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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Darf man sich selbst Ritalin verschreiben?



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clou9
01.05.2022, 15:36
Hallo,

darf man sich als approbierter Arzt selbst Ritalin verschreiben, unter der Annahme, dass man denkt, es ist indiziert, aber man sich langwierige Besuche bei ggf. verschiedenen Psychiatern ersparen will, oder würde man da Probleme bekommen?

Nefazodon
01.05.2022, 15:41
Von Selbsttherapie ist dringend abzuraten.

Wenn Symptome bestehen, gehören diese ärztlich abgeklärt und behandelt! Alles andere ist unvernünftig und unseriös.

Reflex
01.05.2022, 16:10
Unabhängig davon, dass die Selbstmedikation mit Methylphenidat ohne vorausgegangene ausführliche diffentialdiagnostische Abklärung nicht indiziert ist, unterliegt Methylphenidat der Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln (Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung - BtMVV) und kann deshalb nicht mal eben für den Eigenbedarf verordnet werden.

Kaas
01.05.2022, 16:42
Zudem ist ADHS zwar sicherlich weiterhin unterdiagnostiziert, es gibt aber auf der anderen Seite sehr viele Patienten, die sich mit dem selbst geäußerten Verdacht auf ADHS und Wunsch nach Behandlung mit Ritalin beim Psychiater vorstellen und dann irgendwas anderes haben.

SineNomine
01.05.2022, 20:58
Unabhängig davon, dass die Selbstmedikation mit Methylphenidat ohne vorausgegangene ausführliche diffentialdiagnostische Abklärung nicht indiziert ist, unterliegt Methylphenidat der Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln (Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung - BtMVV) und kann deshalb nicht mal eben für den Eigenbedarf verordnet werden.

Bin ich mir gar nicht sicher... daher die Frage weißt Du das sicher oder mutmaßt Du es?

Ich hätte jetzt gemutmaßt (Spekulation), so wie man sich ein Rezept auf den eigenen Namen ausstellen kann, könnte man das wahrscheinlich auch bei einem BTM-Rezept? Setzt aber eben voraus, dass man entsprechende Rezepte bei der Bundesopiumstelle? anfordert und auch 30? Jahre Buch führen müsste. Und ich glaube, die Bundesopiumstelle würde genauer hinsehen, wenn man sich wiederholt BTMs ausstellen würde und das durchaus kritisch hinterfragen.

Aber vielleicht gibts wen, der sich letztlich besser in der Materie auskennt.

Reflex
01.05.2022, 21:49
Und ich glaube, die Bundesopiumstelle würde genauer hinsehen, wenn man sich wiederholt BTMs ausstellen würde und das durchaus kritisch hinterfragen.


Falls der Apotheker das Medikament überhaupt rausrückt, wenn man es sich selbst rezeptiert. BTm unterliegen einer deutlich höheren Kontolle als andere Medikamente.
BtM dürfen nur dann verschrieben werden, wenn ihre Anwendung begründet ist und der beabsichtigte Zweck auf andere Weise nicht erreicht werden kann. Schon alleine diese Voraussetzung ist im oben genannten Fall ja nicht gewährleistet. Aber es hindert ja keinen es zu versuchen… aber bitte nicht jammern, wenn man hinterher damit auf die Nase fliegt… Verstoß gegen das BTMG ist bestimmt ein Spaß…

Heerestorte
02.05.2022, 07:53
BTM-Rezepte auf sich selbst gehen ja IIRC auch nur als Notfallrezept. Und Notfall-Ritalin... Naja, ich weiß ja nicht :-))

Haffi
02.05.2022, 08:47
Hängt etwas vom Apotheker ab. Grundsätzlich aber kein Problem.

Reflex
02.05.2022, 09:17
BTM-Rezepte auf sich selbst gehen ja IIRC auch nur als Notfallrezept. Und Notfall-Ritalin... Naja, ich weiß ja nicht :-))

Bei Notfallrezepten muss aber ein reguläres BTM Rezept nachgereicht werden. Das fällt bei einer Dauermedikation zwangsläufig irgendwann auf…

Heerestorte
02.05.2022, 09:24
Bei Notfallrezepten muss aber ein reguläres BTM Rezept nachgereicht werden. Das fällt bei einer Dauermedikation zwangsläufig irgendwann auf…

Ich dachte es ist so, dass man das btm Rezept für sich selbst nur ausstellen kann, wenn man halt ein BTM Rezept nimmt und ein großes "N" drauf schreibt. Weil reguläres BTM-Rezept auf eigenen Namen für sich selbst so oder so nicht geht. Dann kann ich ja auch kein reguläres nachreichen.

Reflex
02.05.2022, 09:27
Das ist aber genau genommen keine Notfallverordnung. Es gibt auch die Möglichkeit eines Notfallrezeptes auf einem regulären Rezept. Dann muss das BTM Rezept aber immer nachgereicht werden und der Apotheker guckt da natürlich oft auch genauer hin.

Heerestorte
02.05.2022, 09:36
Ah, ich habe es jetzt nachgelesen. Auf das nachzureichende BTM Rezept muss dann das N drauf vermerkt werden.

GloriaSchmidt
03.05.2022, 14:17
unter der Annahme, dass man denkt, es ist indiziert

Nein, unter der Annahme darf man das ganz sicher nicht ;-)
Rein formaljuristisch darf man sich selbst natürlich BTMs verordnen (mit den entsprechenden Rezepten!).
Aber nur wenn man sich an das Betäubungsmittelgesetz hält:


„Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, ... und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, ... Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann.“


Und nein, nur weil man als Erwachsener selbst denkt, man hätte ADHS, ist das absolut keine Begründung und die Bundesopiumstelle könnte durchaus anklopfen 🙈

Kein Methylphenidat ohne Diagnose. Keine Diagnose ohne Diagnostik.
Und wenn man ein Medizinstudium ohne Medikation/Therapie geschafft hat, die die Diagnose doch eher sehr unwahrscheinlich.

hebdo
03.05.2022, 19:05
…..
Und wenn man ein Medizinstudium ohne Medikation/Therapie geschafft hat, die die Diagnose doch eher sehr unwahrscheinlich.


Einfach nur eine ziemlich laienhafte Mutmaßung … also Quatsch

GloriaSchmidt
03.05.2022, 20:33
Einfach nur eine ziemlich laienhafte Mutmaßung … also Quatsch

Also - ne. Schau die Wender-Utah-Kriterien an oder DSM Diagnosekriterien. Alle beschrieben Items, in denen Einschränkungen vorliegen müssen, sind exakt die Skills, die das Studium fordert (Ausnahmen bestätigen die Regel!)
Es MÜSSEN Einschränkungen in mindestens 2 Lebensbereichen vorliegen für die Diagnose, und die Symptome ab Kindheit bestehen.

Nur weil man denkt, MPH könnte bei einem selbst indiziert sein (würde mir bestimmt auch helfen 😇), ist es nicht indiziert. Und das muss man dann halt im Zweifelsfall rechtfertigen, wenn man sich selbst BTM verschreibt 🙈

GloriaSchmidt
03.05.2022, 20:43
(Selbstverständlich kann man mit einem AD(H)S und einer guten Therapie, ob nun medikamentös oder nicht, hervorragend studieren, nicht falsch verstehen.)

Nefazodon
03.05.2022, 21:02
Ich finde es ja interessant, wie lange in diesem Thread über den Fall diskutiert wird.:-keks

Dabei ist es meiner persönlichen Meinung nach immer noch so, dass jedem approbierten Arzt und jeder approbierten Ärztin klar sein sollte, dass Selbstdiagnose und Therapie eine schlechte Idee sind.

Alles Wesentliche aus rechtlicher Sicht hatte Reflex ja schon im zweiten Post geschrieben.

Ich seh auch immer noch nicht, wieso es ein Problem darstellen sollte zu einem (oder mehreren) Ärzten zu gehen, wenn wirklich Symptome vorliegen.:-nix

Aber interessant dass solche Handlungen überhaupt in Erwägung gezogen werden.

Möchte sich der TE denn nochmal zu seinem Anliegen äußern?

hebdo
03.05.2022, 22:08
(Selbstverständlich kann man mit einem AD(H)S und einer guten Therapie, ob nun medikamentös oder nicht, hervorragend studieren, nicht falsch verstehen.)

Und das wollte ich damit auch sagen: es gibt verschiedene Funktionsbereiche und verschiedene Ausprägungen und selbstverständlich kann man ein Medizinstudium ohne Therapie schaffen.

Rechtlich schließe ich mich der Mehrheit an und sehe die Selbstrezeptierung als problematisch

mbs
03.05.2022, 22:12
Wenn es indiziert ist, wird es dir jeder vernünftige Kollege mit Kassensitz verschreiben. Dann zahlt es auch die Kasse. Mit welcher Motivation sollte man das selbst zahlen wollen? Mir fällt leider kein anderer Fall ein als der, dass es eigentlich nicht wirklich indiziert ist und aus anderen Gründen genommen wird - oder warum sollte man sonst mehr Geld ausgeben als es nötig wäre?

rafiki
04.05.2022, 05:55
Das Problem ist, dass MPH im Erwachsenenalter sehr selten indiziert ist und oft fehlangewendet wird. Mir ist ein Fall bekannt, bei dem es jahrelang verordnet wurde durch ein Psychiaterin unter der Diagnose ADHS, in Wirklichkeit bestand eine bipolare Störung, die dadurch massiv verstärkt wurde, sowohl manische Phasen, als auch schwere depressive Abstürze. Soviel zum Thema Diagnostik bzw. Modediagnostik und Scheinindikation.