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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Anrechnung, Kardiologe Frage



Malra
18.10.2023, 18:49
Hallo,

Ich habe zwei Fragen Liebe medi learn forum und hätte gerne eure Erfahrungen

Weiß jemand warum Patienten mit Stent in den koronararterien und gleichzeitig vorliegen einen Vorhofflimmern eine Therapie mit Marcumar und nicht mit DOAK bekommen sollten?

Meine zweite Frage bezieht sich auf die Weiterbildung. Ich habe knapp zwei Jahren auf der Station gearbeitet und suche nach einer Stelle in der Notaufnahme oder auf eine intensiv Station. Nun meine Frage wäre, kann mein jetziger Arbeitgeber nach höfliche Bitte mir die Zeit von insgesamt 6 Monaten als Notaufnahme bestätigen auf dem Zeugnis? Und umgekehrt wenn ich 6 Monate in der Notaufnahme gewesen wäre, kann mir der Chef die Zeit als stationär anrechnen?

Ich bin auf eure Antworten sehr dankbar

Nefazodon
18.10.2023, 19:46
In einem offiziellen Weiterbildungszeugnis sollte bestätigt werden, was tatsächlich stattgefunden hat.

Insbesondere im Bezug auf Erfahrungen in der Notaufnahme halte ich es auch für unklug, sich Sachen bestätigen zu lassen, die man nicht gemacht hat. Du brauchst die Erfahrungen dort um später deine Patienten richtig einschätzen zu können.

Höflich bitten kannst Du deinen Chef um Vieles.

Nefazodon
18.10.2023, 20:03
Weiß jemand warum Patienten mit Stent in den koronararterien und gleichzeitig vorliegen einen Vorhofflimmern eine Therapie mit Marcumar und nicht mit DOAK bekommen sollten?

Zu deiner fachlichen Frage: Bist Du dir da sicher???

Als Nicht-Kardiologe, der im Moment in einem Spezialgebiet arbeitet, das nichts damit zu tun hat, habe ich DAS noch nie gehört.
Klar ist, dass jemand mit Stenting und VHF die Indikation für einen Thrombozytenaggregationshemmer+OAK hat.
Aber dass es Marcumar sein müsste, hab ich noch nicht gehört. Im Gegenteil: Das Blutungsrisiko dürfte allgemein unter DOAKs etwas geringer sein.
In praxi sehe ich eigentlich viele Patienten die ein DOAK und ASS in der Medikation haben.

Ich fände es interessant, wenn sich kurz ein Kollege/Kollegin mit internistischer bzw. kardiologischer Erfahrung dazu äußern könnte.

Nulllinie
18.10.2023, 20:44
Zur fachlichen Frage: Nein, Marcumar ist nicht nötig. Dafür gibt's meines Wissens auch keine Daten. Ausnahme: der Pat. hat eine klare Indikation für Marcumar, z.B. valvuläres VHF oder mechanischen Klappenersatz. Ansonsten wie bereits oben schon erwähnt: DOAK + Plättchenhemmer, bzw. Irgendwann auch ggf. DOAK mono.

Nulllinie
18.10.2023, 20:46
Achja: Und Marcumar + Plättchenhemmer hat definitiv ein höheres Blutungsrisiko. Dafür gibt's genug Evidenz.

Nefazodon
18.10.2023, 21:39
Danke Nulllinie.

anignu
18.10.2023, 22:38
Klar ist, dass jemand mit Stenting und VHF die Indikation für einen Thrombozytenaggregationshemmer+OAK hat.
Aber dass es Marcumar sein müsste, hab ich noch nicht gehört. Im Gegenteil: Das Blutungsrisiko dürfte allgemein unter DOAKs etwas geringer sein.
In praxi sehe ich eigentlich viele Patienten die ein DOAK und ASS in der Medikation haben.
Unterscheide bitte unbedingt zwischen ASS und allen weiteren TAH.

Nach Koronarstenting (und auch bei periphereren "dünnen" Stents) ist ja normalerweise eine DAPT üblich. ASS + Clopidogrel bei peripheren Stents, die Kardiologen bei uns im Haus machen ASS + Prasugrel bei kardialen Stents. Bei gleichzeitig vorliegender Indikation für eine OAK (Marcumar oder DOAK) wird zugunsten der OAK auf ASS verzichtet. Der Patient bekommt also OAK + Clopidogrel/Prasugrel. Üblicherweise. Außer es ist ein absoluter Hochrisikopatient kardialerseits. Dann gibts das Triple. Kommt aber selten vor und die Indikation dafür stellen ausschließlich Kardiologen >= OA ;-)
Die Kombination ASS + DOAK ist bei uns absolut verpönt. ASS zusätzlich zum DOAK erhöht nur das Blutungsrisiko und bringt quasi null Benefit. Wenn man eh nur ASS braucht wird das bei uns bei Einnahme von DOAK gestrichen.

Problem mit den DOAKs im Vergleich zu Marcumar ist halt die Zulassung. DOAKs sind halt, laut Zulassung, nix für Dialysepatienten, zum Offenhalten von peripheren Bypässen etc. Auch wenn sie dort inzwischen off-label gegeben werden. Und DOAKs sind nix für die genannten Sachen mechanische Klappe oder valvuläres VHF, da werden sie (bisher?) auch tatsächlich nicht gegeben.

Christoph_A
19.10.2023, 07:34
So schauts aus. Es gibt keine Indikation für Marcumar und DPT mehr außer den bereits von Nullinie beschriebenen Ausnahmen. Einzig die Dauer der Triple Antikoagulation ist und bleibt strittig.
Was das Zeugnis betrifft, Papier ist geduldig. Allerdings kann es einem übel auf die Füße fallen, wenn die entsprechende Ärztekammer dahinterkommt. Bei einzelnen Untersuchungszahlen ist das etwas anders gewichtet, da weiß eh jeder, daß man oft nicht alles, was auf dem Bogen dokumentiert ist, wirklich auch so gemacht hat. Bei Zeiten mahne ich allerdings zur Vorsicht.
@Anignu: Gibts da nicht seit der Compass Studie bzgl. peripherer pAVK eine Indikation für low dose Rivaroxaban bei rezidivierenden Stenosen mit peripherer Interventionsindikation? Macht zumindest die Angiologie der Uniklinik hier so. Das ist so der klassische Graubereich, in dem sich Angiologie, Gefäßchirurgie und Kardiologie überschneiden.

Nulllinie
19.10.2023, 07:59
@ Christoph A: Bzgl. Compass und pAVK -> Ja. Aber ist ja eine andere Indikation als vom Fragesteller benannt und auch eine andere Dosierung.

Christoph_A
19.10.2023, 09:21
@ Christoph A: Bzgl. Compass und pAVK -> Ja. Aber ist ja eine andere Indikation als vom Fragesteller benannt und auch eine andere Dosierung.

@Nullinie: Ja, weiß ich, die Frage galt aus Eigeninteress explizit anignu als Gefäßchirurgen, weil ich wissen wollte, wie sie das so handhaben. Daß das nicht mit der ursprünglichen Frage des TE kongruent ist, war mir als Kardiologen durchaus klar....

Coxy-Baby
19.10.2023, 09:23
Ich denke Mal Christoph wollte anignus Beitrag hinsichtlich Noak+ASS= verpönt und macht nur Blutungskomplikationen etwas spezifizieren...(da war Christoph schneller ..)

anignu
19.10.2023, 22:25
Stimmt völlig. War eine verkürzte Darstellung von mir. Die Compass-Studie gibt es und Rivaroxaban wird auf Kongressen in low-dose gefühlt als der große Heilsbringer propagiert von lauter Leuten die bei den Interessenskonflikten entsprechend bei den Studien fleißig beteiligt waren. Wobei eigentlich mehr die Voyager Pad Studie. Die soll noch tollere Ergebnisse für PAVKler zeigen.
Und ja, es stimmt auch dass Rivaroxaban low-dose zusätzlich zu ASS oder DAPT gegeben wird, auch von uns. Für uns wird Rivaroxaban low-dose in dem Zusammenhang halt nicht als DOAK gesehen. Gefühlt ist es das nicht. Also kein "echtes DOAK". Daher meine Aussage "ASS + DOAK ist bei uns verpöhnt".

Ich muss sagen wir verwenden Rivaroxaban low-dose tatsächlich aber nur sehr selten. Halt irgendwie bei Patienten bei denen alles zugeht ohne dass man weiß warum. Wenn ich nach einer offenen oder endovaskulären Therapie in der Angiographie schon ein Problem sehe und nach ein paar Monaten gibt es genau an der Stelle eine Stenose oder Verschluss dann nicht. Dann ist es technisch bedingt. Aber Leuten die immer wieder Stenosen oder Verschlüsse haben die man technisch nicht erklären kann denen geben wir es. Denen kann man auch gut erklären warum man ihnen noch ein zusätzliches Medikament gibt. Und was bei Rivaroxaban low-dose auffällig ist: es gibt keinen einzigen Patienten dem wir das jemals gegeben haben zu dem nicht irgendwann von irgendwem eine Rückfrage erfolgte. Darf man das pausieren? Muss man das bridgen? Warum diese komische Dosierung, die ist doch falsch? Etc. Wir haben da einen Textbaustein für die Arztbriefe, aber Papier ist bekanntlich geduldig und ein Text nützt auch nur dann was wenn er gelesen wird.

Christoph_A
20.10.2023, 07:29
Danke für die rasche und fundierte Antwort @anignu.
Again what learned.:-blush

maglo101
22.10.2023, 19:44
ich wollte jetzt hierzu kein neues Thema erstellen ( und habe per google keine Antwort gefunden): Ich starte derzeit in der Anästhesie - möchte aber auf lange Sicht an ein Uniklinikum/ BG Klinik mit Verbrennungschirurgie in die Plastische wechseln.
Mein Gedankengang war: dadurch dass ich als Anästhesist Intensivmedizin lerne, kann ich mich von Konkurrenten absetzen (hinzu kommt Schmerzmedizin), wie läuft das mit der Anrechnungsphase? Mir geht es v.a. um die Anrechnung für den Common Trunk: kann ich meine OP-Tätigkeit für die 12 Monate anrechnen lassen, 6 Monate Notaufnahme machen und die 6-12 Monaten Intensiv anrechnen lassen ?
Sehen es Chefs in dem Fach nicht gerne wenn sich ein AA aus der Anästhesie bewirbt vs. jemand aus der UC/ AC? (macht mir das Fach Nachteile bei der Bewerbung? Als Anästhesist lerne ich ja idR deutlich mehr bzgl. Intensivmedizin als chirurgische Kollegen)

_calendula_
22.10.2023, 22:32
Weiterbildungszeit in der Anästhesie ist nie falsch und mit klinischer Erfahrung ist man meistens lieber gesehen als ohne. Aber anrechnen wird man dir vermutlich nur 6 Monate ITS. Auf die ITS rotiert man je nach Haus irgendwann zwischen 2. und 5. Jahr in der Anästhesie.
Ist 1 Jahr OP - unabhängig vom Fach - nach neuer WBO nun anrechenbar auf chirurgische Fächer?

maglo101
22.10.2023, 22:52
genau, das mit der ITS ist klar da gehen nur die 6 Monate - mir gehts eben genau um die 12 Monate davor (die ich ja dann im OP mit Narkosen verbringe), kann ich mir die anerkennen lassen? War nicht bis zu 1 Jahr auf jedes Fach voll anrechenbar?

anignu
22.10.2023, 22:55
@maglo101: ja, da hast du tatsächlich ein völlig anderes Thema. Deine Intensivzeit muss du als Chirurg eh machen. Ob und wie und wo du das machst interessiert doch niemanden. Hast du die Zeit gemacht ist es super, weil man dich nicht mehr für ein halbes Jahr hergeben muss. Hast du mehr gemacht oder es an einer tollen Uni gemacht interessiert das niemanden. Bringt dir die tollste Intensivmedizinerfahrung vielleicht sogar incl. Notarzt auf dem Hubschrauber irgendwas für die Verbrennungschirurgie? Wenig. Da bringt es schon mehr tatsächlich auf einer Verbrennungsintensiv zu arbeiten oder seine Zeit einfach hinter sich zu bringen und ansonsten Dinge zu machen die dem eigentlichen Ziel gut passen. Meiner Meinung nach zumindest. Ich würde eher was Chirurgisches zu machen, um zu zeigen dass man Interesse an der Chirurgie hat, als Anästhesie und dann ständig gefragt zu werden "warum wollen sie wechseln?"

_calendula_
22.10.2023, 23:08
Ich muss mich korrigieren: wenn man eine Spezialisierung im Blick hat, ist natürlich der erste Gedanke diese gleich möglichst direkt zu machen.
WB-Zeit in der Anästhesie ist nur in Hinblick auf die klinische Erfahrung „nie falsch“.
Man studiert ja auch nicht zunächst gezielt Philosophie, weil man klinischer Psychologe werden möchte.