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anignu
01.09.2021, 15:59
Rufbereitschaft ist als Arbeit im Ausnahmefall definiert. Wenn regelmäßig Arbeit anfällt, ist das dann Rufbereitschaft?
Prozente für Rufbereitschaft (als Arbeit im Ausnahmefall) gibt es nicht.
Und genau das ist das Problem, dass "im Ausnahmefall" so unscharf ist. Es geht nicht um deine Beispiele die Anfänger erledigen können, es geht zum Beispiel um Operationen. Wie oft darf eine Appendektomie+Popo-Abszess-Spaltung+Ileus in einem großen Krankenhaus in der Nacht vorkommen damit es noch als "Ausnahme" zählt? Seien wir doch mal ehrlich: es kommt mit regelmäßiger Häufung vor. Aber wo ist die Grenze genau zwischen "regelmäßiger Häufung" und "Ausnahmefall". Nicht festgelegt.

6% der Zeit und jeden zweiten Tag ist eine Variante. Wir können uns drauf einigen dass drunter ok sein wird. Und ab Richtung 25% ist es klar Bereitschaftsdienst. Die Trennschärfe dazwischen ist unklar.
Damit meine ich: beim Bereitschaftsdienst macht man es so dass alle Teilnehmer des Bereitschaftsdienstes mal eine gewisse Zeit lang alle Zeiten der Arbeit aufschreiben. Dann kommt man auf eine gewisse Summe und daraus wird dann die Bereitschaftsdienststufe festgelegt. So klar, so einfach. Aber wo endet die Rufbereitschaft und beginnt der Bereitschaftsdienst? Muss der Arbeitgeber bei 12% schon Bereitschaftsdienst festlegen? Oder er bei 13%? Oder erst bei 20%? Darum geht es mir. Das ist nicht geklärt.

Man kann Urteile des BGH auch ignorieren.
Ich ignoriere das Urteil nicht. Ich habe zu Kenntnis genommen dass 45 Minuten laut Meinung des BGH eine Vorgabe für ein Rufbereitschaft sein können.
Ich habe aber auch zu Kenntnis genommen dass es 1. weiterhin keine genauen Zeitvorgaben gibt und 2. nicht geklärt ist wer für die Erfüllung der 45 Minuten letztlich verantwortlich ist. Ist es ein "Privatproblem" des AN, der sich im Zweifel eine Zweitwohnung suchen muss oder ist es ein Problem des AG, der in so einem Fall entweder eine kostenlose Wohnung zur Verfügung stellen muss oder einfach Bereitschaftsdienst anordnen muss.

Für einen Vordergrunddienst ist es relativ nervig, wenn die Rufbereitschaft wegen Nadeln, Bluabnahmen, TropT Kontrollen und was sonst so nachts anfällt dauernd in Anspruch genommen wird.
LOL. Selten so gelacht. Der Vordergrunddienst würde sich sicher grün und blau ärgern wenn für Nadeln und Blutabnehmen die Rufbereitschaft reingerufen werden würde ;-)

Nilani
01.09.2021, 17:58
Finde das Thema ganz interessant. Wir haben ein ganz blödes System ... und ich bin die einzige, die gern dagegen angehen würde.

Offiziell ist es Rufbereitschaft, damit brauchen/bekommen wir kein dienstfrei am nächsten Tag, sondern arbeiten weiter. Vergütet wird es wie die niedrigste Anwesenheitsstufe. Bezahlt werden wir auch nach der Arbeitszeit, also stündlich, nicht nur, wenn angerufen. Unsere Feierabendzeiten wechseln (Mo/Do bis 16.45, Di/Mi 18 Uhr, Fr. 12.30), ab da zählen sozusagen unsere Dienstzeiten, am WE entsprechend 24h.
Im med. Notfall müssen wir innerhalb von 20 min vor Ort sein, beim Feueralarm, der auf den Pieper geht, innerhalb von 7 min. Das ist Vorgabe seitens der Feuerwehr, da 2 Leute (Nacht-/WE-Pflege + Dienstarzt, mehr isses abends bzw. am WE nicht) zum Räumen der Klinik erforderlich sind.

Ich wohne 3 km von der Klinik weg, 30 min Fußweg durch den Wald, mache ich nachts natürlich eher nicht. Also schlafe ich in der Klinik. Ähnliches gilt für 2 Kollegen aus einem anderen Ort. Wir haben auch ein extra Dienstzimmer. 2 wohnen direkt neben der Klinik, 2 weitere in der Nähe, so dass sie mit Auto die 20 min einhalten (die 7 min interessieren sie nicht, da von der Feuerwehr und nicht im Vertrag erwähnt).

Arbeit ist tatsächlich wenig, wenn was ist, wird es meistens verlegt. Einige weigern sich dann auch mal wegen Kleinigkeiten reinzukommen. Ich finde es extrem nervig, dann 34h zu arbeiten (Mo oder Di ab 8 bis 18 Uhr am Folgetag) bzw. halt in der Klinik zu sein, v.a. weil ich die Zeit derzeit wieder nutzen muss, um den überbordenden Schreibkram zu erledigen und man sonst nicht viel dort machen kann, außer lesen und TV gucken. Alle anderen finden das System toll (klar, die sind ja auch zu Hause ... dann fände ich das auch okay). Daher wollen es sie auch nicht geändert haben. Ich wäre ja wenigstens für dienstfrei, aber unser Chef hält dagegen. Das sei mit dem Alt-Chef davor vor Jahren mal mit jemanden von der Rechtsabteilung so beschlossen worden und damals auch rechtssicher gewesen. Vermutlich vor 10 oder 15 Jahren ... Öffentlicher Dienst halt ... Bin eigentlich ziemlich sicher, dass das so nicht durchgehen würde, aber wie gesagt .... ich werde sofort angegriffen, wenn ich das Thema auf den Tisch bringe und was geändert haben möchte.
In der Reha-Klinik davor war nachts auch wenig los, pauschale Vergütung und Nachtdienstfrei. Bei einer weiteren, wo ich mich beworben hatte, gab es wenigstens Freizeitausgleich von 4h in der Woche und 8h am WE bei elektronischer Arbeitszeiterfassung. Da konnte man so ein paar freie Tage ansparen.

In der Akutklinik damals Ortho/Unfall fand ich es übrigens ziemlich unschön, wenn der Hintergrund tatsächlich 30 bis 45 min gebraucht hat, um bei Problenem reinzukommen. Teilweise hatten sie auch kein Lust und kamen nicht oder zumindest nicht, ohne einen vorher am Tel. zur Sau zu machen, dass sie nur Hintergrund und keinen Vordergrund haben ... Zumindest für Anfänger keine so schöne Sache.

bipoka
01.09.2021, 19:13
LOL. Selten so gelacht. Der Vordergrunddienst würde sich sicher grün und blau ärgern wenn für Nadeln und Blutabnehmen die Rufbereitschaft reingerufen werden würde ;-)

Tja wir arbeiten in unterschiedlichen Fächern. Ein paar Anrufe hier und da und dann auflegen stören mich nicht in der Freizeit als Hintergrund.
Ja, ich habe mich damals über eine Nadel oder die TropT Kontrolle oder den Chemowechsel geärgert als Vordergrund mit Rufbereitschaft. Daher die Diskussion.


Ileus in einem großen Krankenhaus in der Nacht vorkommen damit es noch als "Ausnahme" zählt? Seien wir doch mal ehrlich: es kommt mit regelmäßiger Häufung vor. Aber wo ist die Grenze genau zwischen "regelmäßiger Häufung" und "Ausnahmefall". Nicht festgelegt.

6% der Zeit und jeden zweiten Tag ist eine Variante. Wir können uns drauf einigen dass drunter ok sein wird. Und ab Richtung 25% ist es klar Bereitschaftsdienst. Die Trennschärfe dazwischen ist unklar.



Keine Ahnung wie oft ein perforierter Ileus o.ä. vom FA operiert werden muss. Kenne die Zahlen nicht. Mir ging es eher um die Arbeit Rufbereitschaft Vordergrund.
Bei uns war damals 20% die Grenze; mal ehrlich wenn 20% Arbeitsbelastung im Durchschnitt anfällt....ist das dann noch Ruhezeit und Arbeit im Ausnahmefall?. Es wurden alle Einsätze in der Rufbereitschaft inkl. der Viggos, TropT Kontrollen, Fieber&Co aufgeschrieben. Gab auch Grafiken und Diagramme. Besonders um 21:00 Uhr (Schichtwechsel) und dann nochmal 00:00 Uhr (letzte Runde) gab es Einsätze.

Eigentlich ist es am besten ohne Dienste
:-sleppy

bipoka
01.09.2021, 19:27
Offiziell ist es Rufbereitschaft, damit brauchen/bekommen wir kein dienstfrei am nächsten Tag, sondern arbeiten weiter. Vergütet wird es wie die niedrigste Anwesenheitsstufe. Bezahlt werden wir auch nach der Arbeitszeit, also stündlich, nicht nur, wenn angerufen. Unsere Feierabendzeiten wechseln (Mo/Do bis 16.45, Di/Mi 18 Uhr, Fr. 12.30), ab da zählen sozusagen unsere Dienstzeiten, am WE entsprechend 24h.
Im med. Notfall müssen wir innerhalb von 20 min vor Ort sein, beim Feueralarm, der auf den Pieper geht, innerhalb von 7 min. Das ist Vorgabe seitens der Feuerwehr, da 2 Leute (Nacht-/WE-Pflege + Dienstarzt, mehr isses abends bzw. am WE nicht) zum Räumen der Klinik erforderlich sind.

Ich wohne 3 km von der Klinik weg, 30 min Fußweg durch den Wald, mache ich nachts natürlich eher nicht. Also schlafe ich in der Klinik. Ähnliches gilt für 2 Kollegen aus einem anderen Ort. Wir haben auch ein extra Dienstzimmer. 2 wohnen direkt neben der Klinik, 2 weitere in der Nähe, so dass sie mit Auto die 20 min einhalten (die 7 min interessieren sie nicht, da von der Feuerwehr und nicht im Vertrag erwähnt).

Arbeit ist tatsächlich wenig, wenn was ist, wird es meistens verlegt. Einige weigern sich dann auch mal wegen Kleinigkeiten reinzukommen

In der Reha-Klinik davor war nachts auch wenig los, pauschale Vergütung und Nachtdienstfrei. Bei einer weiteren, wo ich mich beworben hatte, gab es wenigstens Freizeitausgleich von 4h in der Woche und 8h am WE bei elektronischer Arbeitszeiterfassung. Da konnte man so ein paar freie Tage ansparen.

In der Akutklinik damals Ortho/Unfall fand ich es übrigens ziemlich unschön, wenn der Hintergrund tatsächlich 30 bis 45 min gebraucht hat, um bei Problenem reinzukommen. Teilweise hatten sie auch kein Lust und kamen nicht oder zumindest nicht, ohne einen vorher am Tel. zur Sau zu machen, dass sie nur Hintergrund und keinen Vordergrund haben ... Zumindest für Anfänger keine so schöne Sache.

Also das ist dann KEINE Bereitschaft, somit gibt's auch keine Stufe. Es ist einfach Rufbereitschaft, Arbeit als Ausnahmefall und als Vordergrund.
Von der Arbeitsbelastung scheint's ja zu passen als Dienstmodell: Wenig bis nix zu tun. Arbeit als Ausnahmefall. Kann ich mir in der Rehaklinik vorstellen (je nach Patientengut). Somit passt's ja grundsätzlich.
Was nicht erlaubt sein wird: 20 Min Dienstweg innerhalb der Rufbereitschaft; das wurde ja nun jetzt wirklich MEHRFACH durch hohe Gerichte bestätigt. Laut den diversen Urteilen darf man auch 30-45 Min brauchen. Kann man mal ganz nüchtern/vorsichtig ansprechen oder auch lassen.

Naja und dass Chirurgen ruppig sind, gerne Leute zur Sau machen, rummotzen usw. ist auch kein Geheimnis. Gerade als Anfänger kann man garnix und erst recht nicht komplexere OPs. Wenn man MAL > 45 Min länger brauch zur Anfahrt und alles soweit glimpflich verläuft, hat man auch nicht am Tag einen Blauen Brief im Fach mit: Sie sind zu spät gekommen aus der Rufbereitschaft. Wenn irgendein Schaden entsteht und es fällt auf, ist es grenzwertig.



Öffentlicher Dienst halt ... Bin eigentlich ziemlich sicher, dass das so nicht durchgehen würde, aber wie gesagt .... ich werde sofort angegriffen, wenn ich das Thema auf den Tisch bringe und was geändert haben möchte.

Dann lass es lieber wenns zu ertragen ist. Bereitschaft ist teuer. Die 30-45 Min. Anfahrt könnte man aber zugestehen.

Nilani
01.09.2021, 20:55
Wie gesagt, es wird wie Bereitschaft bezahlt, niedrigste Stufe. Daher prügeln sie sich auch immer um die WE-Dienste, bringen eben Geld, obwohl man nicht so viel zu tun hat. Ich werde es auch lassen, doof finde ich es trotzdem ... bin aber scheinbar die einzige.

morgoth
02.09.2021, 14:35
Aber liest sich das nicht ein bisschen wie ein Luxusproblem?

Es gibt wenig(*) in den Diensten zu tun, du kannst im Prinzip von zu Hause den Dienst machen, bist nur 3 km von der Klinik entfernt.
Da ist es doch klar, dass man dafür nicht auch noch dienstfrei am Folgetag bekommen muss?

Klar, wenn die vorherige Rehaklinik es so gehandhabt hat, nimmt man das automatische Dienstfrei gerne mit, aber ein echter Anspruch scheint doch nicht zu bestehen.

(*) Ich interpretiere wenig als "wenige Anrufe" (0-5) und "wenig" (0-2, also nicht in jedem Dienst) reinkommen, so es war bei meinen Diensten in einer Rehaklinik. Sollte es bei dir mehr sein, sieht es natürlich schon wieder anders aus.

bipoka
02.09.2021, 17:44
Aber liest sich das nicht ein bisschen wie ein Luxusproblem?

Es gibt wenig(*) in den Diensten zu tun, du kannst im Prinzip von zu Hause den Dienst machen, bist nur 3 km von der Klinik entfernt.
Da ist es doch klar, dass man dafür nicht auch noch dienstfrei am Folgetag bekommen muss?


Ob man Dienstfrei bekommt hängt davon ab, ob man Rufbereitschaft (eigentlich eine Ruhezeit mit Arbeit im Ausnahmefall) oder Bereitschaft (gilt als Arbeitszeit) macht. Von nicht mehr und nicht weniger. Bei Bereitschaft kriegt man immer frei. Bei Rufbereitschaft im Grunde nicht, außer man arbeitet weit in die Nacht hinein (gibt es komplizierte Berechnungen). Übrigens wird einem der freie Tag auch komplett wieder abgezogen.
So ist die Definition dieser Arbeitsformen nach dem Tarifrecht.

Die Arbeitsform scheint zu passen bei der geschilderten geringen Belastung und der Möglichkeit viel telefonisch zu klären. Das einzige, was nicht ganz okay ist, ist die Ankunftzeit innerhalb von 20 Min.
Eine Geburt, eine Narkose, eine Reanimation, ein Herzinfarkt, ein Schlaganfall kann man nicht aus der Rufbereitschaft "übernehmen", wenn man gerade bei EDEKA an der Käsetheke steht und plötzlich alles fallen lassen soll für diese Notfälle. 30-45 Minuten sieht das Bundesarbeitsgericht als Zeitvorgabe vor.
Gerne ignorieren Arbeitgeber diese Entscheidung mal wieder.
Entweder sie lassen den Arbeitnehmern Bereitschaft machen oder sie sagen ganz klar: 30-45 Min. habt ihr Zeit um vor Ort zu sein.
Wenn's nicht allzusehr stört, würde ich kein Fass aufmachen und es für die (meist begrenzte Zeit in der Klinik) dabei belassen.

Ab wann Bereitschaftdienst (je nach Belastung auch noch in Stufen gegliedert) notwendig ist, haben wir bereits diskutiert. Wenn man jeden Dienst 1-2 mal reinmuss, kann man das kaum noch als Rufbereitschaft also Arbeit im Ausnahmefall deklarieren. Was allerdings möglich ist, sind diverse Mischmodelle. z.B. Bereitschaft bis 20:00 Uhr oder 22:00 Uhr und dann Rufbereitschaft oder Bereitschaft nur am Wochenende. Man schaut einfach, wann fällt die Arbeit auf den Stationen an und kann dann entscheiden, so dass Rufbereitschaft auch Arbeit im Ausnahmefall ist.

anignu
03.09.2021, 00:41
Übrigens wird einem der freie Tag auch komplett wieder abgezogen.
Ist dies eigentlich erlaubt? Können einem zum Beispiel 8h abgezogen werden wenn man diese nur deswegen zu Hause bleibt weil man die Ruhezeiten erfüllen muss? Liegt dies im Risikobereich des AN oder des AG? Hat der AN hier eine zusätzliche Bringschuld obwohl er nur die gesetzlichen Ruhezeiten erfüllt?
Ich will nicht hören "so wird es halt gemacht", das ist mir klar. Die Frage ist ob sich da rechtlich jemand auskennt.
Vielleicht als ersten Einstieg in das Thema: https://www.schichtplanfibel.de/rbdienst2.htm wo man sagen muss, also eigentlich hab ich keine Gleitzeit. Müsste ich also freigestellt werden?

Die Arbeitsform scheint zu passen
Wenn auch nur ein einziger Aspekt der Arbeitsform nicht passt, dann passt sie eben nicht. Und dass sie nicht passt ist uns allen klar.

Ab wann Bereitschaftdienst (je nach Belastung auch noch in Stufen gegliedert) notwendig ist, haben wir bereits diskutiert.
Korrekt. Diskutiert. Ohne abschließendes Ergebnis. Es gibt keinerlei Trennschärfe außer den Satz "im Ausnahmefall" der nicht klar definiert ist.

Was allerdings möglich ist, sind diverse Mischmodelle. z.B. Bereitschaft bis 20:00 Uhr oder 22:00 Uhr und dann Rufbereitschaft oder Bereitschaft nur am Wochenende. Man schaut einfach, wann fällt die Arbeit auf den Stationen an und kann dann entscheiden, so dass Rufbereitschaft auch Arbeit im Ausnahmefall ist.
Wenn doch alles so einfach wäre...
Bereitschaft bis 22 Uhr schließt eine Ruhezeit von 11h nach sich. Dienstbeginn am nächsten Tag kann damit nicht 7:30 Uhr sein.
Ich verstehe dass du von "Arbeit auf Station" oder "Nadellegen" oder "Blut abnehmen" sprichst. Spricht für dein aktuelles Aufgabengebiet. Das Meiste davon hat mit den klassischen Aufgaben einer Hintergrund-Rufbereitschaft nichts zu tun.
Aber wenn wir jetzt einmal mal bei Stationsarbeit bleiben, geht es trotzdem nicht nur um die Arbeitsbelastung einerseits sondern auch um die Verfügbarkeit andererseits. Wenn die Patienten zwar fast alle gesund sind und nachts quasi nie einen Arzt brauchen aber jede Woche eine nächtliche Reanimation erforderlich ist, dann ist egal ob das "im Ausnahmefall" vorkommt, dann geht es drum dass innerhalb von weniger als 30-45 Minuten was passiert...

bipoka
03.09.2021, 12:05
Wenn doch alles so einfach wäre...
Bereitschaft bis 22 Uhr schließt eine Ruhezeit von 11h nach sich. Dienstbeginn am nächsten Tag kann damit nicht 7:30 Uhr sein.
Ich verstehe dass du von "Arbeit auf Station" oder "Nadellegen" oder "Blut abnehmen" sprichst. Spricht für dein aktuelles Aufgabengebiet. Das Meiste davon hat mit den klassischen Aufgaben einer Hintergrund-Rufbereitschaft nichts zu tun.
Wenn die Patienten zwar fast alle gesund sind und nachts quasi nie einen Arzt brauchen aber jede Woche eine nächtliche Reanimation erforderlich ist, dann ist egal ob das "im Ausnahmefall" vorkommt, dann geht es drum dass innerhalb von weniger als 30-45 Minuten was passiert...


Naja die Zeiten sind ja vorbei für mich. Damals fand ich es nervig sowie auch wenig professionell organisiert. Bei einer Reanimation konnte die Pflege das Reateam rufen (war übrigens nie nötig).
Trotzdem empfand ich das ganze grenzwertig bei Fieber, Blutdruckabfall, kleineren Herzinfarkten, Thoraxschmerz.
Bei einer Rehaklinik liegt das ganze in Verantwortung der Leitung: Kann ich dem Patientengut (durchaus unterschiedlich je nach Klinik) zumuten 30-45 Min
zu warten?



Korrekt. Diskutiert. Ohne abschließendes Ergebnis. Es gibt keinerlei Trennschärfe außer den Satz "im Ausnahmefall" der nicht klar definiert ist.


Als Ausnahme soll täglicher Einsatz gelten??? Also die tägliche Ausnahme. Eine gewisse Trennschärfe sehe ich da schon.

anignu
04.09.2021, 00:38
Ich hab mal gehört dass es Akademiker geben soll, die partout nicht verstehen wollen was Trennschärfe = Exaktheit des Unterscheidens bzw. Abgrenzens ist.

Noch ein paar interessante Sätze aus BAG-Urteilen zur Abgrenzung der Rufbereitschaft von Bereitschaftsdienst:
"Dabei kann nicht allein auf einen bestimmten Prozentsatz von Arbeitsanfall (Anteil der tatsächlichen Arbeitsleistung innerhalb der einzelnen Rufbereitschaft, sog. Arbeitsleistungsanteil) abgestellt werden. Auch der Anteil von Rufbereitschaften mit tatsächlichen Inanspruchnahmen in Relation zur Gesamtzahl der Rufbereitschaften sowie die Häufigkeit und Dauer der einzelnen Arbeitseinsätze während der jeweiligen Rufbereitschaften ist von Bedeutung, ohne dass sich eine absolute Grenze ziehen lässt."
Während das BAG also keine absolute Grenze ziehen will, scheinen andere Leute glauben dies zu können...

Interessant aber auch die Feststellung in dem Einzelfall:
"In der Gesamtschau dieser Umstände - Arbeitsanfall in nahezu der Hälfte aller Rufbereitschaften, dabei in mehr als einem Viertel aller Rufbereitschaften Inanspruchnahme im Klinikum, Arbeitsleistungsanteil insgesamt 4 % - ist während der Hintergrunddienste des Klägers erfahrungsgemäß nicht lediglich im Ausnahmefall Arbeit angefallen."
und falls wer die beiden Aussagen im Gesamtkontext lesen will https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/6-azr-264-20/

Was wiederum dem Praxisbeispiel der Caritas zum Thema Rufbereitschaft widerspricht.

https://www.caritas.de/neue-caritas/heftarchiv/jahrgang2014/artikel/zwei-paar-stiefel-bereitschaftsdienst-und-rufbereitschaft

bipoka
04.09.2021, 14:46
und falls wer die beiden Aussagen im Gesamtkontext lesen will https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/6-azr-264-20/

Was wiederum dem Praxisbeispiel der Caritas zum Thema Rufbereitschaft widerspricht.

Nun das sind die Vorgaben der Caritas...

II. Allerdings hätte das beklagte Universitätsklinikum gemäß § 7 Abs. 6 Satz 2 TV-Ärzte/TdL die Hintergrunddienste nicht als Rufbereitschaft anordnen dürfen. Dies führt gleichwohl nicht zu der vom Kläger begehrten Vergütung. Tarifwidrig angeordnete Rufbereitschaft wandelt sich nicht automatisch in Bereitschaftsdienst um.

a) Nach den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen belief sich der Arbeitsleistungsanteil während der Rufbereitschaften zwar nur auf ca. 4 %. Allerdings erfolgte nahezu in jedem zweiten Rufbereitschaftsdienst mindestens eine tatsächliche telefonische Inanspruchnahme.

--> Für 4% Inanspruchenahme und nur weil 1x angerufen wird jeden Dienst? Das sind schon hohe Ansprüche; außerdem hätte er bis zu 45 Minuten Zeit um in die Uniklinik zu fahren. Aber trotzdem sagt das Gericht, dass es unzulässig war Rufbereitschaft hier anzuordnen. Man müsste mal schauen, wann die anrufe sind...ggfs gibt's dann Option Spätdienst oder eine "kurze Bereitschaft" bis in die Abendstunden; in der Nephro erscheint ja meistens nicht die komplette Mannschaft morgens um 07:00 und OPs stehen auch nicht an. Er hätte sich einfach an den Betriebsrat wenden sollen (wie das Gericht schreibt), hat er aber nicht;
oder einen anderen Job nehmen in den ganzen Dialysepraxen...verdient man eh Geld wie Heu; wozu die Uniklinik antun.

Das ist auch auf keinen Fall vergleichbar mit Rufbereitschaft im Vordergrund insb. bei schwer kranken Patienten, wo man alle paar Stunden oft reinrücken darf.

Letztendlich hat meiner Erfahrung bei jüngeren Chefs ein Umdenken schon stattgefunden. Man bespricht das mit dem Betriebsrat, den Mitarbeitern, der PErsonalabteilung ggfs. noch dem BEtriebsarzt und findet dann eine adäquate Lösung. Die Zeiten des alten Opa-Chefs, der selbstherrlich und feierlich macht was er will an allen Urteilen und Institutionen vorbei und eh schon von so manch einem als präsenil angesehen wird, gehen langsam, aber sicher zu Ende.

Nilani
04.09.2021, 17:09
Aber liest sich das nicht ein bisschen wie ein Luxusproblem?

Es gibt wenig(*) in den Diensten zu tun, du kannst im Prinzip von zu Hause den Dienst machen, bist nur 3 km von der Klinik entfernt.
Da ist es doch klar, dass man dafür nicht auch noch dienstfrei am Folgetag bekommen muss?

Klar, wenn die vorherige Rehaklinik es so gehandhabt hat, nimmt man das automatische Dienstfrei gerne mit, aber ein echter Anspruch scheint doch nicht zu bestehen.

(*) Ich interpretiere wenig als "wenige Anrufe" (0-5) und "wenig" (0-2, also nicht in jedem Dienst) reinkommen, so es war bei meinen Diensten in einer Rehaklinik. Sollte es bei dir mehr sein, sieht es natürlich schon wieder anders aus.

Da ich kein Auto habe, sondern laufe und somit 30 min brauche, bin ich eben die ganze Zeit in der Klinik und nicht zu Hause. Mo. 8 Uhr Beginn, Di. 18 Uhr Feierabend. Das sind dann 34 Stunden. Unsere Klinik ist oben auf einem Berg ... in die Stadt rein laufe ich auch runter 20 min, hoch locker 30, je nachdem, wo man halt auch ist.

Meist ist wenig zu tun, oft halt nur morgens bei der Übergabe. Ist Rheumaklinik plus Ortho, aber meist DRV-Patienten, sehr selten AHBs und wenn dann eher Rheuma (in der Klinik davor war gut die Hälfte AHB nach Hüft- und Knie-TEPs mit dem entsprechendem Alter, den Einschränkungen und doch einigen Anrufen mehr). Allerdings wird man prinzipiell natürlich eher mal angerufen, wenn man im Haus ist. Die Kollegen weigern sich halt teilweise auch, wegen Kleinigkeiten reinzukommen.

Heute nacht hatten wir im Übrigen tatsächlich Feueralarm ... nachts um 2 Uhr zu zweit so ne Klinik zu räumen, ist nicht so dolle. Wenigstens war Samstag und ich konnte nach Hause gehen. Von 2 bis 4 war ich jedenfalls hellwach und dann am nächsten Tag bis 18 Uhr durcharbeiten zu müssen (und die 10h-Tage sind bei uns ziemlich anstrengend), schlaucht schon. Allerdings tatsächlich kein Vergleich mehr zur Akut-Klinik. Damals noch Ortho/Unfall, Dienst zusammen mit Allgmeinchirurgie. An Schlafen war da nicht zu denken. Mit bissel Glück kommt dieses Jahr Facharzt, dann bin ich eh frei und kann gucken, wie es weitergeht. Vermutlich schon Luxusproblem, aber so ganz korrekt finde ich es trotzdem nicht.

bipoka
05.09.2021, 12:51
Da ich kein Auto habe, sondern laufe und somit 30 min brauche, bin ich eben die ganze Zeit in der Klinik und nicht zu Hause. Mo. 8 Uhr Beginn, Di. 18 Uhr Feierabend. Das sind dann 34 Stunden. Unsere Klinik ist oben auf einem Berg ... in die Stadt rein laufe ich auch runter 20 min, hoch locker 30, je nachdem, wo man halt auch ist.


Ich hatte auch Kolleginnen ohne Auto. Die haben tatsächlich jedesmal ein Taxi gerufen; war allerdings ein Klinikum in einer Großstadt.
Wie wärs mit nem Fahrrad. VanMoof/Cowboy?
Oder diese E-Roller?