PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Berufshaftpflichtversicherung Schweiz



vcn22
17.11.2022, 18:25
Hat jemand eine Ahnung, ob und wie man Berufshaftpflicht, insb. "grobe Fahrlässigkeit" in der Schweiz absichert, wenn man als angestellter Arzt in einem Spital arbeitet? In Deutschland wird das ja überall angeboten, aber der Versicherungsschutz gilt eben nicht für Tätigkeit in der Schweiz. Bei Schweizer Versicherern wird das nur für Selbstständige angeboten, aber dadurch wären ja die Spitalärzte deutlich schlechter gestellt!

Nefazodon
18.11.2022, 09:37
Nun, wenn es kein Angebot am Markt gibt, gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten: entweder das zu versichernde Risiko ist so groß, dass eine Versicherung nicht erschwinglich wäre bzw. für den Versicherer nicht rentabel ODER das Risiko besitzt in der Praxis keine Relevanz und deswegen gibt es keine Nachfrage.

Ich würde an deiner Stelle einfach die Kollegen fragen, wie sie versichert sind. Außerdem könntest Du noch bei der Schweizer Ärztekammer (oder wie auch immer das in der Schweiz heißt) nachfragen, ob es Informationen dazu gibt.
Wenn keiner Informationen dazu hat, ist es möglich, dass das Problem nicht relevant ist.

ProximaCentauri
18.11.2022, 22:24
Ich kenne niemanden, der angestellt ist, und eine Berufshaftpflichtversicherung hat. Das läuft alles über den Arbeitgeber.

Philip_MHH
19.11.2022, 07:12
Ich kenne niemanden, der angestellt ist, und eine Berufshaftpflichtversicherung hat. Das läuft alles über den Arbeitgeber.

Zugegeben. Ich kenne nur die deutsche Situation. Aber ich habe auch als Klinikarzt Runge Berufshaftpflicht und viele Kollegen auch. Du weißt nie was der Arbeitgeber versichert. Du wirst vielleicht auch mal außerhalb der Klinik ärztlich tätig ( nebentätigkeit , erste Hilfe usw) wo der Arbeitgeber dich nicht absichert. Und beispielsweise habe Ist bei mir auch der Verlust von Schlüsseln mitversichert. Das kann bei schliessanlagen mal schnell ein paar tausend Euro teuer werden…

Nefazodon
19.11.2022, 09:57
Du weißt nie was der Arbeitgeber versichert.

@Philip_MHH: Naja, deswegen ist der erste Schritt, wenn man sich damit beschäftigt, beim Arbeitgeber nachzufragen, wie man dort haftpflichtversichert ist und sich die Versicherungsbedingungen schriftlich bestätigen zu lassen.
Eine kurze Anfrage bei der Personalverwaltung sollte kein Problem sein. Viele werden dann feststellen, zumindest in D, dass sie relativ gut abgesichert sind.

Aber ja, ich habe dennoch auch eine eigene BHV: für den Fall, dass ich mal einem Nachbarn oder Bekannten helfe, oder auch für den Fall eines Stellenwechsels...ich schlafe damit auch wesentlich ruhiger.

vcn22
19.11.2022, 11:13
In den Bedingungen meines Spitals steht, dass das Spital bei grober Fahrlässigkeit Regress auf den Mitarbeiter nehmen kann. In deutschen BHV kann man sich als angestellter Arzt im Krankenhaus versichern, bei Schweizer Versicherern geht das nicht, die bieten das nur für Selbstständige oder Belegärzte an. Somit ist die Grobfahrlässigkeit das eigene Risiko des angestellten Krankenhausarztes in der Schweiz, eine deutliche Benachteiligung gegenüber Selbstständigen Ärzten in der Schweiz und angestellten Ärzten in Deutschland. Das ist aus meiner Sicht ein grosser und nicht sehr bekannter Nachteil für Ärzte, die in der Schweiz arbeiten und ein Argument, wieder zurück nach Deutschland zu gehen, wenn man nicht irgendwann eine böse Überraschung erleben will. Immerhin liegt die Wahrscheinlichkeit, als Arzt im gesamten Berufsleben keinen Zivilprozess am Hals zu haben nur bei 30%.

Feuerblick
19.11.2022, 11:14
Grobe Fahrlässigkeit ist auch für deutsche Ärzte nicht versichert…

vcn22
19.11.2022, 11:16
Das stimmt nicht, es gibt Versicherungen in Deutschland, in denen grobe Fahrlässigkeit mitversichert ist und auch bei Schweizer Versicherern ist das mitversichert, diese gibt es aber nicht für angestellte Ärzte, sondern nur für Selbstständige und Belegärzte.

Nefazodon
19.11.2022, 13:59
@vcn22: Ich denke wir haben jetzt verstanden, dass es die Versicherung in der Schweiz nur für Selbstständige und Belegärzte gibt...

Aber wenn es so ist, dann ist es so. Weitere Möglichkeiten können wir hier auch nicht erschaffen.:-nix
Was willst Du da machen?:-nix

Ich möchte aber erwähnen, dass Feuerblick mit ihrem Einwurf nicht ganz Unrecht hat....grobe Fahrlässigkeit ist eben *praktisch* schwer versicherbar, weil sich in diesem Bereich dann auch immer die Schuldfrage/Vorsatzfrage stellt. Selbst wenn es in Versicherungsbedingungen inkludiert ist, muss es nicht unbedingt heißen, dass Du vor Forderungen oder Regressforderungen sicher bist.

Ich finde aber auch, das Risiko eines Vorwurfs der *groben* Fahrlässigkeit lässt sich durch sorgfältiges Arbeiten reduzieren.
Gegen alle Risiken und gegen Folgen eines Strafprozesses kannst Du dich eh nicht versichern.

Also wäre mein Rat, dass Du Dir nicht den Kopf zerbrechen solltest, über eine Versicherung, die es scheinbar nicht gibt. Versuch einfach sorgfältig zu arbeiten und Haftungsrisiken zu minimieren.

vcn22
19.11.2022, 14:34
Sorgfältig zu arbeiten versuche ich sowieso, aber wenn man man etwas übersieht, was bei der grossen Belastung und Zeitknappheit schon mal vorkommen kann, dann ist das sicher nicht vorsätzlich, wahrscheinlich ist es einfach sicherer in Deutschland zu arbeiten. Der Zivilprozess ist denke ich das grössere Risiko, weil der Patient will Schmerzensgeld haben, wenn der Arzt ins Gefängnis geht hat der Patient weniger davon.

Feuerblick
19.11.2022, 17:41
Wie viele Ärzte sind denn in den letzten Jahren wegen Fehlern in der Behandlung ins Gefängnis gegangen? Ich glaube, du machst dir Sorgen über etwas, was sehr selten vorkommt… :-nix

ProximaCentauri
19.11.2022, 20:02
Ich kenne aus den ganzen letzten Jahren eine Handvoll Fälle aus der Schweiz, wo es überhaupt zu einer Klage gekommen ist. Einmal (Arzt hat Champagner getrunken und dann betrunken operiert und gleichzeitig Fussball im OP geschaut) hätte vermutlich auch keine Versicherung gegriffen weil es einfach völlig idiotisch war, in den anderen Fällen hat jeweils dann das Krankenhaus bzw. diese Versicherung gegriffen. Meistens kommt es aber eh zu Vergleichen, die dann über die Spitalversicherung/Fonds laufen. Meine Nebeneinkünfte laufen auch über offizielle Arbeitsverträge mit Haftpflichtversicherung über den Arbeitgeber, so dass man da wirklich keine Versicherung sonst braucht.

Feuerblick
19.11.2022, 20:13
So kenne ich das aus Deutschland auch. Solange der Arzt nicht völlig schwachsinnig agiert, endet das maximal mit Vergleichen. Selten wird da mal wirklich jemand verknackt.

vcn22
20.11.2022, 09:47
Aber wenn das Spital mit dem Patienten einen Vergleich macht und ihm Schmerzensgeld zahlt und am Ende behauptet, der Fehler vom Arzt war "grob fahrlässig", dann hat der Arzt trotzdem Pech. Wichtig wäre hier eine klare Definition, was grobe Fahrlässigkeit bedeutet mit Beispielen, ansonsten kann man sich nie sicher sein, ob man nicht doch mal eine böse Überraschung erlebt. Ein Kollege hat mir mal erzählt, dass er auf 250000€ Schadenersatz verklagt wurde, weil er einen Lungenrundherd im Röntgen-Thorax übersehen hat, daraus ist Lungenkrebs geworden und die Patientin ist dann an Hirnmetastasen verstorben, er wurde zwar letztendlich nicht verurteilt, aber eine grosse Belastung ist das trotzdem, wenn man da befürchen muss vor dem Ruin zu stehen.

Nefazodon
20.11.2022, 11:08
(...) aber eine grosse Belastung ist das trotzdem, wenn man da befürchen muss vor dem Ruin zu stehen.

Tja, Augen auf bei der Berufswahl, heißt es ja!:-keks

Aber mal ernsthaft: Ich glaube Du übertreibst und steigerst dich da in was rein.



(...) er wurde zwar letztendlich nicht verurteilt, (...)


Du schreibst es selbst. Er wurde nicht verurteilt. Es ist also alles gut für ihn. Mit dem Druck, dass Leute unzufrieden sind wenn man Fehler macht und es ernste bis tödliche Konsequenzen hat, muss man leben.

Aber Du bringst hier ständig die Horrorszenarien und suggerierst, die Leute würden ständig klagen. Ich glaube, das ist nicht der Fall.
Ich meine mal auf der Seite meiner Ärztekammer über die Arbeit der Schlichtungskommission gelesen zu haben, dass nur jeder achte ärztliche Behandlungsfehler vor Gericht geht.
Das würde heißen, dass Patienten eigentlich sehr verzeihend sind.

Nochmal: Du kannst dich nicht gegen alle Risiken versichern. Was willst Du jetzt für Konsequenzen daraus ziehen?

vcn22
20.11.2022, 12:51
1. Weiterhin möglichst vorsichtig zu sein, sorgfältig arbeiten, um keine Fehler zu machen, damit man mir nicht "grobe Fahrlässigkeit" vorwerfen kann, mich nicht hetzen lassen mit der Devise "Qualität vor Quantität".
2. Ggf. irgendwann mal wieder in Deutschland arbeiten und mir da direkt die Berufshaftpflichtversicherung mit Grobfahrlässigkeitsschutz kaufen.