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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ich glaube, ich war bei einem Fake-Arzt. Sollte man sowas melden?an



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Berry-Alan
04.06.2023, 10:29
Hallo zusammen,

ich war vor einigen Monaten als Begleiter meines Vaters bei einem FA. Seine Aussagen waren aber so was von unmedizinisch/unwissenschaftlich/einfach falsch, dass ich echt denke, dass er kein Arzt sein kann. Da er ein ziemliches Nischenfach praktiziert und ich nicht hier bin, um jemanden zu denunzieren, werde ich nicht sein genaues Fachgebiet nennen, aber sein Behandlungsspektrum ist irgendwo zwischen Orthopädie und Sportmedizin einzuordnen.

Ich war mit meinem Vater bei ihm, da er sich vorallem auf konservative Therapie von Sportverletzungen/Alterserkrankungen wie Arthrose spezialisiert hat, und da mein Vater nicht operiert werden möchte, hielt ich ihn für eine gute Anlaufstelle. Wir kommen da an und mein Vater erzählt ihm von seinem AC-Arthrose und Frozen Shoulder am anderen Arm und dass er trotz der Geringfügigkeit des Verschleißes und Schmerzmedikation große Schmerzen hat. Der Doc hörte erst zu, schaute kurz meinen Vater an und sagte: "Ich kann Ihnen ansehen, dass ihnen einfach viele Mineralstoffe fehlen. Das wird der Grund sein".
Mein Vater war erst verwirrt, und fragt nach, wie er darauf kommt, da der "Doc" ja weder seine Laborwerte kennt und mein Vater an sich auf seine Ernährung achtet. Da wurde der Doc dann um Einiges arroganter und meinte: "Sie sind also der Meinung, es besser zu wissen. Dann sagen Sie mir doch: Was macht Vitamin D3, was ist seine Aufgabe? Haa? Keine Antwort? Was macht wohl Magnesium im Körper? Auch keine Ahnung? Dann wissen Sie aber, was Coenzym Q für ne Rolle spielt. Auch nicht? Dachte ich mir doch". Da bin ich (Medstudent im 6. Semester) etwas ausgetickt und habe ihm seine Fragen beantwortet und damit diesem spontanen mündlichen BC-Testat ein Ende gemacht und fragte, worauf er damit hinaus möchte. Ab da dann war sein Verhalten anders: "Ach sagen Sie doch, dass Sie ein Kollege sind. Ihr Vater hat die nötigen Mineralien und Conenzym Q nicht im Körper. So können seine Mitos keine Energie mehr produzieren. Und wo keine Energie ist, kann der Körper auch den Schmerz trotz Medikation nicht ausschalten" Meine Reaktion: 😐😐😐🤯
Und dann hat er noch 20 Min mit über Energie und was Energie ist, philosophiert.

Ich bin noch mind 8 Semester von der Approbation entfernt, aber das, was dieser "Doc" von sich gab, lässt mich seitdem nicht locker, denn das alles war doch einfach völliger Blödsinn, was er da von sich gegeben hat. Auf seiner Homepage steht auch, dass er vor 10 Jahren aus dem Mittleren Osten gekommen ist und seit 8 Jahren diese Praxis hat. Nirgendswo habe ich aber was darüber gefunden, wann/wo er seinen FA gemacht hat.
Denkt ihr wirklich, dass jemand, der so etwas Falsches und Unmedinisches von soch gibt, kann ein echter Arzt sein? Sollte man das melden, oder einfach leben und leben lassen? (bin nämlich nicht wirklich scharf darauf, jemandes Lebensgrundlage zu zerstören). Was würdet ihr in meiner Lage tun?

Relaxometrie
04.06.2023, 10:40
Wie funktioniert denn die Abrechnung in dieser Praxis? Kann man da als GKV-Patient hingehen und die Versicherungskarte wird eingelesen, oder behandelt der Arzt ("Arzt" :-)) ) nur Privatpatienten und Selbstzahler?
Steht auf seinem Praxisschild explizit, dass er "Facharzt für ......" ist?

Haffi
04.06.2023, 10:40
Hat der Herr denn eine Kassenzulassung oder handelt es sich um einen reinen Privatarzt? Grundsätzlich ist ja nichts unmöglich, leider kann ich die definitiv approbierten KollegInnen, von denen ich weiß, dass sie Scharlatanerie betreiben, gar nicht mehr zählen. Von Pendeln über obstruse Mikrobiom-Stuhldiagnostik ist da vieles dabei. Es besteht eine gewisse Nachfrage bei einem Teil der Patienten und manch ein Kollege möchte dieses Feld nicht vollends den Heilpraktikern überlassen

Feuerblick
04.06.2023, 10:52
Approbation schützt vor Schwurbel nicht… Insofern…
Wenn er Vertragsarzt ist und über Krankenkassenkarte abrechnet, dann müsste ja eigentlich die KV draufgeschaut haben, welche Art Facharztanerkennung da vorliegt. Wende dich in dem Fall mal an die zuständige KV.

Berry-Alan
04.06.2023, 12:02
Ja, er hat ne Kassenzulassung. Da steht kein FA-Titel, sondern nur der ausländische Dr.-Titel, den er aus dem nahen Osten. Auf seiner Praxisseite steht auch nirgends ein FA-Titel, sondern nur "Ihr Arzt (ausländischer Doktortitel folgt) für Reha".

JJ*
04.06.2023, 12:04
Denkt ihr wirklich, dass jemand, der so etwas Falsches und Unmedinisches von soch gibt, kann ein echter Arzt sein?
Ja, natürlich. Mir fallen aus dem Stehgreif ohne lange zu überlegen zwei Praxen ein, in denen vergleichbare oder noch wesentlich abstrusere Konversationen denkbar wären. Mit Kassenzulassung, aber natürlich muss die Zaubermedizin und alles was dazugehört dann privat bezahlt werden.

Was du tun solltest? Anderen Arzt suchen und wenn du sehr motiviert bist vielleicht eine sachliche Rezension bei Google, Jameda o.Ä. hinterlassen, damit potenzielle Kundschaft im Vorfeld weiß, was dort zu erwarten ist.

Berry-Alan
04.06.2023, 12:04
Wie funktioniert denn die Abrechnung in dieser Praxis? Kann man da als GKV-Patient hingehen und die Versicherungskarte wird eingelesen, oder behandelt der Arzt ("Arzt" :-)) ) nur Privatpatienten und Selbstzahler?
Steht auf seinem Praxisschild explizit, dass er "Facharzt für ......" ist?

Nein, da steht am Praxisschild nur "Rehazentrum" (bestehend aus einem Arzt und einem Behandlungsraum, der eher was von einem Flohmarkt als einer Praxis geschweige denn Rehazentrum hatte).

Relaxometrie
04.06.2023, 12:04
Ja, er hat ne Kassenzulassung. Da steht kein FA-Titel
Kassenzulassung und KEIN Facharzttitel? Da ist was faul. Wie Feuerblick geschrieben hat: bei der KV melden.

Berry-Alan
04.06.2023, 12:05
Erschreckend zu hören, wie viele unqualifizierte "Kollegen" es so gibt...

Relaxometrie
04.06.2023, 12:10
Deswegen ist "melden" auch richtig. Nicht, weil man Blockwart spielen möchte, sondern weil ein Mindestmaß an Qualität aufrecht erhalten werden sollte, wenn ein Arzt über die gesetzliche Krankenversicherung abrechnet.
Dass die Ärzte, die ausschließlich Privatpatienten und Selbstzahler behandeln, ggfs. zu wenig kontrolliert werden, bzw. sich da auch leicht Scharlatane betätigen können, ist bestimmt auch eine interessante Diskussion.
Aber bei der oben erwähnten Konstellation "Kassenabrechnung, aber kein Facharzttitel" ist definitiv etwas faul. Andererseits verstehe ich gar nicht, wie es dazu kommen kann. Wenn man den KV-Sitz beantragt, wird doch eigentlich geprüft, ob man einen Facharzttitel hat. Und wenn man ihn nicht wirklich hat, sondern bei der KV lügt (und damit erstmal durchkommt), würde man den falschen Titel doch garantiert auf das Praxisschild schreiben.

Nefazodon
04.06.2023, 12:13
Klingt für mich nicht zwingend nach jemandem der gleich seine ganze Approbation gefaked hat und kein richtiger Arzt ist. Klingt aber schon nach Esoteriker/Schwurbler.

Wenn er eine Kassenzulassung hat, muss er Facharzt sein. Mir wäre keine Ausnahme von der Regel bekannt. Das schützt leider nicht vor Nonsense/Schwurbellei.

Wenn Du Zweifel hast, kannst Du bei der KV und/oder bei der Ärztekammer nachfragen. Ist halt die Frage ob sich das lohnt.

Letztlich gibt es (leider) einen Markt für solche Angebote. Es gibt Leute, die wollen sowas.
Ich persönlich werde ja immer schon stutzig, wenn jemand als Einziger eine Nische besetzt/besetzen will.
Wenn das, was angeboten wird so gut ist, warum machen es andere nicht auch?

Edit: Aber die Frage in diesem Fall ist tatsächlich, ob der Arzt überhaupt eine Kassenzulassung hat. Nur weil ein Praxisschild existiert, muss das nämlich nicht der Fall sein. Wie wurde mit deinem Vater abgerechnet? Über die Krankenkassenkarte?
Im Zweifel mal tatsächlich bei den o.g. Institutionen nachfragen. Wenn der Kollege eine Approbation und Kassenzulassung hat, hat er alleine wegen deiner Anfrage nichts zu befürchten.

Relaxometrie
04.06.2023, 12:32
Jetzt geht die Phantasie vielleicht ein bißchen mit mir durch :-oopss
Du könntest bei der Krankenkasse mal nachfragen, ob der Besuch in der Praxis wirklich abgerechnet wurde. Irgendwie habe ich gerade die Vorstellung, dass man als Schwurbelarzt, der keine Kassenzulassung hat, erstmal eine Kassenzulassung vortäuschen kann und so Kassenpatienten in die Praxis lockt. Dann wird die Versichertenkarte zwar "eingelesen", damit es wie ein normaler Abrechnugsvorgang aussieht. Hinter den Kulissen wird aber keine Abrechnung mit der GKV angeleiert, weil man dafür ja gar keine Berechtigung hat. Wenn der Patient dann aber mal in der Praxis ist und sich von dem Schwurbel überzeugen lässt, zahlt er die Rechnungen selbst.

Berry-Alan
04.06.2023, 12:39
Hmm interessante Antworten. Ich habe mir nochmal alles angeschaut. Auf dem Rezept, was er uns gegeben hat, steht da wo der Praxisstempel kommt nur: Name, der ausländische Doktortitel (ein sehr langer Titel) und Rehazentrum XY und dann noch die Unterschrift. Auf der Seite steht zwar Facharztpraxis XY, aber in seinem Lebenslauf steht nur: Arzt im Praktikum (im Ausland) und dann seit 10 Jahren Inhaber und Facharzt in eigener Praxis.
Vielleicht sollte ich wirklich mal bei der KV nachfragen

Berry-Alan
04.06.2023, 12:43
Denn was ich auch komisch fand, war, dass er die AU meines Vaters nicht verlängert hat, mit dem Hinweis, dass er unter keinen Umständen eine AU ausstellt, da er sonsg Probleme mit der KV bekommt (hat es anders argumentiert, aber hatte bei seiner Antwort das Gefühl, als ob er nicht möchte, dass die Kasse irgendwie auf ihn aufmerksam wird).

alphamethyldopa
04.06.2023, 12:57
Also nirgendwo steht seine LANR? Jeder Vertragsarzt der bei der KV registriert ist, muss die LANR haben

RussianAngel
04.06.2023, 13:08
Liebe Kollegen,
ich bin wieder mal etwas alternativ und melde meine Meinung:
ich finde diese ganze Diskussion, angespornt von jemanden im 6 Semester (wohl ein sehr kollegialer zukünftiger Kollege) etwas übertrieben...Es ist nicht unsere Aufgabe und gar nicht die Aufgabe von einem Angehörigen vom Patienten, nach einem einmaligen Besuch bei einem Arzt seine ganze Ausbildung zu degradieren. Ich habe wirklich keine Vorstellung über den genauen Fall, aber es ist schon etwas dreist...Heutzutage sind die Patienten manchmal nur frech...

Wenn es Dir nicht gefällt, such Dir einen anderen Arzt und konzentriere Dich auf deine eigene Weiterbildung, so dass Du nicht so wirst...Es ist erschreckend, wie viele Kollegen auf die Geschichte, die ein einmaliger Kontakt schildert, reinspringen...

Abgesehen davon ist Energie schon wichtig für unseren Körper lol sowie Mineralien und Vitamine, ich war natürlich nicht da, aber so eine Aufregung über diese Aussage? Sollte er besser Deinem Vater die Aktivierung von Vitamin D und die Funktion von den Co-enzymen biochemisch erklären? Ich kann wetten, dass niemand das ca. 2-3 Semester nach dem Physikum so wirklich hinkriegen würde...

Relaxometrie
04.06.2023, 13:14
Wir degradieren hier nicht die Ausbildung des Kollegen, sondern wollen das GKV-System vor Schwurblern bewahren.

Nefazodon
04.06.2023, 13:20
Liebe Kollegen,
ich bin wieder mal etwas alternativ und melde meine Meinung:
ich finde diese ganze Diskussion, angespornt von jemanden im 6 Semester (wohl ein sehr kollegialer zukünftiger Kollege) etwas übertrieben...Es ist nicht unsere Aufgabe und gar nicht die Aufgabe von einem Angehörigen vom Patienten, nach einem einmaligen Besuch bei einem Arzt seine ganze Ausbildung zu degradieren. Ich habe wirklich keine Vorstellung über den genauen Fall, aber es ist schon etwas dreist...Heutzutage sind die Patienten manchmal nur frech...

Wenn es Dir nicht gefällt, such Dir einen anderen Arzt und konzentriere Dich auf deine eigene Weiterbildung, so dass Du nicht so wirst...Es ist erschreckend, wie viele Kollegen auf die Geschichte, die ein einmaliger Kontakt schildert, reinspringen...

Abgesehen davon ist Energie schon wichtig für unseren Körper lol sowie Mineralien und Vitamine, ich war natürlich nicht da, aber so eine Aufregung über diese Aussage? Sollte er besser Deinem Vater die Aktivierung von Vitamin D und die Funktion von den Co-enzymen biochemisch erklären? Ich kann wetten, dass niemand das ca. 2-3 Semester nach dem Physikum so wirklich hinkriegen würde...

@RussianAngel: Kann dir nicht zustimmen!

Es ist nicht unsere Aufgabe, die Ausbildung von anderen Ärzten pauschal in Frage zu stellen.

Es sollte aber die Aufgabe jeder Ärztin und jedes Arztes sein, Schwurbelei im Gesundheitswesen entschieden entgegen zu treten und zu verhindern!

Das Anbieten einer Vitamintherapie ohne adäquate Diagnostik (z.B. Vitaminspiegelbestimmung) und ohne Evidenz gehört für mich dazu.

Wenn der Kollege eine Approbation und eine Kassenzulassung hat, hat er aufgrund der Nachfrage des TE nichts zu befürchten.
Also, warum in diesem Fall nicht nachfragen?
Wird meiner Meinung nach viel zu selten gemacht.

alphamethyldopa
04.06.2023, 13:36
Vielleicht hat der Typ ja auch kein echtes Diplom? Es gibt ja immer mal wieder solche, die durch den Sieb bei der Bezirksregierung oder Ärztekammer durchrutschen, und fallen dann irgendwann Jahre später auf. Oder eben nicht.

Verwerflich ist der Verdacht ja nicht.

alphamethyldopa
04.06.2023, 13:38
Und ich meine, ja selbst wenn der Threadersteller noch selber kein Arzt ist, so what?
Muss man Arzt sein, um zu spüren, dass irgendwas nicht ganz kosher ist?