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Hacki99
05.02.2023, 16:26
Hallo liebe Forengemeinde,

ich beschäftige mich gerade intensiv mit meiner weiteren Berufsplanung. Ich sehe mich nach knapp 2 Jahren Weiterbildung in Radiologie an einen Punkt gekommen, wo ich mir über einen Fachrichtungswechsel Gedanken mache..

Aus verschiedenen Gründen scheint mir Allgemeinmedizin die gangbarste Alternative. Mich würde interessieren, wie gut man als Quereinsteiger in der Praxis zurecht kommt. Vlt. könnte jemand, der den Schritt bereits getan hat etwas darüber erzählen?
Nach aktueller WBO ist das Jahr Innere nicht unbedingt erforderlich für die Weiterbildung. Wie ratsam wäre es, die Weiterbildung ohne klinische Erfahrung in der Inneren zu starten?

LG, Hacki

Haffi
05.02.2023, 16:56
Der Start ohne internistische Erfahrung ist meiner Ansicht nach gut machbar. Ich bin damals unmittelbar nach dem Studium in die Praxis gegangen und habe es nie bereut. Dermatologische oder orthopädische Fragestellungen haben mich wesentlich mehr gefordert als die internistischen. Das internistische Jahr ist jedoch auch nach neuer WBO Pflicht und auch sinnvoll. Zudem werden die beiden Jahre Weiterbildung in der Radiologie meiner Ansicht nach nicht angerechnet, da es sich um kein Fach der unmittelbaren Patientenversorgung handelt. Du müsstest also was die Weiterbildungszeit von 5 Jahren angeht bei null starten. Wie es für fertige Fachärzte für Radiologie mit einem Quereinstieg aussieht weiß ich leider nicht.

Mistermeo
05.02.2023, 17:12
Laut der ÄKWL zählt Radiologie als Fach unmittelbarer Patientenversorgung, da sollte also kein Problem mit der Anrechnung bestehen. Ob jetzt die ganzen 2 Jahre angerechnet werden können, muss man nachlesen.

Minga30
05.02.2023, 18:12
Hey! Mich interessiert ja immer warum andere Ärzt*innen aus der Radiologie in die Allgemeinmedizin wechseln (habe den selben Weg hinter mir).

Was wären denn deine Beweggründe ? :)

mbs
05.02.2023, 18:19
Seit wann ist Radiologie auch unmittelbare Patientenversorgung? Ist das schon in allen Bundesländern so?
Müsste man dafür Interventionen nachweisen können oder würde diagnostische Radiologie ausreichen?

Minga30
05.02.2023, 18:33
Seit der neuen Weiterbildungsordnung ist es meines Wissens in allen Bundesländern so, jetzt auch zb in Bayern. Ja jedes Jahr in der Radiologie wird dann als Jahr der unmittelbaren Patientenversorgung gerechnet


Seit wann ist Radiologie auch unmittelbare Patientenversorgung? Ist das schon in allen Bundesländern so?
Müsste man dafür Interventionen nachweisen können oder würde diagnostische Radiologie ausreichen?

Hacki99
05.02.2023, 19:13
Hey! Mich interessiert ja immer warum andere Ärzt*innen aus der Radiologie in die Allgemeinmedizin wechseln (habe den selben Weg hinter mir).

Was wären denn deine Beweggründe ? :)

Mehrere Gründe, die Arbeit als Radiologe ist OK, aber für mich nichts auf Dauer. An Allgemeinmedizin reizt mich die Möglichkeit, schon früh in der Weiterbildung in die Praxis zu gehen und die realistische Möglichkeit, sich selbstständig machen zu können.

Wie ist es dir denn so ergangen mit dem Wechsel?

Me1ster
05.02.2023, 20:51
Ich überlege, den gleichen Schritt zu machen aus ähnlichen Gründen, bin mir aber noch unsicherer. Wie hast du letztendlich festgestellt, dass die Radiologie dir nicht “reicht“ ?

xenopus laevis
05.02.2023, 20:57
In Berlin ist Innere Medizin Pflicht. In welchen Bundesländern soll das anders sein? Aber ja, Radiologie kann man sich anrechnen lassen bis zu 18 Monate in Berlin (ohne Gewähr). Aber ich würde mich auch freuen darüber zu hören, was eure Gründe für so einen Schritt waren. Gerade weil die Fächer sich immens unterscheiden. :)

Hacki99
06.02.2023, 07:39
Radiologie ist ein sehr interessantes Fachgebiet und grundsätzlich könnte ich mir schon vorstellen, den Beruf weiter auszuüben, ABER:

Die langfristige Perspektive ist für mich leider nicht gegeben. Voraussetzung für eine klinische Karriere ist in meiner Abteilung und so wie ich das überblicke fast überall eine Eignung und Interesse für Neuroradiologie (bei mir leider nicht vorhanden). Auf den anderen Nischen herrscht ein riesiger Konkurrenzdruck.

Sich selbst niederzulassen und sei es nur als Teilhaber ist fast nicht sinnvoll möglich bei den riesigen Großraumpraxen, die zunehmend aufgekauft werden von irgendwelchen Investoren.

Bleibt nur, sich selbst in so einer Praxis anstellen zu lassen. Sich von den Investoren eine Untersuchungstaktung vorgeben lassen, mit der man auf Gewinnmaximierung zentriert arbeiten muss. Leider sind in meinem unmittelbaren Bekanntenkreis 2 Kollegen, die damit so gar nicht glücklich geworden sind.

Allgemeinmedizin bietet den großen Vorteil, dass ein enormer Bedarf an Nachwuchs besteht und es gibt denke ich auf eine Perspektive von 5-10 Jahren durchaus die Chance, mal in eine Praxis einzusteigen oder eine zu übernehmen.

Abiturient2010
06.02.2023, 17:30
Interessantes Thema, welches mich auch bereits seit Jahren beschäftigt. Ich habe allerdings den Absprung (bisher) nicht geschafft und bin mittlerweile FA f. Radiologie.

Mich stören aber weiterhin erheblich die von dir beschriebenen Problematiken hinsichtlich faktisch unmöglicher Selbstständigkeit, Perspektivlosigkeit in der Klinik ohne hauptsächlich interventioneller Tätigkeit und zunehmend schlechter Arbeitsbedingungen in Anstellung bei von institutionellen Investoren aufgekauften Großpraxen…

Me1ster
06.02.2023, 19:50
Interessant, mir geht es genauso. Hätte auch Interesse an einer Niederlassung. Hatte nach dem Studium mit Radiologie angefangen, weil es ein sehr breit gefächertes Fach ist und es eigentlich das einzige Fach war wo ich mir vorstellen konnte langfristig in der Klinik zu bleiben. An Allgemeinmedizin reizt mich ebenso die Breite des Faches, sowie der erste Ansprechpartner für den Patienten zu sein.

Melina93
07.02.2023, 15:20
Ich muss immer an meinen alten Chefarzt in der Allgemeinchirurgie denken, der meinte er würde wenn er heute nochmals vor der Wahl der Fachrichtung stünde definitiv Allgemeinmedizin wählen, da alle anderen Fächer viel zu spezialisiert und steril werden.
Wenn auch genau dieses breite Spektrum auch auf menschlicher Ebene sicher viel von einem fordert. Bei uns hier in der Dermapraxis gibt es nebendran eine grössere Hausarztpraxis und die sind alle (bis auf den ganz ganz alten Hasen) immer wieder völlig reizüberflutet und emotional überlastet. Ist sicher nicht ganz zu unterschätzen.

nappy
07.02.2023, 20:09
Bin auch überrascht über die rein positive Darstellung- ne Einzelpraxis in der Allgemeinmedizin kann auch den Fast-Track ins Burnout bedeuten.
Da stell ich mir das Leben als Angestellter in der Radiologie Praxis vom Mentalload her angenehmer vor.

anignu
07.02.2023, 23:43
Da stell ich mir das Leben als Angestellter in der Radiologie Praxis vom Mentalload her angenehmer vor.
Der Mentalload ist wahrscheinlich tatsächlich angenehmer. Dafür drückt man dir halt Befundung um Befundung um Befundung rein und du machst Fließband-Akkordarbeit ohne diese menschliche Rückkopplung die auch viel Wert ist.
Es ist halt eine Typ-Frage.

Ich muss immer an meinen alten Chefarzt in der Allgemeinchirurgie denken, der meinte er würde wenn er heute nochmals vor der Wahl der Fachrichtung stünde definitiv Allgemeinmedizin wählen, da alle anderen Fächer viel zu spezialisiert und steril werden.
Das mit dem "steril" versteh ich nicht. Ich empfinde mich auch eher als Spezialist denn als Generalist, aber es fühlt sich nicht steril an. Meine Patienten kommen ja auch immer wieder und man kennt sie, kümmert sich etc.
Und eine Spezialisierung hat ja auch viele Vorteile: man taucht tief ein in ein Gebiet, man wird wirklich gut in Diagnostik und Therapie der entsprechenden Krankheitsbilder etc. Mir macht das auch Spaß.

Melina93
08.02.2023, 07:23
Das mit dem "steril" versteh ich nicht. Ich empfinde mich auch eher als Spezialist denn als Generalist, aber es fühlt sich nicht steril an. Meine Patienten kommen ja auch immer wieder und man kennt sie, kümmert sich etc.
Und eine Spezialisierung hat ja auch viele Vorteile: man taucht tief ein in ein Gebiet, man wird wirklich gut in Diagnostik und Therapie der entsprechenden Krankheitsbilder etc. Mir macht das auch Spaß.

Ich glaube mein Chefarzt meinte eher, dass man zwar in seinem Fachbereich dann tief in die Materie eintaucht, den Patienten aber nicht mehr wirklich als Ganzes wahrnimmt. Und es gibt nun einmal ja schon den Trend, dass in der Medizin alles immer spezialisierter wird. Da lässt sich ein (unbewusster) Tunnelblick häufig sicher nicht ganz vermeiden. Hängt aber sicher auch davon ab wie man seine Spezialisierung auslebt und wieviel man da auch selber mit hinein gibt.

Minga30
08.02.2023, 21:05
Für mich war Radiologie zwar immer ein spannendes und eigentlich familienfreundliches Fach, was sich jedoch im Laufe der Zeit ziemlich gewandelt hatte.
Einerseits natürlich der geringe Patientenkontakt und der fehlende Austausch mit Kollegen, hat nun inzwischen dafür gesorgt, dass ich eher Allgemeinmedizin in Betracht gezogen habe.

Jetzt muss ich sagen, dass ich mich tatsächlich wohler fühle. Der Kontakt zu den Patienten schafft aktuell ein ziemliches Hoch und ich gehe gerne zur Arbeit. Kleine Landarztpraxis in der wir eigentlich jedes Patientenklientel versorgen. Man muss die Arbeit wirklich mögen, aber ich kann sie aktuell gut mit dem Familienleben verbinden und kann man mir das ganze tatsächlich noch länger vorstellen obwohl ich aktuell auch manchmal wehmütig werde und mir doch nochmal vorstellen könnte den Schwerpunkt für Kinderradiologie zu machen. Aber das Berufsleben ist ja häufig auch nicht schwarz weiß :)

Me1ster
11.02.2023, 18:10
Was vermisst du an der Radiologie? Ich hätte gerne etwas mehr Patientenkontakt und habe aber besonderes Interesse an der interventionellen Radiologie. Weiss aber nicht ob sich der lange Weg dahin "lohnt". Die Diagnostikarbeit ist in Ordnung, allerdings finde ich Röntgen und MRT schon etwas öde.

Minga30
12.02.2023, 06:59
Was vermisst du an der Radiologie? Ich hätte gerne etwas mehr Patientenkontakt und habe aber besonderes Interesse an der interventionellen Radiologie. Weiss aber nicht ob sich der lange Weg dahin "lohnt". Die Diagnostikarbeit ist in Ordnung, allerdings finde ich Röntgen und MRT schon etwas öde.

Hey ! Meinst du mich ? :)

Me1ster
12.02.2023, 08:47
ja :)