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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Beratungen anbieten



cxd35
08.02.2022, 12:51
Hallo liebe Kollegen,

Ein häufig diskutiertes Thema wohlmöglich.

Ich habe eine Idee entwickelt, die für mich als Arzt folgendes Bedarf:

1) reine Privatleistung
2) Blutentnahme ist notwendig
3) Spezielle Laboranalysen
4) Beratung und Therapiekonzept bei Notwendigkeit

Ich befinde mich in der Phase mein Konzept zu entwickeln.

- Muss ich mich als Freiberufler irgendwo anmelden?
- da mir aktuell keine Räumlichkeiten für mein Vorhaben zur Verfügung stehen, darf ich Blutentnahmen als Arzt auch beim Patienten zuhause durchführen?
- wie sieht es mit "Datenschutz" aus?
- Preisgestaltung zwingend nach GOÄ?

Wie sind generell so die Auflagen, was ich bei Blutanalysen und beratender Tätigkeit als Arzt beachten muss?

Abgesehen davon, dass die BE professionell erfolgt. Das ist ja das einzig invasive am Patienten. Der Rest wäre nur noch reine Beratende Tätigkeit.

Nein, mal im Ernst, gibt es irgendwas worauf ich achten sollte?

Berufshaftpflicht ist ja logisch.


Möchte nur nicht für Beratung und Dienstleistung werben und nachher eine auf den Deckel bekommen.

Liebe Grüße und vielen Dank :)

Pflaume
08.02.2022, 13:06
Deine Ärztekammer kann dir bezüglich der Voraussetzungen weiterhelfen. Ich habe mit einer ähnlichen Idee mal dort angefragt und wegen der Hürden beschlossen, dass es sich für mich nicht lohnt(e).

Man braucht eine Praxis dafür. Die nötigen Voraussetzungen für Praxisräume bestimmt das Gesundheitsamt. Die sind heutzutage strenger als früher, wo man ne "Praxis" einfach so im Wohnzimmer des eigenen Wohnhauses haben konnte. Z.B. werden nach Auskunft des hiesigen Gesundheitsamts getrennte Toilette für Patienten verlangt. Kann auch sein, dass barrierefreier Zugang verlangt wird. Die Regelungen dürften sich von Ort zu Ort etwas unterscheiden, und natürlich hängt manches auch davon ab, was du konkret anbieten willst und welche Patienten du erwartest.

Das einfachste bei deinem Anliegen dürfte sein, dich als Privat-Arzt in eine bestehende Hausarzt-Praxis (oder Klinik-Ambulanz) mit einzumieten, also dass du ein Sprechzimmer dort soundsoviel Stunden pro Woche benutzen darfst, über die Praxis deine Laboruntersuchungen beauftragst und eben entsprechend Miete bezahlst. Ob du von dort ausgehend dann auch Hausbesuche machen darfst, kann dir die Ärztekammer bzw. ein Rechtsanwalt sagen.

anignu
08.02.2022, 13:15
- wie sieht es mit "Datenschutz" aus?
Musst du einhalten. Logisch. Was ist die Frage?

- Preisgestaltung zwingend nach GOÄ?
Ja.

cxd35
08.02.2022, 13:38
Das ich den Datenschutz einhalten muss ist mir klar.

Die Frage ist bzgl. Datenschutz was ich da machen muss, wenn ich das ganze mit Excel auf dem PC zum Beispiel verwalte? Gibt es da eine Anlaufstelle?

Jukka666
08.02.2022, 14:25
Ich hatte vor Jahren ebenfalls eine Idee, bestimmte Tätigkeiten als Arzt anzubieten.

Letztenendes hat mir der Jurist einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn nach eingehender Prüfung durch den Berufsverband und die Ärztekammer war klar, dass uns eine ärztliche Tätigkeit „im Umherziehen“ aus berufsständischer Sicht verboten ist. D.h. nach meinem Verständnis, dass du nicht dein ärztliches Know-how als „Vagabund“ in Deutschland anbieten darfst.
D.h. du darfst nicht zu Patienten fahren, irgendetwas ärztliches machen, dann zum nächsten fahren, ohne ordentlichen kassenärztlichen Sitz oder Niederlassung.

Sowas wie in den Staaten à la „Hangover Bus“ ist bei uns eher schwierig, da es den Arztberuf ja „degradieren würde“ (O-Ton Sachbearbeiterin). War mir dann auch zu viel Arbeit für wahrscheinlich nix.

mbs
08.02.2022, 20:12
Die größte Herausforderung dürfte es sein, Nachfrage zu generieren für Dinge, die deine Kunden - zumindest mit etwas Geschickt - kostenfrei erhalten können. Vor allem, wenn diese Leistung in derselben Praxis auf Kassenkosten erhältlich wäre.

Da wäre es vermutlich einfacher und zielführender, Onlineberatungen anzubieten. Hier könnte ich mir durchaus vorstellen dass manche einfach aus Bequemlichkeit auf solche Leistungen zugreifen würden. Oder weil sie nur eingeschränkt mobil sind, oder zu vielbeschäftigt um irgendwo hinzugehen. Das ließe sich auch mit anderen Dingen wie Coaching kombinieren sofern du eine entsprechende Zusatzausbildung machst. Vielleicht speziell in Hinblick auf Gesundheitsoptimierung. Je mehr es Richtung Lifestylemarkt geht desto eher wirst du zahlende Kunden finden. Kann sein dass ich mich täusche, aber das ist mein Eindruck. Korrigiert mich falls ihr andere Erfahrungen habt.

anignu
08.02.2022, 20:54
Je mehr es Richtung Lifestylemarkt geht desto eher wirst du zahlende Kunden finden. Kann sein dass ich mich täusche, aber das ist mein Eindruck. Korrigiert mich falls ihr andere Erfahrungen habt.
Du musst hier aber extrem aufpassen. Es gibt da Gerichtsurteile bzgl. der gleichzeitigen Eigenschaften von Heilpraktiker und Ärzten. Ein Arzt darf keine Heilpraktiker-Sachen anbieten und abrechnen weil das nicht zum ärztlichen Berufsbild passt. Man müsste also als Arzt aufpassen ob man die Leistungen als Arzt anbietet oder als Coach. Sobald eine Blutabnahme dabei ist rutscht man meiner Meinung nach sofort Richtung Arzt (außer man ist Heilpraktiker) und hat sich in der gesamten Arzt-Patienten-Beziehung an sämtliche Auflagen incl. Abrechnung nach GOÄ zu halten... versteht ihr was ich mein?

Pflaume
08.02.2022, 21:29
Stimme anignu zu.

Sobald in dem Komplex "Coach und Arzt" irgendwie ne diagnostische oder therapeutische Richtung unterstellt werden kann, ist man auch meiner Einschätzung nach ganz schnell wieder bei dem Thema, dass man das nur als Niedergelassener oder im Rahmen einer Anstellung anbieten darf. Und dass man, wenn man das ganze erkennbar als Arzt verkauft, an die ganzen berufsstandesrechtlichen Vorschriften gebunden ist. Berufshaftpflicht für so etwas ist übrigens auch teurer als man sich das im ersten Moment vorstellt. Rechne mit 1.000 Euro im Jahr, sofern man als Nicht-Facharzt (?) überhaupt eine Berufshaftpflicht findet, die einen für so etwas versichert. Natürlich keine entscheidende Summe, aber es kommt ein Problem zum anderen.

Heilpraktiker haben es diesbezüglich sehr viel einfacher, nehmen pro 50 Minuten (Online-)"Therapie" oder "Coaching" trotzdem (zur Zeit, bei massivem Nachfrage-Überhang) mindestens die gleichen 80 Euro wie z.B. ein ärztlicher Psychotherapeut, oder gar hoch bis 150 Euro, und verkaufen nebenher noch alles mögliche, was der Markt abnimmt.

Verbindliche Aussagen bekommt man aber nur von einem darin versierten Anwalt oder der Ärztekammer.

hebdo
08.02.2022, 23:37
Eine Privatpraxis zu gründen ist extrem einfach - bei mir hat ein Anruf bei der Bezirksärztekammer gereicht.

Aber wie schon beschrieben, sind die räumlichen und rechtlichen Voraussetzungen durch das Gesundheitsamt die weit größeren Hürden. In den größeren Städten kann man sich Praxisräume inkl. Personal ähnlich dem Coworking Konzepten stundenweise anmieten. Btw gibt es einen ganz passablen Schallkopf, den man an Apple Geräten anschließen kann. Preis liegt bei ca 5000€.

Du bist an die GoÄ gebunden und auch Privatversicherungen werden nicht den 4-, 8- oder 10-fachen Satz bezahlen. Außerdem könntest du so den Tatbestand Wucher erfüllen.

Ich zweifle gerade deswegen auch an der Wirtschaftlichkeit deines Konzepts. Am Anfang ist natürlich die Akquise von Patienten schwierig. Bei privaten Laborleistungen, die du nicht selbst erbringst, d.h. nicht auf eigenen Laborgeräten erbringst, geht das ganze Honorar an das Labor.
Eigene Laborgeräte sind auch wegen den Reagenzien ein echter Brocken an Investitionen. Dazu der Aufwand für QS, Validierung Ringversuche etc. ….

Datenschutz und auch Dokumentation wird extrem vernachlässigt. Wenn das Thema auftaucht, bist du aber schnell mit dem Strafrecht in Kontakt. Beides kann man aber an externe Dienstleister auslagern.

Wichtig auch zu Bedenken, dass manche Beratungen und Dienstleistungen nicht unter das Heilberufegesetz fallen.

Hier mal so ein paar Spinnereien:
Laser: Entfernungen Tätowierungen, Wundheilungsstörungen Invest 8000-10000€
Überdruckkammer: ab ca. 30000€
Sportmedizinische Untersuchungen, Trainingsberstung 100€ bis 20000€ je nach Leistung
Zentrale Blutdruckmessung 10000€
Und immer wieder gerne Botox

Lakemond
09.02.2022, 16:23
Und nicht vergessen: die KV wird sich bei dir wegen KV-Dienste melden!

morgoth
09.02.2022, 19:47
Warum verordnest du denn die Analysen nicht und der Patient geht ganz normal in eik Labor seiner Wahl?
Ich bezweifele ja stark, dass du selbst die Untersuchungen in deinem Wohnzimmer durchführst und damit die Vorgaben der ärztlichen Berufsordnung/wissenschaftliche Standards usw. einhältst.

Aeonflux
12.02.2022, 11:26
Und aufpassen, bei nicht klar kurativen ärztlichen Tätigkeiten bist du umsatzsteuerpflichtig.

FirebirdUSA
13.02.2022, 13:49
Und nicht vergessen: die KV wird sich bei dir wegen KV-Dienste melden!

Quatsch. Nur KV Ärzte machen KV Dienste, nicht alle Niedergelassenen.

Odeg hab ich etwas überlesen/sehen?

Thomas24
13.02.2022, 14:01
Quatsch. Nur KV Ärzte machen KV Dienste, nicht alle Niedergelassenen.

Odeg hab ich etwas überlesen/sehen?

Auch rein privatärztlich tätige Kollegen werden zum KV Dienst herangezogen. Sie können den Dienst natürlich (gegen Geld) an jemand anders delegieren. Aber prinzipiell müssen auch die nicht KV Ärzte am Dienst teilnehmen. Zumindest in der KV Nordrhein.

Reflex
13.02.2022, 14:08
Auch rein privatärztlich tätige Kollegen werden zum KV Dienst herangezogen. Sie können den Dienst natürlich (gegen Geld) an jemand anders delegieren. Aber prinzipiell müssen auch die nicht KV Ärzte am Dienst teilnehmen. Zumindest in der KV Nordrhein.

Das kenne ich auch so. So ist es einer befreundeten ärztlichen Kollegin ergangen, die als ärztliche Psychotherapeutin eine eigene Privatpraxis im Bereich der KV Nordrhein hat. Es gibt wohl rechtlich keine Möglichkeit sich dagegen zu wehren.

Lakemond
13.02.2022, 15:24
Was natürlich total bescheuert ist. Wie die ganzen KV-Dienste auch.

Reflex
13.02.2022, 15:33
Ohne Frage. Wie soll jemand fachfremdes denn überhaupt fachärztliche Standards bei einem allgemeinmedizinischen Notdienst einhalten können, wenn er nie in diesem Bereich gearbeitet hat? Ich als Psychiaterin bemühe mich schon über meinen Tellerrand zu schauen, aber dennoch traue ich mir keine allgemeinmedizinischen Dienste zu, weil ich gar nicht auf dem aktuellen Stand bin, was viele Leitlinien im internistischen Bereich angeht. Daher bleibt es mir auch nur übrig mich davon frei zu kaufen.

rafiki
13.02.2022, 19:38
Ohne Frage. Wie soll jemand fachfremdes denn überhaupt fachärztliche Standards bei einem allgemeinmedizinischen Notdienst einhalten können, wenn er nie in diesem Bereich gearbeitet hat? Ich als Psychiaterin bemühe mich schon über meinen Tellerrand zu schauen, aber dennoch traue ich mir keine allgemeinmedizinischen Dienste zu, weil ich gar nicht auf dem aktuellen Stand bin, was viele Leitlinien im internistischen Bereich angeht. Daher bleibt es mir auch nur übrig mich davon frei zu kaufen.

Ich machte im KV-Dienst die Erfahrung, dass 90% entweder "psycho" oder somatisch dermaßen trivial sind, dass sie wirklich jeder Arzt händeln können sollte. Den Rest habe ich zur Wiedervorstellung am nächsten Tag zum Haus- oder Facharzt geschickt.

FirebirdUSA
14.02.2022, 18:31
Spannend, dann ziehe ich mein "Quatsch" wieder zurück. Immer wieder was Neues.

Edit: In BW besteht die Teilnahmepflicht nach der Notdienstverordnung tatsächlich nur für niedergelassene KV-Ärzte.