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hamtaro
07.01.2004, 15:54
Hallöle Leute,

gerade habe ich diesen Artikel gelesen.


Notarzt erklärt lebende Frau für tot
In Bonn fanden Passanten die 63jährige Erika M. leblos am Rheinufer. Sie verständigten den Notarzt, der jedoch keinerlei Herz- und Atemtätigkeiten mehr feststellen konnte.
Auch der Kiefer der Frau ließ sich nur schwer bewegen, der Körper war bereits stark unterkühlt. Der Notarzt bewertete diesen Zustand als beginnende Leichenstarre, stellte den Totenschein aus und ließ Erika M. abtransportieren. Ein fataler Irrtum!
Erst Stunden später kam es im Bestattungshaus zur vorgeschriebenen Leichenschau durch die Polizei. Hier passierte das Unfassbare! Die Beamten stellten bei der Frau plötzlich noch Atemgeräusche fest. Sie leisteten sofort erste Hilfe und alarmierten den Rettungsdienst. Doch es war bereits zu spät. Erika M. starb kurz nach ihrer Einlieferung in ein Krankenhaus.

Der Notarzt, dem dieser folgenschwere Fehler unterlaufen war, steht unter Schock und hat sich vorzeitig beurlauben lassen. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Mann wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Nach Angaben der Stadt Bonn handelt es sich bei dem Mediziner um einen erfahrenen Notfall-Arzt.

Eine Obduktion soll nun klären, ob die Frau bei optimaler medizinischer Betreuung noch zu retten gewesen wäre. Vom Ausgang der Untersuchung will die Staatsanwaltschaft ihr weiteres Vorgehen abhängig machen.

Quelle: http://www.freenet.de/freenet/news/brennpunkt/lebende_leiche/




Was haltet ihr davon?
Für mich klingt dieser Artikel wie "Was ist das bloß für ein Arzt! Wie kann jemand als Mediziner arbeiten, der nicht einmal unterscheiden kann, ob jemand tot ist oder nicht! Solche Leute muss man aus dem Verkehr ziehen!"
Klar wäre ich auch sehr wütend und traurig, wenn das bei mir in der Familie passiert wäre. Aber ein Arzt ist doch auch ein Mensch und wer macht schon mal keinen Fehler???

milz
07.01.2004, 16:49
Weiß nicht, was der Notarzt an Diagnostik gemacht hat, aber hätte man nicht Herztöne (verlangsamt, leise) hören können?


Aber ein Arzt ist doch auch ein Mensch und wer macht schon mal keinen Fehler???
Jeder macht Fehler. Das entbindet allerdings nicht von der Verantwortung.

Man sieht an diesem Beispiel mal wieder, daß man gar nicht gründlich genug sein kann.

Die Niere
07.01.2004, 16:51
Naja, tot erklären darfst Du eigentlich nur dann, wenn sichere Todeszeichen vorliegen (Totenflecken, Leichenstarre, Verwesung usw.) - das in diesem Fall die Leichenstarre ggf. fehlinterpretiert wird ist natürlich sch***, aber normalerweise hätte man zu diesem Zeitpunkt schon Totenflecken erwarten müssen (sie ist ja nicht verblutet), die aber mit Sicherheit nicht da gewesen sein können - also schon irgendwie fahrlässig...

Aber das Medizinerdasein ist schon sch***, da man die ganze Zeit mit dem halben Bein vor Gericht steht...

gruesse, die niere

Sani
07.01.2004, 16:51
Original geschrieben von hamtaro
Auch der Kiefer der Frau ließ sich nur schwer bewegen, der Körper war bereits stark unterkühlt
ich habe mal gelernt, dass ein Unterkühlter erst dann tot ist, wenn er warm und tot ist ...

Vystup
07.01.2004, 17:09
genau

nobody's dead until he's warm and dead...

und ekg dranhängen ist nun auch nicht so aufwendig ;-)

DoktorW
07.01.2004, 17:15
mit "unterkühlt" ist hier aber wohl eher "kalt" gemeint ;-)

Hellequin
07.01.2004, 17:41
Erst Stunden später kam es im Bestattungshaus zur vorgeschriebenen Leichenschau durch die Polizei.

Seitwann macht die Polizei eine Leichenschau?
Die meinen einen Gerichtsmediziner, oder?
*grübel*

strabobalbulus
07.01.2004, 17:50
bei dieser geschichte einer vita reducta hört sich das sehr nach bildzeitung an...
"mann drehte frau durch fleischwolf, bild sprach zuerst mit dem knödel!"

DoktorW
07.01.2004, 17:50
Original geschrieben von Hellequin


Seitwann macht die Polizei eine Leichenschau?
Die meinen einen Gerichtsmediziner, oder?
*grübel*

ein Arzt (nicht zwingend ein Gerichtsmediziner) macht die L-Schau und die Sheriffs ihre eigene! Oder auch gemeinsam.....

harlekyn
07.01.2004, 22:57
Schon merkwürdig und schlecht für den Doc! Aber irgendwie finde ich das auch ziemlich unwahrscheinlich! Ich mein, Stunden danach..hmm...
Aber wer so selten ist das garnicht. So ein Fall gab es in meinen Einzugsgebiet auch einmal. Einfach mal suchen im Forum...

Stefanie Bachstein
13.02.2004, 07:32
Es stimmt, auch Notärzte / Ärztinnen sind Menschen und ihnen können Fehler unterlaufen.
Meine kleine Tochter starb durch eine Fehlintubation im Rettungswagen.
Die junge Medizinerin und wir haben unglaubliches erlebt!

Ich habe sogar die Notärztin so gut ich es vermochte geschützt, als ich merkte, "wie der Hase im System lief".

Über all das habe ich ein Buch geschrieben:
Du hättest leben können, Stefanie Bachstein, Verlagsgruppe Lübbe, mit einem, Vorwort von Prof. Dr. med. Thomas H. Loew, Uniklinik Regensburg.

Auf meiner Homepage gibt es u.a. eine Leseprobe

Danke!
Stefanie Bachstein
www.stefanie-bachstein.de

Dr. Sziget
19.01.2005, 14:16
ich weiss nun die genauen Kriterien nicht, die erfüllt sein müssen um den Tod festzustellen aber spielen denn EEG und Hirnströme keine Rolle ??

Grüße
Dr.Sziget

Evil
19.01.2005, 14:38
ich weiss nun die genauen Kriterien nicht, die erfüllt sein müssen um den Tod festzustellen aber spielen denn EEG und Hirnströme keine Rolle ??

Grüße
Dr.Sziget
Nicht, wenn man sichere Todeszeichen findet... was in diesem Fall eine traurige Fehlinterpretation war.... daher Vystups Merkspruch...

Stefanie Bachstein
19.01.2005, 14:40
Die junge Notärztin hat den Beatmungsschlauch bei der künstlichen Beatmung fälschlicherweise in die Speiseröhre statt in die Luftröhre gesteckt und will den Fehler nicht bemerkt haben.
Die Ärztin wurde ein Jahr später strafrechtlich rechtskräftig wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt.

Als Mutter hat mich zusätzlich traumatisert, dass der Behandlungsfehler "nicht wahr sein durfte" - auch nicht nach der Verurteilung.
Und das hat m.E. etwas mit dem Medizinsystem zu tun, in dem über medizinische Fehler kaum gesprochen wird, Fehler sehr schnell als "schicksalhaft" hingestellt werden.
Medizinstudenten und Ärzte kaum vorbereitet sind, wenn ihnen doch einmal ein schwerwiegender Fehler unterläuft.

Mein Buch "Du hättest leben können" habe ich geschrieben, um angehende Mediziner und Ärzte zu ermutigen, sich einmal mit diesem Thema auseinander zu setzen, denn ich wünsche mir, dass aus Jules Tod Gutes wächst. Leseprobe gibt es u.a. auf meiner website.

Stefanie Bachstein
www.stefanie-bachstein.de