:01
Hallo Arxovrenis,

Warum kannst Du dich denn nicht entscheiden? Wo ist das Problem?

Eigentlich solltest Du doch im Studium schon Erfahrungen gesammelt haben, sodass Du ungefähr weißt, wohin die Reise geht.

Mach dir doch zu allen Fachrichtungen, die Du jetzt genannt hast, eine Pro/Kontra-Liste und grenze es auf ein bis zwei Fachrichtungen ein, in denen Du dich dann breit bewirbst.

Die Entscheidung aufzuschieben, halte ich nicht für sinnvoll. Was soll das bringen?

Wie heißt es so schön:

Irgendeinen Tod muss man sterben

Außerdem:

Keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung

Nur Mut. Entscheide dich einfach erstmal für eine Fachrichtung/Stelle, die dir gefällt bzw. gefallen könnte. Die Entscheidung ist ja nicht endgültig. Wenn es dir dann doch nicht gefällt, kannst Du ja nach einem Jahr wechseln.

Und wie Valoron schon sagt: Innere geht zum Beispiel als Basis immer

Nefazodon
16.07.2021, 15:04
Fachlich kann ich mich für vieles interessieren. Ist nur die Frage, ob man, wenn man erst einmal mit der Inneren anfängt auch wieder wegkommt. Je länger man dort festsitzt, desto mehr ist man dazu verdammt das weiter zu tun.

Das ist Quatsch! Warum sollte man dazu verdammt sein?!

Arxovrenis
16.07.2021, 15:24
Auf jeden Fall, Danke für die Antworten. Ich bin halt an das Studium step-by-step herangegangen, sonst hätte mich einfach die Fülle erschlagen und ich wäre in Panik geraten. Jetzt bin ich gefühlt plötzlich fertig und warte nur noch auf die Approbationsurkunde.

Wenn man 2,5 Jahre Innere gemacht hat, kann man schlecht erklären, warum man dann plötzlich z.B. Augenheilkunde machen will. Je länger man in einer Fachrichtung unterwegs ist, desto unwahrscheinlicher ist, dass man wechselt. Und eigentlich will ich schon zügig Facharzt werden und nicht noch einmal zwischendurch wechseln. Durch mein Erststudium hab ich schon genügend Zeit verloren.
Meine Überlegung war auch erst Mal mit Innere anzufangen. Arbeite jetzt noch an der Fertigstellung meiner Doktorarbeit in der Strahlentherapie und da wird auch immer nachgefragt, ob ich nicht dort anfangen will.
Daneben gibt es eben noch weitere Einflüsterer aus Familie und Bekanntschaft. Gerade mein Vater hat mir immer abgeraten mein Erststudium zu studieren und ich muss mir jedes Mal anhören, dass ich gleich Medizin hätte studieren sollen. Jetzt will er natürlich auch wieder ein Wörtchen zur Fachrichtung mitreden, obwohl er herzlich wenig Ahnung zur Materie hat.

Nefazodon
16.07.2021, 15:30
Daneben gibt es eben noch weitere Einflüsterer aus Familie und Bekanntschaft. Gerade mein Vater hat mir immer abgeraten mein Erststudium zu studieren und ich muss mir jedes Mal anhören, dass ich gleich Medizin hätte studieren sollen. Jetzt will er natürlich auch wieder ein Wörtchen zur Fachrichtung mitreden, obwohl er herzlich wenig Ahnung zur Materie hat.

Wer muss denn in dem Bereich arbeiten, Du oder deine Familie?;-)

Guter Rat ist immer wertvoll, aber entscheiden kann man nur// muss man für sich selbst!


Meine Überlegung war auch erst Mal mit Innere anzufangen. Arbeite jetzt noch an der Fertigstellung meiner Doktorarbeit in der Strahlentherapie und da wird auch immer nachgefragt, ob ich nicht dort anfangen will.

Du hast in der Strahlentherapie also bereits einen Fuß in der Tür....

Was spricht dagegen dort anzufangen?


Wie gesagt, es ist keine endgültige Entscheidung. Man kann immer wechseln.

Feuerblick
16.07.2021, 15:55
Wenn du zweieinhalb Jahre Innere gemacht hast und dann in die Augenheilkunde möchtest, nimmt man dich mit Handkuss. Du bist dann vermutlich der einzige Mensch in der Abteilung, der mit internistischen Notfällen umgehen kann. :-))

davo
16.07.2021, 16:03
Deine finanziellen Ressourcen sind knapp - und was für eine Rolle spielt das jetzt? Es ist ja völlig egal, ob du wechselst oder nicht. Stellen gibt es genug, und alle sind gut bezahlt.

Deine Familie und Bekannten sind offenbar ziemlich nervig. Lerne, sie zu ignorieren.

Überleg dir, in welchem Fach du langfristig arbeiten willst. Siehst du dich langfristig als Hausarzt? Als Radiologe? Als Augenarzt? Das ist die wirklich entscheidende Frage. Und falls du dann doch wechseln willst - auch kein Problem. Ich kenne so viele Wechsler - kümmert kaum jemanden. Man hat ja ganz im Gegenteil meist doch was hilfreiches im anderen Fach gelernt.

Mach dir also weniger Stress und überleg dir, wo du dich langfristig siehst.

Matzexc1
16.07.2021, 17:28
Was war den dein Erststudium?

Aus dem entfernten Bekanntenkreis meiner Mutter:
Die Tochter einer sehr geisteswissenschaftlichen Familie entscheidet sich Medizin zu machen, ihre Eltern sind empört, die Geschwister verwundert. Am Ende schreit ihre Mutter: "Dann mach deine Medizin, aber danach studierst du was ordentliches".

Ein anderer Fall aus meiner Heimat:
1er Abiturientin wird zum Medizinstudium von Lehrern, Freunden und Angehörien regelrecht "genötigt" Medizin zu studieren. Glücklich ist sie nicht geworden

Ich nehme mal, aufgrund deiner Worte an das dein Vater kein Mediziner ist, unsere Eltern/Angehörigen wollen gern das Beste für uns( aus ihrer Sicht). Problem ist, dass unser "Bestes" nicht mit ihren Wünschen übereinstimmt.

Es ist dein Leben und du trägst die Folgen nicht deine Eltern, damit ist es deine Entscheidung.
Es gibt genug Anästhesisten die nach dem Facharzt in die Allgemeinmedizin gehen, mit Erfahrung in der Inneren bist du gerne woanders gesehen und je nachdem wohin du wechselst kannst du dir Weiterbildungsinhalte anrechnen lassen.

Ich selbst habe mich gegen Innere entscheiden weil es mir zuviel Papierkram ist, gegenOrthopädie nachdem ich gesehen habe das man eine Doppelbelastung und Überstunden ohne Ende haben kann.

Wie schon mehrfach gesagt: Kein Stress, die Möglichkeiten sind endlos. Es gibt einen Podcast über alternative Karrierewege als Ärztin/Arzt und das ist mehr als interessant

ehem-user-02-08-2021-1033
16.07.2021, 18:16
Ganz aus der Ferne betrachtet... Du bist vom Lebensalter nach 2 abgeschlossenen Studiengängen definitiv erwachsen. Außerdem hast du zweimal akademische Bildung genossen. Dennoch wirkst du unsicher. Das ist nicht schlimm. Wichtig ist nur, dass du dir eine Stelle bzw. Fachrichtung suchst, die zu dir und deiner Persönlichkeit passt.(Ganz wertfrei!)
Aber Bedenke: In manchen Fachgebieten bzw. dann in den Diensten können Entscheidungen, wie ein Tsunami über dich hereinbrechen...mit Quick and Dirty kommst du da meist aus dem größten Haufen Arbeit raus.... Wenn du dann allerdings abends deine Entscheidungen rekapitulierst...Gedankenkreisen hast und nicht mehr zur Ruhe kommst...dann hättest du die falsche Fachrichtung.

Nefazodon
16.07.2021, 19:37
@ Elite RDH: Entscheidungen zu treffen kann man trainieren (wie alles andere auch)!

Unabhängig davon sollte man in jedem Fach in der Lage sein, sich abzugrenzen und nach der Arbeit abzuschalten.

Auch das kann man trainieren.

ehem-user-02-08-2021-1033
16.07.2021, 19:46
Sicher kann man Dinge trainieren... Man muss aber als Sprinter keinen Marathon laufen und umgekehrt...Manches fällt leicht...anderes schwer.

Nefazodon
16.07.2021, 20:09
Ich glaube eher, dass das Problem ein ganz anderes ist. Ich glaube, ohne es genau wissen zu können, dass der Threadersteller/die Threaderstellerin zum ersten Mal vor so einer Entscheidung steht.
Die frühere Entscheidung für das Medizinstudium wird damit nicht vergleichbar gewesen sein, da ich vermute, dass er/sie mit seinem ersten Studium nicht glücklich war und dass das zum Zeitpunkt dieser Entscheidung schon länger klar war.

Jetzt aber steht er/sie vielleicht zum ersten Mal vor der Entscheidung, wie es *wirklich* weitergehen soll.
So eine Entscheidung kann ganz schön einschüchternd sein, wenn man glaubt, dass davon das ganze weitere Leben abhängt.

Wenn dann alle um einen herum eine andere Meinung haben, kann das noch mehr verunsichern, statt zu helfen.
Vielleicht ist es sogar das erste Mal dass der Threadersteller alleine eine Entscheidung fällen muss?

Da hilft es meiner Meinung nach nur, sich klar zu machen, dass die Entscheidung in Wahrheit gar nicht so groß ist.
Mit dieser Entscheidung legt man sich nicht fest. Sie ist eben -entgegen der Annahme des Threaderstellers/der Threaderstellerin- nicht unkorrigierbar. Schon gar nicht ist man dann dazu *verdammt* diesem Weg zu folgen. Ich glaube, hier liegt eine kognitive Verzerrung vor, die korrigiert werden muss.

Was kann denn wirklich passieren, wenn Du dich jetzt falsch entscheidest?
Mach dir bewusst, dass die Entscheidung nicht so schwerwiegend ist, wie Du glaubst.
Freu dich lieber auf die Möglichkeiten.

(P.S. Zweimal akademische Bildung zu genießen ist wirklich ein Privileg. Sei dir dessen bewusst und mach was draus.)

tragezwerg
16.07.2021, 20:46
Überleg dir, welches Fach DIR gefällt und DICH aktuell interessiert, und dann such dir da ne Stelle.
Ein Quereinstieg in ein anderes Fach ist fast immer ohne jegliche Probleme möglich, und vieles kann man sogar auf das neue Fach anrechnen lassen bezüglich der Weiterbildung. Ich kenne dutzende Ärzte, die mehrere Fächer angefangen und dann gewechselt haben, gerade in der Anästhesie tummeln sich viele Ex-Internisten und -Chirurgen.
Und bloß nicht reinreden lassen. Mach, was dich interessiert. Alles andere ist Käse.

roxolana
16.07.2021, 20:51
Naja, ich kann mir schon vorstellen, dass manche Stellenwechsel schwierig zu erklären sind. Wie kommt man z.B. von der Psychosomatik zur Nuklearwaffen? Von daher ist der Tipp mit Innere gar nicht so schlecht, Innere braucht man für Vieles, von Allgemeinmedizin bis Labor...

Nefazodon
16.07.2021, 20:53
Naja, ich kann mir schon vorstellen, dass manche Stellenwechsel schwierig zu erklären sind. Wie kommt man z.B. von der Psychosomatik zur Nuklearwaffen? Von daher ist der Tipp mit Innere gar nicht so schlecht, Innere braucht man für Vieles, von Allgemeinmedizin bis Labor...

Nuklearwaffen sind immer schwer zu begründen! Da gibt es auch Sperrverträge!:D

Edit: Gerade zu Beginn finde ich übrigens, kann man fast alles begründen.

Wechsel in die Nuklearmedizin z.B. mit technischem/wissenschaftlichen Interesse, das in der Psychsom. nicht erfüllt worden sei.
Man muss sich nur vorher eine Begründung zurecht legen und dann glaubhaft vertreten.

Valoron
16.07.2021, 22:18
Naja in den ganzen Famulaturen, Praktika und im PJ trifft man halt eben nur auf genervte und überarbeitetes Klinikpersonal. Da heißt es dann eben, "nehme mal da Blut ab", "lege da mal ne Viggo", "dafür habe ich jetzt keine Zeit", "setz dich einfach hin und lese halt", " das zeige ich dir später", "mach bloß nicht Fach xy, du wirst es bereuen". Das war eher gesagt wenig hilfreich.

Fachlich kann ich mich für vieles interessieren. Ist nur die Frage, ob man, wenn man erst einmal mit der Inneren anfängt auch wieder wegkommt. Je länger man dort festsitzt, desto mehr ist man dazu verdammt das weiter zu tun.

Ja das war in meinen Innere und Chirurgie Famulaturen in DE oft so. Spricht für schlechte Kliniken. Nur in der Radio bekam man damals relativ viel erklärt. Allerdings auch sehr personenabhängig.
Ich wollte übrigens auch nie Innere machen und habe es dann doch mal eine Zeit gemacht, weil man es sich überall anrechnen lassen konnte.

Das wären meine persönlichen (!!!) Gedanken zu deiner Fächerauswahl
Wenn du mehr in die Breite gehen willst und klinisch gern arbeitest+sehr gute Zukunftaussichten, würde ich Allgemeinmedizin empfehlen.
Wenn du nicht so gern Patientenkontakt/Stationsarbeit magst und technisches Interesse oder Interesse an Labor: Radio, Labor, Mibi, Hygiene
Wenn du gerne die meisten Krankheiten mit einer bloßen Untersuchung erkennen willst, Affinität zu Neuro hast, Option chirurgisch tätig zu sein, gute Verdienst+Zukunftsaussichten, dich mit einem Organ begnügst: Auge
Wenn du gern palliativmedizinisch arbeitest, technisches Interesse hast und auch gern klinisch arbeitest: Strahlentherapie
Wenn du gern Frauen während der Schwangerschaft und danach begleitest, ggfs. operativ tätig sein willst, Interesse an Onkologie hast: Gynäkologie
Wenn du gern mit Kindern und vor allem ihren Eltern zu tun haben möchtest: Pädiatrie

anignu
16.07.2021, 23:38
Vor allem Richtung Anästhesie kenn auch auch viele Wechsler. Von Innere oder vor allem Chirurgie in die Anästhesie und von Anästhesie dann in die Allgemeinmedizin, Notaufnahme oder hauptberuflich Notarztfahren...

Assistenzärzte sich oft mal gefrustet. Ernsthaft. War ich selbst auch. Das hat auch nicht immer was mit schlechter Weiterbildung zu tun, das liegt in der Natur der Sache. Man kommt ständig an Punkte in denen man neue Aufgaben bekommt. Der erste Dienst als 2. Vordergrund, der erste Dienst als 1. Vordergrund, der Einsatz auf Intensivstation alleine, die ersten OPs alleine etc. Und da kommen immer viele Sachen zusammen. Es gibt Punkte an denen fühlt man sich völlig überfordert, dann ist man wieder genervt weil man das Gefühl hat dass nix vorangeht etc. Völlig normal. Was glaubst du wieviele Frust-Phasen ich hatte? Im Nachhinein muss man aber sagen dass meine Weiterbildungszeit ziemlich gut war...

mbs
16.07.2021, 23:59
In dem Zusammenhang mal ein verwandte Frage:

Kennt jemand von euch ein gutes Coaching bzw. eine gute Karriereberatung speziell für Mediziner?

Denke das würde einigen hier helfen, da Fragen nach der Fachwahl oder weiteren Karriereplanung immer wieder auftreten.
Um die zu beantworten bräuchte man mehr Hintergrundinformationen, die aber nicht jeder öffentlich preisgeben will.