PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Humanmedizintraum, jedoch Angst vor Arbeitsbedingungen



MedMango20
21.07.2021, 16:03
Hey Community,

Ich bin 18, und träume eigentlich seit ich sehr klein war Medizin zu machen, der Klinikalltag und Medizin als Wissenschaft haben mich schon immer fasziniert - habe auch schon 3 bis 4 Praktika gemacht in versch. Abteilungen, die ich ziemlich interessant fand und mein Interesse bestätigt haben. Glücklicherweise habe ich ein 1,0 Abitur und ein TMS Ergebnis von 100, also sollte ich ohne Probleme an meiner Wunsch-Uni reinkommen

Jedoch kamen mir in den letzten Wochen extreme Bedenken bezüglich den Arbeitszeiten als Arzt - mir ist Sport und eine gesunde Beziehung zu meiner (zukünftlichen) Lebenspartnerin sehr wichtig, und im Internet liest man sehr oft von gestressten Ärzten, die deutlich mehr als 40 Stunden pro Woche unbezahlt arbeiten und gefühlt kaum Freizeit haben (z.B. 7am- 6pm geschichten). Stimmen solche Zahlen wirklich, und gibt es in DE auch gute Möglichkeiten Teilzeit zu arbeiten? Wie sieht es nach der Facharztausbildung mit den Möglichkeiten aus, z.B. in den Niederlanden oder Skandinavien zu arbeiten, wo Work-/Lifeblanace deutlich besser sein soll? Ich habe einfach Angst dass mir das Studium und Fach richtig gefällt aber mich danach das Arbeitsleben so konsumiert dass ich es bereue und was anderes machen muss - und aus monetären Gründen lohnt sich das Medizinstudium in Deutschland nicht soo, ich fand die Tarifverträge ehrlich gesagt ernüchternd.

- alternativen müsste ich mir überlegen weil ich immer von Med ausgegangen bin, da ich ansonsten an einer intl. Uni wahrscheinlich gehen würde und die Fristen für WiSe verpasst habe, würde entweder in die richtung Informatik z.B. ETHZ oder eine Mischung aus Business und Life Sciences.

Nefazodon
21.07.2021, 16:42
Hallo MedMango und Willkommen im Forum!

Zu deinen Fragen: Die Arbeitszeiten in der Medizin sind tatsächlich *hust* oft nicht optimal. Es ist eben kein 9 to 5 Job. Zu der Regelarbeitszeit kommen noch die Nacht- und Wochenenddienste und Überstunden, die oft leider an der Tagesordnung sind hinzu.
50 Stunden Wochen sind keine Seltenheit.
Teilzeit ist natürlich auch in Deutschland möglich, jedoch verlängert sich dadurch deine Weiterbildungszeit bis zum Facharzt, sodass viele Assistenzärzte die ersten Jahre nicht in Teilzeit gehen. Außerdem müsstest Du sehr wahrscheinlich trotzdem noch nachts und am Wochende arbeiten, nur seltener. Davon bleibt leider keiner verschont.
Natürlich kann man sich eine Arbeit im Ausland suchen, wo die Arbeitsbedingungen teilweise besser sind. Allerdings: gearbeitet wird auch dort. Und: man sollte die Schwierigkeiten, eine fremde Sprache zu lernen und sich in einer fremden Kultur einzuleben, nicht unterschätzen. Hier im Forum klingt es oft so, als wäre es kein Unterschied ob man in Hamburg arbeitet, wenn man aus München kommt, oder in Basel oder Kopenhagen...ist es aber. Wenn Du hier eine Freundin hast, dürfte sie auch nicht unbedingt begeistert sein, mit dir ins Ausland zu ziehen. Man sollte auch nicht vergessen, dass die Familie dann weit weg ist. Und gerade Corona hat gezeigt, dass Reisen auch mal schwierig sein kann.

Also der Workload ist in der Medizin relativ hoch, die Arbeitsbedingungen sind als Assistenzarzt oft mäßig bis schlecht (nicht immer). Dessen sollte man sich vorher bewusst sein.
Andererseits: Man muss das machen, was einen interessiert. Nichts ist schlimmer als 30-40 Jahre in einem Bereich zu arbeiten, der einen anödet, nur weil der Job (vermeintlich) sicher war bzw. die Arbeitsbedingungen gut.
Die Arbeitsbedingungenn in den Life-Sciences sind übrigens auch nicht unbedingt paradiesisch. Die Arbeitszeiten mögen besser sein, ja, aber es gibt andere Nachteile: Die Bezahlung ist schlechter. Um eine Stelle zu finden, die einen interessiert, muss man viel mobiler sein, als als Arzt. Oft sind die Stellen befristet, die Arbeitssituation prekär. Ob Du später eine feste Stelle bekommst oder vielleicht Professor wirst, kann dir niemand sagen. Es ist in den Life Sciences schwer planbar.

Wenn Du schon seit deiner Kindheit vom Medizinstudium träumst, wie Du schreibst, und wenn Du auch schon Praktika gemacht hast, dann würde ich dazu tendieren zu sagen: mach es. Alles kann man sowieso nicht planen und Du weißt nicht, was das Leben für dich in 6 Jahren bereithält.
Also solltest Du meiner Meinung nach, was das Studium angeht, nach Interesse entscheiden.
Aber es ist gut, dass Du dir vorher über die Arbeitsbedingungen Gedanken machst.

CAVE: Es ist immer schwer, als Außenstehender bei soetwas einen Rat zu geben. Entscheiden musst Du letztlich selbst;-)
Wobei Du unbedingt auch mit deiner Familie und Freunden über das Thema reden soltest. Die kennen dich besser als wir.

Heerestorte
21.07.2021, 17:20
Ist natürlich schwierig jetzt schon zu wissen, aber es gibt auch genug Fachrichtungen, in denen man ein entspannteres Leben hat und in die Niederlassung kann man auch i vielen Fächern, da hat man dann auch geregeltere Arbeitszeiten. Und zur Not kann man auch Dinge wie den MDK, öffentliches Gesundheitswesen auswählen etc.

Gibt auch genug Abteilungen, in denen man regelmäßig pünktlich raus kommt. Nur allein deswegen würde ich den Traum, sofern es einer ist, nicht an den Nagel hängen. Und bis du fertig bist, ändert sich sicherlich auch noch ein wenig ;-)

Nefazodon
21.07.2021, 18:30
Obwohl ich Heerestorte prinzipiell Recht gebe, muss ich aber doch noch erwähnen, dass die meisten Alternativen zur Klinik erst nach dem Facharzt möglich sind. D.h. 5-6 Jahre muss man schon als Assistenzarzt in einer Klinik arbeiten.
Das sei nicht verschwiegen.

Dennoch, wie schon gesagt, sollte dich das nicht von einem Lebenstraum abhalten.

Mr. Pink online
22.07.2021, 00:07
@TE, du hast gute Noten, scheinst ein abgeklärter Kopf zu sein. Du musst dir überlegen, was dir später wichtig ist. Geld? Freizeit? Abwechslungsreicher Beruf? Ich würde behaupten letzteres trifft auf Medizin zu. Freizeit eher nicht, Geld eigentlich auch nicht (du hast die Tarife gesehen, dazu kommt die liderlich bezahlte Mehrarbeit). Du wirst hier viele finden, die versuchen dir was anderes zu erzählen, aber es ist besser reinen Wein einzuschänken. Du bist jung und hast vermutlich das Potential einen Beruf zu erlernen, der mit mehr Geld und mehr Lebensqualität einhergeht. Familienkompatibel finde ich meinen Job eigentlich auch nicht. Außer ich würde reduzieren und in einen weniger interessanten Bereich wechseln. Das hieße dann wiederum noch weniger Geld. Vorteile sind, dass du deutschlandweit ziemlich easy Jobs findest und die Bezahlung ist geregelt. Ich finde meinen Job geil, mein Leben aber eigentlich nicht mehr. In meinem Privatleben muss ich zunehmend Kompromisse machen, die ich eigentlich so niemandem wünsche. Die Bezahlung spiegelt die Belastungen nicht wider. Hobbies wie normale Menschen haben, kannst du im Prinzip auch vergessen. Und das ist ein eher generelles Medizinerproblem und bestimmt kein individuelles. Ich will mein Studium und meine Fachkenntnisse in Medizin eigentlich nicht missen, aber ich glaube ich würde meinem 18 jährigen Ich nicht nochmal dazu raten.

Feuerblick
22.07.2021, 06:50
Andererseits gibt es auch Fachrichtungen, in denen man durchaus angemessen in Bezug auf den Arbeitsaufwand bezahlt wird, wenig Überstunden macht, sich in den Diensten nicht kaputtarbeitet und damit sowohl Familien- als auch Hobby-kompatibel ist. :-nix
Man könnte auch sagen: Es kommt drauf an, in welche Fachrichtung du am Ende gehst und ob du im Krankenhaus bleibst (und wenn ja, in welches) oder eine Tätigkeit in einer Praxis anstrebst.

Ich bin immer skeptisch, wenn jemand Medizin (oder sonst einen Job) als seinen Lebenstraum ansieht. Andererseits finde ich auch, dass man den Beruf ausüben sollte, in dem man sich auch wiederfindet. Ein Job mit guter Bezahlung und viel Freizeit ist toll. Wenn man aber die Tätigkeit als solche nicht mag, langweilig findet und nur deshalb diesen Job gewählt hat, weil die Bedingungen so gut waren, dann wird man damit auch unglücklich werden.
Ich würde meinem 18-jährigen Ich raten, das zu tun, was es gerne tun möchte und sich nicht von schwierigen Zugangsvoraussetzungen, schlechten Bedingungen und sonstigen Bedenken abschrecken zu lassen. All das erscheint oft nur aus der Ferne problematisch und all das kann sich auch ändern. Hätte ich das damals getan, wäre ich heute in einem komplett anderen Beruf, hätte weniger Umwege gebraucht und mein Leben wäre vermutlich komplett anders verlaufen. :-nix

abcd
22.07.2021, 07:58
Feuerblicks Aussage trifft es ganz gut.
Und tatsächlich sind die Arbeitsbedingungen nicht überall miserabel. Meine Weiterbildungszeit in der Neurologie war in Ordnung. Zwei Wochenenddienste im Monat, 5 Nächte am Stück alle 12 Wochen, ebenso im Turnus eine Spätdienstwoche. Häufig konnten wir pünktlich gehen. Klar ist Arztsein kein Job, bei dem man den Griffel fallen lassen kann, sondern ggf. Dinge fertig machen muss und so nicht pünktlich rauskommt.

Nefazodon
22.07.2021, 14:35
Feuerblicks Aussage trifft es ganz gut.
Und tatsächlich sind die Arbeitsbedingungen nicht überall miserabel. Meine Weiterbildungszeit in der Neurologie war in Ordnung. Zwei Wochenenddienste im Monat, 5 Nächte am Stück alle 12 Wochen, ebenso im Turnus eine Spätdienstwoche. Häufig konnten wir pünktlich gehen. Klar ist Arztsein kein Job, bei dem man den Griffel fallen lassen kann, sondern ggf. Dinge fertig machen muss und so nicht pünktlich rauskommt.

Da muss ich mich nochmal einschalten. Prinzipiell finde ich den Beitrag von Mr.Pink online etwas zu negativ. Würde ich meinem 18-jährigen ich empfehlen, wieder Medizin zu studieren? Definitiv ja.
Vor allem: Wäre eine andere Entscheidung "besser" gewesen? Wahrscheinlich nicht. Gearbeitet wird überall und gerade in hochdotierten Berufen fallen gern mal Überstunden an. Hätte ich was anderes studiert, hätte ich mich ewig gefragt, wie es gewesen wäre Medizin zu studieren.
Prinzipiell würde ich auch dem Tenor von Feuerblick und abcd zustimmen.

Jedoch möchte ich dazu ergänzen: Als Student habe ich die Belastung durch Dienste massiv unterschätzt!

abcd schreibt
Zwei Wochenenddienste im Monat, 5 Nächte am Stück alle 12 Wochen, ebenso im Turnus eine Spätdienstwoche.

Das heißt aber, dass man sich in den Nachtdienst- und Spätdienstwochen in der Regel von seinem Sozialleben verabschieden kann.
Und zwei Wochenenddienste im Monat sind verglichen mit der Dienstbelastung anderswo jetzt zwar nicht unbedingt viel, aber es bedeutet eben auch, dass zwei Wochenenden blockiert sind, an denen man nicht viel unternehmen kann. Und das JEDEN Monat.
Und während andere diese Zeit für private Hobbies und zur Regeneration haben, fehlt sie einem einfach. Was man meiner Erfahrung nach mit der Zeit vor allem in der nächsten Woche merkt. Es hat schon einen Grund, warum sich das Wochenende für die meisten Arbeitnehmer etabliert hat.

Ich finde nur, dass man diese Belastung weder kleinreden noch unterschätzen sollte.

abcd
22.07.2021, 16:12
Ich finde nur, dass man diese Belastung weder kleinreden noch unterschätzen sollte.

Ich möchte die Belastung nicht kleinreden. Wochenendarbeit gehört dazu und Dienste auch. Bislang wurde die Arbeitsbelastung aus meiner Sicht eher negativ dargestellt Ich empfand das für mich in meiner Weiterbildungszeit nicht so. Wenn man einen 9 to 5 Job ohne Wochenendarbeit möchte, sollte man um die Medizin, sowie um einige andere Berufe auch, einen Bogen machen.



Und zwei Wochenenddienste im Monat sind verglichen mit der Dienstbelastung anderswo jetzt zwar nicht unbedingt viel, aber es bedeutet eben auch, dass zwei Wochenenden blockiert sind, an denen man nicht viel unternehmen kann. Und das JEDEN Monat.
Wochenenddienste waren 12h Dienste und man konnte durchaus zwei an einem Wochenende ableisten. Nachtdienstwochen waren doof, nicht beliebt, aber eben nicht so häufig.
Jetzt rede ich es halt doch klein ;-) -manchmal halt auch nur 1 Wochenenddienst, je nachdem ob Urlaubszeit war oder nicht (5 Wochenenden, 20 Dienste für 14 Assistenten)

Nefazodon
22.07.2021, 18:28
Wochenenddienste waren 12h Dienste und man konnte durchaus zwei an einem Wochenende ableisten. Nachtdienstwochen waren doof, nicht beliebt, aber eben nicht so häufig.
Jetzt rede ich es halt doch klein ;-) -manchmal halt auch nur 1 Wochenenddienst, je nachdem ob Urlaubszeit war oder nicht (5 Wochenenden, 20 Dienste für 14 Assistenten)

@abcd: Da hattest Du aber schon sehr gute Arbeitsbedingungen. Es gibt natürlich Stellen, wo das so ist, aber aus meiner Erfahrung heraus würde ich sagen, dass das leider nicht die Regel ist. Meistens wird man mehr als einen 12h-Dienst im Monat leisten müssen.

Auch das gehört zur Wahrheit meiner Meinung nach.

Außerdem sollte man auch diese 12-Stunden-Dienste nicht unterschätzen. Auch die können sehr anstrengend sein...(so ohne Pause und so)
und wiederum muss ich konstatieren: es gibt Gründe, warum sich ein 8-Stunden-Tag etabliert hat.

Es gibt natürlich immer Leute, denen das nichts ausmacht. Nicht umsonst gibt es den "Healthy-Worker-Effect" als Selektionsbias. Am Ende arbeiten halt nur die dauerhaft im Krankenhaus, denen es nichts ausmacht.

Bonnerin
22.07.2021, 18:37
Fakt ist, dass das Arbeiten in sehr vielen Fächern einfach deutlich schlechter mit einem geregelten Leben kompatibler ist als das in anderen Bereichen mit ähnlicher Vorbildung der Fall ist.

Gerade in Fächern/Bereichen, in denen man zumindest zwischendurch in einem Wechselschichtsystem arbeitet merkt man das leider überdeutlich. Man muss wirklich um jedes Treffen und jedes Hobby kämpfen, das man da irgendwie mit in den Plan quetscht. In Bereichen mit 24h-Bereitschaftsdiensten geht das - meiner Meinung nach - deutlich einfacher. Aber auch da gibt es Probleme, zum Beispiel die lächerliche Bezahlung für die "Bereitschaft", wenn man eigentlich nicht bereitschaftet, sondern durcharbeitet (aber das ist ein ganz anderes Thema).

Je nach Größe der Abteilung hat man mal mehr oder weniger Dienste, aber auch die Dienstbelastung selbst variiert teils stark. Zwischen "Powernap und dann Sport und Einkaufen" und "nichts außer Schlafen, abends duschen, weiterschlafen" ist leider alles drin.

Homeoffice-Möglichkeit besteht nur am Rande in ein paar Bereichen. Ob man das gut (mehr soziale Kontakte) oder schlecht (auch bei schlimmstem Wetter, krankem Kind, whatever wird Anwesenheit in den meisten Abteilungen erwartet) findet bleibt einem selbst überlassen.

Nur, weil man die entsprechenden Noten im Abi geschafft hat, muss man nicht zwangsläufig Medizin machen. Ich glaube, die Zeit hat mal sehr treffend Medizin als den "Brotberuf der Begabten" bezeichnet. Fakt ist: Leistung lohnt sich hier auf Grund der sehr straffen Hierarchien im Vergleich deutlich weniger als in anderen Branchen. Ob du der 80h+ Schufter oder der 42h Chiller bist über den sich alle aufregen - die Gehaltserhöhungen kommen für beide im gleichen Rahmen. Erst im Bereich Praxis/Oberarzt ist man wirklich an dem Punkt, an dem man außertariflich verhandeln könnte. Wenn ich mal grob überschlage habe ich ein Stundennetto von 11,25€ bekommen. Ob das jetzt viel oder wenig ist bleibt der persönlichen Interpretation überlassen.

Ich selbst würde es aber ziemlich sicher nicht nochmal studieren, wenn ich 18 wäre und ein deutlich breiteres Bild von der Gesamtsituation unseres Gesundheitssystems hätte als damals, als ich mich beworben hatte.

abcd
22.07.2021, 21:44
@ Nafazodon
Es ist tatsächlich so, dass ich eine gute Weiterbildungsstelle hatte. Großes Haus, noch kein Maximalversorger, nettes Team inkl. flache Hierarchien ohne tobende Oberärzte. Klar hatten wir auch Zeiten in denen die Besetzung bescheiden war und auch mal 2x 18 Betten alleine hatten - tatsächlich aber dann doch auch mal mit Unterstützung des OA. In guten Zeiten dann die die 2x 18 Betten mit drei Ärzten.

Mr. Pink online
23.07.2021, 18:56
Andererseits gibt es auch Fachrichtungen, in denen man durchaus angemessen in Bezug auf den Arbeitsaufwand bezahlt wird, wenig Überstunden macht, sich in den Diensten nicht kaputtarbeitet und damit sowohl Familien- als auch Hobby-kompatibel ist. :-nix


Das kann man genau so auch über jeden anderen Beruf sagen. Die Frage ist immer, wie häufig sich das dann in Wirklichkeit realisieren lässt. Medizin ist ein 24/7 Business und das wird sich auch nicht ändern. Es gibt viele Berufsgruppen, da ist Wochenend-/Nachtarbeit schlichtweg nicht vorgesehen und die Bezahlung stimmt dennoch. Was andere Berufsgruppen davon abgesehen für Nacht- und Feiertagsarbeit ansetzen, davon träumt der Mediziner nur. Wenn einem geregelter Arbeitsalltag für halbwegs gute Bezahlung wichtig ist, der sollte dies besser nicht in der Medizin suchen (meine Meinung). Zudem wird ein solcher Zustand vor abgeschlossener Weiterbildung + Praxisinhabe wohl kaum auftreten.

Feuerblick
23.07.2021, 19:02
Doch, ein solcher Zustand kann durchaus in der Weiterbildung bestehen. Dass die Medizin kein Job ohne Dienste an Wochenenden, Feiertagen und in Nächten ist, weiß man vorher. Wenn man das aber akzeptiert, kann man sehr gute Arbeitsbedingungen finden - man muss halt schauen, ob es uuuunbedingt die Innere oder Chirurgie sein muss. :-nix

Kandra
23.07.2021, 20:51
Doch, ein solcher Zustand kann durchaus in der Weiterbildung bestehen. Dass die Medizin kein Job ohne Dienste an Wochenenden, Feiertagen und in Nächten ist, weiß man vorher. Wenn man das aber akzeptiert, kann man sehr gute Arbeitsbedingungen finden - man muss halt schauen, ob es uuuunbedingt die Innere oder Chirurgie sein muss. :-nix

Oder die Pädiatrie.

Mr. Pink online
23.07.2021, 21:29
Oder.. oder.. oder...
Also die Neurologen, Radiologen, Pathologen, Gynäkologen mit denen ich bisher klinikintern im Kontakt war, haben mir auch nicht gerade mit Lächeln auf den Lippen von ihren Arbeitsbedingungen erzählt. Was nach der Klinik kommt, kann natürlich deutlich besser sein. Aber auch da gehört Glück dazu.

Nefazodon
23.07.2021, 22:23
Oder.. oder.. oder...
Also die Neurologen, Radiologen, Pathologen, Gynäkologen mit denen ich bisher klinikintern im Kontakt war, haben mir auch nicht gerade mit Lächeln auf den Lippen von ihren Arbeitsbedingungen erzählt. Was nach der Klinik kommt, kann natürlich deutlich besser sein. Aber auch da gehört Glück dazu.

Bezogen auf die meisten erwähnten Fachrichtungen kann ich mir denken, dass die Dienste arbeitsintensiv und anstrengend sind...
Neurologen: Schlaganfälle, epileptische Anfälle, Kopfschmerzen, unklare Symptomatik aller Art, die neurologischen Ursprungs sein KÖNNTE =hohe Dienstbelastung, vergleichbar mit der Inneren
Gynäkologie: Geburten finden oft nachts statt =hohe Dienstbelastung; außerdem besteht in allen operativen Fächern ja eine latente Doppelbelastung mit OP/Station
Radiologie: Notfallbildgebung für alle Fachrichtungen, inklusive der CTs und Angios für die Neurologen, der Schockräume für die UCs... =hohe Dienstbelastung mit Akkordbefundung...

Aber was ist denn eigentlich mit den Pathologen? Da hab ich ehrlich gesagt wenig Erfahrung...haben Pathologen überhaupt Nachtdienste? (Edit: Damit möchte ich keinesfalls sagen, dass die Pathologen es einfacher haben...ich könnte mir nur vorstellen, dass das tatsächlich eher ein Bereich ohne Nachtdienste ist)


Doch, ein solcher Zustand kann durchaus in der Weiterbildung bestehen. Dass die Medizin kein Job ohne Dienste an Wochenenden, Feiertagen und in Nächten ist, weiß man vorher. Wenn man das aber akzeptiert, kann man sehr gute Arbeitsbedingungen finden - man muss halt schauen, ob es uuuunbedingt die Innere oder Chirurgie sein muss.

@Feuerblick: Ja, natürlich, Dienste gehören in der Medizin dazu. Allerdings kommt die Frage hier ja gerade von jemandem, der *noch* nicht Medizin studiert und sich deshalb vorab über die Arbeitsbedingungen informieren möchte....was ich für sinnvoll halte.:-top
Und dann muss man das Thema Dienste, und was sie TATSÄCHLICH bedeuten auch offen kommunizieren finde ich...
Die Crux ist ja: Meistens ist die Arbeitsbelastung im Dienst höher als in der Regelarbeitszeit, weil man alleine ist.
Und ich weiß nicht, ob das allen Aspiranten von vornherein immer so klar ist.:-nix
Außerdem muss man sich bewusst machen, dass man für eine sehr lange Zeit sehr wahrscheinlich mindestens auf jedes zweite Wochenende verzichten muss (im Schnitt). Auch das ist nicht unbedingt jedem Bewerber für das Studium klar. Selbst wenn der bloße Fakt, dass es so ist, bekannt sein sollte, weiß glaube ich nicht jeder, WIE anstrengend das auf lange Sicht sein kann.
Deswegen denke ich, ist dieser Thread der Ort es einmal anzusprechen.

Natürlich gibt es auch Fächer ohne oder mit geringerer Dienstbelastung. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass das häufig die kleineren Fächer sind und dass es in diesen Fächern wiederum schwieriger ist eine Weiterbildungsstelle zu bekommen. Also solche Stellen sind schon seltener. Außerdem ist oft ein Jahr Innere oder "unmittelbare Patientenversorgung" Pflicht, sodass man um die Dienste eben nicht ganz herum kommt.

Aber das soll natürlich niemanden davon abhalten, seinen "Traum" zu verwirklichen. Wenn man schon die ganze Zeit daran denkt Medizin zu studieren, sollte man es eben auch versuchen. Nur sollte man sich eben auch ganz genau bewusst sein, auf was man sich einlässt: Dass die Arbeitsbelastung hoch ist, ohne wenn und aber, und, dass nicht wenige nach dem Facharzt deswegen aus der Klinik in die Niederlassung "fliehen".

Andererseits: Medizin ist ein tolles Fach. Es ist breit gefächert und bietet viele Möglichkeiten. Es ist interessant, wenn man sich für menschliche Biologie interessiert und/oder Wissenschaft begeistert. Man hat, wenn man die Arbeitsbedingungen zumindest eine Zeit in Kauf nehmen kann, einen sicheren Job. Es ist ein sinnvoller Job, in dem man das Gefühl haben kann, Menschen zu helfen. Die Bezahlung könnte besser sein, aber das Einkommen ist gut (ich denke 80-85% der Menschen in D werden weniger verdienen). Der Beruf ist immer noch mit Prestige verbunden (zumindest in der Welt außerhalb des Gesundheitswesen:-wow:-keks)....
Also es gibt natürlich auch Vorteile.:-top
Nicht zu vergessen: die, die hier kommentiert haben, haben auch alle Medizin studiert und es durchgezogen (vermutlich..:-D). Selbst die, die jetzt warnen.

Es gibt also gute Gründe, die für ein Medizinstudium sprechen, ebenso gute Gründe, die dagegen sprechen.

Wichtig ist, sich vorher zu informieren.
Dem Threadersteller (und allen anderen, die sich dafür interessieren) möchte ich raten, möglichst auch noch andere Informationsquellen zu konsultieren. Eventuell gibt es an einer Uni einen "Tag der offenen Tür", an dem auch ein Arzt referiert, oder man macht noch ein Praktikum, und bittet die Ärzte bei 1-2 Wochenend/Nachtdiensten dabei sein zu dürfen...

vsutedjo
19.08.2021, 21:51
Hi!
Ich bin Informatikerin (Master) und fange jetzt auch Medizin an. Ich kann dir daher also noch nicht so viel über das Mediziner-Leben sagen, sehr wohl aber über das Informatiker-Leben mit Medizinbezug:) Ich habe an der TU München Informatik mit Anwendungsfach Medizin studiert, was bedeutet, dass wir neben den Standard Info Vorlesungen auch medizinische Vorlesungen hatten und auch unsere Projekte dann sehr medizinbezogen waren (normalerweise mit dem Klinikum und den dortigen Ärzten). Im Master kann man dann wahlweise (wie ich) in der Informatik bleiben und einfach medizinische Fächer wählen oder direkt den BMC Master.

Durch meine Praktika in der Industrie bei diversen kleinen (Startups, mittelständische) wie großen (Google) Firmen sowie Freiberufler-Tätigkeit kann ich auf jeden Fall sagen, dass das Informatiker-Leben sehr frei und auch sehr gut bezahlt ist, sowie ein recht sicherer Arbeitsmarkt. Eigentlich kannst du fast jede Form von Arbeitszeiten, Ort, und Bezahlung bekommen, und als Selbstständige hat man auch kein Problem rumzukommen. Warum ich mich jetzt trotzdem für noch ein Medizin-Studium entschieden habe? Weil das Fach wirklich sehr interessant klingt. Und weil die Kombination aus was technischen (grade Informatik) und Medizin sehr gefragt ist und immer gefragter wird. Wenn du dir also vorstellen kannst, in diese technische oder technisch-wissenschaftliche Branche einzusteigen, ist vielleicht ein Werdegang mit Info+Medizin der schnellere und effektivere Weg.

Andere Alternative, die hier in München auch einige machen, ist Medizin studieren und dann nach oder vor dem PJ ein Aufbaustudium Informatik dranhängen (das ist nur so 4 Semester lang und man hat da die ganzen Grundlagen).

Alles in allem gibt es mehr als genügend Optionen, du musst nur genau das richtige für dich finden:)

Ich hoffe, das hat vielleicht etwas geholfen.