PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Welcher Facharzt? Kardio oder Augenheilkunde



Seiten : [1] 2

Nebur0000
05.12.2021, 16:12
Ich stehe nun demnächst vor dem PJ und möchte dannach an einem Uniklinikum eine Stelle als Assistenzarzt in der Kardiologie oder Augenheilkunde.
Ich stehe gerade ein bisschen zwischen den Fachgebieten der Kardiologie und Augenheilkunde - beides interessiert mich sehr - v.a. die Forschung (molekulare Forschung: viel Genetik, mRNA Technik, etc.) und die minivalinvasiven Methoden (mir ist klar, dass man das erst als Facharzt lernt).
Meine Doktorarbeit (so gut wie fertig) mache ich im Bereich der Onkologie (mRNA-Technologien für CAR T Zellen, mithilfe von KI-Methoden).

Um so ein bisschen abzuwägen, wo ich mein drittes PJ Tertial und schlussendlich meinen Facharzt machen will (um Chancen an einem Uniklinikum zu haben) möchte ich es entwender in der Kardio oder Augenheilkunde machen.

Was seht ihr aktuell als 'besser' an (Kardio vs Augenheilkunde) und für was würdet ihr euch entscheiden, wenn man folgende Kriterien einbezieht?:
- Möglichkeiten der Forschung (RNA, DNA, Künstliche Intelligenz)
- Möglichkeiten der minimalinvasiven Eingriffe
- Niederlassungsmöglichkeit und Entwicklung der ambulanten Medizin (in ca. 10J)
- Gehaltsmöglichkeiten (eher weniger wichtig für mich)

Bitte bezieht folgende Punkte nicht in 'eure Entscheidung' mit ein:
- Arbeitsbelastung
- Chancen auf einen Assistenzarztplatz
- Mentalität und Umgang in den Disziplinen

Ich habe mir eigentlich schon sehr viele Gedanken gemacht, aber vllt gibt es hier ein paar denen es ähnlich geht oder die vllt etwas beitragen können, was mir bisher noch nicht eingefallen ist.
Dankeschön und schönen Sonntag!

Feuerblick
05.12.2021, 16:26
Ich würde ja primär die Arbeitsbedingungen in Betracht ziehen, aber da ist wohl jeder anders.
Für Forschungsmöglichkeiten in den von dir angestrebten Bereichen müsstest du dir in der Augenheilkunde spezielle Universitäts-Augenkliniken raussuchen. Da wäre auf jeden Fall das PJ in der Augenheilkunde an einer größeren Uni-Augenklinik sinnvoll. Niederlassungsmöglichkeiten wird es in diesem Fach immer geben und was die Eingriffe angeht, da kommt es oft auch drauf an, wo man arbeitet, was man macht und ob der Chef eventuell einen Narren an einem gefressen hat. Alternativ lernt man Eingriffe natürlich auch dann, wenn sie zur Forschung gehören.
Keine Ahnung, wie es in der Kardiologie läuft, aber ich finde das, was sich in der Augenheilkunde derzeit in Sachen KI und genetische Forschung tut, ziemlich spannend. Aber gut, ich mag das Fach ja sowieso und hätte nie in der Inneren arbeiten können. ;-)

Nulllinie
05.12.2021, 19:41
Um so ein bisschen abzuwägen, wo ich mein drittes PJ Tertial und schlussendlich meinen Facharzt machen will (um Chancen an einem Uniklinikum zu haben) möchte ich es entwender in der Kardio oder Augenheilkunde machen.

....

Bitte bezieht folgende Punkte nicht in 'eure Entscheidung' mit ein:
- Arbeitsbelastung
- Chancen auf einen Assistenzarztplatz
- Mentalität und Umgang in den Disziplinen

Du kannst ja Kardio im Innere Tertial machen und Auge im Wahltertial. Dann hast du beides gesehen und konntest mit den Kollegen vor Ort sprechen.

Was deine Kriterien angeht, die du außenvorlassen willst -> Keine gute Idee. Ich kenne einige junge, ambitionierte und forschungsinteressierte Kardiologen. Und genau diese Punkte sind es, die sie nach spätestens 1 Jahr im Beruf am meisten nerven :/

davo
05.12.2021, 20:06
Du willst dich also schon 2,5 Jahre (Kardio) bzw. 3,5 Jahre (Auge) nach dem FA niederlassen. Da stellt sich IMHO die große Frage: Wozu überhaupt der ganze Aufwand mit Uniklinik, Forschung, usw.? Für eine Niederlassung sind doch ganz andere Dinge wichtig. Ich stell es mir schwer vor, seine AA-Zeit so zu gestalten, dass man am Ende in beiden Bereichen gut ist.

Ein nicht zu vernachlässigender Faktor ist IMHO das Geld. Herz-Kreislauf-Erkrankungen bringen viel Geld. Viel Forschungsgeld, viel Privatliquidation. Als Kardio-AA ist es deshalb wahrscheinlich einfacher, sich an hochqualitativer Forschung zu beteiligen, und als Kardio-FA deshalb wahrscheinlich einfacher, sich eine Forschungskarriere aufzubauen. Es ist einfach ein großes Fach mit vielen guten Kliniken. Mein Eindruck ist, dass in der Augenheilkunde die Luft oben dünner ist.

Arbeitsbelastung und Mentalität zu ignorieren, halte ich ebenfalls für eine sehr schlechte Idee. Denn die Arbeit wird im Laufe der nächsten Jahre und Jahrzehnte wahrscheinlich knapp die Hälfte deiner Wachzeit in Anspruch nehmen.

Sait
06.12.2021, 14:51
Früher war ich auch begeistert von Forschung und freiwilliger Arbeit. Wenn man dann anfängt zu arbeiten, setzt man seine Prioritäten wirklich anders. Und wie bereits von meinen Vorrednern mitgeteilt - Arbeitsbedingungen, Arbeitsbedingungen und nochmal Arbeitsbedingungen ... Der Faktor sollte bei einer Erwägung eines Facharztes meiner Meinung nach ganz weit oben stehen.

Verwirrt
06.12.2021, 19:24
Wie sind die Arbeitsbedingungen in der Kardiologie? Wie stressig kann es werden?

anignu
06.12.2021, 23:21
Schau dir einfach mal an was die Assistenten den ganzen Tag machen: stundenlang Visite, bissl Aufnahmen und ansonsten auf der Station rumsitzen vorm PC und Briefe tippen oder Ähnliches.
Einfach mal dort PJ machen und selbst ansehen...

Verwirrt
07.12.2021, 04:23
Schau dir einfach mal an was die Assistenten den ganzen Tag machen: stundenlang Visite, bissl Aufnahmen und ansonsten auf der Station rumsitzen vorm PC und Briefe tippen oder Ähnliches.
Einfach mal dort PJ machen und selbst ansehen...

Hmm.. das klingt nach einem typischen Tag für alle Assistenten in den meisten nicht-chirurgischen Fachrichtungen.
Was empfiehlst du dann?

Heerestorte
07.12.2021, 07:20
Hmm.. das klingt nach einem typischen Tag für alle Assistenten in den meisten nicht-chirurgischen Fachrichtungen.
Was empfiehlst du dann?
So ist es auch. Die Empfehlung ist also ganz klar, sich der schneidenden Zunft anzuschließen ;-)

Nulllinie
07.12.2021, 11:42
Also wer in mind. 6 Jahren kardiologischer Weiterbildung nur auf Normalstation sitzt, sollte dringend über einen Arbeitgeberwechsel nachdenken ;)

anignu
08.12.2021, 00:32
Die Empfehlung ist also ganz klar, sich der schneidenden Zunft anzuschließen ;-)
Chirurgie ist immer geiler. Man tut einfach mal was. Und nicht nur Briefe schreiben. Von Chirurgen wird gar nicht erwartet dass sie lange Briefe schreiben, die Therapie erfolgt ja mittels Operation. Internisten müssen ja ihre Arbeit irgendwie rechtfertigen, Reha/Psycho etc. noch mehr, daher sind deren Briefe grausam ellenlang. Einfach mal die Briefe vergleichen.
Was empfiehlst du dann?
Das kommt doch darauf an was du willst. Sich wirklich für Patienten einsetzen und dass deine Arbeit tatsächlich maximale Konsequenzen hat dem Patienten zu helfen? Dann Chirurgie.
Wenn du eh nicht mit Patienten reden magst weil die dir auf den Sack gehen dann mach irgendeine Dienstleistungssache wie Radio, Anästhesie oder MiBi oder so.
Und wenn du eigentlich schon Patienten magst, aber dir Chirurgie einfach zu krass ist dann nimm halt Kardio.

HenrikNL
22.01.2022, 13:37
Kann man einen Teil der WB Zeit in der Ophthalmologie in einer Praxis absolvieren? und kann man da schon mit dem chirurgischen Teil anfangen? oder erst als Facharzt und nur wenn man der Favorit beim Chef war?

Feuerblick
22.01.2022, 13:44
Inzwischen kann man die komplette WB-Zeit in der Praxis absolvieren, wovon aber abzuraten ist (hatten wir schon mehrfach, Forensuche hilft da sicher). Ob und wie man chirurgisch weitergebildet wird, hängt nicht von Klinik/Praxis ab sondern davon, wie der Weiterbildungsbefugte das handhabt. Manche Kliniken bilden gerne chirurgisch weiter, manche Praxisverbünde haben das sogar in ihrem Curriculum drin, manche lassen nur Chefs Liebling OP lernen… und dann ist ja noch die Frage, welche OP man lernen möchte. Intravitreale Injektionen dürfte man inzwischen wohl überall machen dürfen, Lider/Chalazien/Kleinkram sicher auch.

HenrikNL
12.02.2022, 14:15
eine etwas blöde Frage, aber wenn man die Ausbildung als Augenchirurg macht, deckt man im Verlauf immer alle Bereiche ab, also Netzhaut, Katarakt, Lasern, Keratoplastik, Augenmuskeln, kosmetische OPs und vieles mehr? oder muss man am Ende doch nicht zwangsläufig alle Gebiete der Augen OP können und muss sich hauptsächlich nur auf die gängigsten und häufigsten OPs konzentrieren?

Feuerblick
12.02.2022, 14:54
Einige Dinge lernst du schon für den Facharzt - zumindest standen sie bisher im Katalog (z.B. kleinere Lid-OPs, Augenmuskeln).
Als nächstes kommen sinnvollerweise Katarakte oder kleinere Hornhauteingriffe - oftmals erst, wenn du schon Facharzt bist.
Netzhautchirurgie ohne Kataraktchirurgie zu beherrschen ergibt wenig Sinn. Auch das ist also ein weiterer Schritt.
Keratoplastik aller Art - da kommt es drauf an, wo du arbeitest. Es gibt Kliniken, die derartige Eingriffe häufig durchführen. Andere Kliniken sind auf andere Eingriffe spezialisiert und sehen eher weniger Keratoplastiken - dafür vielleicht mehr Netzhautchirurgie, Tränenwegschirurgie oder Glaukomchirurgie.
Mit Lasern meist du Refraktivchirurgie? Wenn du an einem Haus bist, wo das angeboten wird, kannst du es lernen - wenn der Chef dich an seine zahlungskräftigen Patienten lässt.
Was meinst du mit „kosmetische OPs“? Normale Blepharoplastik und ähnliches wirst du vermutlich an allen Maximalversorgern sehen und lernen können. Das teilweise schon als Assistenzarzt. Über reine Lidchirurgie hinausgehende kosmetische OPs sind in der Augenheilkunde eigentlich nicht üblich bzw. werden nur an speziellen Zentren durchgeführt.

Kurz: Wenn du ophthalmochirurgisch tätig sein willst, wirst du dich fast immer entscheiden müssen, was davon du wirklich gut lernen willst und in welchem Setting du später arbeiten möchtest. Wirklich alles auf hohem Niveau zu können, ist meines Erachtens nicht möglich. Alles „ein bisschen“ zu können ist für mich nicht ausreichend für eine gute Patientenversorgung.
Solltest du dich niederlassen wollen, schmilzt die Auswahl deutlich zusammen. Schau dir mal an, was man ambulant an Augenoperationen (sinnvoll) anbieten und abrechnen kann. Das ist nicht viel über Katarakt-Chirurgie, Bleph und kleinere Lidchirurgie hinaus. Große Eingriffe (Glaukom, Netzhaut, Hornhaut) wirst du da nicht finden. :-nix

HenrikNL
12.02.2022, 16:26
^ danke für die umfassende Rückmeldung :)
Gabs es im Laufe deines Werdegangs irgendwelche OPs, vor denen du irgendwie Angst hattest bzw. waren dir einfach zu komplex und präzise?
Ich habe versucht, mir weitgehende Einblicke in Augen OPs zu verschaffen, zunächst mal durch Videos anschauen, weil ich durfte nicht an OPs während der Famulaturen, die meisten OPs in den Videos fand ich lernbar und ja ein bisschen gewöhnungsbedürftig aber nichts dramatisches, aber zb Augenmuskel OPs, kamen mir irgendwie gefährlich und risikoreich vor, kann ich mich beispielsweise, eher auf andere Gebiete fokussieren und diese beherrschen und nur diese in einer künftigen Praxis anbieten? du meintest ja es wäre besser einiges hervorragend zu können als alles nur so mittelmäßig zu können, es gilt selbstverfreilich alles im Logbuch erwähnte zu lernen und zu können aber ich meine für später

Feuerblick
12.02.2022, 16:45
Du kannst in einer künftigen Praxis fast gar keine Augenchirurgie jenseits der Katarakt anbieten, weil du sie nicht abrechnen kannst. Schau in den EBM, dann siehst du das Debakel. Es sei denn, die Patienten wollen Leistungen, die sie im Krankenhaus für umme bekommen, gern selbst zahlen. :-nix
Große Operationen finden stationär statt. Die scheiden also grundsätzlich aus. Und wie ich unser Gesundheitssystem kenne, wird das auch noch laaaaange so bleiben.

Augenmuskeln sind (wenn du die Indikation stellen kannst - das ist nämlich die Kunst) technisch Pipifax. Nicht schwer, nicht gefährlich, wenn du nicht grobmotorisch veranlagt bist und auf deine Ausbilder hörst. Als Grobmotoriker (d.h. wenn du schon Augenmuskel-OPs nicht hinbekommst) solltest du auch die Finger von intraokularen Eingriffen lassen!
Augenmuskeln brauchst du für eine Praxis aber auch eher nicht, allenfalls für den Facharzt. An diesen OPs hängt halt auch noch einiges an Infrastruktur dran. Das lohnt ambulant nicht.

Ob intraokulare Eingriffe „dramatisch“ sind, ob Keratoplastiken „dramatisch“ sind… nun, rein technisch vielleicht für feinmotorisch begabte Menschen mit gutem räumlichem Verständnis nicht. Aber die rein motorische Ausführung ist ja nur ein minimaler Teil der OP. Weshalb man anhand von Videos kaum beurteilen kann, wie schwer oder nicht schwer eine OP ist.

Ich selbst wollte überhaupt nicht operieren lernen. Operieren gibt mir einfach so gar nichts. Ich habe das erlernt, was ich für den Katalog brauchte plus (damals für Assistenten absolut kein Standard) intravitreale Injektionen. Letzteres auch nur unter Protest und weil mein Chef es unbedingt wollte.

HenrikNL
12.02.2022, 17:10
Und du meintest immer als Konservativer Ophthalmolog nagt man nicht am Hungertuch, also du bist zufrieden mit der Arbeit ohne OPs?

Feuerblick
12.02.2022, 17:15
Ich war zufrieden mit der Arbeit ohne Operationen. Dass ich nicht mehr in der Patientenversorgung arbeite, lag nicht daran. :-nix
(Und nein, ich werde dir nicht verraten, was ich jetzt mache.)

HenrikNL
12.02.2022, 17:20
:D will ich nicht wissen