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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Liquorableitungsoperation



Sidewinder
24.01.2004, 15:06
Wir machen ja gerade diese ganze Neuroanatomie und jetzt hab ich heute Nachmittag einfach mal ein paar klinische Anmerkungen nachgelesen und dabei bin ich auch über die Liquorableitungsoperationen gestolpert und mich würden da mal so ein paar Dinge interessieren:
Es steht da so schön geschrieben, dass es z.B. möglich ist, einen Schlauch in das Hinterhorn der Seitenventrikels vorzuschieben...also bin ich jetzt nur irgendwie verpeilt, oder müsste man dann da nicht "Hirnmasse" verletzen, um an das Hinterhorn ranzukommen?? Oder gibt es da irgendwelche Zugangswege, die es ermöglichen, da ohne größere Verletzungen hinzugelangen? So wie ich das im Kopf habe ist ja das Hinterhorn komplett ins Marklager eingebettet!
Und dann heißt es noch so schön, dass man z.B. einen ventrikuloatrialen Shunt legen, also den Liquor in den rechten Herzvorhof ableiten kann...aber ist das ein Dauerzustand? Also ich mein, man kann doch so einen Schlauch nicht ein Leben lang im rechten Vorhof liegen lassen, oder wird das so gemacht?
Und dann würde mich noch interessieren, was so die gängigsten Methoden zur Liquorableitung sind, die man heutzutage verwendet, z.B. beim Hydrocephalon!

Schonmal Danke, falls sich irgendwer berufen fühlt, zu antworten!
:-D

Hellequin
24.01.2004, 16:06
Ich hab ein Jahr lang in der Neuro gearbeitet, da hatten wir öfters Leute mit Shunt gehabt. Und eigentlich ist die Anlage auch auf Dauer gedacht. Normalerweise werden sie nur ausgewechselt,
wenn sie verstopft sind, bzw. müssen sie bei Kindern ans längenwachstum angepasst werden. Die am häufigsten verwendeten Systeme sind ventrikuloatrial bzw. ventrikuloperitoneal. Bei Liquorabflußstörungen kann man wohl in einigen Fällen auch microchirugisch was machen, aber hab ich selber noch nicht gesehen. Wir hatten bei uns auch öfters Pat. im fortgeschrittenen Alter mit einem Normaldruckhydrocephalus, da war es meistens so das man die halt alle paar Monate einbestellt und lumbalpunktiert hat. Stell ich mir auf Dauer aber auch nicht so angenehm vor.

Rico
24.01.2004, 16:18
Original geschrieben von Sidewinder
Es steht da so schön geschrieben, dass es z.B. möglich ist, einen Schlauch in das Hinterhorn der Seitenventrikels vorzuschieben...also bin ich jetzt nur irgendwie verpeilt, oder müsste man dann da nicht "Hirnmasse" verletzen, um an das Hinterhorn ranzukommen?? Oder gibt es da irgendwelche Zugangswege, die es ermöglichen, da ohne größere Verletzungen hinzugelangen? So wie ich das im Kopf habe ist ja das Hinterhorn komplett ins Marklager eingebettet!Wenn mich meine dürftigen neuroanatomischen Kenntnisse nicht im Stich lassen, dann hat der 4. Ventrikel doch eine Öffnung zu dem Durasack, der das Rückenmark umschließt, dann könnte man da einen Schlauch durchpfriemeln, durch den 4. Ventrikel, den 3. Ventrikel in einen der Seitenventrikel.. taddaa.... :-notify
Wird aber in der Regel nicht gemacht, weil ja meistens das Problem eine Abflußbarriere irgendwo in diesem Bereich ist und so sticht man doch eher durch ein Trepanationsbohrloch auf das Hinterhorn zu (auf dieser Seite (http://www.choa.org/library/conditions/hydro-systems.shtml) sind zwei Bilderchen dazu).
Viel kaputtmachen tut man dabei nicht, denn so dick ist der Schlauch ja nicht und in Anbetracht der Langzeitfolgen, die ein unbehandelter Hydrocephalus internus mit sich brächte ist das sicherlich das kleinere Übel.

Original geschrieben von Sidewinder
Und dann heißt es noch so schön, dass man z.B. einen ventrikuloatrialen Shunt legen, also den Liquor in den rechten Herzvorhof ableiten kann...aber ist das ein Dauerzustand? Also ich mein, man kann doch so einen Schlauch nicht ein Leben lang im rechten Vorhof liegen lassen, oder wird das so gemacht?Doch, ist ein Dauerzustand.
Probleme gibt's nur bei Kindern, die irgendwann mal zu groß werden für den Schlach den sie da eingesetzt bekommen, da muß man dann entweder nochmal operieren oder wenn möglich gleich ein gewisses "Schlauchreservoir" anlegen.
Das hält dann auch ganz gut - die häufigsten Komplikationen sind Verstopfung und Infektion, v.a. wegen letzterem müssen diese Patienten auch bei leichten Infekten wie alle Leute, die irgendwelches synthetisches Material im Körper haben ordentlich mit Antibiotika abgedeckt werden.
Tut man das nicht (z.B. als Allgemeinmediziner, Urologe, Zahnarzt), dann liegt kein Kunstfehler, sondern ein grob fahrlässiges Handeln vor und Deine versicherung zahlt null-komma-nix und Du selber alles!

Sidewinder
24.01.2004, 17:06
So, das bringt ja schon etwas Licht in die Sache...die Idee mit dem Zugang über den vierten und dritten Ventrikel zum Seitenventrikel hatte ich auch schon, aber du hast es ja selber erwähnt, da liegt ja oft die Abflussbarriere...ich finde das aber trotz dünnem Schlauch trotzdem faszinierend, dass man da "einfach so" ins Gehirn gehen kann, ohne was dabei kaputt zu machen....
Aber läuft man z.B. bei einem Shunt in den Herzvorhof nicht Gefahr, dass der evtl. bei ruckartigen Bewegungen des Kopfes verrutscht und sich am Herzmuskel spießt?
Ja, mag sein, dass das weit hergeholt klingt, aber kann man den Schlauch wirklich so gut fixieren?

lala
25.01.2004, 10:53
Hallo,

Rico hats ja schon gut erklärt. Also wie das mit der Lage des ventrikuloatrialen Shunts ist weiß ich nicht so genau, ich kenne nur einige Patienten mit ventrikuloperitonealem Shunt, ist glaube ich auch häufiger...
Hirngewebe verletzen tut man schon, aber wie schon erwähnt ist der Nutzen da größer als das Risiko. Ich kenne viele Patienten bei denen wir wegen Hirnblutungen mit Ventrikeleinbruch und Liquorstau Duisburger Nadeln haben legen lassen (leider hab ichs immer noch nicht selber tun dürfen....) zum vorrübergehenden Ableiten, die hatten hinterher dadurch keine zusätzlichen Probleme. Klar, es kann sich im Stichkanal eine Narbe bilden was schleßlich ein epileptogener Focus werden kann, aber immer noch besser als an der ICB zu sterben :-)

Sidewinder
25.01.2004, 13:39
Das gefällt mir an diesem Forum, wenn man mal schnell was wissen will, dann gibt's immer jemanden, der es einem super erklärt! :-top