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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Pankreas-Fragen an Internisten



ehem-user-07-06-2022-1358
30.05.2022, 21:07
Hallo,

ich werde von meinen "nicht-Mediziner" Freunden oft gefragt, warum es keine Vorsorge bzgl. des Pankreaskarzinoms gibt. Habe dann erklärt, dass die Früherkennung a) schwierig ist und b) nicht zu weniger Todesfällen führt. Jetzt habe ich aber gehört, dass man durch Endosono sehr wohl schon Jahre vor einer Erkrankung gutartige Vorstufen entdecken kann. Personen mit einem an Pankreas-Ca erkrankten Elternteil und evtl. zusätzlich Diabetes hat ja schon ein erhöhtes Risiko. Wäre es nicht angebracht, gewissen Personen eine solche Untersuchung zu empfehlen? Welche Rolle spielt eine Pankreaslipomatose? Scheint ja gar nicht so selten zu sein, ist aber im Gegensatz zur nichtalkoholischen Fettleber keine ICD-10. Wusste bislang gar nicht, das es das gibt und wie das zu bewerten ist.

D.Hollywood
30.05.2022, 21:10
Gibt’s nicht irgendwelche Würmer die im Urin Abbauprodukte verstoffwechseln welche beim pankreas ca vorkommen?

ehem-user-07-06-2022-1358
30.05.2022, 21:45
Gibt’s nicht irgendwelche Würmer die im Urin Abbauprodukte verstoffwechseln welche beim pankreas ca vorkommen?

Ja, das wurde aber meines Wissens nur bei Patienten mit weit fortgeschrittenem Tumorleiden eingesetzt und die Studienlage ist wohl auch dürftig. Mir geht es mehr um Möglichkeiten Veränderungen vor der Entartung zu entdecken und welche therapeutischen Konsequenzen dann erfolgen könnten. Und ob das überhaupt einen Sinn hat

anignu
30.05.2022, 22:12
Mir geht es mehr um Möglichkeiten Veränderungen vor der Entartung zu entdecken und welche therapeutischen Konsequenzen dann erfolgen könnten. Und ob das überhaupt einen Sinn hat
Auch spannend: bei jungen Patienten mit zufällig entdeckten Pakreasraumforderungen macht man teils prophylaktisch eine Whipple-OP um dann festzustellen dass es eine gutartige Veränderung war und es die OP nicht gebraucht hätte. Selbst wenn es bei der OP zu keinen Komplikationen kommt kann es gut sein dass die ihr Leben lang Probleme mit der veränderten endo- und exokrinen Funktion haben.
Und ist eine Endosono ein risikofreier Eingriff?
Für solche Fragestellungen gibt es meist Leute die davon im Gegensatz zu mir eine Ahnung haben, vielleicht auch eine NNT ausrechnen und sich überlegen ob solche Vorsorgeuntersuchungen Sinn machen. Und weil da auch viel Geld dahintersteckt gibt es dann meist Studien in denen man nachweist dass ein Screening was bringt (z.B. Bauchaortenscreening bei Männern) und das dann von den Krankenkassen bezahlt wird bzw. werden muss.
Also entweder ist die NNT bei der Pankreaskrebsvorsorge zu schlecht, die Lobby dahinter ist zu klein oder es hatte noch nie jemand deine Idee.

alex1
30.05.2022, 22:27
Die number needed to treat / screen ist vermutlich zu hoch.

Und das liegt vermutlich daran, dass:
a) die Prognose zwischen einem T1 N0 und einem T3 N1 PankreasCa sich wenig unterscheiden
b) du eine Menge dieser gutartiger Vorstufen (meinst du eigentlich IPMNs?) rausfischen und behandeln müsstest, damit du die Inzidenz von invasiven Karzinomen senken kannst, um dann auch die Mortalität zu senken.

Bedenk bitte, dass weitaus "logischere" Screening-Methoden erst jetzt langsam etabliert werden, beispielsweise Low-Dose Thorax-CT bei Rauchern, um (N)SCLC frühzeitig zu finden.

ehem-user-07-06-2022-1358
30.05.2022, 23:10
Ich frage mich, ob Dinge wie z.B. die Pankreaslipomatose einfach nur als "vorhanden" dokumentiert werden, oder ob bei solchen Veränderungen eine weitere Vorsorgediagnostik stattfinden sollte. Ich rede nicht von Patienten, deren Pankreas in der Sono völlig unauffällig ist.

mbs
31.05.2022, 00:15
Ein MRT oder eine Endosonografie als Screening-Untersuchung wäre nicht nur aufwändig, sondern auch kostenintensiv. Der Aufwand explodiert schon allein für die Nachsorge der als Zufallsdiagnose in einer aus anderen Gründen durchgeführten Bildgebung identifizierten Raumforderungen, überwiegend die zystischer Natur welche eben auch keine simplen blanden Zysten sind. Die sind mittlerweile ein Problem geworden. Irgendwer muss die Untersuchungen ja durchführen und befunden. Und nicht zuletzt: Auch bezahlen.

ehem-user-07-06-2022-1358
31.05.2022, 00:53
Ein MRT oder eine Endosonografie als Screening-Untersuchung wäre nicht nur aufwändig, sondern auch kostenintensiv. Der Aufwand explodiert schon allein für die Nachsorge der als Zufallsdiagnose in einer aus anderen Gründen durchgeführten Bildgebung identifizierten Raumforderungen, überwiegend die zystischer Natur welche eben auch keine simplen blanden Zysten sind. Die sind mittlerweile ein Problem geworden. Irgendwer muss die Untersuchungen ja durchführen und befunden. Und nicht zuletzt: Auch bezahlen.

Diese nicht blanden Zysten stellen aber doch i.d.R. eine OP-Indikation dar und sowohl diese als auch die Bildgebung wird doch meines Wissens ordentlich vergütet. Zumal es sicherlich genug Patienten geben wird, die auch mal ein CT selbst zahlen. Habe ich schon mehrfach in anderen Bereichen erlebt. Und Zysten vom Hauptgangtyp haben ja ein erhebliche Entartungspotential. Habt ihr eigentlich schonmal was von Pankreaslipomatose gehört? Man findet in Netz sehr wenig

ehem-user-07-06-2022-1358
31.05.2022, 01:03
Sorry, war falsch informiert. Whipple und Co sind oft nur kostendeckend, wusste ich nicht. Deshalb nur nochmal die Frage nach der Bedeutung einer Pankreaslipomatose. Ist das überhaupt ein pathologischer Befund?

dissection
31.05.2022, 11:21
Denke dass am vielversprechendsten hier serologische Screeningmethoden im Sinne zellfreier DNA/cell-free DNA, zirkulierende Tumor-DNA/ctDNA und andere Biomarker (an deren Etablierung man arbeitet) werden. Nicht-invasiv, sensitiver und spezifischer.

Zur Pankreaslipomatose einfach Reviews bei Pubmed oder Uptodate gucken: Coulier B. Pancreatic Lipomatosis: An Extensive Pictorial Review. J Belg Soc Radiol. 2016 Feb 23;100(1):39. doi: 10.5334/jbr-btr.1014. PMID: 30151451; PMCID: PMC6100643.

Hier gibt es keine ärztliche Dienstleistung, das von mir gesagte und Anlaufstellen für Informationen sollte sowohl Medizinstudent:innen als auch Ärzt:innen bekannt sein.