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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Arbeitsrecht - wer kennt sich aus? Minusstunden durch Nachtdienst??



pbohlen
16.08.2021, 15:09
Hallo zusammen,

ich bin Assistenzarzt in der Chirurgie und die Arbeitsbedingungen sind seit meiner Anstellung immer schlechter geworden, da immer mehr Stellen unbesetzt bleiben und wir alle so 10-15 Dienste im Monat machen müssen.
Gut, die Stellen müssen besetzt werden, da kann ich selber grade nichts dran ändern - aber zwei Fragen:

-Gibt es einen Zeitraum, wann der Arbeitgeber "gezwungen" ist, sich um Ersatz zu kümmern?

-In unserem System beginnt ein Nachtdienst um 19:00 bis 8:00, ein anderer von 15:30 bis 08:00 Uhr. Bei dem ersten Nachtdienst sieht das Dienstmodell von der Arbeitszeit vor:
-Arbeit von 19:00-23:30 Uhr + 7:00-8:00 Uhr --> insgesamt macht man also 5,5 h und somit 2,5 Minusstunden pro Nachtdienst! Ist das rechtmäßig? Die restliche Zeit ist nämlich nur Bereitschaft. In der Realität sehen die Nächte allerdings so aus, dass man fast immer durcharbeitet (oder mal 1-3 h schläft, selten).

Vielen Dank im voraus,
Liebe Grüße

freak1
16.08.2021, 16:45
Welcher Tarifvertrag gilt? Im VKA und Unitarifvertrag sind eigentlich 4-5 Dienste als Maximum pro Monat angegeben. 10-15 Dienste sind damit ganz sicher nicht vereinbar. Würde damit mal zum Marbuger Bund gehen und mich beraten lassen. Die sind die Experten dafür.

Mr. Pink online
16.08.2021, 17:38
Je nach Tarif unterschiedlich, für die meisten gelten zwischenzeitlich 4-5 Dienste pro Monat (soviel ich weiß im Durchschnitt auf 6 Monate bezogen). Bei dir gibt es gleich mehrere Probleme: 1. die Zahl der Dienste ist zu hoch. 2. Die Arbeitsbelastung in der Zeit der Bereitschaft ist zu hoch (darf maximal 49% der Zeit sein). 3. Die BD-Zeit sollte bei der Belastung zu nahezu 100% Arbeitszeit anerkannt werden (höchste BD-Stufe) und damit dürften eigentlich fast keine Minussstunden anfallen.

Ich kann dir auch nur raten vorab mal zum Marburger Bund zu gehen, dich beraten zu lassen und dann mit den Infos die du hast auf deinen Arbeitgeber zugehen. Die Frage ist ja auch ob dein Chef gerne Stellen besetzen würde und niemanden findet, oder ob die die Situation absichtlich ausnützen. Ehrlicherweise ändert sich in den meisten Fällen aber nur etwas, wenn eine Anzeige gestellt wird und tatsächlich das Regierungspräsidium zur Prüfung ins "Unternehmen" kommt, Strafen verhängt etc. Sowas ist langwierig, häufig auch nicht erfolgreich. Als Arbeitnehmer bleibt einem meistens nur das Mittel der Kündigung.

GelbeKlamotten
16.08.2021, 19:18
Normalerweise wird doch die höchste Stufe BD inzwischen wie volle Arbeitszeit angerechnet oder?

Werden die BD Zeiten ausbezahlt oder auf das AZ-Konto gutgeschrieben. Letzteres sollte dann ja nicht zu so vielen Minusstunden führen.

Gibt es jemanden direkt in eurer Abteilung, der die Dienste im Zeiterfassungssystem hinterlegt? Der kann das möglicherweise selbst so ändern, dass die BD Stunden auf dem AZK gutgeschrieben werden ohne dass Personalabteilung o.ä. involviert werden muss.

Wenn die ganze Nacht als normale Arbeitszeit gerechnet wird, muss das ganze System auf Schichtdienst umgestellt werden und das ist oft auch seitens der Ärzte nicht gewünscht. Da ist die Regelung, dass ein Teil als BD in höchster Stufe gerechnet wird an sich gar nicht unbedingt schlecht, ihr müsst halt wie gesagt nur schauen, dass die BD-Zeit gutgeschrieben und nicht ausbezahlt wird. Wird bei uns auch so gehandhabt, obwohl wir nachts immer durcharbeiten.

morgoth
17.08.2021, 10:19
Wie arbeitet der Nachtdienst denn an den Tagen vor und nach dem Dienst?
8-17, dann 19-8, dann frei bis zum Folgetag?

FirebirdUSA
17.08.2021, 20:19
Also, der Reihe nach:
Eigentlich sollte der BD Dienst mit den Minusstunden direkt verrechnet werden (je nach Tarifvertrag zählen die dann voll oder fast voll) und nur der Rest wird ausbezahlt. Wenn dein Arbeitgeber die Minusstunden aufschreibt und BD voll ausbezahlt: Freu dich, wann sollst du sie bei der (vermutlich vermutlich illegalen) Dienstbelsstung ausgleichen? Verrechnung mit Urlaub ist nicht zulässig und bei Kündigung bekommst du Überstunden ausbezahlt und Minusstunden verfallen einfach.
BD ohne Pause: Hatten wir schon mehrfach- wenn alle mitmachen über 3 Monate die Dienstbelastung lückenlos dokumentieren. Ist viel Arbeit danach muss der Ag aber System umstellen
10-12 Dienste? Opt Out kündigen?Tarifvertrag prüfen und ggf MB oder Personalrat einschalten... vermutlich ist aber selbst mit OptOut die max zulässige Arbeitszeit überschritten im Mittel (was steht in deinem Tarifvertrag?)

GelbeKlamotten
17.08.2021, 20:39
Also, der Reihe nach:
Eigentlich sollte der BD Dienst mit den Minusstunden direkt verrechnet werden (je nach Tarifvertrag zählen die dann voll oder fast voll) und nur der Rest wird ausbezahlt. Wenn dein Arbeitgeber die Minusstunden aufschreibt und BD voll ausbezahlt: Freu dich, wann sollst du sie bei der (vermutlich vermutlich illegalen) Dienstbelsstung ausgleichen? Verrechnung mit Urlaub ist nicht zulässig und bei Kündigung bekommst du Überstunden ausbezahlt und Minusstunden verfallen einfach.


10 Dienste im Monat, davon die Hälfte mit je 2,5 Minusstunden. = 12,5. Das ist schon mit je einer einzigen Überstunde an den regulären Arbeitstagen wieder ausgeglichen. Wenn sich die Minusstunden ansammeln würden, hätte die Klinik die Regelung längst geändert.

Das einzig positive daran: Offensichtlich werden Überstunden zumindest zum Teil regulär erfasst.

pbohlen
23.08.2021, 17:17
So, entschuldigt die späte Antwort, war im Hochzeitsstress (nicht ich, aber war Trauzeuge :D)

Also, unsere Nachtdienstmodule sind
-Donnerstag-Sonntag jeweils von 19:00 bis 08:00 Uhr --> danach frei bis inkl. Mittwoch

bzw. Samstag und Sonntag 07:30-16:00 Uhr + Rufdienst 16:00-19:00 Uhr und dann Montag bis Mittwoch Nachtdienst jeweils von 19:00 bis 08:00 Uhr --> danach frei bis inkl. Sonntag

Kennt sich da jemand aus?
Und muss man Mitglied sein, um die Beratung beim Marburger Bund in Anspruch nehmen zu können?

freak1
23.08.2021, 18:52
Kennt sich da jemand aus?
Und muss man Mitglied sein, um die Beratung beim Marburger Bund in Anspruch nehmen zu können?

Ja. Und wenn du neu eintrittst gibt es zumindest was den Rechtschutz angeht auch eine Sperrfrist. Für die Beratung an sich glaube ich nicht.

dissection
23.08.2021, 20:41
Etwas Off-Topic aber auch bezogen auf den Tarifvertrag:

Durch den letzten Tarifabschluss des Marburger Bundes gilt ja nun eine Frist von 6 Wochen zur Verkündigung des Dienstplanes. Kommt es nach dieser Frist zu einer Änderung des Dienstplanes ist ein Aufschlag von 10 % auf die Entgelte für Bereitschafts- und Rufdienste zu zahlen. Gilt diese Regelung auch bei verspäteter Abgabe eines Dienstplanes für ein Wechselschichtmodell z.B. einer Intensivstation?

kartoffelbrei
24.08.2021, 07:28
Schichtdienstarbeitenden profitieren meines Wissens im Moment leider überhaupt nicht von den ganzen neu verhandelten Bonusregelungen (ich kenne nur den TV-VKA). Das kommt wohl daher, dass man, um etwas an Schichtdienstregeln ändern zu können, den gesamten Tarifvertrag kündigen muss, der dann komplett neu zur Verhandlung steht. Der Marburger Bund hatte bisher Angst, bestimmt Errungenschaften wieder aufgeben zu müssen, wenn er das macht. Deswegen gibt es übrigens auch immer noch diesen lächerlich niedrigen Samstagszuschlag.

Für die nächsten Tarifverhandlungen wird aber überlegt, auch den Manteltarifvertrag zu kündigen. Dann könnte man auch an die Schichtdienstregeln ran, was von vielen Mitgliedern gefordert wird. Ich bin aber nicht mehr ganz auf dem aktuellsten Stand, vielleicht hat sich zwischenzeitlich schon etwas neues ergeben...

FirebirdUSA
24.08.2021, 09:46
Also, unsere Nachtdienstmodule sind
-Donnerstag-Sonntag jeweils von 19:00 bis 08:00 Uhr --> danach frei bis inkl. Mittwoch

bzw. Samstag und Sonntag 07:30-16:00 Uhr + Rufdienst 16:00-19:00 Uhr und dann Montag bis Mittwoch Nachtdienst jeweils von 19:00 bis 08:00 Uhr --> danach frei bis inkl. Sonntag


Welcher Tarifvertrag gilt?

Also, habt ihr 19 - 23:30 und 7 - 8 Uhr, Vollarbeit = 5,5h
Dazwischen BD, nach deiner Erzählung vermutlich höchste Stufe = 7,5h BDx

Sa/So BD oder Vollarbeit vor dem RD? Was ist mit Mo-Mi vor einem ND Block?

Do - So, ergibt das somit 4x5,5 = 22 h AZ, und 30h BD
Mo - Mi frei, sind je nach Tarifvertrag eben 3x8,xh —> die Stundendifferenz zu den 22h sollte eigentlich mit den BD Stunden verrechnet werden (je nach Tarifvertrag mit bis zu 100%). Die restlichen BD Stunden werden mit dem Faktor (0,9 oder 0,95) multipliziert und ausgezahlt. Nachtdienstzuschlag muss dir unabhängig von Verrechnung zusätzlich ausgezahlt werden. Wenn Minusstunden entstehen und nicht verrechnet wird, bekommst du entsprechend mehr BD ausbezahlt. Wie oben geschrieben kann dir das aber egal sein, wie und wo sollen sie dich zum Ausgleich zwingen? Wenn ab und zu Überstunden anfallen, kann es damit natürlich verrechnet werden (das hätte evtl. den Nachteil, dass dir Überstundenzuschläge nicht zustehen wäre aber vermutlich formal korrekt).
Laut den letzten MB Tarifverträgen sind aber eigentlich im Monat max. 4 BD Dienste zulässig, es sei denn eure Abteilung ist eine der mit dem MB ausgehandelten Abteilungen bei denen dagegen verstoßen werden darf. Du müsstest aber eigentlich für jeden BD > 4 im Monat einen Zuschlag erhalten (Tarifvertrag ist her relevant… welcher gilt denn nun)

Listerien
30.08.2021, 16:32
Hallo zusammen,

meine Partnerin ist im Juli aufgrund von Corona ins Berufsverbot geschickt worden, da ihre Bereichsleitung keine Patientenferne Tätigkeit für sie hatte.

Sie hat eine Fortbildungsveranstaltung gebucht, die sie laut die Personalabteilung während des Beschäftigungsverbotes nicht besuchen kann/darf.

Wir haben uns bei dem FA informiert. Er hat keine Gefährdung /Hindernisse gesehen die Veranstaltung nicht zu besuchen.

Wo kann ich mich noch informieren? Hat eine Kollegin ähnliche Situation gehabt?

EDIT : Meine Partnerin hat ihr Arbeitsgeber schon vor dem Beschäftigungsverbot mitgeteilt, dass sie die Fachrichtung wechseln möchte, deshalb denken wir, dass er sich wirtschaftlich überlegt und will die Fortbildung nicht finanzieren.

Listerien
01.09.2021, 09:22
Weiß hier keiner etwas zu?

hebdo
01.09.2021, 09:38
meine Einschätzung ohne Gewähr: Prinzipiell können Fortbildungen aus dienstlichen Gründen abgesagt werden. Deiner Partnerin würden dann Entschädigungen (Kursgebühr, Fahrtkosten, Unterkunft) zustehen. Wenn der AG zahlt, gibt es eben keine Entschädigung, da kein Schaden entstanden ist.

Mit Beschäftigungsverbot kenne ich mich nicht so aus. Aber prinzipiell geht es um Infektionsgefahr u.a. mit SARS-Cov2. Bürotätigkeiten ohne Patientenkontakt würden ja wahrscheinlich zu keinem Beschäftigungsverbot führen. Theoretisch nichts anderes ist die Fortbildung. Aber der AG und die BG möchte eben nicht verantwortlich für Infektionen auf Dienstreisen und dienstl. Veranstaltungen sein.

In der Summe wird dem AG wohl recht gegeben - wie gesagt nur meine Einschätzung ohne Gewähr

Wenn deine Partnerin die Fortbildung privat besucht, kann sie keiner davon abhalten. Unterliegt aber wahrscheinlich nicht der BG-Versicheurng und die Anerkennung als Berufserkrankung wird wohl auch zumindest diskussionswürdig sein (Stichwort: ärztliche Weiterbildungspflicht)

pashtunwali
05.09.2021, 11:11
10-15 Dienste im Monat da würde ich mir direkt selbst die Kugel geben!

bipoka
05.09.2021, 12:54
wenig attraktive Arbeitsbed.

aerztinwerden
16.12.2021, 18:24
Hallo zusammen, kann mir jemand sagen, ob er ähnliche Erfahrungen gemacht hat bzw einen Rat weiß?
Es geht um Nachtdienstblöcke, Vollarbeitszeit. Ein Nachtdienst umfasst 11,25h Arbeitszeit. ND Sa,So,Mo,Di, dann frei bis zum nächsten Di, dann Mi,Do,Fr nochmal Nachtdienst. Mir wurde von der Personalabteilung gesagt, dass Nachtdienste am WE ausgezahlt werden, die unter der Woche auf das Arbeitszeitkonto gehen. So komme ich mit einem Nachtdienstblock von insgesamt 7 Nächten auf knapp 28 Minusstunden.
Kennt jemand von euch so eine Situation und weiß, wie man es anstellen kann, dass man nicht diesen Haufen Minusstunden anhäuft? Bisher habe ich gerne mal einen Tag überstundenfrei genommen, das würde dann mit den Nächten komplett wegfallen.

Mr. Pink online
16.12.2021, 19:46
Bist du sicher, dass du keinen Bereitschaftsdienst hast am Wochenende? Aber selbst wenn es normale Arbeitszeit ist, sei doch froh, dass es ausgezahlt wird. Überstunden machst du doch sicher so auch genug. Oder sind die Minusstunden tatsächlich ein Problem?

Muriel
16.12.2021, 21:54
Eine Woche frei immer wieder mal fände ich nun auch nicht so schlimm.