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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Facharztausbildung Anästhesie



Hirninkontinenz
18.10.2021, 08:24
Hallo liebe Anästhesisten, ich möchte in der Anästhesie anfangen (1.Stelle), in der Ausbildungsordnung dazu steht, dass man sich bis zu 12 Monate anrechnen eines anderen Faches anrechnen lassen kann. Ich überlege evtl. ein paar Monate Kardiologie/Innere zu machen, diese könnten mir ja dann angerechnet werden.

Meine Fragen sind
-ob das überhaupt sinnvoll ist
-wie genau das praktisch möglich ist- muss man das dann vor der eigentlichen Facharztausbildung Anästhesie absolvieren oder geht das auch „mittendrin“, wie kann man sich das vorstellen?
-ist es auch möglich während der Ausbildung ein paar Monate in der Notaufnahme zu arbeiten, evtl. sogar gefordert?

PS: habe in Österreich studiert, kenne mich deshalb mit den deutschen Ausbildungsregelungen noch nicht gut aus:)
Danke schonmal!

hebdo
18.10.2021, 11:49
Prinzipiell immer möglich, auch geteilt auf 2x 6 Monate in unterschiedlichen Fächern.

Jukka666
18.10.2021, 15:11
In Deutschland gibt es für die Weiterbildung nur zwei Regeln:

Regel 1:

- Die Regeln machen die Landesärztekammern.

Regel 2:

- Es gibt 17 verschiedene Regeln. Im Zweifel: siehe Regel 1.

:-D

Im Ernst:

1. Check ab, in welchem Bundesland du deine WB streckenweise am längsten absolvieren willst bzw. anfängst.
2. Ein anderes Fach zu machen ist in meinen Augen IMMER sinnvoll, zumindest eine gewisse Zeit.
3. Ich selbst habe vor der Anästhesie nie Anästhesie gemacht. Weder PJ noch Famulatur. Immer Chirurgie. Habe dann 12 Monate WB-Zeit in der Chirurgie absolviert. Wurde selbstverständlich voll angerechnet (Bay. Landesärztekammer). Fast alle Fächer werden mittlerweise angerechnet, v.a. die sog. Fächer aus der "unmittelbaren Patientenversorgung". Schwierig könnte es mit Exoten wie Rechtsmedizin oder sowas werden. Im Zweifel immer die WB-Ordnung studieren. Da steht es ganz genau drin.

Genutzt hat es definitiv was! Ich finde, viele Anästhesisten, die nie was anderes gemacht haben, werden zu so (bitte alle anderen nicht hinhören) "Fachdeppen". Denken nur an ihre Seite des Tuchs, glauben ihre Kaffeepause ist wichtiger als der Chirurg und sind oft motzig und haben Minderwertigkeitskomplexe... ;-)
Ne, Spass beiseite. Ein anderes Fach, v.a. Chirurgie und Innere, richtig von "der anderen Seite" kennengelernt zu haben, schärft ungemein, man wird ruhiger, erfahrener und es macht sich auch in Bewerbungen gut. Meine Meinung.

4. Das kannst du eigentlich egal wann machen, zumindest solange du möglichst zusammenhängende, längere Zeiten am Stück machst.

Beispiel:

12 Monate Anästhesie, dann 12 Monate Kardiologie Vollzeit, dann 4 Jahre Anästhesie etc. sollte kein Problem sein.
3 Monate Anästhesie, dann 1 Monat Innere, dann 4 Monate Anästhesie etc. könnte auf Widerstand stoßen.

Notaufnahme:
Solange dir jemand ein ordentliches WB-Zeugnis nach den Vorgaben der jew. Ärztekammer ausstellt, kein Problem.
Muss halt drinstehen:
- welches Fach (meist Innere/Chirurgie/Neuro etc.), Vollzeit/Teilzeit, wie lange, Teilnahme am Schichtdienst/Nachtdienst, welche Inhalte etc.
- Am besten wären halt dann Zeiträume von mind. 3, besser 6-12 Monaten.

Bis zu 18 Monate ambulante Anästhesie kannst du übrigens auch machen (Bayern).

Mehr als 12 Monate werden dir übrigens nicht anerkannt.
Du brauchst aber für den FA Anästhesie 12 Monate Intensivstation. Die kann man zur Hälfte auch in nicht-anästhesiologischen Intensivstationen machen (also z.B. neurologische Intensivstation).

Viel Erfolg!

Mano
18.10.2021, 17:09
Von den Zeiten her dürfte es kein Problem sein. Allerdings könnte es mit den erforderlichen Narkosezahlen knapp werden. Die meisten Anästhesisten die ich aus unterschiedlichen Häusern kennen gelernt habe, hatten ihre Zahl so gerade nach 5 Jahren zusammen. Oft steht ja auch ein etwas längerer (als die verpflichtenden 12 Monate) Intensivblock an; wenn man dann noch regelmäßig Notarztdienste absolviert schrumpft die Zeit im OP schnell zusammen.
Man sollte das also schon bei der Wahl der Anästhesie-Stelle im Auge behalten (eher Haus mit vielen kleinen OPs, kleine ITS). Und ich könnte mir vorstellen, dass es einfacher ist zu erst in der z.B. Inneren anzufangen und nach 12 Monaten in die Anästhesie zu wechseln, als im 4. WBJ dem Chef zu vermitteln, dass man ja jetzt schnell seine Zahlen zusammen braucht, damit man das 5. WBJ in einer anderen Abteilung verbringen kann (der Wunsch dürfte nur selten auf Gegenliebe stoßen)...

Hirninkontinenz
19.10.2021, 19:26
1000 Dank für die sehr ausführliche Antwort, wirklich sehr nett!! Danke auch für die Erläuterungen, bin auch immer froh über Erfahrungsberichte.
Die 2 Regeln sind auch super😃