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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Studium mit 32? Lebensgehalt, Erfüllung, geeignet?



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d_avid3790
02.08.2021, 22:54
Hallo in die Runde,

bin vor Kurzem auf dieses Forum gestoßen und denke mir, meine Gedanken passen ganz gut hier rein und ihr könntet mir Anregungen zu meinen Fragen geben.
Es geht im Prinzip darum, ob ich jetzt noch ein Studium aufnehmen soll und welche Rahmenbedingungen meine Entscheidung beeinflussen. (Zulassung dieses Jahr ist gut möglich)

Bin 32 und Laborassistent, nach einer einjährigen Zeit an einer UK im Forschungsbereich nun seit einigen Jahren in einem "normalen" Krankenhauslabor. Die Forschungsstelle war im Voraus klar begrenzt und eine Verlängerung bzw. Übernahme in einen anderen Bereich nicht geplant.
Die jetzige Arbeit erfüllt mich nicht, schwankt zwischen langweiliger Routine und absoluten Stresssituationen, natürlich alles im 24h Betrieb inkl. Nachtarbeit.
Was in diesen Situationen am "anstrengendsten" ist, ist entweder die Monotonie (100e Befunde durchwinken und telefonieren) oder Multitasking mit Überladung, wo ich mir denke "warum mach ich das alles" im Sinne von "in den Geräten hängen" während das Telefon klingelt, Proben angeliefert werden und noch schnell Blutprodukte benötigt werden.
Also ein ständiges "Damoklesschwert" was in den Diensten über einem schwebt.
Am liebsten würde ich einfach in Ruhe vor mich hin arbeiten, mit klar definierten Aufgaben für die man die Zeit und auch Ruhe hat, am besten ohne Telefon.
Auch ich würde aus herangetragenen Erfahrungen sagen, dass die Arbeit in der Medizin alles wiederspiegelt, was ich nicht möchte. Dennoch ist es eins der wenigen Sachen, was mich interessiert. Zu oft ist mein Leben durch Passivität und oberflächliches "Halbintresse" geprägt, bei der Medizin denke ich schon, dass ich mich auch intensiver reinarbeiten könnte.
Wobei der Fokus wohl auf nicht-patientennahen Sachen liegt. Ein gewisser Zeitraum mit "Akutmedizin" wäre natürlich interessant und ist ja auch für vieles Voraussetzung, jedoch sehe ich mich dort absolut nicht auf Dauer. Oder ob überhaupt im Arztberuf? Interessant wäre einerseits Labormedizin, Hygiene, Pathologie. Könnte mir aber sogar zumindest zeitweise eine Rehaklinik auch vorstellen, hauptsache nicht viel "Akutmedizin"
Allerdings besteht schon seit der Kindheit das starke intrinsische Verlangen das Studium zu absolvieren, auch wenn unter Umständen keine direkte ärztliche Tätigkeit in Frage kommt. Also Medizin als Non-plus-ultra, ohne Alternative.
Dem Patientenkontakt stehe ich schon skeptisch gegenüber, zumal meine soziale Kompetenz/Empathie vielleicht auch teilweise ausbaufähig ist, "Hochfunktionaler Autismus" stand mal im Raus.

Auch der finanzielle Aspekt sollte hier berücksichtigt werden, eventuell auch auf das "Lebensgehalt" bezogen.
Hier kommt dann auch mein bestimmt schon pathologisches Sicherheitsbedürfnis zum Tragen, da so ein Studienbeginn mit Aufgabe des aktuellen festen Jobs ja schon ein krasser Einschnitt ist.
(Für eine Einschätzung: Ich würd mir jetzt z.B. Schon Gedanken über die Parkplatzsituation an der Uni machen und hätte da dann morgens schon mega Stress, weil es eine unplanbare Situation ist, wie es morgens so aussieht; oder wie die Möglichkeit von Toilettengängen während der Vorlesung oder später z.B. Im OP ist (Reizblase und -darm mit von der Partie))
Aktuell sinds ca. 3,2k brutto (+ein wenig Schichtzulage usw.) mit einem Endgehalt laut Tarif von ca 4k exkl Zulagen, sagen wird also 50k/Jahr.
Dem gegenüber würde ein Medizinergehalt abzüglich der Studienzeit stehen.
Das Studium muss natürlich auch finanziert werden, habe zwar eine kleine Summe als Rücklage, jedoch den Großteil investiert (Aktien und Krypto) wo man auch aus steuerrechtlichen Gründen nicht mal eben so dran kann. Ich hoffe auch noch auf die nächste Kryptowelle, was mir dann vielleicht irgendwann auch finanzielle Freiheit ermöglichen kann (sehe da viel Potenzial). Der "Glücksfall" wäre ein guter Output mit Ende des Studiums, sodass ich dann nicht mehr auf die Arbeit angewiesen wäre, aber trotzdem das Studium mitgenommen habe
Also rechnen wir mal, aktueller Bedarf so 1,2k und 1k Sparrate
Bedarf also circa 6,5 Jahre * 1,k /Mon = 78k
KfW Kredit 650/Mon für 5 Jahre = 39k (10 Fördersemester wegen >24 und <34 Jahre)
In jetziger Situation könnte ich noch Wohngeld beantragen, der Rechner sagt ca 400€
(Es stand auch ein Zusammenziehen mit meiner Partnerin zur Diskussion, dann gäbe es aber kein Wohngeld)
also 400*6,5 Jahre= 31k
Dann gibt es im PJ ja auch mittlerweile häufig ein kleines "Gehalt", sagen wir mal 500*12=6k
Also Einkommen ca. 76K, könnte also knapp passen.
Könnte allerdings noch in meinem jetzigen Job ein paar Dienste übernehmen (was ich aber aufgrund der beschriebenen Situation nur im äußersten Notfall machen wollen würde).
Die Kreditsumme wäre dann je nach Abzahlung eventuell irgendwas um 50k.

Dem gegenüber steht der Verdienstverlust von (jetzt netto) ganz grob 190k

Jetzt kann man eigentlich ja mit dem Tv-Ärzte grob gegenrechnen bis zum "Arbeitsende", da kommt natürlich der Punkt mit dem fragliche Gehalt als evtl Labormediziner oder so, das muss sich ja nicht zu 100% an der Tabelle orientieren, oder?

Innerlich weiß ich schon, dass die Chance größer ist, dass ich – wie immer – nichts machen und so weiterleben werde, allerdings fühlt sich das ganze Leben die letzten Jahre nach "in der Luft" hängen an. Auch nagt zunehmend die Bedeutung des jetzigen Berufes an mir, im Sinne von man kommt sich vor, als sei man nichts wert.

d_avid3790
02.08.2021, 23:08
Noch eine kurze Ergänzung zum letzten Abschnitt: Momentan würde ich auch sagen, dass die Arbeit wie eine dunkle Wolke über meinem Leben hänge und mir jegliche Frdude an allem nimmt.

cartablanca
03.08.2021, 00:04
Hier ein paar Gedanken dazu:
Vielen fällt es erstmal leichter zu definieren was sie nicht wollen als was sie wollen.
In deinen ganzen Überlegungen scheinen Freizeit und Familie keine Rolle zu spielen?
Es gibt keinen perfekten Job so wie es keinen perfekten Partner und kein perfektes Leben gibt. Man wird immer Kompromisse eingehen müssen. Z.B. ist auch Medizin irgendwann nur Routine.
Probieren geht über Grübeln. Mach dir eine Liste mit Alternativen zu deinem jetzigen Job und mach Praktika. Immer so 20 Stunden mit etwas beschäftigen. Geh danach was du gut kannst und was dir emotional etwas zurück gibt.

Feuerblick
03.08.2021, 08:02
Zu deinen Aspekten:
Die Medizin besteht zum überwiegenden Teil aus langweiliger Routine (Visiten, Briefe, Anträge, Patientengespräche) und ist oft nicht wirklich „spannend“. Dafür hast du mehr als ausreichend Stress, Dienste, wenig freie Wochenenden, wenig freie Feiertage etc. Selbst für patientenferne, entspanntere Jobs brauchst du den Facharzt in irgendeinem Fach, d.h. mindestens fünf Jahre Assistenzzeit mit allem drum und dran.
Die Frage ist: Hast du dich mit den Arbeitsbedingungen als Arzt wirklich auseinandergesetzt? Hast du gesehen, wie Dienste laufen, wie häufig sie stattfinden und was in Diensten zu tun ist? Hast du gesehen, was Ärzte (alleine im Krankenhaus) tagtäglich tun? Unter welchen Bedingungen? Lies dir hier im Forum mal die Threads durch, in denen es um Arbeitsbedingungen geht. Ja, geht nicht jedem so, aber doch vielen… Und besser wird es auch nicht. Das, was du gerade von deinem Job als so schrecklich beschreibst, wird dir als Assistenzarzt vermutlich als ruhiger Job vorkommen. :-nix

Patientenkontakt ist als Arzt in aller Regel notwendig. Kontakt mit Kollegen auch. Es gibt wenige Fächer, in denen man Patienten aus dem Weg gehen kann. Und selbst in denen braucht man in der Regel eine gewisse Zeit in der Patientenversorgung.

Deine Motive, Medizin interessant zu finden, dich vielleicht intensiver einarbeiten zu wollen, aber eigentlich die Medizin als etwas zu sehen, was du gar nicht willst… Ehrlich? Ich würde es an deiner Stelle lassen und mich nach Alternativen umschauen, in denen du besser aufgehoben bist. Ich persönlich glaube nicht, dass du als Arzt glücklich(er) wirst.
Dein Alter ist definitiv nicht das Problem in deinem Setting.

Espressa
03.08.2021, 10:37
Mach es nicht. Ich liebe meinen Beruf und alles, aber man muss das nicht um jeden Preis haben.
Mitten im Leben zu stehen, mit gesichertem Einkommen, Zeit und Raum für Freizeit und Familie - da würde ich mich nicht mehr an eine unistadt und später WB-Orte binden, kein Geld verdienen, und erstmal viele viele Jahre warten bis dann endlich die erhoffte Zieldisziplin ausgeübt werden kann.

Überleg dir ob dein Job der einzige Lebensinhalt ist, vielleicht ist auch das das eigentliche Problem.

Mr. Pink online
03.08.2021, 10:59
Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, dass du ein Studium beginnst und einfach schaust, wie es für dich läuft. Solltest du wirklich eine Weiterbildung in Labormedizin oder Hygiene anstreben, sehe ich die Probleme von Überlastung in Diensten und mangelnder Perspektive eher nicht. Eigentlich kann man zu solchen Interessen nur gratulieren. Die meisten Mediziner suchen etwas patientennahes und das sind in der Regel auch die Fächer, in denen die Arbeitsbelastung am höchsten ist. Ob das Studium etwas für dich ist oder nicht, kann dir keiner sagen, das musst du selbst herausfinden. Die Finanzierung sollte mit Nebenjob gut möglich sein. Für einige Jahre wirst du allerdings den Lebensstandard etwas reduzieren müssen.

rafiki
03.08.2021, 19:49
Mein Rat: Lass es bleiben. Grund: Du neigst zu Unflexibilität und heftigen psychosomatischen Reaktionen. Diese Rigidität wird dich im Studium arg stressen und macht die körperlichen Probleme nicht besser. Das gleiche gilt für die Assistentenzeit, also mindestens 11 unglückliche Jahre.

ProximaCentauri
03.08.2021, 20:02
Tu es nicht, sondern sieh dich etwas danach um, wie du deine Jobsituation verbessern könntest - das scheint dein eigentliches Problem zu sein.

Feuerblick
03.08.2021, 20:05
Mein Rat: Lass es bleiben. Grund: Du neigst zu Unflexibilität und heftigen psychosomatischen Reaktionen. Diese Rigidität wird dich im Studium arg stressen und macht die körperlichen Probleme nicht besser. Das gleiche gilt für die Assistentenzeit, also mindestens 11 unglückliche Jahre.
Gilt in der Psychiatrie/Psychosomatik eigentlich nicht „Keine Diagnose durch die Hose“?

rafiki
03.08.2021, 21:25
Ja, auch Ophtalmologen kommen zu uns.

Feuerblick
03.08.2021, 21:32
Das beantwortet meine Frage nicht so ganz. Ich wollte dich eher darauf hinweisen, dass deine Ferndiagnose ein klein wenig… mutig ist.

So, und dann wieder zurück zum Thema.

cartablanca
03.08.2021, 22:53
Naja die Woche hat 116 Stunden in denen man wach ist. Solange man in diesen 116 Stunden alles unter einen Hut kriegt - Soziales, Studium, Arbeit, Freiräume, Hobbies, Selbstversorgung funktioniert es.
Das Studium fällt manchen Leuten leichter, manchen schwerer. Aber es gibt leider eine Anwesenheitspflicht. D.h. um ca. 30 Stunden pro Woche Anwesenheit wirst du nicht rumkommen. Wenn du alles auf Anhieb behalten kannst was du lernst, hast du noch genug Zeit um nebenbei arbeiten zu gehen und eine Familie zu gründen. Ich kenn Leute die haben nebenbei Vollzeit gearbeitet oder noch was anderes nebenbei studiert.
Bei sehr starkem Interesse kann es sein, dass du alles unter einen Hut kriegst. Medizin erfordert keine hohe Intelligenz. Da gibt es nicht viel zu verstehen. Es braucht aber Interesse.

Thomas24
03.08.2021, 23:06
Die jetzige Arbeit erfüllt mich nicht, schwankt zwischen langweiliger Routine und absoluten Stresssituationen, natürlich alles im 24h Betrieb inkl. Nachtarbeit.
Was in diesen Situationen am "anstrengendsten" ist, ist entweder die Monotonie (100e Befunde durchwinken und telefonieren) oder Multitasking mit Überladung, wo ich mir denke "warum mach ich das alles" im Sinne von "in den Geräten hängen" während das Telefon klingelt, Proben angeliefert werden und noch schnell Blutprodukte benötigt werden.
Also ein ständiges "Damoklesschwert" was in den Diensten über einem schwebt.
Am liebsten würde ich einfach in Ruhe vor mich hin arbeiten, mit klar definierten Aufgaben für die man die Zeit und auch Ruhe hat, am besten ohne Telefon.

Dich stresst es bereits, nur wenn parallel das Telefon klingelt, während gleichzeitig das Telefon klingelt und Du Blutprodukte rausgeben sollst? Und da erscheint Dir Medizin eine gute Wahl?


Auch ich würde aus herangetragenen Erfahrungen sagen, dass die Arbeit in der Medizin alles wiederspiegelt, was ich nicht möchte.

Merkst du selber, ne? :-keks

Nefazodon
03.08.2021, 23:17
Hallo d_avid3790,

ich glaube ich kann gut nachvollziehen, wie Du dich fühlst. Manchmal sehnt man sich halt nach einer Veränderung, gerade im Alter zwischen 30 und 40 und gerade, wenn man das Gefühl hat, beruflich nicht voranzukommen.

Was Du als nächstes tust, solltest Du dir gut überlegen. Einerseits bist Du für einen Neustart, gerade auch in der Medizin, sicher nicht zu alt, andererseits wird das bestimmt nicht leicht und eine ganz schöne Plackerei. Einfacher und schöner wird das alles in deinem Alter nämlich nicht. Und, wie Du schon geschrieben hast, musst Du auch die finanziellen Aspekte sorgfältig bedenken.

Wie sähen denn deine Alternativen aus? Gibt es Möglichkeiten für dich, dich in deinem jetzigen Beruf zu entwickeln?

Auf einige Punkte aus deinem Post möchte ich hier noch eingehen:


Was in diesen Situationen am "anstrengendsten" ist, ist entweder die Monotonie (100e Befunde durchwinken und telefonieren) oder Multitasking mit Überladung, wo ich mir denke "warum mach ich das alles" im Sinne von "in den Geräten hängen" während das Telefon klingelt, Proben angeliefert werden und noch schnell Blutprodukte benötigt werden.
Also ein ständiges "Damoklesschwert" was in den Diensten über einem schwebt.

Genau das was Du hier beschreibst, wirst Du in der Medizin als Arzt später auch haben....Vieles ist eher monoton: Briefe schreiben, Rehaanträge, Besprechungen etc...Gleichzeitig kann man auch sehr viel Stress haben...alleine in der Notaufnahme, alleine Auf Station mit 20-30Patienten oder in den Diensten...

Gerade auch die Dienste werden nach meinen Empfinden nicht angenehmer mit der Zeit.


Dem Patientenkontakt stehe ich schon skeptisch gegenüber, zumal meine soziale Kompetenz/Empathie vielleicht auch teilweise ausbaufähig ist,

Gerade im Studium und im PJ wird sich Patientenkontakt nicht vermeiden lassen. Auch für die Weiterbildung in theoretischen Fächern später wird oft ein Jahr "direkte Patientenversorgung" gefordert.


Hier kommt dann auch mein bestimmt schon pathologisches Sicherheitsbedürfnis zum Tragen, da so ein Studienbeginn mit Aufgabe des aktuellen festen Jobs ja schon ein krasser Einschnitt ist.
(Für eine Einschätzung: Ich würd mir jetzt z.B. Schon Gedanken über die Parkplatzsituation an der Uni machen und hätte da dann morgens schon mega Stress, weil es eine unplanbare Situation ist, wie es morgens so aussieht; oder wie die Möglichkeit von Toilettengängen während der Vorlesung oder später z.B. Im OP ist (Reizblase und -darm mit von der Partie))

Wenn dich das schon stresst, wird dich der Alltag als Student/Arzt erst Recht stressen. Der Klinikalltag ist unplanbar und wird sich weder im pflegepraktikum, noch in den Famulaturen oder Blockpraktika für dich vermeiden lassen.

Kurzum: Bist Du dir sicher, dass es Medizin sein soll? Wenn ich nach deinem Post, und dem, was ich zitiert habe, gehe, scheint es mir, als wäre Medizin nicht das richtige Fach für dich. Ehrlich gesagt.


Dennoch ist es eins der wenigen Sachen, was mich interessiert. Zu oft ist mein Leben durch Passivität und oberflächliches "Halbintresse" geprägt, bei der Medizin denke ich schon, dass ich mich auch intensiver reinarbeiten könnte.

Allerdings besteht schon seit der Kindheit das starke intrinsische Verlangen das Studium zu absolvieren, auch wenn unter Umständen keine direkte ärztliche Tätigkeit in Frage kommt. Also Medizin als Non-plus-ultra, ohne Alternative.

Warum ist das so? Warum gerade Medizin und warum schon seit deiner Kindheit?

Letztlich musst Du natürlich selbst wissen was Du tust oder nicht, aber ich würde dir, nach allem, was ich von dir lese, vom Medizinstudium dringend abraten. Ich denke, Du solltest dich auf deine Interessen und auf deine schon vorhandenen Fähigkeiten konzentrieren und schauen, was sich damit machen lässt. Vielleicht kannst Du ja eine Weiterbildung im Labor machen? Oder Du studierst etwas, das dein Interesse weckt, neben der Arbeit als Fernstudium? Oder vielleicht musst Du einfach nur mal den Job wechseln und eine neue Stelle mit neuen Aufgaben suchen?


Innerlich weiß ich schon, dass die Chance größer ist, dass ich – wie immer – nichts machen und so weiterleben werde, allerdings fühlt sich das ganze Leben die letzten Jahre nach "in der Luft" hängen an. Auch nagt zunehmend die Bedeutung des jetzigen Berufes an mir, im Sinne von man kommt sich vor, als sei man nichts wert.

Das klingt bitter und auch ein wenig nach Midlife-Crisis ehrlich gesagt (ist nicht bös gemeint).
Das muss aber kein Schicksal sein.
Nochmal: Muss es denn unbedingt Medizin sein? Es gibt soviel, was Du ändern könntest...siehe oben!

Auf jedenfall wünsche ich dir alles Gute!

melissaZWEITAUSEND
04.08.2021, 15:45
Vielleicht kannst Du ja eine Weiterbildung im Labor machen? Oder Du studierst etwas, das dein Interesse weckt, neben der Arbeit als Fernstudium? Oder vielleicht musst Du einfach nur mal den Job wechseln und eine neue Stelle mit neuen Aufgaben suchen?


Sowas beispielsweise: https://www.hs-fresenius.de/studium/biomedical-sciences-bachelor-berufsbegleitend-idstein/

Dergenthiner
06.08.2021, 17:16
Für mich wäre der finanzielle Teil wirklich das Hauptargument gegen sein. Ich war nämlich auch MTA mit gutem Verdienst. Mein Studium wird sich im besten Fall auf 7 Jahre belaufen, in den meine Familie überall spart. Irgendwann mit 36 fange ich an zu arbeiten und mein Assistenzarztgehalt wird 4700 brutto sein, was netto ähnlich wie bei MTA ist, weil Schichtzulagen kaum versteuert werden.
Es war mein Traum Ärztin zu werden und das Finanzielle ist mir gar nicht so wichtig, darum ziehe ich es durch.
Jetzt bin ich 33 und nach dem ich weiß weiß, was alles auf Medizinstudentin zukommt, würde ich mir das Medizinstudium bestimmt nicht mehr zutrauen ( ich meine wieder von Anfang an) . Irgendwann möchte man auch anfangen zu leben ohne Prüfungsstress und diese ständige Sparsamkeit.

Dergenthiner
06.08.2021, 17:25
Ich verstehe, was du meinst mit Stress als MTA im Labor und Damoklesschwert, aber als Assistenzarzt (und später Facharzt) wird es vllt noch schlimmer. Das habe ich früher nicht gesehen und dachte, dass ich schon viel Stress habe in einem KH - Labor. Jetzt habe ich schon Angst, ob ich diesen Stress als Assistenzarzt aushalten werden kann.

Wenn es dir hauptsächlich darum geht, dass deine Arbeitsbedingungen so stressig sind, gibt es viele Möglichkeiten als MTAL, wo es nicht so ist.

Probieren kannst du ja aufjeden Fall. Wenn du merkst, dass das Medizinstudium gar nicht deins ist, kannst du immer noch zur MTAL - Beruf zurückkehren, sogar mit einem Vorteil, dass du vertieftes Wissen in manchen Fächern hast.

d_avid3790
08.08.2021, 16:01
Hallo zusammen,
zunächst einmal entschuldigt die späte Antwort, habe zwischendurch immer mal wieder reingeschaut aber war parallel auch in der Nachtdienstwoche und wollte lieber ausgeruht und mit klarem Kopf antworten.
Als zweiten Punkt: Vielen Dank für die Resonanz!
Zu ein paar Punkten möchte ich natürlich auch was sagen:

- Keine Beschreibung zu Familie/Freizeit:
Tatsächlich wichtige Punkte für mich, Partnerin auch in ähnlichen Schichtsystem, Kinder weder vorhanden noch geplant, Unterstützung wäre von der Seite gegeben, könnte aber z.B. nicht mich komplett mitfinanzieren.
Freizeit sehr wichtig zur Erholung (siehe auch den Gesundheitsaspekt) und natürlich auch irgendwie unser aller höchstes Gut.
Traum wäre da dann auch ein kleines Haus auf großem Grund mit viel Grün (=Erholung zuhause). Natürlich würde sich die Realisation mit Studienbeginn erstmal nach Hinten verschieben, aber in der Ferne dann doch greifbarer als jetzt durchgehen mit meinem Gehalt...
Auch wäre eine teilweise zeitlich und vielleicht sogar örtlich flexible Tätigkeit für mich am besten, was sich aber in der Medizin schlecht vereinbaren lässt.

- Warum der starke Fokus auf Medizin?
Nunja, kann ich so ganz nicht beantworten. Einerseits primär natürlich das naturwissenschaftliche und biologische Interesse, was ich so wenig bei anderen Bereich habe.
Mit Sicherheit ist die innere Fixierung auf "Es zählt nur Medizin, alles andere ist wertlos" nicht förderlich in meiner Gesamtsituation, aber das lässt sich auch nicht einfach abschalten.
Mein damaliges Pflegepraktikum hat ganz gut funktioniert, auch weil man wusste, dass bei Akutsituation immer jemand abrufbar ist (z.B. eingetrübter Pat. bei Essensausgabe, Notfallknopf und die Pflege war da).
War auch mal als Praktikant im OP, auch ohne Probleme.
Weitere Hospitationen sind momentan mit Vollzeit nicht ohne weiteres machbar.
Sonst war es so, dass alle Ärzte, mit denen ich gesprochen hatte eine Tendenz erkennen haben lassen:
Die klinisch tätigen Assistenten in verschiedenen Kliniken waren schon durch die Belastung geprägt, die FA haben auf OA Posten spekuliert wegen wegfallender Vordergrunddienste und die Niedergelassenen waren mit ihrer aktuellen Situation zufrieden.
Die Ärzteschaft abseits der Akutversorgung wirkte schon "entspannter". Denen war natürlich auch nicht langweilig während der Arbeitszeit, jedoch mit Abwesenheit von Diensten und Akutfällen.

- Alternativen?
Auch so ein Thema: Einerseits gibt es berufsbezogene Weiterbildungen mit denen ich aber in der jetzigen Situation noch die gleiche Arbeit machen würde. Genau das ist ja nicht mein Ziel, möchte auch Weg von der "Assistenzposition".
Ansonsten ist die Arbeit im Labor in der Position in 30 Jahren dann noch genau so (natürlich mit einigen Veränderungen seitens Technik/Analytik und so, aber die Grundarbeit bleibt gleich). Ohne Ziel auf das man hinarbeitet.
Wäre dann auch ein Aspekt, dass ich mir vom Studium mehr Möglichkeiten und im übertriebenen Sinn ein "besseres Leben" vorstelle.
Andere Alternativen könnten sein, sich in Richtung Gerätehersteller oder EDV zu orientieren. Da wäre dann nur die Frage, welche Position für "Quereinsteiger" verfügbar ist, da ein Studium in diesen Bereichen dann doch altersmäßig im späteren "Wettbewerb" anders als die Medizin dastehen könnte.
Das gezeigte Fernstudium könnte noch was sein, da sich dadurch auch die Tür von der "Front" Richtung "Büro" öffnen könnte.

Feuerblick
08.08.2021, 16:19
Mein damaliges Pflegepraktikum hat ganz gut funktioniert, auch weil man wusste, dass bei Akutsituation immer jemand abrufbar ist (z.B. eingetrübter Pat. bei Essensausgabe, Notfallknopf und die Pflege war da).
War auch mal als Praktikant im OP, auch ohne Probleme.
Siehst du, und genau da liegt das Problem. Wenn du als Arzt tätig bist, ist bei Akutsituationen sehr, sehr oft niemand abrufbar - die musst du alleine schaukeln. Du fühlst dich jetzt schon im Labor gestresst, wenn viele akute Sachen auf einmal kommen. Was machst du als Arzt, wenn dein Telefon als Arzt dauerklingelt? Es gibt nicht so viele patientenferne Fächer, in denen du nicht auch Erfahrung in der Patientenversorgung brauchst. Und glaub mir, selbst in eher gechillten Fächern wie der Augenheilkunde gibt es Tage, da schreien alle nach dir und wollen SOFORT eine Antwort, weil ein Patient Schmerzen hat, der zweite in der Notaufnahme sitzt mit Ablatio, der dritte eine perforierende Verletzung durch Ast hat und der vierte Patient plötzlich nichts mehr sieht. :-nix

Bonnerin
08.08.2021, 17:00
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Siehst du, und genau da liegt das Problem. Wenn du als Arzt tätig bist, ist bei Akutsituationen sehr, sehr oft niemand abrufbar - die musst du alleine schaukeln. Du fühlst dich jetzt schon im Labor gestresst, wenn viele akute Sachen auf einmal kommen. Was machst du als Arzt, wenn dein Telefon als Arzt dauerklingelt? Es gibt nicht so viele patientenferne Fächer, in denen du nicht auch Erfahrung in der Patientenversorgung brauchst. Und glaub mir, selbst in eher gechillten Fächern wie der Augenheilkunde gibt es Tage, da schreien alle nach dir und wollen SOFORT eine Antwort, weil ein Patient Schmerzen hat, der zweite in der Notaufnahme sitzt mit Ablatio, der dritte eine perforierende Verletzung durch Ast hat und der vierte Patient plötzlich nichts mehr sieht. :-nix

Eigentlich sogar nur in Patho und Rechtsmedizin. Für alles andere wird Patientenversorgung gefordert.

Und wenn ich ehrlich bin, wie die Beschreibung und die Antwort jetzt klingen, d_avid, wirst du ziemlich sicher nicht glücklich in der Medizin.