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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie weit aus dem Fenster lehnen beim Vertragspoker



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Enema
24.08.2022, 19:04
Hallo,
ich bin derzeit im PJ und habe bereits eine schriftliche Stellenzusage in meinem Wunschkrankenhaus. Einen Vertrag unterzeichne ich mit dem bestandenen M3.

Es handelt sich um ein kleineres Haus in welchem ich 2 Jahre in der Inneren Medizin (im Rahmen der Weiterbildung zum Allgemeinmediziner) arbeiten möchte und ich möchte speziell an dieses Haus.


Nun ist es aber so das ich gleichzeitig gerne über einige Dinge Verhandeln würde und da wollte ich mal fragen wie ihr da meine Chancen einschätzt:
- mehr Grundgehalt
- keine/weniger Dienste
- mehr Urlaubstage.

Besteht eine realistische Gefahr das ich damit vom Hof gejagt werde und mir eine andere Stelle suchen muss, bzw. das denen das direkt übel aufstößt und ich schon halbwegs unten durch bin ?
Bzw. wie habt ihr sowas gehandhabt ?

Habt ihr einfach immer alle Konditionen so hingenommen ?

Ich weiß von Freunden (aus einer anderen Region im Osten) das da einiges drin ist beim Verhandeln, nur möchte ich unter keinen Umständen an ein anderes Haus, deshalb bin ich mir nicht sicher wieviel man eigentlich "Wert" ist als Berufseinsteiger, bzw. was man sich leisten kann ?

DrSkywalker
24.08.2022, 19:13
Im ersten Jahr erst einmal was lernen und schauen, wie der Laden läuft. Etwas Demut kann nicht schaden als Berufsanfänger. Die Zeit des verhandelns kommt dann, wenn du was kannst und leistet. Unsere ehemalige Assistenzärztin zb hat bei Einstellung hoch gepokert und war dann ein ziemlicher Totalausfall am Ende. Sehr ungünstige Kombi.

Kackbratze
24.08.2022, 19:16
Nun ist es aber so das ich gleichzeitig gerne über einige Dinge Verhandeln würde und da wollte ich mal fragen wie ihr da meine Chancen einschätzt:
- mehr Grundgehalt
- keine/weniger Dienste
- mehr Urlaubstage.

Schlecht. Du bist Berufsanfänger. Bis auf dein Examen hast Du kaum was zu bieten.


Ich weiß von Freunden (aus einer anderen Region im Osten) das da einiges drin ist beim Verhandeln, nur möchte ich unter keinen Umständen an ein anderes Haus, deshalb bin ich mir nicht sicher wieviel man eigentlich "Wert" ist als Berufseinsteiger, bzw. was man sich leisten kann ?

Wenn Du (in der anderen Region) der einzige deutsch sprechende Arzt bist, hast Du Verhandlungsmasse.
Allerdings wirst Du nur 2 Jahre da sein, deswegen hast Du, gelinde gesagt, weniger Verhandlungsmasse, weil ja klar ist, dass Du wieder gehen wirst.
Wenn es noch andere Bewerber gibt, die den vollen Internisten dort machen wollen, bist Du mit Zusatzwünschen sowieso raus.

GloriaSchmidt
24.08.2022, 19:34
Aus meiner Erfahrung heraus kommt es drauf an, ob es ein Haus mit Tarif ist.
Falls ja, Verhandlungen eher nicht möglich.
Falls keinerlei Tarif Bindung da ist,
kann ein vorsichtiges Nachfragen ja nicht schaden - aber vielleicht in in Bezug auf alle 3 Dinge 😅
Dienste muss man halt machen. Da
muss man durchs - sonst ist man bei den Kollegen, die dafür dann mehr machen müssen, auch nicht so beliebt am Anfang 🙈

Bonnerin
24.08.2022, 19:50
Das kann man sich (leider) sparen als WBA im 1. Jahr im stationären Bereich.
Dein Mehrwert für die Klinik liegt erstmal bei quasi 0, und wenn du ohnehin nur kurz da sein wirst steigt er auch nicht unfassbar an...

Blaulicht86
24.08.2022, 20:01
Höflich und angemessen zu fragen ohne zu fordern darf man in meinen Augen (das habe ich auch gemacht, selbst bei der ersten Stelle)
Sofern du da PJ gemacht hast, bietet es sich bspw. an zu fragen: Gibt es die Möglichkeit mich 1 Entgeltstufe höher zu stufen, da ich bereits eingearbeitet bin?
Oder: ich habe die Tarife verglichen, ist es möglich eine Anpassung vorzunehmen und sich am Unitarif zu orientieren? Ich bringe die und die Zusatzqualifikation oder Erfahrung mit….
Was diskret in einer Nebenabrede festzulegen, geht prinzipiell.

Aber weniger Dienste zu machen (wenn es nicht krankheitsbedingt ist) oder mehr Urlaub zu verlangen, ist denke ich unrealistisch. Der Arbeitgeber wird sich nicht in die Nesseln setzen und offensichtlich zwischen den Assistenten Ungleichheiten schaffen nur um einen Kopf mehr im Team zu haben.

Züschata
24.08.2022, 20:12
Als WBA bei Diensten verhandeln zu wollen ist mMn frech und äußerst unkollegial. Wenn du nicht mit einem besonderen Werdegang (besondere Auslandsaufenthalte, Auszeichnungen, besondere Zusatzqualifikationen) glänzen kannst, dann beweise dich erst einmal.

OhDaeSu
24.08.2022, 20:26
Wenn sich jemand über die Arbeitsbedingungen beschwert, heißt es sonst immer, man solle sich wehren, mit den Füßen abstimmen etc

Aber wenn dann mal wer überlegt, seinen Wert zu testen, wird Demut verlangt, man solle nicht frech werden, man könne ja eh nichts. Und - ganz schlimm - dann wären ja nicht mehr alle gleich scheiße dran. Um Gottes Willen.

Züschata
24.08.2022, 20:35
Wenn sich jemand über die Arbeitsbedingungen beschwert, heißt es sonst immer, man solle sich wehren, mit den Füßen abstimmen etc

Aber wenn dann mal wer überlegt, seinen Wert zu testen, wird Demut verlangt, man solle nicht frech werden, man könne ja eh nichts. Und - ganz schlimm - dann wären ja nicht mehr alle gleich scheiße dran. Um Gottes Willen.

Dein sarkastischer Beitrag verkürzt die Debatte auf ein reines Schwarz-Weiß. Man könnte vielleicht auch erstmal im Job ankommen, bevor man sich die Kirschen raussucht. Die Überlegung des TEs wurde nicht verboten. Oder was soll man aus Deinem Post ableiten? Dass man gleich jeglichen Kommentar, der dies nicht unterstützt unterlassen soll?

Coxy-Baby
24.08.2022, 20:36
Wenn sich jemand über die Arbeitsbedingungen beschwert, heißt es sonst immer, man solle sich wehren, mit den Füßen abstimmen .....

Beschwert sich der Threadersteller über die Arbeitsbedingungen? oder möchte er einfach nur chilli-vanilli- die 2 Jahre abreißen?
Zur Eingangsfrage: Kannst natürlich gerne verhandeln (auf die Frage was du der Klinik als Berufsanfänger bringst das einen übertariflichen Mehrwert rechtfertigt solltest du gefasst sein), wie der Chef und die Führungsriege reagieren kannst du am besten einschätzen wenn du dort schon einmal warst. Ansonsten ist bei solchen Extrawürsten natürlich immer die Gefahr groß dass es für reichlich Verdruss unter den (Alt-)Assistenten führt und das möchte eigentlich kein Chef.

OhDaeSu
24.08.2022, 20:41
@Zschata
So wie du die Überlegungen des TEs nicht unterstützt, kritisiere ich halt u.a. die deinen. Warum denkst du, dass sich erster Job und Kirschen ausschließen sollten?

@Coxy
Und falls der Markt Chilli-Vanilli hergäbe, wäre das irgendwie verwerflich, weil...?

MrCorcoran
24.08.2022, 20:47
Ein Berufsanfänger muss in aller Regel umfangreich eingearbeitet werden und ist je nach Fachgebiet in den ersten Monaten betreuungsintensiv, daher sollte man realistisch bleiben. Möglich wäre z.B. das Ausloten und Vereinbaren von Dingen, die auch dem AG nutzen. Beispiel: Arbeitgeber zahlt Sono-Kurs, verpflichtet sich nach X Monaten Roation Y zu ermöglichen, Sowieso-Kurs nebst Reisekosten zu bezahlen usw. Hierbei besteht oft ein viel größerer Spielraum als bei der Eingruppierung. Je nach Weiterbildung entspricht dies auch mehr € als eine zusätzliche Stufe.

Auslandsaufenthalte und Auszeichnungen sind zudem aus meiner Erfahrung dem AG in aller Regel komplett egal. Die (Uni-)Kliniken die sich eventuell dafür interessieren, rekrutieren oft willige Ex-PJ-ler und sind aufgrund unablässigen Nachstroms in den meisten Fächern auch nicht verhandlungsbereit. Besondere Zusatzqualifikationen, welche für den AG so interessant sind, dass er besondere Zusagen macht, welche über Weiterbildung/Kurse etc. hinausgehen, sind bei Berufsanfängern fast nie gegeben.

anignu
24.08.2022, 21:08
- keine/weniger Dienste

Und - ganz schlimm - dann wären ja nicht mehr alle gleich scheiße dran.

Ansonsten ist bei solchen Extrawürsten natürlich immer die Gefahr groß dass es für reichlich Verdruss unter den (Alt-)Assistenten führt und das möchte eigentlich kein Chef.
Sonderwünsche bei Diensten ist immer ein Problem. Eben weil dadurch die anderen prozentual mehr machen müssen. Und das macht immer schlechte Stimmung zwischen den Assistenzärzten. Das weiß auch der Chef.
Die anderen Wünsche, z.B. mehr Geld, nimmt den anderen ja nix weg. Das seh ich daher weniger problematisch. Außer dass dadurch Neid entsteht und alle anderen dann halt auch mehr wollen. Aber prinzipiell schadet es den anderen erstmal nicht. Keine Dienste schon.

Chriman
24.08.2022, 21:13
Möglich wäre z.B. das Ausloten und Vereinbaren von Dingen, die auch dem AG nutzen. Beispiel: Arbeitgeber zahlt Sono-Kurs, verpflichtet sich nach X Monaten Roation Y zu ermöglichen, Sowieso-Kurs nebst Reisekosten zu bezahlen usw. Hierbei besteht oft ein viel größerer Spielraum als bei der Eingruppierung. Je nach Weiterbildung entspricht dies auch mehr € als eine zusätzliche Stufe.
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So ist es, ich denke in der gesamten Ausbildungszeit im Krankenhaus geht es eher weniger ums Geld verdienen, als ums Lernen und Erwerben von Befähigungen.
Wer da um 200 €/Monat Gehalt verhandeln möchte ( bei ca. 5K Grundgehalt) hat vieles nicht verstanden...

Bonnerin
24.08.2022, 21:17
Das caveat ist aber halt, dass der/die TE nur maximal 2 Jahre da sein wird und sich dann verabschiedet. Da ist eben der Gewinn für den Arbeitgeber auch nicht besonders groß, denn es werden vielleicht maximal 1,5 Jahre lang Dienste gemacht, und die auch nicht vergleichbar mit jemandem im WBJ 4+...

Cor_magna
24.08.2022, 21:28
So ist es, ich denke in der gesamten Ausbildungszeit im Krankenhaus geht es eher weniger ums Geld verdienen, als ums Lernen und Erwerben von Befähigungen.
Wer da um 200 €/Monat Gehalt verhandeln möchte ( bei ca. 5K Grundgehalt) hat vieles nicht verstanden...

Habe ich bei meiner neuen Stelle so gemacht. Wurde bewilligt. Paar hundert Euro mehr pro Monat ist nicht zu verachten und macht pro Jahr über tausend Euro netto mehr. Lernen tu ich sowieso was.

Blaulicht86
24.08.2022, 21:35
Warum denn vieles nicht verstanden? Wenn man viel Fleiß, Flexibilität und Qualität mitbringt darf man doch fragen? Andersrum greifen die Kliniken doch auch gerne mit der Hand in die Kirschen, wenn es darum geht „auf sie ist ja Verlass, bitte versorgen sie die Station vom Dauerkrank-kollegen vertretungsweise mit“ oder „springen Sie bitte für den 29643 Dienst ein, der nicht approbierte oder nicht Muttersprachler ist noch nicht fit.“
Was ist daran verkehrt seinen Marktwert zu kennen und vorsichtig zu testen?
Wenn du gut bist wirst du in aller Regel mehr machen als der Schnitt, die Klinik profitiert. Und Du? Viel mehr lerne ich bei hohem Stresspegel durch Doppelbelastung nicht unbedingt.

(Inwiefern es jmd “ums Geld verdienen” geht oder uns “lernen”, darf sich dann doch jeder selbst aussuchen. Btw sind für manche 200€ mehr im Monat tatsächlich eine Entlastung. Pflegebedürftige Eltern, Partner der noch im Studium ist, alleinerziehend mit Kindern)

Holthusen
24.08.2022, 21:38
Demut fordern und dumme Sprüche von alten Herren mit grauen Sackos und zu viel Tagesfreizeit sind hier sicher Fehl am Platz.

Trotzdem muss man die Kirche im Dorf lassen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man etwas außertariflich in Kliniken anbietet für Berufsanfänger. Es gibt zahlreiche Berufsanfänger und dann nimmt man den ohne Forderungen im Zweifel.
In Praxen oder MVZ orientiert man sich an den Tarifverträgen ohne Dienste natürlich. Letztes Jahr vorn Facharzt dürfte was mehr drin sein.

Blaulicht86
24.08.2022, 21:48
Bei mir wurde es auch bewilligt :-nix
Es waren jetzt keine Millionen und ich wäre auch nicht sauer gewesen wenn es ein Nein gegeben hätte.
Ich habe mich auch über die Wertschätzung gefreut. Es ist Geben und Nehmen.

Fast jeder Oberarzt bei uns hat verhandelt. Nicht ohne Grund. Das kommt zunehmend mit der Erfahrung. Der eine sammelt sie früher, der andere später.

MrCorcoran
24.08.2022, 21:50
Was ist daran verkehrt seinen Marktwert zu kennen und vorsichtig zu testen?
Absolut nichts. Allerdings kann das Ergebnis abhängig von der Verhandlungstaktik sehr unterschiedlich ausfallen. Siehe meine Empfehlung weiter oben.