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Medisson21
12.02.2023, 19:55
Hallo,

gibt es irgendjemanden der Schöffe während dem Medizinstudium war? Oder jemanden kennt, der es war? Ich wollte mich für die nächste Periode bewerben, werde da aber noch nicht fertig sein mit dem Studium. Offensichtlich gibt es die Problematik mit den Pflichtveranstaltungen und den Sitzungen, denen man als Schöffe beiwohnen muss.

Ich habe mit dem Dekanat gesprochen "Kein Fall bekannt, frag nochmal nach, wenn du angenommen wurdest", das ist aber äußerst brisant denn man kann nicht einfach das Schöffenamt ablegen sollte man es angenommen haben. Ich würde mich verpflichten den Job zu machen und kann nicht ohne trifftigen Grund zurücktreten
(im Gesetzes Wortlaut: "Gefährdung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage, wenn die Belastung durch die Amtsausübung so gravierend ist, dass die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen oder eines Dritten ernsthaft gefährdet ist.").

Ich wäre damit darauf angewiesen, dass ich freigestellt bin von Pflichtveranstaltungen(falls es überhaupt jemals zu einer überschneidung kommt, aber ich muss natürlich mit dem schlimmsten Fall rechnen). Das habe ich mit der Stadt besprochen, da es aber scheinbar ungefähr 0 Schöffen gibt, die nicht älter als 40 sind, waren auch die damit überfordert :-nix. Man sagte mir nur "Schöffen dürfen keine Nachteile entsehen",
(Im Gesetzeswortlaut: "Ehrenamtliche Richterinnen und Richter dürfen in der Übernahme oder Aus- übung des Amtes nicht beschränkt oder wegen der Übernahme oder Ausübung des Amtes nicht benachteiligt werden ") Hier wird sich insbesondere auf normale Arbeit berufen, sprich man darf vom Arbeitgeber nicht entlassen werden, nicht nicht befördert werden usw. wegen den Fehlzeiten, die einem als Schöffe aufkommen. Der Fall "Student" scheinbar völlig unklar.

Zusammengefasst:
Bis ich mich bewerbe, will die Uni keine Aussage tätigen. Werde ich angenommen und die Uni entscheidet, dass die das nicht interessiert und ich wie jeder anzutanzen habe, kann ich im worst case 5 Jahre nicht studieren, wenn ich das Schöffenamt mit o.g. Begründung ablehnen kann.


Dass hier niemand ist, der genug Ahnung hat, um das juristisch zu beurteilen, ist mir bewusst, mir geht es nur darum, ob jemand in der SItuation war/jemanden kennt.

Chriman
12.02.2023, 20:01
Ich finde das Schöffenamt ebenfalls sehr interessant...
Aber grundsätzlich ist es vllt auch nicht schlecht für diese verantwortungsvolle Tätigkeit eine gewisse Lebenserfahrung mitzubringen, der durchschnittliche (Medizin)student hat die wahrscheinlich nicht. Vllt bist du ja auch etwas reifer....

Feuerblick
12.02.2023, 20:08
Naja, die Laienrichter sollen die gesamte Bevölkerung abbilden. So zumindest ist es gedacht. Ich würde jetzt niemandem, der Anfang/Mitte 20 ist, pauschal die entsprechende Reife absprechen. Auch wenn ich mir vorstellen kann, dass so junge Bewerber tatsächlich wenig Chancen auf das Amt haben.

Was die Frage angeht: Warum sollte die Uni sich über geltendes Recht hinwegsetzen dürfen, wenn Arbeitgeber es nicht dürfen? Bei 12 Sitzungstagen pro Jahr (im Durchschnitt), sollte da ja eigentlich wenig kollidieren bzw. zu Jahresanfang schon weitestgehend klar sein, ob man möglicherweise Veranstaltungen/Prüfungen verschieben/an anderen Tagen besuchen/absolvieren muss. Geht bei anderen Terminen normalerweise auch.

Ich interessiere mich tatsächlich auch für das Amt, bin mir aber noch unschlüssig, ob ich mich bewerben soll.

Medisson21
12.02.2023, 20:12
Ich finde das Schöffenamt ebenfalls sehr interessant...
Aber grundsätzlich ist es vllt auch nicht schlecht für diese verantwortungsvolle Tätigkeit eine gewisse Lebenserfahrung mitzubringen, der durchschnittliche (Medizin)student hat die wahrscheinlich nicht. Vllt bist du ja auch etwas reifer....

Du hättest mal sehen sollen, wie mich der Verantwortliche für die Bewerbungen angeguckt hat, als ich meinte, ich will das machen :D. Die sind glaube ich sehr interessiert daran, mehr junge Leute anzuwerben, denn laut Gesetz soll das Schöffenamt einen Querschnitt der Bevölkerung darstellen. "(2) Die Vorschlagsliste soll alle Gruppen der Bevölkerung nach Geschlecht, Alter, Beruf und sozialer Stellung angemessen berücksichtigen."

Es später machen zu können, ist ohne schwer bis unmöglich als Arzt, weil der AG sich darauf berufen kann, dass man es nicht machen muss. Denn jeder Arzt darf das Schöffenamt ohne weitere Begründung ablehnen(nur wenige Berufsgruppen dürfen das).

Chriman
12.02.2023, 20:15
Alter, § 33 Nr. 1 und 2 GVG
Schöffen müssen bei Amtsantritt mindestens 25 Jahre alt und dürfen nicht älter als 69 Jahre sein. Der entscheidende Stichtag, nach dem das Alter festzustellen ist, ist der 01.01.2024 (Beginn der Amtsperiode). Wer am 01.01.2024 Geburtstag hat und 25 Jahre alt wird, darf gewählt werden; wer an diesem Tag 70 Jahre alt wird, darf nicht mehr gewählt werden (§ 187 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Ich interessiere mich ebenfalls dafür und denke wenn man dafür Zeit hat - dann im Studium.
@ Medisson 21 vllt versuchst du nochmals mit dem Dekanat in Kontakt zu treten und vermittelst dass du es ernst meinst. Aber irgendwelche verbindlichen Aussagen trifft man bei so hypothetischen Anfragen wahrscheinlich ungern....

Medisson21
12.02.2023, 20:21
Naja, die Laienrichter sollen die gesamte Bevölkerung abbilden. So zumindest ist es gedacht. Ich würde jetzt niemandem, der Anfang/Mitte 20 ist, pauschal die entsprechende Reife absprechen. Auch wenn ich mir vorstellen kann, dass so junge Bewerber tatsächlich wenig Chancen auf das Amt haben.

Was die Frage angeht: Warum sollte die Uni sich über geltendes Recht hinwegsetzen dürfen, wenn Arbeitgeber es nicht dürfen? Bei 12 Sitzungstagen pro Jahr (im Durchschnitt), sollte da ja eigentlich wenig kollidieren bzw. zu Jahresanfang schon weitestgehend klar sein, ob man möglicherweise Veranstaltungen/Prüfungen verschieben/an anderen Tagen besuchen/absolvieren muss. Geht bei anderen Terminen normalerweise auch.

Ich interessiere mich tatsächlich auch für das Amt, bin mir aber noch unschlüssig, ob ich mich bewerben soll.

Die Studienordnung ist auch "geltendes Recht", nehme ich an. Da muss man dann wohl schauen, was eine höhere Rechtsposition hat. Ich sehe das wie du, nur sind unsere Meinungen ja zweitrangig, wenn sich die Uni quer stellt, das würde bedeuten man müsste ggf. klagen, was ja einen erheblichen Aufwand bedeutet für ein "Ehrenamt". Oftmals ist es ja so, dass man keine alternativen Termine wahrnehmen kann an der Uni, fehlst du 1-2x heißt es Kurs neu besuchen, im nächsten Semester, wenn das immer passiert - kann man eben paar Jahre die Kurse nicht durchziehen. Dass es praktisch auch reibungslos laufen könnte, ist möglich, vielleicht auch wahrscheinlich. Aber man muss sich ja auch irgendwie absichern.

Autolyse
12.02.2023, 21:30
Naja, die Laienrichter sollen die gesamte Bevölkerung abbilden. So zumindest ist es gedacht. Ich würde jetzt niemandem, der Anfang/Mitte 20 ist, pauschal die entsprechende Reife absprechen. Auch wenn ich mir vorstellen kann, dass so junge Bewerber tatsächlich wenig Chancen auf das Amt haben.

Was die Frage angeht: Warum sollte die Uni sich über geltendes Recht hinwegsetzen dürfen, wenn Arbeitgeber es nicht dürfen? Bei 12 Sitzungstagen pro Jahr (im Durchschnitt), sollte da ja eigentlich wenig kollidieren bzw. zu Jahresanfang schon weitestgehend klar sein, ob man möglicherweise Veranstaltungen/Prüfungen verschieben/an anderen Tagen besuchen/absolvieren muss. Geht bei anderen Terminen normalerweise auch.

Ich interessiere mich tatsächlich auch für das Amt, bin mir aber noch unschlüssig, ob ich mich bewerben soll.
Die 12 sind im Durchschnitt. Viel Spaß als Schöffe am LG im Umfangsverfahren in einer Haftsache, da wird mindestens zweimal, eher dreimal, pro Woche verhandelt und das im Regelfall den ganzen Tag lang.

Die Rechtsprechung versteht § 45 Ia 1 Alt. 2 DRiG nicht umfassend, sondern als Sperre einer Benachteiligung ohne sachlichen Grund (BVerwG, Urteil vom 28.07.2011, 2 C 45.09, Rn 19). Wenn es jetzt einen Block von einer Woche gibt, in der man die Fehlzeiten reißt, dann wird daraus kein Anspruch daraus folgen vor allen anderen einen Wunschtermin zu bekommen. Es ist ein Schutz vor Benachteiligung ohne sachlichen Grund, kein Anspruch auf Vorzugsbehandlungen anderen gegenüber (pragmatisches Beispiel: Kinderbetreuung).

Nefazodon
12.02.2023, 22:37
Das Problem ist doch folgendes: Die Landesprüfungsämter sind bei der Zulassung zu den Staatsexamina sehr streng. Und dasselbe gilt in der Folge auch für die Universitäten. Was man tun muss um einen Schein zu erhalten ist i.d.R. an der jeweiligen Uni genau festgelegt und Fehltermine gibt es keine.
So ist zumindest meine Erfahrung, die aber durch sporadische Berichte hier im Forum immer wieder bestätigt wird.

Heißt: Fehlst Du 1 bis 2x im Kurs, gilt der als nicht bestanden/nicht absolviert. Punkt.

Im Gesetz steht, dass man nicht grundlos benachteiligt werden darf. Aber es ist eben nicht grundlos, wenn man die vorgebenen Voraussetzungen nicht erfüllt.
(Kein LPA wird sagen: dann war er/sie eben nicht ausreichend lange im HNO-Blockpraktikum; oder einen Tag weniger in der Famulatur....wir lassen sie/ihn trotzdem zum STEX zu....genauso die Uni).

Wie Du schon sagst: Es kann sein, dass das alles reibungslos läuft. Aber "kann" heißt nicht "muss". Ich würde mich dem nicht aussetzen wollen...

Feuerblick
13.02.2023, 06:26
Die 12 sind im Durchschnitt. Viel Spaß als Schöffe am LG im Umfangsverfahren in einer Haftsache, da wird mindestens zweimal, eher dreimal, pro Woche verhandelt und das im Regelfall den ganzen Tag lang.

Deswegen schrieb ich „im Durchschnitt“. Man muss ja nicht ans LG. Meines Wissens kann man da in der Bewerbung Wünsche äußern. In meiner Umgebung ist (zumindest in der Vergangenheit) ein Termin pro Monat am Amtsgericht die Regel gewesen.
Natürlich gibt es immer den Worst Case und natürlich gibt es immer unflexible Unis. Aber ich würde mal meinen, dass in der Regel das alles klappt - wenn die Uni wenigstens ein wenig Entgegenkommen zeigt. Zeigt sie Schwangeren oder Müttern gegenüber ja auch. Garantien hat man natürlich nie. Und ich würde mal behaupten, dass die Uni selbst dann keine Garantien geben würde, wenn klar ist, dass jemand als Schöffe berufen wurde. Bloß nix schriftlich geben…

Ist halt schade. Da werden Schöffen händeringend gesucht, eigentlich gibt es auch Vorgaben, dass dieses Amt ermöglicht wird (wie andere Ehrenämter auch), aber dann stehen solche Unwägbarkeiten im Weg. Kein Wunder, dass niemand solche Ehrenämter übernehmen will und dass mitnichten die Bevölkerung repräsentiert ist sondern meistens Menschen in fortgeschrittenen Berufsalter dort sitzen.

Was passiert eigentlich, wenn jemand ohne vorherige Bewerbung als Schöffe berufen wird? Ablehnen darf er nicht… und dann? Darf die Uni ihm dann Steine in den Weg legen und ihn damit benachteiligen?

Endoplasmatisches Reticulum
13.02.2023, 11:21
Naja ... es gibt halt nur schwierig quantifizierbare Benachteiligungen, die sich aus der Sache selbst ergeben. Wenn ich zum Schöffen berufen werde und in einer Firma arbeite, wo ich dann öfter fehle, öfter Extrawürste brauche, öfter in wichtigen Sitzungen nicht dabei bin, eine oder zwei Wochen im Monat nicht für Dienstreisen eingeplant werden kann wegen des Amtes, wird kein Arbeitgeber mir das als Grund nennen, wenn statt mir der Kollege befördert wird. Ausbildungen haben da eine Sonderstellung, da sie gewisse Inhalte vermitteln müssen. Ist ja wie im PJ oder der Ausbildung - Krankheit ist Mist, aber wenn die vorgegebenen Zeiten nicht absolviert wurden, müssen sie eben nachgeholt werden. Dasselbe mit der Schwangerschaft.

Autolyse
13.02.2023, 13:20
Deswegen schrieb ich „im Durchschnitt“. Man muss ja nicht ans LG. Meines Wissens kann man da in der Bewerbung Wünsche äußern. In meiner Umgebung ist (zumindest in der Vergangenheit) ein Termin pro Monat am Amtsgericht die Regel gewesen.
Der Schöffenwahlausschuss ist an die Wünsche nicht gebunden.


Natürlich gibt es immer den Worst Case und natürlich gibt es immer unflexible Unis. Aber ich würde mal meinen, dass in der Regel das alles klappt - wenn die Uni wenigstens ein wenig Entgegenkommen zeigt. Zeigt sie Schwangeren oder Müttern gegenüber ja auch. Garantien hat man natürlich nie. Und ich würde mal behaupten, dass die Uni selbst dann keine Garantien geben würde, wenn klar ist, dass jemand als Schöffe berufen wurde. Bloß nix schriftlich geben…

Ist halt schade. Da werden Schöffen händeringend gesucht, eigentlich gibt es auch Vorgaben, dass dieses Amt ermöglicht wird (wie andere Ehrenämter auch), aber dann stehen solche Unwägbarkeiten im Weg. Kein Wunder, dass niemand solche Ehrenämter übernehmen will und dass mitnichten die Bevölkerung repräsentiert ist sondern meistens Menschen in fortgeschrittenen Berufsalter dort sitzen.
Ich würde das nicht meinen. Ich habe an einer Uni mit geblockten Lehrveranstaltungen studiert. Da gab es genau für niemanden irgendwelches entgegenkommen. Passt Ihnen nicht? Dann viel Erfolg im nächsten Semester.


Was passiert eigentlich, wenn jemand ohne vorherige Bewerbung als Schöffe berufen wird? Ablehnen darf er nicht… und dann? Darf die Uni ihm dann Steine in den Weg legen und ihn damit benachteiligen?
Ablehnung nach § 35 Nr. 7 GVG, da die relevante Studienzeitverlängerung eine unzumutbare wirtschaftliche Härte darstellen wird. Das Beweismaß dafür ist auch niedrig: Es reicht Glaubhaftmachung.

Feuerblick
13.02.2023, 13:30
Na dann… mir wurde bisher immer nur zugetragen, dass Ablehnen quasi nur mit Kopf unterm Arm geht… :-nix

An meiner Uni war man damals sehr entgegenkommend. Bei Praktika, Pflichtveranstaltungen und was auch immer. Selbst im PJ wäre das kein Problem gewesen. Aber mir ist schon bewusst, dass nicht alle Unis sich diese Mühe machen.

Medisson21
13.02.2023, 15:19
Die Rechtsprechung versteht § 45 Ia 1 Alt. 2 DRiG nicht umfassend, sondern als Sperre einer Benachteiligung ohne sachlichen Grund (BVerwG, Urteil vom 28.07.2011, 2 C 45.09, Rn 19). Wenn es jetzt einen Block von einer Woche gibt, in der man die Fehlzeiten reißt, dann wird daraus kein Anspruch daraus folgen vor allen anderen einen Wunschtermin zu bekommen. Es ist ein Schutz vor Benachteiligung ohne sachlichen Grund, kein Anspruch auf Vorzugsbehandlungen anderen gegenüber (pragmatisches Beispiel: Kinderbetreuung).

Zunächst erwarte ich ja keine Wunschtermine - das dürfte ausgeschlossen sein im Unibetrieb, mir ging es darum, dass statt 1-2 Fehltermine eben ggf. mehr Fehltermine toleriert werden, wenn diese durch das Schöffenamt entstanden sind. "Benachteiligung ohne sachlichen Grund", diese Aussage verstehe ich nicht ganz. Ist damit gemeint, dass man z.B. wegen dem Schöffenamt nicht per se benachteiligt werden kann, a la "Du bist Schöffe, die mag ich nicht, deswegen bist du gefeuert/gehaltskürzung/irgendeine andere Benachteiligung"? MAn gibt es immer einen "sachlichen Grund" in der Praxis. Der Arbeitgeber hat doch selbstverständlich einen trifftigen Grund, wenn er dich feuert, da du öfters nicht zur Arbeit erscheinst, ggf. mehrmals und für viele Wochen. Aber ich nehme an, du meinst etwas anderes mit "sachlichen Grund", wäre nett, wenn du das nochmal für den durchschnittsmediziner erklärst :D. Wenn ich mir das Urteil so ansehe, dann scheint das Gericht auch wirklich extrem abzuwägen, ob das eine verkraftbare Benachteiligung ist oder nicht(dort geht es ja um Gleitzeit usw.). Wenn so ein Maß an mein Fall gelegt wird, kann ich mir durchaus vorstellen, dass die Rechtssprechung sagen würde, man dürfe mir hier die Fehltermine nicht anrechnen, da sie durch das Amt entstanden sind. Mehrere offizielle Infoseite sprechen davon, dass "jede" Benachteiligung unzulänglich sei, aber erwähnt auch, dass es zumutbare DInge geben kann(z.b. höherer Zeitaufwand)




Heißt: Fehlst Du 1 bis 2x im Kurs, gilt der als nicht bestanden/nicht absolviert. Punkt.

Im Gesetz steht, dass man nicht grundlos benachteiligt werden darf. Aber es ist eben nicht grundlos, wenn man die vorgebenen Voraussetzungen nicht erfüllt.
(Kein LPA wird sagen: dann war er/sie eben nicht ausreichend lange im HNO-Blockpraktikum; oder einen Tag weniger in der Famulatur....wir lassen sie/ihn trotzdem zum STEX zu....genauso die Uni).


Das sehe ich eigentlich genau wie du. Nur dass das LPA davon prinzipiell nichts mitbekommt, die erhalten nur den Schein am Ende. Famus etc. das stimmt, aber das ließe sich im Zweifel regeln, da ich hier nur ein Monat am Stück nachweisen muss. Mir gehts mehr um die Uni Veranstaltungen. Woher nimmst du den Punkt "nicht grundlos benachteiligt zu werden"? Ein Arbeitnehmer wird auch nicht grundlos benachteiligt, wenn er den halben Monat fehlt und entsprechend gekündigt wird. Trotzdem wird das durch den GG verboten.





Was passiert eigentlich, wenn jemand ohne vorherige Bewerbung als Schöffe berufen wird? Ablehnen darf er nicht… und dann? Darf die Uni ihm dann Steine in den Weg legen und ihn damit benachteiligen?

Das ist unerheblich. Man hat die selben Rechte und Pflichten als Schöffe, unabhängig wie man da reinkam. Aber diese Frage ist eben sehr interessant für mich. Niemand kann doch zugelost werden und dann sein Studium abbrechen müssen. Weshalb ich davon ausgehe, dass mir 1) kein Nachteil entstehen darf oder 2) Ich wegen der drohenden Existenznotlage das Amt ablehnen kann. Das würde mir ermöglich, mich zu bewerben, dann bei der Uni nachzufragen, falls die ablehnen -> das Schöffenamt nicht antreten.



Ablehnung nach § 35 Nr. 7 GVG, da die relevante Studienzeitverlängerung eine unzumutbare wirtschaftliche Härte darstellen wird. Das Beweismaß dafür ist auch niedrig: Es reicht Glaubhaftmachung.

Das hätte ich so auch gesehen. Und würde mir ermöglichen mich wie o.g. zu verhalten.



Und danke an die rege Diskussion, das hat mir jetzt schon sehr weitergeholfen. Hatte die Frage gestern auch noch in einem juranahen Forum geschrieben, da kam nur "dann mach es halt nicht oder warte 5 Jahre" :D

Autolyse
13.02.2023, 15:41
Zunächst erwarte ich ja keine Wunschtermine - das dürfte ausgeschlossen sein im Unibetrieb, mir ging es darum, dass statt 1-2 Fehltermine eben ggf. mehr Fehltermine toleriert werden, wenn diese durch das Schöffenamt entstanden sind. "Benachteiligung ohne sachlichen Grund", diese Aussage verstehe ich nicht ganz. Ist damit gemeint, dass man z.B. wegen dem Schöffenamt nicht per se benachteiligt werden kann, a la "Du bist Schöffe, die mag ich nicht, deswegen bist du gefeuert/gehaltskürzung/irgendeine andere Benachteiligung"? MAn gibt es immer einen "sachlichen Grund" in der Praxis. Der Arbeitgeber hat doch selbstverständlich einen trifftigen Grund, wenn er dich feuert, da du öfters nicht zur Arbeit erscheinst, ggf. mehrmals und für viele Wochen. Aber ich nehme an, du meinst etwas anderes mit "sachlichen Grund", wäre nett, wenn du das nochmal für den durchschnittsmediziner erklärst :D. Wenn ich mir das Urteil so ansehe, dann scheint das Gericht auch wirklich extrem abzuwägen, ob das eine verkraftbare Benachteiligung ist oder nicht(dort geht es ja um Gleitzeit usw.). Wenn so ein Maß an mein Fall gelegt wird, kann ich mir durchaus vorstellen, dass die Rechtssprechung sagen würde, man dürfe mir hier die Fehltermine nicht anrechnen, da sie durch das Amt entstanden sind. Mehrere offizielle Infoseite sprechen davon, dass "jede" Benachteiligung unzulänglich sei, aber erwähnt auch, dass es zumutbare DInge geben kann(z.b. höherer Zeitaufwand)
Die Fehltermine nicht anzurechnen wäre rechtswidrig, weil Du dann bevorteilt würdest.
Sachlicher Grund ist ganz einfach: Sachlicher Grund = jeder, der mehr als 1 Fehltermin hat, hat die Leistung nicht erfüllt, egal warum. Kein sachlicher Grund (theoretisch) = dies wird Eltern mit Kindern zugestanden, nicht jedoch den Schöffen.


Das ist unerheblich. Man hat die selben Rechte und Pflichten als Schöffe, unabhängig wie man da reinkam. Aber diese Frage ist eben sehr interessant für mich. Niemand kann doch zugelost werden und dann sein Studium abbrechen müssen. Weshalb ich davon ausgehe, dass mir 1) kein Nachteil entstehen darf oder 2) Ich wegen der drohenden Existenznotlage das Amt ablehnen kann. Das würde mir ermöglich, mich zu bewerben, dann bei der Uni nachzufragen, falls die ablehnen -> das Schöffenamt nicht antreten.
Das würde ich nicht gleichsetzen. Wenn Du Dich freiwillig bewirbst, dann bist Du bereit etwaige Nachteile in Kauf zu nehmen.

Autolyse
13.02.2023, 15:44
Na dann… mir wurde bisher immer nur zugetragen, dass Ablehnen quasi nur mit Kopf unterm Arm geht… :-nix
Als Arbeitnehmer ist das so. Ansonsten betrifft das viel eher die ehrenamtlichen Richter, weil deren Möglichkeiten nicht herangezogen zu werden deutlich enger sind. Vergleiche den Wortlaut von § 24 II VwGO und § 35 Nr. 7 GVG.

Medisson21
13.02.2023, 23:21
Die Fehltermine nicht anzurechnen wäre rechtswidrig, weil Du dann bevorteilt würdest.
Sachlicher Grund ist ganz einfach: Sachlicher Grund = jeder, der mehr als 1 Fehltermin hat, hat die Leistung nicht erfüllt, egal warum. Kein sachlicher Grund (theoretisch) = dies wird Eltern mit Kindern zugestanden, nicht jedoch den Schöffen.


Das würde ich nicht gleichsetzen. Wenn Du Dich freiwillig bewirbst, dann bist Du bereit etwaige Nachteile in Kauf zu nehmen.


Verstehe, danke für die Klarstellung! Wo siehst du den Unterschied zum Fall Arbeitnehmer-Student? Der Arbeitnehmer wird schließlich auch bevorteilt, weil er nicht zur Arbeit erscheinen muss. Er hat seinen Vertrag nicht erfüllt, der besagt, dass er eben die 40 Stunden die Woche da sein muss. Also so meine Sichtweise

Über den anderen Punkt müssen wir nicht besonders diskutieren, da es ja scheinbar schon an anderer Stelle hakt. Aber ich nahm die Info von vers. semi-offiziellen Seiten
z.B. https://www.schoeffenwahl.de/arbeitgeber/schutzrechte.html
"Nach § 45 Abs. 1a DRiG dürfen ehrenamtliche Richter – also auch die Schöffen – in der Übernahme oder Ausübung des Amtes weder beschränkt noch deswegen benachteiligt werden (Benachteiligungsverbot). Sie sind für die Zeit ihrer Tätigkeit bei Gericht von der Arbeitsleistung freizustellen. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen der Übernahme oder der Ausübung des Amtes ist unzulässig. Die Landesverfassung Brandenburg schließt in ihrem Art. 110 für die Dauer der Amtszeit sogar jede Kündigung aus, es sei denn, dass Gründe für eine außerordentliche Kündigung vorliegen. Unerheblich ist dabei, ob sich der Arbeitnehmer für das Amt beworben hat oder vorgeschlagen wurde."

Autolyse
14.02.2023, 10:49
Verstehe, danke für die Klarstellung! Wo siehst du den Unterschied zum Fall Arbeitnehmer-Student? Der Arbeitnehmer wird schließlich auch bevorteilt, weil er nicht zur Arbeit erscheinen muss. Er hat seinen Vertrag nicht erfüllt, der besagt, dass er eben die 40 Stunden die Woche da sein muss. Also so meine Sichtweise

Über den anderen Punkt müssen wir nicht besonders diskutieren, da es ja scheinbar schon an anderer Stelle hakt. Aber ich nahm die Info von vers. semi-offiziellen Seiten
z.B. https://www.schoeffenwahl.de/arbeitgeber/schutzrechte.html
"Nach § 45 Abs. 1a DRiG dürfen ehrenamtliche Richter – also auch die Schöffen – in der Übernahme oder Ausübung des Amtes weder beschränkt noch deswegen benachteiligt werden (Benachteiligungsverbot). Sie sind für die Zeit ihrer Tätigkeit bei Gericht von der Arbeitsleistung freizustellen. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen der Übernahme oder der Ausübung des Amtes ist unzulässig. Die Landesverfassung Brandenburg schließt in ihrem Art. 110 für die Dauer der Amtszeit sogar jede Kündigung aus, es sei denn, dass Gründe für eine außerordentliche Kündigung vorliegen. Unerheblich ist dabei, ob sich der Arbeitnehmer für das Amt beworben hat oder vorgeschlagen wurde."
Ein Arbeitnehmer ist kein Student und der Pflichtenkreis ist anders, deswegen schreibt deine Quelle da auch Arbeitnehmer.. Da wirkt das Gesetz in die zivilrechtliche Verpflichtung hinein. Der Grundsatz dabei ist, dass ohne Arbeitsleistung kein Lohnanspruch besteht und ein Fehlen ohne Urlaub/Krankheit/zwingende Gründe eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers ist. Die Regelung für Arbeitnehmer bewirkt nun für die Kernzeit einen Freistellungsanspruch ohne Vergütung (Lohnersatz nach JVEG tritt an die Stelle), weil nur in der Kernzeit überhaupt eine Pflichtenkollision vorliegt.

Die Rechtsnatur des Studiums ist schon anders, man befindet sich im öffentlich-rechtlichen Sonderrechtsverhältnis und die Kriterien der Prüfungsleistungen folgen aus einer öffentlich-rechtlichen Norm. Die Lage ist schon nicht vergleichbar. Wenn eine zwingende Studienleistung nicht erbracht wird, die jeder andere ohne Ausnahme erbringen muss, dann ist das keine Beseitigung der Benachteiligung, sondern eine Bevorteilung, weil etwas ermöglicht wird, was weder vorgesehen ist noch jemandem anderen zusteht. Beispiel: Blockpraktikum Pädiatrie über eine Woche. In dieser Woche finden drei Sitzungstermine (Haftsache!) statt. Hast du mit lediglich 2/5 der Leistung die gleiche Leistung erbracht wie jeder andere Student? Ist so sichergestellt, dass die Wissensvermittlung ausreichend war? Gibt dir das nicht bei Misserfolg sogar ein Anfechtungsrecht, weil man dich gar nicht hätte zulassen dürfen?