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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Grundkenntnissen der intensivmedizinischen Basisversorgung



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Markian
22.01.2023, 08:37
Liebe Leute, ich habe 2 Jahre auf verschiedenen internistischen Normalstationen verbracht. Ich tendiere jetzt den Allgemeinmediziner zu machen. Meine Chef verweigert mir "Erfahrungen in der intensivmedizinischen Basisversorgungen" zu unterschreiben, da ich ja nicht auf Intensiv eingeteilt war. Allerdings habe ich ja auf Normalstation reanimiert, auch mal unter Anleitung eine Thoraxdrainage gelegt oder arterielle BGAs gemacht. Eigentlich wäre das alles kein Problem, wenn das nicht auch im Allgemeinmedizinlogbuch gefordert wäre. Jetzt weiß ich, dass ja viele Allgemeinmediziner nie auf einer Intensivstation waren. Meint ihr ein Allgemeinmediziner unterschreibt mir das später in der Weiterbildung? Ich kann nochmal ins Gespräch gehen, aber mein Chef ist halt ein Sturkopf, sodass es wieder ein Riesen-Act wird und natürlich das Hauptargument sie waren nie auf ITS eingeteilt auch nicht wegzudiskutieren ist. Wie würdet ihr vorgehen?

Heerestorte
22.01.2023, 10:18
Verrückt, bei uns wird das nicht verlangt. Welches Bundesland?

Dragonheart
22.01.2023, 10:26
Hi,

darf ich fragen nach welcher WBO (jahr / Kammer) du die Allgemeinmedizin machst? Ich habe gerade meine WBO (Nordrhein, allemeinmedizin, WBO 2020) auf den Kopf gestellt und nicht zum Thema "Intensivmedizinische Basisversorgung" gefunden, bind daher etwas verunsichert da etwas übersehen zu haben. Bei mir geht es aktuell auch aus der Inneren raus...

nie
22.01.2023, 10:57
Ich würde mich bei der Ärztekammer einmal erkundigen, was die genau unter Grundkenntnisse intensivmedizinischer Basisversorgung verstehen und ob das, was du auf Normalstation gemacht hast denn darunter fällt. Aber argumentativ steht du halt schon bisschen auf ungünstigem Posten weil „mal auf Normalstation reanimiert” halt wenig mit intensivmedizinischen Grundkenntnissen zutun hat. In meiner Klinik muss man dafür tatsächlich auch mindestens auf IMC gewesen sein, weil die IMC/ITS einen anderen Chef haben als die Normalstationen. Die Chefs der Abteilungen mit Normalstation unterschreiben keine intensivmedizinischen Dinge im Logbuch, der zuständige Chef der Intensivmedizin unterschreibt nur wenn man auch in der betreffenden Abteilung gearbeitet hat.

Die ÄK Nordrhein verlangt tatsächlich intensivmedizinische Basiskenntnisse, hab gerade mal nachgeschaut.

Bonnerin
22.01.2023, 11:03
Naja, einfach 3 Monate Anästhesie auf einer ICU machen? Bei 24 Monaten Innere + 24 Monate Allgemeinmedizin fehlt ja noch ein Jahr.
Ich weiß, dass wir da mal den ein oder anderen hatten. Durch die Förderung hat es die Klinik ja nichts gekostet, und mehr als mitlaufen war meist eh nicht drin. Alternativ mal 2 Wochen irgendwo hospitieren, das sollte auch gehen.

Endoplasmatisches Reticulum
22.01.2023, 11:06
Schwierig. Arterielle BGAs habe ich im PJ auf der Normalstation quasi täglich gemacht. Sobald man da irgendetwas mit Pulmo am Hut hat, ist das doch Routine. Ich wäre jetzt nicht auf die Idee gekommen, dass speziell mit Intensivmedizin in Verbindung zu bringen. Reanimation auf Normalstation ist für mich auch eher eine Basisfertigkeit, die man hoffentlich so selten wie möglich braucht. Aber nur weil einem ein paar mal Patienten abgeschmiert sind, hat man doch keine Intensiverfahrung ...

Nefazodon
22.01.2023, 11:40
Trotzdem kann ich persönlich mir nicht vorstellen, dass jeder, der den Facharzt Allgemeinmedizin machen will, fest auf einer Intensivstation gewesen sein muss.
"Grundkenntnisse in der intensivmedizinischen Basisversorgung" klingt auch eher nach Allgemeinwissen.

An deiner Stelle würde ich bei der Ärztekammer nachfragen, was genau darunter zu verstehen ist.

Heerestorte
22.01.2023, 11:51
In Bayern grad mal geschaut, da wird auch "Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten der Intensivmed. Basisversorgung" gefordert.

Bille11
22.01.2023, 12:06
Vom DIVI 2022 aus kann ich zumindest berichten, dass der Terminus ‚Intensivmedizinische Basisversorgung‘ für die Ausbildung der Assistenten im Rahmen der Facharztweiterbildung (Anästhesie, Innere Medizin, Chirurgie, Pädiatrie, etc) vorgesehen ist. Dh. die Zeiten, die im Rahmen der üblichen FA Weiterbildungen (6 Monate Minimum) gefordert werden, werden für den Kenntnisstand ‚Intensivmedizinische Basisversorgung‘ herangezogen. Die Anästhesie hat im Rahmen der FA WB 1 Jahr Intensivmedizin vorgesehen, es wird in den Folgezeiten der speziellen Weiterbildung föderal aber auch möglich gemacht, hiervon 6 Monatein die spezielle Ausbildungszeit mitzunehmen.
Verankert wird dies in der Forderung für die Stufen der Intensivmedizinischen Versorgung im Rahmen des neu geplanten Stufenkonzepts mit Krankenhäusern der integrierten Grundversorgung Stufe 1, Regelkrankenhäuser Stufe 2, Maximalversorger und Unikliniken Stufe 3 und entsprechend pauschalierter Vergütung dieser Häuser nach Vorhaltenotwendigkeit an ärztlichem und pflegerischen Personal in entsprechend geforderter Personalstärke pro Patient. Für Krankenhäuser der Stufe 1 wird für die Intensivmedizin eine Basisversorgung durch den Facharzt ohne explizite ZB Intensivmedizin möglich gemacht, ab Stufe 2 gibt das Konzept ‚tagsüber= Kernarbeitszeit ein Intensivmediziner mit entsprechender ZB ständig und sofort vor Ort, im Dienst in entsprechender Zeit erreichbar‘ und ab Stufe 3 wird der ausgebildete Intensivmediziner stets vor Ort verfügbar skizziert.

Markian
22.01.2023, 12:56
Ich weiß, dass die Argumentation mau ist. Ich kann mich dementsprechend halt nur auf Kulanz beziehen. Das wird aber Fehlschlagen. Ich kann mir halt irgendwie nicht vorstellen, dass jeder Allgemeinmediziner auf ITS war. Die Auslegung was eine Basisversorgung ist halt auch sehr breit. Ich glaube den Anruf bei der Ärztekammer muss ich tätigen. Ehrlicherweise muss man in der Hausarztpraxis auch nur eine Nadel legen und die Reanimation beginnen. Als ob da irgendeiner auf die Idee käme einen ZVK, eine Arterie zu legen oder gar zu Bronchiskopieren oder whatever. Wer sich das schon wieder ausgedacht hat ist mir schleierhaft.
Ein halbes Jahr oder auch nur 3 Monate Anästhesie oder nochmal Innere auf ITS kommen für mich nicht in Frage. Ich habe meinen Soll (für mich persönlich) mit zwei Jahren Uniklinik Innere mehr als erfüllt. Mehr habe Ich auch körperlich und seelisch nicht mehr ertragen. Momentan bin ich in einem anderen kleinen chirurgischen Fremdfach unterwegs. Die Hospitation ist ne gute Idee, falls sowas möglich ist und dann auch anerkannt wird. Ich weiß von Freunden, dass das für Belastungs-EKGs z.B. gemacht wird. Insgesamt sehr ärgerlich, aber ich fürchte fast ich muss das so akzeptieren.

Markian
22.01.2023, 12:58
Schwierig. Arterielle BGAs habe ich im PJ auf der Normalstation quasi täglich gemacht. Sobald man da irgendetwas mit Pulmo am Hut hat, ist das doch Routine. Ich wäre jetzt nicht auf die Idee gekommen, dass speziell mit Intensivmedizin in Verbindung zu bringen. Reanimation auf Normalstation ist für mich auch eher eine Basisfertigkeit, die man hoffentlich so selten wie möglich braucht. Aber nur weil einem ein paar mal Patienten abgeschmiert sind, hat man doch keine Intensiverfahrung ...

Volle Zustimmung zum Grundargument. Nur mit dieser starren Definition von Intensivmedizin müsste jeder Allgemeinmediziner ein halbes Jahr auf ITS. Wenn man so hört wie viele einfach nur die Mindestzeit Innere (1Jahr) auf Reha-Klinik-Niveau abarbeiten, damit fragt man sich schon wer das dann unterschreibt. Leider kenne ich niemanden, der das so gemacht hat den ich kenne. Ich will mir ja nichts erschleichen, aber 6 Monate ITS wären für mich der absolute Horror.

Bille11
22.01.2023, 13:11
Weil ich es nun gar nicht verstehe - was ist so schlimm daran, 3-6 Monate als 3.4. Mann auf einer Intensivstation mitzuarbeiten? Ist doch eigentlich ein gechilltes Fach, wenig Patienten, diese aber mit komplexen Geschichten, viel Routine in einigen Standardabläufen und die Pflege kann und macht viel selbst. Dann noch zu 3-4 Kollegen auf ner grossen Intensivstation, immer mit OA dabei, den man fragen/ansprechen kann. Klingt doch nach einem Traumarbeitsplatz.

Heerestorte
22.01.2023, 13:18
Volle Zustimmung zum Grundargument. Nur mit dieser starren Definition von Intensivmedizin müsste jeder Allgemeinmediziner ein halbes Jahr auf ITS. Wenn man so hört wie viele einfach nur die Mindestzeit Innere (1Jahr) auf Reha-Klinik-Niveau abarbeiten, damit fragt man sich schon wer das dann unterschreibt. Leider kenne ich niemanden, der das so gemacht hat den ich kenne. Ich will mir ja nichts erschleichen, aber 6 Monate ITS wären für mich der absolute Horror.

Wieso sollte das jeder Allgemeinmediziner machen müssen? Wie wir festgestellt haben, ist es nicht in jedem Bundesland in der WBO so gefordert.

Und wie Bille sagt, die ITS Zeit ist für Nicht Anästhesisten meist sehr entspannt. Ich war da auch die geforderten 6 Monate und da reißt man sich wahrlich kein Bein raus, sondern ist mehr ein PJ with benefits :-))

nie
22.01.2023, 14:05
Eine Freundin von mir war gerade im Rahmen der allgemeinmedizinischen Weiterbildung 3 Monate auf einer ITS und dort nur „on top” eingesetzt, spricht zum normal geplanten Personal. Keine Nächte, keine Wochenenden. Gibt sicherlich stressigere Jobs.

Bin ja selbst auch in der Inneren und war sowohl auf einer internistisch geführten ITS (= Internist kümmert sich um alles, gibt keine anderen Ärzte) als auch auf verschiedenen Normalstationen tätig. Ich fand selbst in dem Setting die ITS entspannter. Klar gibts da auch scheiß Dienste aber auf Normalstation war’s definitiv stressiger zwischen Aufnahmen, Entlassungen, tausend Aufklärungen, Akutproblemen, nervigen Patienten plus nervigen Angehörigen und einem gefühlt zusätzlichen Vollzeitjob als Sekretärin…

_calendula_
22.01.2023, 14:49
Es könnte nur jetzt eventuell schwierig werden eine Stelle zu finden an der man nur zusätzlich auf der ITS eingesetzt wird? Oder würde diese komplett gefördert werden und ist damit für den AG gratis?
Dann würde ich (3-)6 Monate an einer Anästhesie empfehlen. Zum Beispiel an einem kleinen Haus mit IMC/1-2 ITS-Betten. Wie ist die Stimmung bei der Anästhesie an deiner aktuellen Uniklinik? Könntest du bei denen einfach mal anfragen?

Nefazodon
22.01.2023, 14:55
Weil ich es nun gar nicht verstehe - was ist so schlimm daran, 3-6 Monate als 3.4. Mann auf einer Intensivstation mitzuarbeiten? (...)
Klingt doch nach einem Traumarbeitsplatz.

Für Intensivmediziner und Anästhesisten ist das sicher schwer zu verstehen aber nicht jeder fühlt sich da wohl.

Für den TE würde es in diesem Fall auf jedenfall Zeitverlust und Umwege bedeuten, was ärgerlich ist.


Und ist es wirklich *sinnvoll* dass ein Allgemeinmediziner mal auf Intensiv gewesen ist? In der Praxis sind doch sowieso keine intensivmedizinischen Maßnahmen möglich.
Wenn dort etwas passiert, muss eh der Rettungsdienst gerufen werden.

_calendula_
22.01.2023, 15:20
Als angehender Hausarzt auf ITS 3 Monate mitlaufen ist vermutlich meist begrenzt sinnvoll. Vielleicht ist ein Benefit für einen Hausarzt Kardio-Überwachungsbetten betreut zu haben.
Einblick in die Anästhesie gibt einem meiner Erfahrung nach nachhaltig angenehm mehr Sicherheit.

Markian
22.01.2023, 15:39
Das große Problem ist, dass es bei uns keine IMC im Haus gab, solche Fälle lagen bei uns halt auf Normalstation.

Kann die Kommentare verstehen, aber ich möchte das Krankenhaus aus bekannten Gründen eben gerne verlassen, da ist 6 Monate Knechtschaft 1. Nicht attraktiv und 2. Würde ich die Zeit halt gerne sinnvoller nutzen z.B. für ein halbes Jahr z.B. ambulant in der Chirurgie oder HNO oder was auch immer. Das erscheint mir deutlich sinnvoller als die ITS-Zeit. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass mir irgendein Chef das nach 2 Wochen Hospitation unterschreibt? Der hat ja nichts davon.

Feuerblick
22.01.2023, 15:59
Ich würde an deiner Stelle morgen erst einmal die Ärztekammer anrufen und nach der genauen Definition fragen. Je nachdem, was da gewünscht ist, kannst du dann überlegen, wie genau du das erreichst.

Nefazodon
22.01.2023, 16:00
@Markian: An deiner Stelle würde ich wirklich vorrangig mit der Ärztekammer sprechen, wie dieser Abschnitt gemeint ist. Ob man wirklich Schichten auf einer Intensivstation geleistet haben muss (kann ich mir nicht vorstellen, dann wären diese Zeiten doch extra aufgeführt) oder ob es reicht, bei einzelnen Patienten einen kritischen Verlauf bzw. die Verlegung auf eine Intensivstation miterlebt bzw.mitverantwortlich betreut zu haben.

Mit dieser Aussage würde ich dann nochmal zum Chef gehen.
Für mich klingt Basisversorgung und Grundkenntnisse immer noch nicht so als wäre eine feste Zeit vorgeschrieben.

Wie lange bist Du denn noch in deiner Abteilung? Sonst kannst Du ja eventuell mit deinem alten Chef aushandeln, dass Du dort noch am WE oder für 1-2 Wochen unter der Woche (ggf. nach deinem Ausscheiden) auf ITS mitläufst für die Unterschrift?
Oder Du bietest, je nach Wohlwollen des Chefs oder besser Nicht-Wohlwollen an, jetzt ein paar Dienste mehr zu machen und dafür dann am Ende eine Woche zusätzlich auf ITS mitzulaufen? Geht ja um Grundkenntnisse...

Auf jedenfall würde ich versuchen es jetzt zu regeln, bevor Du nachher nochmal in einer völlig fremden Abteilung für 6 Monate auf ITS rotierst...