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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : private Berufsunfähigkeitsversicherung als Pathologe/Labormediziner (Sonderszenario?)



unregistriert23456
27.07.2023, 23:35
Bevor ich gelyncht werde: Ja, ich weiss, das Thema BU hatten wir hier schon häufig.
Ich stehe selbst vor der Entscheidung (Studium gerade abgeschlossen, Fachrichtung wird Pathologie werden).
Ich habe mittlerweile einiges an Meinungen eingeholt und mir auch so ziemlich alle Beiträge zu BU hier im Forum durchgelesen, mir geht jedoch eine Frage nicht aus dem Kopf:

Die Versorgungswerke zahlen bekanntermassen nur bei 100% Berufsunfähigkeit als Arzt.
Die privaten BUs zahlen schon bei geringerer Einschränkung.
Mir stellt sich nun die Frage wie ein in der Pathologie arbeitender Arzt (wo man nach einigen Jahren, spätestens als Facharzt, größtenteils sitzende Tätigkeit am Mikroskop/PC ausübt) so stark dauerhaft berufsunfähig werden könnte, dass er nicht mehr sinnvoll arbeiten kann, aber eben nicht 100%, sodass das Versorgungswerk nunmal nicht zahlt. Die so oft erwähnte "sitzene Gutachtertätigkeit". zu der man verdonnert werden kann, unterscheidet sich nun nicht wirklich von den Anforderungen an einen Pathologen. Mir fällt eigentlich kein Fall ein, aber ich wollte mal sehen ob ihr mir einen Denkanstoss liefern könnt, bevor ich einen Fehler mache und etwas versäume.

(Eventuell sind die Antworten auch für Labormediziner und Radiologen relevant)

Herzlichen Dank

Nefazodon
28.07.2023, 10:01
Einer der Hauptgründe für eine Berufsunfähigkeit sind psychische Erkrankungen, z.B. Depressionen.

Als ich in der Psychiatrie gearbeitet habe, waren dort einige Patienten in Behandlung die eine Teilerwerbsminderungsrente bezogen haben, eben keine volle Rente.

Wie die Versorgungswerke mit dem Thema Depressionen umgehen kann ich allerdings nicht sagen.

clyde_frog
28.07.2023, 18:07
Mir stellt sich nun die Frage wie ein in der Pathologie arbeitender Arzt (wo man nach einigen Jahren, spätestens als Facharzt, größtenteils sitzende Tätigkeit am Mikroskop/PC ausübt) so stark dauerhaft berufsunfähig werden könnte, dass er nicht mehr sinnvoll arbeiten kann, aber eben nicht 100%, sodass das Versorgungswerk nunmal nicht zahlt.

Noch nie jemanden nach nem apoplex cerebri gesehen?

unregistriert23456
29.07.2023, 11:42
Danke für den Input. Wer so stark depressiv/o.ä. ist, dass er nicht mal mehr Teilzeit arbeiten kann, wird wohl auch vor dem Versorgungswerk als berufsunfähig gelten, denke ich mir.

unregistriert23456
29.07.2023, 11:45
Und natürlich habe ich schon Patienten gesehen, die nach einem Apoplex oder ähnlichem nicht mehr fähig gewesen wären ärztlich zu arbeite, aber diese Personen sind ja wohl auch 100% Berufsunfähig vor dem Versorgungswerk und könnten keine Schreibtischarbeit ausführen...

Nefazodon
29.07.2023, 12:06
Danke für den Input. Wer so stark depressiv/o.ä. ist, dass er nicht mal mehr Teilzeit arbeiten kann, wird wohl auch vor dem Versorgungswerk als berufsunfähig gelten, denke ich mir.

Aber genau das mit der teilweisen Arbeitsfähigkeit ist ja der Punkt, auf den ich hinauswollte. Der überwiegende Teil der Patienten, die berentet waren, die ich gesehen habe, hatten eben eine Teilerwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung und keine volle.
Das Versorgungswerk kennt aber keine Teilerwerbsminderungsrente. Entweder voll berufsunfähig oder gar nicht.

Bei einer privaten Berufsunfähigkeitsrente reicht es hingegen i.dR. aus, wenn man zu 50% nicht mehr in der Lage ist seinen Beruf auszuüben.
Eine Grenze die ich im Bereich der psychischen Erkrankungen mit verminderter Leistungsfähigkeit für durchaus relevant halte.

unregistriert23456
30.07.2023, 08:04
Ah, ok, jetzt habe ichs verstanden. In dem Zusammenhang wäre natürlich wichtig zu wissen, ob die meisten dieser Patienten

1. längere Zeit (>1 Jahr berufunfähig waren), da kürzere Zeiträume ja von der Krankenkasse abgedeckt würden?
2. deiner ärztlichen Ansicht nach tatsächlich gar nicht mehr hätten arbeiten können (aus irgendeinem Grund hat die GRV ihnen ja eine Teilerwerbsminderung ausgesprochen)?

JJ*
30.07.2023, 11:08
Ich bin mir nicht sicher ob dir das klar ist, weil du immer wieder Gutachtertätigkeiten etc. anführst:
eine Berufsunfähigkeitsversicherung versichert die zuletzt ausgeübte, konkrete Tätigkeit, in deinem Fall also die als Arzt in Weiterbildung zum Pathologen. Ein „Verdonnern“ zu irgendeiner anderen ärztlichen oder sonstigen Tätigkeit, die deinem Kenntnisstand oder der Ausbildung entspräche, wäre eine sogenannte abstrakte Verweisung, die bei den empfehlenswerten (und heutzutage den meisten) Policen ausgeschlossen ist.

Was es gibt ist die konkrete Verweisung: solltest du im Falle einer Berufsunfähigkeit tatsächlich eine andere Tätigkeit ausüben, die grob sozial und finanziell der bisherigen Lebensstellung entspricht, wird die Versicherung ihre Zahlungen einstellen. Dies aber eben nur, wenn du diese Tätigkeit auch tatsächlich ausübst. Hier reicht nicht die nur theoretisch bestehende Möglichkeit und es gibt auch keinen Weg für die Versicherung, dich zur Aufnahme solch einer Tätigkeit zu zwingen.

unregistriert23456
30.07.2023, 11:54
Danke für die Antwort. Das ist richtig, aber gilt ja nur für private BUs, richtig? Das Versorgungswerk zahlt ja, wenn ich richtig informiert bin, erst wenn die ärztliche Tätigkeit an sich, in welcher Form auch immer (Arzt, Gutachter, Dozent etc., zu 100% nicht mehr ausgeübt werden kann...

Nefazodon
30.07.2023, 12:28
Korrekt. Die ärztlichen Versorgungswerke prüfen nur, ob Du in der Lage bist, noch irgendeinen ärztlichen Beruf auszuüben, und können dich auch auf andere ärztliche Tätigkeiten verweisen (abstrakte Verweisung).
Eine Rente aus dem Versorgungswerk gibt es dabei nur bei 100% Berufsunfähigkeit.

Private BU-Versicherer verzichten in der Regel auf die abstrakte Verweisung (Wichtig: auf den konkreten Vertrag und wie es dort formuliert ist, achten) und zahlen i.d.R.ab 50% Berufsunfähigkeit.

Das Problem ist, dass es ich hierbei um Werte handelt, die gutachterlich festgelegt werden müssen, und damit teilweise Auslegungssache sind.
Und das Problem ist, dass es bei teilweiser Berufsunfähigkeit zwar *theoretisch* noch Möglichkeiten gibt, ärztlich zu arbeiten, dass es aber *praktisch* schwierig sein kann, eine Stelle zu finden, auf der die Bedingungen so sind, dass es tatsächlich möglich ist. Das interessiert die Versorgungswerke aber nicht.

unregistriert23456
30.07.2023, 13:08
OK, verstehe. Fällt dir da jetzt aber ein Szenario ein, oder kennst du vielleicht einen Fall/Gesundheitszustand, wie diese Konstellation zustande kommen könnte?
Also wie könnte es denn theoretisch die Möglichkeit geben aber faktisch nicht?

Nefazodon
30.07.2023, 13:16
Da gibt es so viele Möglichkeiten. Theoretisch kannst Du auch mit schweren Einschränkungen noch als Gutachter arbeiten. Rein faktisch möchte dich aber vielleicht kein Arbeitgeber?

Die Welt ist hart, da sollte man sich keine Illusionen machen.