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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Erstes Famulatur in der Gefäßchirurgie ohne besondere Erfahrungen



Berry-Alan
11.06.2023, 08:00
Hallo zusammen,

ich lege bald mein Physikum ab (Modellstudiengang) und da mir das nötige Kleingeld für Reisen fehlt, dachte ich mir, dass ich den Monat September für mein 1. Famulatur nutze.
Ich möchte gerne später in die Gefäßchirurgie (oder Allgemeinmedizin bzw. Neurologie 😅) und habe mich deshalb scon an einige Kliniken für Gefäßchirurgie beworben (2 Zusagen sind schon da). Nur langsam habe ich etwas Sorge, ob Gefäßchirurgie als 1. Famu so Sinn macht.

Endoplasmatisches Reticulum
11.06.2023, 08:29
Klar. Famulaturen sind (u.a.) genau dafür da, so etwas zu lernen. Wann und wo denn sonst? Der OP ist oft ein raues Umfeld, auf spezielle Charaktere kannst du da schon treffen. Aber als Famu wirst du vermutlich die meiste Zeit auf Station verbringen. Vor allem, wenn es deine Erste ist. Da hast du alle Zeit der Welt, um dich auszuprobieren. Und dass du mal einen Zugang nicht hin bekommst, wird dir auch nach Jahren noch passieren. Da ist nichts dabei.

Ich würde übrigens denken, dass ein ambulantes Fach wie Allgemeinmedizin auf Grund der höheren Taktung und der Fixierung vieler Patienten auf "ihren Hausarzt" deutlich anfängerunfreundlicher ist.

davo
11.06.2023, 08:31
Dass es in der Chirurgie viele verhaltensauffällige Menschen gibt, die ihre Anspannung und ihren Stress, die sie sich natürlich nie eingestehen würden, an ihren Untergebenen auslassen, ist ja allgemein bekannt, und hast du offenbar schon hinreichend erlebt.

Trotzdem glaube ich, dass sich, wenn du an diesem Fach interessiert bist, ein chirurgisches Fach viel besser für eine erste Famulatur eignet als Allgemeinmedizin. Allgemeinmedizin ist erst dann sinnvoll, macht erst dann Spaß, wenn man schon viel weiß, wenn man zumindest Innere schon hinter sich hat.

Aber vielleicht wär für den Einstieg ja ein großes chirurgisches Fach sinnvoller, da es breiter ist? Z.B. ACH/VCH?

Dooly
11.06.2023, 09:50
Die GCH, an der ich im Chirurgie PJ mit der Rotation begonnen hab, wäre für die Erstlingsfamulatur sehr gut geeignet. Weil zwei tolle Ärzte, der damalige CA und der damalige FOA, nicht mehr dort sind, kann ich das leider nicht mehr weiterempfehlen, da ich nicht weiß, wie sich dort die Strukturen verändert haben. BEs/Viggos konnte man im Schutze einer großen PJ-Community üben. Ich hab allerdings in keiner meiner Famulaturen BEs und Viggos machen müssen, vielleicht ist es bei dir dann auch so und du stresst dich mit dieser Sorge an dieser Stelle noch umsonst. Ich durfte nicht in der Vorklinik Famulaturen machen, das ging erst ab dem 5. Semester. Wir haben auch ein Modul an der Uni gehabt, das die „Famulatur-Reife“ bescheinigt. Da ging es um Gespräche, körperliche Untersuchung, Hygiene und so was. Das war gut, die erste Famu am Ende des 1. klinischen Semesters zu machen und ich würde daher eigentlich eher von ner Famu am Ende des 4. Semesters abraten.

Endoplasmatisches Reticulum
11.06.2023, 09:59
Ganz ehrlich? Die praktische Lernkurve im Medizinstudium ist künstlich unglaublich flach gehalten. Wie viele Monate man übers gesamte Studium hinweg im Krankenhaus sein muss, ohne insbesondere in den ersten Jahren irgendetwas wirklich tun zu dürfen, steht in keinem Verhältnis.

Rückblickend habe ich in keiner Famulatur nennenswerte Fähigkeiten erlernt, die all die Jahre später jetzt irgendeinen Unterschied machen würden. Blutentnahmen, BEs, Patientengespräche ... lernt man alles spätestens im PJ. Der einzige wirkliche Sinn in den Famulaturen war für mich, einen groben Einblick in das Fach zu bekommen und festzustellen, ob ich mir das prinzipiell für später vorstellen könnte. Die Antwort war meistens "nein". Dafür hätten es aber nicht jeweils 4 Wochen sein müssen. Der Nutzen ist selbst dafür auch wirklich sehr beschränkt, weil zum PJ ein Perspektivwechsel kommt und zum AiW dann nochmal ein dreimal so großer.

Famus sind da, um abgerissen zu werden. Idealerweise hat man eine ganz nette Zeit, entdeckt vielleicht grob ein Fach für sich, und lernt noch etwas. Das ist aber Glück und Bonus. Wenn man Zeit zwischen zwei Semestern hat und eine Famulatur abhaken kann, sollte man das m.E. unbedingt tun. Man schafft sich damit für die späteren Semester zusätzlichen Puffer für eine etwaige Doktorarbeit oder die Möglichkeit, eine miserable Famu ggf. auch mal einfach abzubrechen und zu chillen.

Nur ambulante Famus würde ich aus den genannten Gründen tatsächlich nicht unbedingt als erstes angehen.

Dooly
11.06.2023, 11:58
Habe gegensätzliche Erfahrungen gemacht und von Famu zu Famu gut aufeinander aufgebaut und viel gelernt. Dennoch stimme ich zu, dass ich abhaken würde, was möglich ist. Bei uns, wie gesagt, wäre das zu meiner Zeit (2017) nicht möglich gewesen am Ende vom 4. Semester und am Ende vom 5. Semester ist früh genug. Bei mir war das Physikum schon eine wichtige Station und ich hab nach dem 1. klinischen ein anderes Selbstverständnis gehabt.

Kat.
11.06.2023, 12:19
Hey.
Aus meiner Erfahrung heraus: mach vorauf du Lust hast.
Ich habe meine erste Famulatur nach dem 5. Semester auf der IMC gemacht. Die Krankheitsbilder der Patient*innen war dem Zeitpunkt viel zu komplex für mich, das Team aber toll. So habe ich ziemlich viel Routine in körperlichen Untersuchungen bekommen, die dort3x täglich stattfanden und am Ende sogar selbstständig von mir durchgeführt werden durften. Ich durfte dann auch den Status der Patient*innen selbstständig dokumentieren und fand das alles ziemlich cool. Die Station war aber sowieso sehr entspannt, Famulant*innen wurden definitiv nicht irgendwie fest eingeplant und ich wurde immer dazu gerufen, wenns was spannendes zu sehen gab. So konnte ich mehr einfach ein bisschen Alltag im Klinikum beobachten als das irgendwas vorrausgesetzt wurde.
Ich denke bei allen vernünftigen Kliniken sollte das so laufen.

Ich war dann auch noch in der Onko, Allgemeinmedizin, ambulant bei einem Psychiater und in der Radiologie. Von all den Famulaturen hat mir wohl aber nur die erste was für den Überblick und die Onkofamulatur, die aber auch erst nach dem 8. Semester war, fachlich gebracht.

Kurzum: denk dich nicht dumm und dusselig. Wenn das Team cool ist, kannst du bei allem was mitnehmen. Steck deine Ansprüche an dich selbst aber einfach nicht zu hoch.

_calendula_
11.06.2023, 13:33
Ich kann mich dem Rat nur anschließen: mach was dich interessiert und achte auf ein freundliches Team. Gerade im OP-Bereich gibt es auch die ruppigen, aber freundlichen Teams. Nicht jedes Ruppig ist gleich unfreundlich, und es gibt auch die ruhigeren und scheinbar angenehmeren Teams in denen man als Student aber genauso leise zu nichts kommt und eigentlich keinen Anschluss ans Team findet.

Mir hat eine ITS-Famulatur fachlich viel gebracht im klinischen Physiologie-Verständnis und in körperlicher Untersuchung, eine Famulatur an einem kleinen auf Onkologie spezialisierten Haus hat mir im Überblick in diesem Bereich und menschlich viel gebracht. Die ambulante Famulatur - meine allererste Famulatur - war an einer universitären Neurologie-Ambulanz - und genial. Neuro-Ambulanz und Onkologie hatten selten Famulanten und waren selbst erstaunt, dass es so cool ist dort für einen Studenten. ;)

anignu
12.06.2023, 00:47
Daher meine Frage: Soll ich ohne Erfahrung in Blutabnehmen/Viggos legen mein 1. Famu trotzdem in der Gefäßchirurgie machen oder mir etwas "Anfängerfreundlicheres" wie Allgemeinmedizin aussuchen?
Mach es!
Eine meiner tollsten Famulaturen war übrigens das kardiovaskuläre Praktikum in Bad Neustadt an der Saale. Das war MEGA!!!!! Ernsthaft. Maximal begeisterte Dozenten, Vorträge, Kurse, OPs, ich hab so viel gesehen, durfte so viel machen, hab so viel gelernt, echt mega. Und warum machen die das? Weil das Klinikum am A. der Welt liegt und dort deshalb niemand hin will. Obwohl die medizinisch top sind. Der damalige gefäßchirurgische Chefarzt hat gesagt "mei, man kann sich halt raussuchen wo man leben will: entweder gibt man sein Geld für eine kleine Wohnung in München aus oder man kauft sich hier ein Haus, ein Pferd und ein Flugzeug". Und er hat sich halt für Haus und Flugzeug entschieden. Und Pferd für seine Kinder...
Wir haben damals mechanische Herzklappen in Schweineherzen eingenäht, hatten viele Vorträge, haben viel machen dürfen. Wer sich für sowas interessiert: MACHEN!
Wenn man sowas schreibt dann kommen einem echt Erinnerungen wieder hoch an den Anästhesisten Dinkel, der sowas von unkompliziert war usw...

Dass es in der Chirurgie viele verhaltensauffällige Menschen gibt, die ihre Anspannung und ihren Stress, die sie sich natürlich nie eingestehen würden, an ihren Untergebenen auslassen, ist ja allgemein bekannt, und hast du offenbar schon hinreichend erlebt.
Vollkommener Schwachsinn! Als ob ein Chirurg cholerisch wäre! So eine Frechheit! MusS IHC mIR hir so was gefalln lassen???!! ;-)

Aber vielleicht wär für den Einstieg ja ein großes chirurgisches Fach sinnvoller, da es breiter ist? Z.B. ACH/VCH?
Warum denn? Lass es den Mensch doch einfach mal anschauen. Schadet nicht. Im schlimmsten Fall hilft es nicht. Aber vor allem schadet es nicht. Einfach mal schauen, ist doch nix dabei.

Klar. Famulaturen sind (u.a.) genau dafür da, so etwas zu lernen. Wann und wo denn sonst?
Ja, genau, völlig richtig!

Ich hab allerdings in keiner meiner Famulaturen BEs und Viggos machen müssen, vielleicht ist es bei dir dann auch so und du stresst dich mit dieser Sorge an dieser Stelle noch umsonst.
Sch... auf die BEs, mach Famulatur. Wenn du keine BEs kannst: ja mei. Das lernst schon noch. Irgendwann, irgendwie. Und wenn du Gefäßchirurgie tatsächlich machen willst dann lernst du auch dass es andere Gefäße gibt als die an Handrücken/Unterarm/Ellenbeuge für BEs oder Viggos ;-)

Rückblickend habe ich in keiner Famulatur nennenswerte Fähigkeiten erlernt
Schade für dich. Meine Famulaturen waren hilfreich, lehrreich und interessant. Einmal das schon Genannte, dann bei einem niedergelassenen Orthopäden, war auch mega spannend, und ansonsten noch in der Chirurgie...
Ich kann mich dem Rat nur anschließen: mach was dich interessiert und achte auf ein freundliches Team. Gerade im OP-Bereich gibt es auch die ruppigen, aber freundlichen Teams. Nicht jedes Ruppig ist gleich unfreundlich, und es gibt auch die ruhigeren und scheinbar angenehmeren Teams in denen man als Student aber genauso leise zu nichts kommt und eigentlich keinen Anschluss ans Team findet.
Dem kann man nicht viel hinzufügen nur die Kernaussage wiederholen: mach was dich interessiert!

nie
12.06.2023, 05:14
Ich war im PJ 4 Wochen in der Gefäßchirurgie und fand’s klasse. Kleines Team, ich war den ganzen Tag im OP, hab viel genäht, die OPs sind interessant und das Haken halten war auch jeden Fall deutlich weniger nervig und anstrengend als in der AC oder UC.

Gut, vielleicht die das ideale Patientenklientel um BEs und Viggos zu lernen. Aber das ist auch nicht dein Job, wenn du’s nicht kannst, macht’s du es einfach nicht. Das lernt man schon noch früh genug.

crossie
12.06.2023, 05:26
Mach, worauf Du Lust hast bzw. was Dich interessiert. In der Regel wird in der Famulatur nichts außer netter Umgang und bisschen Interesse erwartet.
Meine Famulaturen waren damals 1. Internistische ITS, 2. Internistische ITS, 3. Notaufnahme, 4. Internistische Hausarztpraxis. Waren super, insb. weil es mich interessiert hat. Das haben die Leute damals gemerkt und mich deswegen an die Hand genommen und viel machen lassen. Meine ersten BEs und Flexülen hatte ich in der Notaufnahme Famu gemacht, bis dahin aber schon reichlich Jugularis-ZVK gestochen :D

Berry-Alan
12.06.2023, 07:34
Zunächst einmal danke ich euch allen für eure hilfreichen Beiträge. An meiner Uni macht man die Famus, weil man halt welche machen muss. Fast 90% fangen mit HA an mit der Begründung: "Ist chillig und die Zeit vergeht schnell."
Ich werde es einfach machen, in der Hoffnung, dass ich paar Skills danach besser drauf habe (BE 😂, Anamnese, etwas körperliche Untersuchungen vielleicht). Und dadurch, dass ich so früh anfangen werde, kann ich genau so schnell auch wieder gehen, wenn das Team dort wie mein altes OP-Team sein sollte.

Feuerblick
12.06.2023, 07:50
Ich habe mir in den Famulaturen auch konsequent das angeschaut, was mich interessiert hat. Ich habe die Famulaturen weder nach „Wo lerne ich wichtige Sachen“ noch nach „chillig“ ausgesucht. Deshalb waren es dann Anästhesie (passte zum Job im Rettungsdienst), Augenheilkunde (späteres Wunschfach), Gyn (wäre 2. Wahl gewesen) und pädiatrische Praxis (war die beste Famu ever!).
Wann, wenn nicht in Famulaturen soll man sich denn anschauen, was später als Weiterbildungsfach interessant sein könnte? BE/Viggos kann man auch im PJ noch bis zum Erbrechen üben. :-meinung
Und das Schönste: Sollte man dich in deiner Famulatur so angehen wie du für deinen früheren Job beschreibst, drückst du dem Operateur freundlich lächelnd die Instrumente in die Hand und gehst. Denn du bist von seinem Wohlwollen in der Famu einfach nicht abhängig. Schlimmstenfalls brichst du die Famu bei sowas ab. Es ist genug Zeit für viele Famulaturen und meist kommt man auch kurzfristig noch irgendwo unter.

Michial
12.06.2023, 09:28
Ich kann auch nur dazu raten, sich das anzuschauen, worauf man Lust hat. Und ich hatte Lust, mir gerade die Fächer anzusehen, die man in der Klinik kaum oder nur am Rande miterlebt. Das wäre auch noch so ein Tipp, weil sich m.E auch unter solchen Nischen Perlen verstecken können, die man PJ einfach nie mehr sehen wird.

So wurden es dann in der Reihenfolge stationäre Psychiatrie, Pathologie, Auge, zuletzt Hausarzt. Generell waren alle meine Famulaturen mit viel Respekt und Wertschätzung verbunden. Psych war zum Einstieg toll und man hat verdammt viel fürs Leben gelernt. Patho war speziell und entspannt, ich hatte aber einen Klasse Oberarzt, der mich an die Hand nahm und immer wieder Fälle aus dem Archiv für mich aussuchte und mich rätseln ließ, bis er mittags den Befund mit mir besprach. Auge wurde später zu meinem PJ-Tertialfach. Die Hausarztpraxis lag dann in einem Brennpunktviertel und ich war kurz vor meinem M2-Examen, wusste also für klinische Semester-Verhältnisse relativ viel. Da habe ich mich tatsächlich mit Therapieratschlägen einbringen können und
die Patienten waren einfach froh darum, dass sich jemand Ihnen annahm.

Kurzum: Ich habe vor meinem PJ außerhalb klinischer Kurse keine klassische Innere oder Chirurgische Station von innen gesehen. Und ich würde es genau so wieder tun.

nie
12.06.2023, 09:37
Ich hab auch keine Famulaturen in der Chirurgie oder Inneren gemacht weil ich wusste, dass ich da im PJ noch genug Zeit verbringen werden.

Hab Allgemeinmedizin auch direkt als erste Famulatur gemacht damit es weg ist. Hat mich nicht interessiert, hatte ich kein Bock drauf und war mir egal ob ich was lerne. Hab mir ne chillige Praxis rausgesucht und fertig. Hab zweimal 4 Woche Anästhesie gemacht weil da hatte ich Bock drauf, das hat mich interessiert und das wollten ich später machen. Deshalb hab ich mir sowohl Uniklinik als auch kleines städtisches Haus angeguckt um auch verschiedene Kliniken kennenzulernen. War auch zwei Wochen in der Kinderarztpraxis weil die im Blockpraktikum ganz nett waren und zwei Wochen in der HNO-Ambulanz weil ich kurz vor knapp noch zwei Wochen Famulatur machen musste und die hatten kurzfristig einen Platz. War auch tatsächlich auch ganz interessant und war letzten Endes sogar keine Zweiwahl als Wunschfach.

Bonnerin
12.06.2023, 10:38
Famulaturen sind im Regelfall entspannt, wenn dich GCH interessiert, mach das. :-)

Ich habe mit Allgemeinmedizin angefangen (und später am Ende nochmal freiwillig 10 Tage nach dem 5. klinischen gemacht, dann HNO, Uro und Arbeitsmedizin. Schau, was dir Spaß machen könnte, denn dafür sind die Famus da. Ich denke, du siehst hier ja auch schon sehr gemischte Fächerauswahlen bei allen im Thread.

Was ich aber definitiv raten würde, ist Allgemeinmedizin in den Semesterferien im Sommer zu machen - um der Grippewelle zu entgehen.