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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : experimentelle Dr-Arbeit?



Duke Nukem
06.06.2022, 14:04
Hallo,

wie steht Ihr zum Thema experimentelle Doktorarbeit?
Auf der einen Seite finde ich das irgendwie interessant. Auf der anderen Seite schreckt mich das ab, dass die Dozenten z.B. gesagt haben, dass man so 3 Jahre einplanen sollte (insgesamt neben dem Studium). Ich habe Angst dann irgendwann zu den Leuten zu gehören, die ein Projekt angefangen und dann Jahre später abgebrochen haben.

Gibt es Strategien wie man gut durch so ein experimentelles Projekt durchkommt? Irgendwelche red flags, wo man drauf achten sollte? Man soll quasi am besten jetzt sofort eine Doktorarbeit anfangen, aber damit hat man schnell das Problem, dass man eine Arbeit in einem Thema macht, über das man eigentlich nichts weiss. Kann man sich das notwendige Wissen einfach so anlesen, auch wenn das Themengebiet im Studium noch gar nicht dran war?

Danke Euch...

mbs
07.06.2022, 03:41
Das Thema muss von vornherein klar definiert sein und die Schritte, die zur Lösung des Problems führen sollten aufgezeigt werden oder man sollte sie sich innerhalb der ersten 2-3 Monate erarbeitet haben. Zumindest wenn man nicht risikobereit ist, und es nicht als persönliche Herausforderung sondern eher als einen Punkt ansieht, der eben auf der to do Liste abzuhaken ist. Man kann es definitiv schaffen vor dem Examen einzureichen, wenn man diese Einstellung hat. Damals hatte ich die Einstellung es einfach nur erledigt haben zu wollen, heute würde ich es mehr als persönliches Projekt sehen in dem man wertvolle Skills schulen und eine Herausforderung finden kann. Denn so wichtig wie man im Studium vielleicht meint ist eine Promotion nicht, man verdient keinen Cent mehr, und das obwohl man viel Arbeit reingesteckt hat.

Wenn man früh anfängt hat man einfach mehr Zeit - kommt weniger leicht in Zugzwang. Und wenn der erste Versuch schiefgeht bleibt noch genug Zeit übrig sich was Zweites, eventuell auch nicht-experimentelles, zu suchen das sich schnell wegarbeiten lässt. Man kann aber auch später anfangen und gleich was Einfaches machen.

Es kommt halt immer darauf an was man will, oder was man sich vom Projekt primär erhofft. Und das kannst dir letzten Endes nur du selbst beantworten.

Und was das Erarbeiten und Anlesen angeht ist das ja gerade die Leistung, die man bei der Sache bringen soll. Da wird man nicht drumrum kommen, egal was du wann anfängst.

Biene88
15.06.2022, 09:21
Wichtige Fragen wären auch, wie der experimentelle Teil genau abläuft.
Handelt es sich um etablierte Untersuchungsmethoden oder neue? Hier wäre ein gewisses Risiko, dass bestimmte Dinge (anfangs) nicht so laufen wie gewünscht und man Zeit verliert.

Hast/Hättest du Unterstützung im Labor/ bei der Einarbeitung oder musst du alles alleine machen? Wie umfangreich sind die Proben? Hier könnte man ggf. schon mal abschätzen wann die Analyse beendet wäre.

Wichtig wäre auch (wie mein Vorschreiber schon schrieb) genau die Fragestellung einzugrenzen, ein klares Ziel zu verfolgen.

Duke Nukem
15.06.2022, 09:43
Das sind alles gute Hinweise. Ich werde darauf achten. Danke.

roxolana
15.06.2022, 11:33
Wichtig ist auch, wie viele Doktoranden der Doktorvater und der Betreuer vorher schon betreut haben. Wenn jemand nicht regelmäßig Doktoranden betreut (und diese die Promotionen auch abschließen!), würde ich bei einer experimentellen Diss die Finger davon lassen. Oft kannst du die Promotionen, die der Doktorvater betreut hat, mit der Suchfunktion in deiner Bibliothek finden.

WiWi18
14.08.2022, 21:32
Hab eine experimentelle Diss gemacht, in-vivo-Methoden etabliert und 5 Jahre nach Beginn als Erstautor im zweistelligen Impact-Bereich veröffentlicht.

Ich stand zwischendrin mehrfach kurz vorm Nervenzusammenbruch. Und habe unfassbar viel gelernt. Würde ich es nochmal machen? Um ehrlich zu sein, ich weiss es nicht, es war phasenweise echt hart. Abraten würde ich davon, wenn man keine Uni-Karriere anstrebt oder zumindest in Erwägung zieht.

Achte auf:
- Hat die AG Geld? --> Forscht du z.B. an einem Teilprojekt eines DFG-Projektes?
- Gäbe es einen Postdoc, der für dich zuständig ist?
- Wie viel publiziert die AG? Am besten sind viele "mittelgute" Paper (IF +/- 10, hängt auch stark vom Fach ab) - die grossen Blockbuster publizierst du als Medizinstudent eh nicht (und du landest irgendwo mittendrin auf der Autorenliste), publiziert sie zu schlecht wird dort keine gute Forschung gemacht
- Wie viele med. Doktoranden waren vor dir schon da? Wie haben die publiziert?
- Wie verstehst du dich mit den Leuten? Wie sind die anderen Labormitarbeiter so drauf, z.B. die TAs?
- Sind die Methoden grösstenteils etabliert? Durchs Etablieren lernt man enorm viel, da ein bisschen was machen zu müssen kann schon sinnvoll sein.
- Musst du irgendwelche Anträge schreiben (Tieranträge sind in vielen Bundesländern der Horror)? --> Aus meiner Erfahrung eine red flag, das zieht das Projekt ewig in die Länge, und es spricht meiner Meinung nach für fehlende Professionalisierung, wenn Studenten das machen müssen
- Steht der Umfang der Arbeit? Ist dein Doktorvater bereit, dir schriftlich eine bestimmte Autorenschaft zu bestätigen, für den Fall, dass der Umfang voll (eh nie) oder grösstenteils erreicht wird? --> Super wichtig, machen viele nicht und ist dann ebenfalls red flag - ist schlechte wiss. Praxis. Autorenschaften klärt man, bevor man sich mehrere Jahre ins Labor stellt. Mache ich als forschender WBA auch so.